Aus diesen Zahlen ist deutlich ein ausserordentlicher Aufschwung in den letzten 20 Jahren zu erkennen. Der japanische Ingenieurverein zählte 1890 bereits 1000 Mitglieder, die nach Fächern als Maschinen- bauer, Elektrotechniker, Berg- und Hüttenleute, Chemiker, Metallurgen, Architekten, Schiffsbauer und Civilingenieure eingeteilt waren.
1893 besassen die japanischen Bahnen 206 Lokomotiven, 200 eng- lische, 4 deutsche und 2 amerikanische. In diesem Jahre wurde die erste japanische Lokomotive -- eine Verbundmaschine -- in Kobe erbaut. Bis 1893 gab es nur eine Stahlgiesserei, diese war in Sakei, 1894 wurde eine neue von der Japan Steel Manufacturing Company in Osaka er- baut. 1895 bereiste der berühmte amerikanische Eisenindustrielle Potter im Auftrage der japanischen Regierung das Land und er- stattete ein Gutachten über die Eisenindustrie und ihre Zukunft. Aus seinem Bericht geht hervor, dass die oben erwähnten beiden alten Holzkohlenhochöfen wegen Holzmangels und teurer Holzkohlen- preise nicht mehr konkurrenzfähig waren. Ungünstig war es, dass die besten Eisenerzlager im mittleren und nördlichen Japan lagen, während die Kokskohlen nur im Süden vorkamen. Dennoch gewann die Idee der Anlage eines grossen modernen Hochofen- und Stahl- werks seit der Zeit immer mehr Anklang.
1894 waren 3328879 Tonnen Steinkohlen, 22236 Tonnen Roh- eisen, das grösstenteils zu Gusswaren verwendet wurde, etwa 5000 Tonnen verarbeitetes Eisen und 2000 Tonnen Stahl erzeugt worden. Die Einfuhr von Eisen und Stahl, namentlich für Eisenbahnbedarf und Schiffsbau, war aber sehr bedeutend und verschlang grosse Summen.
Aus diesem Grunde bewilligte die japanische Kammer im Jahre 1896 den Betrag von 4095700 Yen (an 18 Mill. Mark) zur Anlage eines grossen Stahlwerkes für etwa 60000 Tonnen Jahreserzeugung und entsandte Ende 1896 eine Kommission zur Information und mit Vollmachten nach Amerika und Europa. Es wurde beschlossen, das neue Werk in Edamitsu bei Yawatamura am Hafen von Wakamatsu nahe den Kohlenlagern von Kiuschu, womit es durch Eisenbahn verbunden war, anzulegen.
Die erwähnte Kommission erteilte ihre Aufträge und Bestellungen, wo es ihr am besten schien; Deutschland hat dabei einen ehren- vollen und bedeutenden Anteil errungen 1). Die Hochofenanlage wurde von dem bekannten Hütteningenieur Fritz W. Lürmann in Osnabrück entworfen und die Eisenkonstruktionen von der Gute-
1) Stahl und Eisen 1899, S. 1141.
Japan.
Aus diesen Zahlen ist deutlich ein auſserordentlicher Aufschwung in den letzten 20 Jahren zu erkennen. Der japanische Ingenieurverein zählte 1890 bereits 1000 Mitglieder, die nach Fächern als Maschinen- bauer, Elektrotechniker, Berg- und Hüttenleute, Chemiker, Metallurgen, Architekten, Schiffsbauer und Civilingenieure eingeteilt waren.
1893 besaſsen die japanischen Bahnen 206 Lokomotiven, 200 eng- lische, 4 deutsche und 2 amerikanische. In diesem Jahre wurde die erste japanische Lokomotive — eine Verbundmaschine — in Kobe erbaut. Bis 1893 gab es nur eine Stahlgieſserei, diese war in Sakei, 1894 wurde eine neue von der Japan Steel Manufacturing Company in Osaka er- baut. 1895 bereiste der berühmte amerikanische Eisenindustrielle Potter im Auftrage der japanischen Regierung das Land und er- stattete ein Gutachten über die Eisenindustrie und ihre Zukunft. Aus seinem Bericht geht hervor, daſs die oben erwähnten beiden alten Holzkohlenhochöfen wegen Holzmangels und teurer Holzkohlen- preise nicht mehr konkurrenzfähig waren. Ungünstig war es, daſs die besten Eisenerzlager im mittleren und nördlichen Japan lagen, während die Kokskohlen nur im Süden vorkamen. Dennoch gewann die Idee der Anlage eines groſsen modernen Hochofen- und Stahl- werks seit der Zeit immer mehr Anklang.
1894 waren 3328879 Tonnen Steinkohlen, 22236 Tonnen Roh- eisen, das gröſstenteils zu Guſswaren verwendet wurde, etwa 5000 Tonnen verarbeitetes Eisen und 2000 Tonnen Stahl erzeugt worden. Die Einfuhr von Eisen und Stahl, namentlich für Eisenbahnbedarf und Schiffsbau, war aber sehr bedeutend und verschlang groſse Summen.
Aus diesem Grunde bewilligte die japanische Kammer im Jahre 1896 den Betrag von 4095700 Yen (an 18 Mill. Mark) zur Anlage eines groſsen Stahlwerkes für etwa 60000 Tonnen Jahreserzeugung und entsandte Ende 1896 eine Kommission zur Information und mit Vollmachten nach Amerika und Europa. Es wurde beschlossen, das neue Werk in Edamitsu bei Yawatamura am Hafen von Wakamatsu nahe den Kohlenlagern von Kiuschu, womit es durch Eisenbahn verbunden war, anzulegen.
Die erwähnte Kommission erteilte ihre Aufträge und Bestellungen, wo es ihr am besten schien; Deutschland hat dabei einen ehren- vollen und bedeutenden Anteil errungen 1). Die Hochofenanlage wurde von dem bekannten Hütteningenieur Fritz W. Lürmann in Osnabrück entworfen und die Eisenkonstruktionen von der Gute-
1) Stahl und Eisen 1899, S. 1141.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f1375"n="1359"/><fwplace="top"type="header">Japan.</fw><lb/><p>Aus diesen Zahlen ist deutlich ein auſserordentlicher Aufschwung<lb/>
in den letzten 20 Jahren zu erkennen. Der japanische Ingenieurverein<lb/>
zählte 1890 bereits 1000 Mitglieder, die nach Fächern als Maschinen-<lb/>
bauer, Elektrotechniker, Berg- und Hüttenleute, Chemiker, Metallurgen,<lb/>
Architekten, Schiffsbauer und Civilingenieure eingeteilt waren.</p><lb/><p>1893 besaſsen die japanischen Bahnen 206 Lokomotiven, 200 eng-<lb/>
lische, 4 deutsche und 2 amerikanische. In diesem Jahre wurde die<lb/>
erste japanische Lokomotive — eine Verbundmaschine — in Kobe erbaut.<lb/>
Bis 1893 gab es nur eine Stahlgieſserei, diese war in Sakei, 1894 wurde<lb/>
eine neue von der Japan Steel Manufacturing Company in Osaka er-<lb/>
baut. 1895 bereiste der berühmte amerikanische Eisenindustrielle<lb/><hirendition="#g">Potter</hi> im Auftrage der japanischen Regierung das Land und er-<lb/>
stattete ein Gutachten über die Eisenindustrie und ihre Zukunft.<lb/>
Aus seinem Bericht geht hervor, daſs die oben erwähnten beiden<lb/>
alten Holzkohlenhochöfen wegen Holzmangels und teurer Holzkohlen-<lb/>
preise nicht mehr konkurrenzfähig waren. Ungünstig war es, daſs<lb/>
die besten Eisenerzlager im mittleren und nördlichen Japan lagen,<lb/>
während die Kokskohlen nur im Süden vorkamen. Dennoch gewann<lb/>
die Idee der Anlage eines groſsen modernen Hochofen- und Stahl-<lb/>
werks seit der Zeit immer mehr Anklang.</p><lb/><p>1894 waren 3328879 Tonnen Steinkohlen, 22236 Tonnen Roh-<lb/>
eisen, das gröſstenteils zu Guſswaren verwendet wurde, etwa 5000<lb/>
Tonnen verarbeitetes Eisen und 2000 Tonnen Stahl erzeugt worden.<lb/>
Die Einfuhr von Eisen und Stahl, namentlich für Eisenbahnbedarf und<lb/>
Schiffsbau, war aber sehr bedeutend und verschlang groſse Summen.</p><lb/><p>Aus diesem Grunde bewilligte die japanische Kammer im Jahre<lb/>
1896 den Betrag von 4095700 Yen (an 18 Mill. Mark) zur Anlage<lb/>
eines groſsen Stahlwerkes für etwa 60000 Tonnen Jahreserzeugung<lb/>
und entsandte Ende 1896 eine Kommission zur Information und mit<lb/>
Vollmachten nach Amerika und Europa. Es wurde beschlossen, das neue<lb/>
Werk in Edamitsu bei Yawatamura am Hafen von Wakamatsu nahe<lb/>
den Kohlenlagern von Kiuschu, womit es durch Eisenbahn verbunden<lb/>
war, anzulegen.</p><lb/><p>Die erwähnte Kommission erteilte ihre Aufträge und Bestellungen,<lb/>
wo es ihr am besten schien; Deutschland hat dabei einen ehren-<lb/>
vollen und bedeutenden Anteil errungen <noteplace="foot"n="1)">Stahl und Eisen 1899, S. 1141.</note>. Die Hochofenanlage<lb/>
wurde von dem bekannten Hütteningenieur <hirendition="#g">Fritz W. Lürmann</hi> in<lb/>
Osnabrück entworfen und die Eisenkonstruktionen von der Gute-<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[1359/1375]
Japan.
Aus diesen Zahlen ist deutlich ein auſserordentlicher Aufschwung
in den letzten 20 Jahren zu erkennen. Der japanische Ingenieurverein
zählte 1890 bereits 1000 Mitglieder, die nach Fächern als Maschinen-
bauer, Elektrotechniker, Berg- und Hüttenleute, Chemiker, Metallurgen,
Architekten, Schiffsbauer und Civilingenieure eingeteilt waren.
1893 besaſsen die japanischen Bahnen 206 Lokomotiven, 200 eng-
lische, 4 deutsche und 2 amerikanische. In diesem Jahre wurde die
erste japanische Lokomotive — eine Verbundmaschine — in Kobe erbaut.
Bis 1893 gab es nur eine Stahlgieſserei, diese war in Sakei, 1894 wurde
eine neue von der Japan Steel Manufacturing Company in Osaka er-
baut. 1895 bereiste der berühmte amerikanische Eisenindustrielle
Potter im Auftrage der japanischen Regierung das Land und er-
stattete ein Gutachten über die Eisenindustrie und ihre Zukunft.
Aus seinem Bericht geht hervor, daſs die oben erwähnten beiden
alten Holzkohlenhochöfen wegen Holzmangels und teurer Holzkohlen-
preise nicht mehr konkurrenzfähig waren. Ungünstig war es, daſs
die besten Eisenerzlager im mittleren und nördlichen Japan lagen,
während die Kokskohlen nur im Süden vorkamen. Dennoch gewann
die Idee der Anlage eines groſsen modernen Hochofen- und Stahl-
werks seit der Zeit immer mehr Anklang.
1894 waren 3328879 Tonnen Steinkohlen, 22236 Tonnen Roh-
eisen, das gröſstenteils zu Guſswaren verwendet wurde, etwa 5000
Tonnen verarbeitetes Eisen und 2000 Tonnen Stahl erzeugt worden.
Die Einfuhr von Eisen und Stahl, namentlich für Eisenbahnbedarf und
Schiffsbau, war aber sehr bedeutend und verschlang groſse Summen.
Aus diesem Grunde bewilligte die japanische Kammer im Jahre
1896 den Betrag von 4095700 Yen (an 18 Mill. Mark) zur Anlage
eines groſsen Stahlwerkes für etwa 60000 Tonnen Jahreserzeugung
und entsandte Ende 1896 eine Kommission zur Information und mit
Vollmachten nach Amerika und Europa. Es wurde beschlossen, das neue
Werk in Edamitsu bei Yawatamura am Hafen von Wakamatsu nahe
den Kohlenlagern von Kiuschu, womit es durch Eisenbahn verbunden
war, anzulegen.
Die erwähnte Kommission erteilte ihre Aufträge und Bestellungen,
wo es ihr am besten schien; Deutschland hat dabei einen ehren-
vollen und bedeutenden Anteil errungen 1). Die Hochofenanlage
wurde von dem bekannten Hütteningenieur Fritz W. Lürmann in
Osnabrück entworfen und die Eisenkonstruktionen von der Gute-
1) Stahl und Eisen 1899, S. 1141.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 1359. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/1375>, abgerufen am 31.10.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.