Hälfte englisches Hämatiteisen, zur Hälfte Holzkohlenroheisen vom Lake Superior. 1871 verarbeiteten 42 Walzwerke in Pennsylvanien mit 15000 Arbeitern 400000 Tonnen Roheisen, etwa ein Viertel der Produktion Nordamerikas: sieben Stahlwerke erzeugten 30000 Tonnen Stahlwaren. Eine bemerkenswerte Anlage war das Kaltwalzwerk von Jones & Laughlins in Pittsburgh, das besonders polierte Wellen für Transmissionen lieferte.
In Ohio verschwanden die alten Holzkohlenöfen mehr und mehr, ebenso der Kohleneisenstein, den man früher verhüttet hatte. Man bezog meistens Erze vom Oberen See. Youngstown war das Centrum der Industrie. Die zwei Hochofenhütten bei Cincinnati schmolzen mit 3/8 Koks und 5/8 magerer Steinkohle Erze von Missouri und Tennessee. In dem Schienenwalzwerk daselbst waren seit 1868 rotierende Puddel- öfen (Danksöfen) im Gebrauche, in die das in Kupolöfen geschmolzene Roheisen flüssig eingeführt wurde. Die neue Bessemerhütte zu Cleve- land war von dem deutschen Ingenieur H. Gmelin erbaut worden. Man walzte dort die Stahlschienenköpfe für sich und setzte sie auf die aus Puddeleisen gewalzten Unterteile auf. Die Bessemerflamme prüfte man mit dem aus gelben und blauen Gläsern hergestellten Chromopyrometer von Silliman.
In Missouri, wo sich die Eisenindustrie um St. Louis gruppierte, verschmolz man trotz der berühmten Erzvorkommen des Landes: Iron mountain, Pilot Knop, Sheppards Mountain, vielfach Lake Superior- Erze, besonders geschätzt war das Maramec-Erz. Die sieben Hoch- öfen der St. Louishütte verwendeten 1/3 Koks von Pittsburgh und 2/3 rohe Steinkohle aus Indiana.
Die Eisenindustrie am Lake Superior war noch jung. 1851 war der erste Holzkohlenhochofen in Betrieb gekommen. 1869 waren von 14 Öfen 10 in Thätigkeit. 1870 wurde der erste Hochofen für Steinkohlenbetrieb bei Marquette erbaut, der die Kohlen von Cleve- land als Rückfracht erhielt. Bei Chicago waren zwei Hütten, welche, wie die von St. Louis, mit 1/3 Koks und 2/3 Kohlen schmolzen. Sie hatten vier Walzwerke. Erz und Kohlen mussten bezogen werden. Dennoch war die Lage als wichtiges Verbrauchscentrum günstig. Milwaukee, wo 1869 ein Walzwerk und 1870 eine Hochofenanlage am Michigansee entstanden waren, lag günstiger für den Bezug. Die Öfen waren für Steinkohlenbetrieb erbaut, 66 Fuss hoch und mit Blechmänteln versehen.
Die Arbeitslöhne waren 1870 durchschnittlich viermal so hoch
Beck, Geschichte des Eisens. 81
Vereinigte Staaten von Nordamerika.
Hälfte englisches Hämatiteisen, zur Hälfte Holzkohlenroheisen vom Lake Superior. 1871 verarbeiteten 42 Walzwerke in Pennsylvanien mit 15000 Arbeitern 400000 Tonnen Roheisen, etwa ein Viertel der Produktion Nordamerikas: sieben Stahlwerke erzeugten 30000 Tonnen Stahlwaren. Eine bemerkenswerte Anlage war das Kaltwalzwerk von Jones & Laughlins in Pittsburgh, das besonders polierte Wellen für Transmissionen lieferte.
In Ohio verschwanden die alten Holzkohlenöfen mehr und mehr, ebenso der Kohleneisenstein, den man früher verhüttet hatte. Man bezog meistens Erze vom Oberen See. Youngstown war das Centrum der Industrie. Die zwei Hochofenhütten bei Cincinnati schmolzen mit ⅜ Koks und ⅝ magerer Steinkohle Erze von Missouri und Tennessee. In dem Schienenwalzwerk daselbst waren seit 1868 rotierende Puddel- öfen (Danksöfen) im Gebrauche, in die das in Kupolöfen geschmolzene Roheisen flüssig eingeführt wurde. Die neue Bessemerhütte zu Cleve- land war von dem deutschen Ingenieur H. Gmelin erbaut worden. Man walzte dort die Stahlschienenköpfe für sich und setzte sie auf die aus Puddeleisen gewalzten Unterteile auf. Die Bessemerflamme prüfte man mit dem aus gelben und blauen Gläsern hergestellten Chromopyrometer von Silliman.
In Missouri, wo sich die Eisenindustrie um St. Louis gruppierte, verschmolz man trotz der berühmten Erzvorkommen des Landes: Iron mountain, Pilot Knop, Sheppards Mountain, vielfach Lake Superior- Erze, besonders geschätzt war das Maramec-Erz. Die sieben Hoch- öfen der St. Louishütte verwendeten ⅓ Koks von Pittsburgh und ⅔ rohe Steinkohle aus Indiana.
Die Eisenindustrie am Lake Superior war noch jung. 1851 war der erste Holzkohlenhochofen in Betrieb gekommen. 1869 waren von 14 Öfen 10 in Thätigkeit. 1870 wurde der erste Hochofen für Steinkohlenbetrieb bei Marquette erbaut, der die Kohlen von Cleve- land als Rückfracht erhielt. Bei Chicago waren zwei Hütten, welche, wie die von St. Louis, mit ⅓ Koks und ⅔ Kohlen schmolzen. Sie hatten vier Walzwerke. Erz und Kohlen muſsten bezogen werden. Dennoch war die Lage als wichtiges Verbrauchscentrum günstig. Milwaukee, wo 1869 ein Walzwerk und 1870 eine Hochofenanlage am Michigansee entstanden waren, lag günstiger für den Bezug. Die Öfen waren für Steinkohlenbetrieb erbaut, 66 Fuſs hoch und mit Blechmänteln versehen.
Die Arbeitslöhne waren 1870 durchschnittlich viermal so hoch
Beck, Geschichte des Eisens. 81
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Vereinigte Staaten von Nordamerika.
Hälfte englisches Hämatiteisen, zur Hälfte Holzkohlenroheisen vom
Lake Superior. 1871 verarbeiteten 42 Walzwerke in Pennsylvanien
mit 15000 Arbeitern 400000 Tonnen Roheisen, etwa ein Viertel der
Produktion Nordamerikas: sieben Stahlwerke erzeugten 30000 Tonnen
Stahlwaren. Eine bemerkenswerte Anlage war das Kaltwalzwerk
von Jones & Laughlins in Pittsburgh, das besonders polierte
Wellen für Transmissionen lieferte.
In Ohio verschwanden die alten Holzkohlenöfen mehr und mehr,
ebenso der Kohleneisenstein, den man früher verhüttet hatte. Man
bezog meistens Erze vom Oberen See. Youngstown war das Centrum
der Industrie. Die zwei Hochofenhütten bei Cincinnati schmolzen mit
⅜ Koks und ⅝ magerer Steinkohle Erze von Missouri und Tennessee.
In dem Schienenwalzwerk daselbst waren seit 1868 rotierende Puddel-
öfen (Danksöfen) im Gebrauche, in die das in Kupolöfen geschmolzene
Roheisen flüssig eingeführt wurde. Die neue Bessemerhütte zu Cleve-
land war von dem deutschen Ingenieur H. Gmelin erbaut worden.
Man walzte dort die Stahlschienenköpfe für sich und setzte sie auf
die aus Puddeleisen gewalzten Unterteile auf. Die Bessemerflamme
prüfte man mit dem aus gelben und blauen Gläsern hergestellten
Chromopyrometer von Silliman.
In Missouri, wo sich die Eisenindustrie um St. Louis gruppierte,
verschmolz man trotz der berühmten Erzvorkommen des Landes: Iron
mountain, Pilot Knop, Sheppards Mountain, vielfach Lake Superior-
Erze, besonders geschätzt war das Maramec-Erz. Die sieben Hoch-
öfen der St. Louishütte verwendeten ⅓ Koks von Pittsburgh und
⅔ rohe Steinkohle aus Indiana.
Die Eisenindustrie am Lake Superior war noch jung. 1851 war
der erste Holzkohlenhochofen in Betrieb gekommen. 1869 waren von
14 Öfen 10 in Thätigkeit. 1870 wurde der erste Hochofen für
Steinkohlenbetrieb bei Marquette erbaut, der die Kohlen von Cleve-
land als Rückfracht erhielt. Bei Chicago waren zwei Hütten, welche,
wie die von St. Louis, mit ⅓ Koks und ⅔ Kohlen schmolzen. Sie
hatten vier Walzwerke. Erz und Kohlen muſsten bezogen werden.
Dennoch war die Lage als wichtiges Verbrauchscentrum günstig.
Milwaukee, wo 1869 ein Walzwerk und 1870 eine Hochofenanlage am
Michigansee entstanden waren, lag günstiger für den Bezug. Die
Öfen waren für Steinkohlenbetrieb erbaut, 66 Fuſs hoch und mit
Blechmänteln versehen.
Die Arbeitslöhne waren 1870 durchschnittlich viermal so hoch
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 1281. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/1297>, abgerufen am 23.11.2024.
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