Die Fortschritte des Bessemerprozesses 1861 bis 1870.
nicht grösser als derjenige der schwedischen Bessemeröfen. Hiergegen waren Bessemers neue Konverter für 1500 kg-Chargen schon sehr grosse Apparate und John Browns Birnen für 2500 bis 3000 kg Einsatz erregten das grösste Aufsehen. Es bestätigte sich aber, was Bessemer schon früher angegeben hatte, dass der Prozess um so sicherer und vorteilhafter verlief, je grösser die Chargen waren. Auch brauchten die grossen Chargen nicht mehr Zeit zum Garen als die kleinen.
Bessemer hielt im August 1861 im Institut der Maschinen- ingenieure einen wichtigen Vortrag über die Bereitung des Stahls und seine Verwendung zu konstruktiven Zwecken, worin er eine Beschreibung der Bessemeranlage und des Betriebes in den Atlaswerken von John Brown in Sheffield gab.
Nach Bessemers Mitteilungen erforderte das Frischen einer Füllung 16 bis 25 Minuten. Der Abgang betrug bei Stahl 12 bis 15 Prozent, bei Schmiedeeisen 20 bis 22 Prozent. Die Güsse wurden unter einem Dampfhammer vorgeschmiedet und dann direkt ausgewalzt; das Paketieren und Schweissen fiel fort. Der Gussstahl von rohen Güssen zeigte eine Festigkeit von 50000 Pfd. auf den Quadratzoll, während gewalzte Stäbe 150000 Pfd. Belastung bis zum Bruch trugen. Die zu Woolwich angestellten Festigkeitsversuche ergaben ebenfalls günstige Ergebnisse.
Der chemische Vorgang verlief nach Tunners und anderer Beobachtungen ganz ähnlich wie beim Puddeln: zuerst oxydierte Silicium und bildete mit verbranntem Eisen und aus den Wänden aufgelöstem Thon ein basisches Thonerdeeisensilikat.
Mangan oxydiert ebenfalls rasch und beschleunigt die Abscheidung des Siliciums, mit dem es sich statt des Eisens verschlackt. Silicium- reiche Roheisensorten sind leichter zu verfrischen, wenn sie Mangan enthalten, doch ist dessen Anwesenheit kein unbedingtes Erfordernis. Ein Mangangehalt befördert auch die teilweise Abscheidung des Schwefels. Im allgemeinen werden aber Schwefel und Phosphor beim Bessemern so gut wie gar nicht abgeschieden. Der Kohlenstoff ver- brennt nicht unmittelbar durch die Luft, sondern wie beim Puddeln durch die Schlacke, wie Tunner 1860 nachwies.
Während man zum Einschmelzen des Roheisens sich noch allge- mein der Flammöfen bediente, schlug Fairbairn 1861 bereits Kupol- öfen dafür vor.
In Schweden hielt man an den feststehenden Bessemerschacht- öfen mit etwa 15 Centner Einsatz fest. Aus Grills Bericht vom
Die Fortschritte des Bessemerprozesses 1861 bis 1870.
nicht gröſser als derjenige der schwedischen Bessemeröfen. Hiergegen waren Bessemers neue Konverter für 1500 kg-Chargen schon sehr groſse Apparate und John Browns Birnen für 2500 bis 3000 kg Einsatz erregten das gröſste Aufsehen. Es bestätigte sich aber, was Bessemer schon früher angegeben hatte, daſs der Prozeſs um so sicherer und vorteilhafter verlief, je gröſser die Chargen waren. Auch brauchten die groſsen Chargen nicht mehr Zeit zum Garen als die kleinen.
Bessemer hielt im August 1861 im Institut der Maschinen- ingenieure einen wichtigen Vortrag über die Bereitung des Stahls und seine Verwendung zu konstruktiven Zwecken, worin er eine Beschreibung der Bessemeranlage und des Betriebes in den Atlaswerken von John Brown in Sheffield gab.
Nach Bessemers Mitteilungen erforderte das Frischen einer Füllung 16 bis 25 Minuten. Der Abgang betrug bei Stahl 12 bis 15 Prozent, bei Schmiedeeisen 20 bis 22 Prozent. Die Güsse wurden unter einem Dampfhammer vorgeschmiedet und dann direkt ausgewalzt; das Paketieren und Schweiſsen fiel fort. Der Guſsstahl von rohen Güssen zeigte eine Festigkeit von 50000 Pfd. auf den Quadratzoll, während gewalzte Stäbe 150000 Pfd. Belastung bis zum Bruch trugen. Die zu Woolwich angestellten Festigkeitsversuche ergaben ebenfalls günstige Ergebnisse.
Der chemische Vorgang verlief nach Tunners und anderer Beobachtungen ganz ähnlich wie beim Puddeln: zuerst oxydierte Silicium und bildete mit verbranntem Eisen und aus den Wänden aufgelöstem Thon ein basisches Thonerdeeisensilikat.
Mangan oxydiert ebenfalls rasch und beschleunigt die Abscheidung des Siliciums, mit dem es sich statt des Eisens verschlackt. Silicium- reiche Roheisensorten sind leichter zu verfrischen, wenn sie Mangan enthalten, doch ist dessen Anwesenheit kein unbedingtes Erfordernis. Ein Mangangehalt befördert auch die teilweise Abscheidung des Schwefels. Im allgemeinen werden aber Schwefel und Phosphor beim Bessemern so gut wie gar nicht abgeschieden. Der Kohlenstoff ver- brennt nicht unmittelbar durch die Luft, sondern wie beim Puddeln durch die Schlacke, wie Tunner 1860 nachwies.
Während man zum Einschmelzen des Roheisens sich noch allge- mein der Flammöfen bediente, schlug Fairbairn 1861 bereits Kupol- öfen dafür vor.
In Schweden hielt man an den feststehenden Bessemerschacht- öfen mit etwa 15 Centner Einsatz fest. Aus Grills Bericht vom
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Die Fortschritte des Bessemerprozesses 1861 bis 1870.
nicht gröſser als derjenige der schwedischen Bessemeröfen. Hiergegen
waren Bessemers neue Konverter für 1500 kg-Chargen schon sehr
groſse Apparate und John Browns Birnen für 2500 bis 3000 kg
Einsatz erregten das gröſste Aufsehen. Es bestätigte sich aber, was
Bessemer schon früher angegeben hatte, daſs der Prozeſs um so
sicherer und vorteilhafter verlief, je gröſser die Chargen waren. Auch
brauchten die groſsen Chargen nicht mehr Zeit zum Garen als die
kleinen.
Bessemer hielt im August 1861 im Institut der Maschinen-
ingenieure einen wichtigen Vortrag über die Bereitung des Stahls und
seine Verwendung zu konstruktiven Zwecken, worin er eine Beschreibung
der Bessemeranlage und des Betriebes in den Atlaswerken von John
Brown in Sheffield gab.
Nach Bessemers Mitteilungen erforderte das Frischen einer
Füllung 16 bis 25 Minuten. Der Abgang betrug bei Stahl 12 bis
15 Prozent, bei Schmiedeeisen 20 bis 22 Prozent. Die Güsse wurden
unter einem Dampfhammer vorgeschmiedet und dann direkt ausgewalzt;
das Paketieren und Schweiſsen fiel fort. Der Guſsstahl von rohen
Güssen zeigte eine Festigkeit von 50000 Pfd. auf den Quadratzoll,
während gewalzte Stäbe 150000 Pfd. Belastung bis zum Bruch trugen.
Die zu Woolwich angestellten Festigkeitsversuche ergaben ebenfalls
günstige Ergebnisse.
Der chemische Vorgang verlief nach Tunners und anderer
Beobachtungen ganz ähnlich wie beim Puddeln: zuerst oxydierte
Silicium und bildete mit verbranntem Eisen und aus den Wänden
aufgelöstem Thon ein basisches Thonerdeeisensilikat.
Mangan oxydiert ebenfalls rasch und beschleunigt die Abscheidung
des Siliciums, mit dem es sich statt des Eisens verschlackt. Silicium-
reiche Roheisensorten sind leichter zu verfrischen, wenn sie Mangan
enthalten, doch ist dessen Anwesenheit kein unbedingtes Erfordernis.
Ein Mangangehalt befördert auch die teilweise Abscheidung des
Schwefels. Im allgemeinen werden aber Schwefel und Phosphor beim
Bessemern so gut wie gar nicht abgeschieden. Der Kohlenstoff ver-
brennt nicht unmittelbar durch die Luft, sondern wie beim Puddeln
durch die Schlacke, wie Tunner 1860 nachwies.
Während man zum Einschmelzen des Roheisens sich noch allge-
mein der Flammöfen bediente, schlug Fairbairn 1861 bereits Kupol-
öfen dafür vor.
In Schweden hielt man an den feststehenden Bessemerschacht-
öfen mit etwa 15 Centner Einsatz fest. Aus Grills Bericht vom
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/146>, abgerufen am 16.02.2025.
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