ausgestellt. Man nahm dazu die besten Sorten von englischem Hämatiteisen (Cleator-Harrington-Millom) und Müsener Spiegeleisen.
War die Überlegenheit der Stahlläufe vor den alten Eisenläufen und auch der gezogenen Läufe vor den ungezogenen allgemein anerkannt, so war das bezüglich der Frage, ob Vorder- oder Hinter- lader, bis zum Jahre 1866 noch eine offene Streitfrage. Preussen allein hatte in seinem Zündnadelgewehr das Hinterladungsgewehr eingeführt. Die Erfolge desselben im dänischen Kriege im Jahre 1864 waren nicht so auffällig, dass sie schon zu einer Reform der Hand- feuerwaffen geführt hätten. Die preussische Militärverwaltung hatte kein Interesse daran, die Beobachtungen, die sie mit ihrer Waffe gemacht hatte, der Öffentlichkeit preiszugeben. Die Österreicher aber, welche doch an der Seite der Preussen gekämpft hatten, sahen sich nicht veranlasst, von ihren Vorderladungsgewehren abzugehen. Da kam das Jahr 1866 und der Krieg Preussens gegen Österreich und die süddeutschen Staaten. Preussen, das inzwischen seine ganze Armee mit dem Zündnadelgewehr bewaffnet hatte, entwickelte eine so furcht- bare Überlegenheit durch seine Handfeuerwaffe, dass nicht zum wenigsten hierdurch sein Sieg trotz der numerischen Überlegenheit seiner Gegner in kurzer Zeit erkämpft war. Der Eindruck hiervon auf alle Grossstaaten war ein durchschlagender. In aller Eile ersetzte man die Vorderlader durch Hinterlader. Vor allen war Frankreich auf die rasche Durchführung der Neubewaffnung seiner Armee mit dem Chassepotgewehr (M. 66) mit allem Eifer bedacht.
Nicht so entschieden zeigte sich in diesem Kriege die Überlegen- heit der preussischen Gussstahlgeschütze über die gezogenen Bronze- geschütze der Österreicher. Zum Teil lag dies an dem Mangel an Gelegenheit, indem preussischerseits der Kampf fast nur mit den Handfeuerwaffen geführt wurde.
Alfred Krupp hatte es sich zur Lebensaufgabe gemacht, die Überlegenheit seiner gezogenen Hinterladungsgeschütze aus Gussstahl aller Welt zu beweisen, vor allem aber sein Vaterland Preussen mit dieser starken Waffe auszurüsten, und er scheute keine Mühe und Opfer, seine Kanonen und ihre Fabrikation zu vervollkommnen. Die öffentliche Meinung war damals den Gussstahlgeschützen noch wenig günstig, namentlich in England, wo man in den schmiedeeisernen Kanonen, welche William Armstrong zu Elswick bei Newcastle-on- Tyne verfertigte, das Höchste erreicht zu haben glaubte.
Nachdem durch den Tod des Königs Friedrich Wilhelm IV. (1861) die preussische Königskrone an den seitherigen Prinzregenten
und Fluſseisens 1861 bis 1870.
ausgestellt. Man nahm dazu die besten Sorten von englischem Hämatiteisen (Cleator-Harrington-Millom) und Müsener Spiegeleisen.
War die Überlegenheit der Stahlläufe vor den alten Eisenläufen und auch der gezogenen Läufe vor den ungezogenen allgemein anerkannt, so war das bezüglich der Frage, ob Vorder- oder Hinter- lader, bis zum Jahre 1866 noch eine offene Streitfrage. Preuſsen allein hatte in seinem Zündnadelgewehr das Hinterladungsgewehr eingeführt. Die Erfolge desselben im dänischen Kriege im Jahre 1864 waren nicht so auffällig, daſs sie schon zu einer Reform der Hand- feuerwaffen geführt hätten. Die preuſsische Militärverwaltung hatte kein Interesse daran, die Beobachtungen, die sie mit ihrer Waffe gemacht hatte, der Öffentlichkeit preiszugeben. Die Österreicher aber, welche doch an der Seite der Preuſsen gekämpft hatten, sahen sich nicht veranlaſst, von ihren Vorderladungsgewehren abzugehen. Da kam das Jahr 1866 und der Krieg Preuſsens gegen Österreich und die süddeutschen Staaten. Preuſsen, das inzwischen seine ganze Armee mit dem Zündnadelgewehr bewaffnet hatte, entwickelte eine so furcht- bare Überlegenheit durch seine Handfeuerwaffe, daſs nicht zum wenigsten hierdurch sein Sieg trotz der numerischen Überlegenheit seiner Gegner in kurzer Zeit erkämpft war. Der Eindruck hiervon auf alle Groſsstaaten war ein durchschlagender. In aller Eile ersetzte man die Vorderlader durch Hinterlader. Vor allen war Frankreich auf die rasche Durchführung der Neubewaffnung seiner Armee mit dem Chassepotgewehr (M. 66) mit allem Eifer bedacht.
Nicht so entschieden zeigte sich in diesem Kriege die Überlegen- heit der preuſsischen Guſsstahlgeschütze über die gezogenen Bronze- geschütze der Österreicher. Zum Teil lag dies an dem Mangel an Gelegenheit, indem preuſsischerseits der Kampf fast nur mit den Handfeuerwaffen geführt wurde.
Alfred Krupp hatte es sich zur Lebensaufgabe gemacht, die Überlegenheit seiner gezogenen Hinterladungsgeschütze aus Guſsstahl aller Welt zu beweisen, vor allem aber sein Vaterland Preuſsen mit dieser starken Waffe auszurüsten, und er scheute keine Mühe und Opfer, seine Kanonen und ihre Fabrikation zu vervollkommnen. Die öffentliche Meinung war damals den Guſsstahlgeschützen noch wenig günstig, namentlich in England, wo man in den schmiedeeisernen Kanonen, welche William Armstrong zu Elswick bei Newcastle-on- Tyne verfertigte, das Höchste erreicht zu haben glaubte.
Nachdem durch den Tod des Königs Friedrich Wilhelm IV. (1861) die preuſsische Königskrone an den seitherigen Prinzregenten
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und Fluſseisens 1861 bis 1870.
ausgestellt. Man nahm dazu die besten Sorten von englischem
Hämatiteisen (Cleator-Harrington-Millom) und Müsener Spiegeleisen.
War die Überlegenheit der Stahlläufe vor den alten Eisenläufen
und auch der gezogenen Läufe vor den ungezogenen allgemein
anerkannt, so war das bezüglich der Frage, ob Vorder- oder Hinter-
lader, bis zum Jahre 1866 noch eine offene Streitfrage. Preuſsen
allein hatte in seinem Zündnadelgewehr das Hinterladungsgewehr
eingeführt. Die Erfolge desselben im dänischen Kriege im Jahre 1864
waren nicht so auffällig, daſs sie schon zu einer Reform der Hand-
feuerwaffen geführt hätten. Die preuſsische Militärverwaltung hatte
kein Interesse daran, die Beobachtungen, die sie mit ihrer Waffe
gemacht hatte, der Öffentlichkeit preiszugeben. Die Österreicher aber,
welche doch an der Seite der Preuſsen gekämpft hatten, sahen sich
nicht veranlaſst, von ihren Vorderladungsgewehren abzugehen. Da
kam das Jahr 1866 und der Krieg Preuſsens gegen Österreich und
die süddeutschen Staaten. Preuſsen, das inzwischen seine ganze Armee
mit dem Zündnadelgewehr bewaffnet hatte, entwickelte eine so furcht-
bare Überlegenheit durch seine Handfeuerwaffe, daſs nicht zum
wenigsten hierdurch sein Sieg trotz der numerischen Überlegenheit
seiner Gegner in kurzer Zeit erkämpft war. Der Eindruck hiervon
auf alle Groſsstaaten war ein durchschlagender. In aller Eile ersetzte
man die Vorderlader durch Hinterlader. Vor allen war Frankreich
auf die rasche Durchführung der Neubewaffnung seiner Armee mit
dem Chassepotgewehr (M. 66) mit allem Eifer bedacht.
Nicht so entschieden zeigte sich in diesem Kriege die Überlegen-
heit der preuſsischen Guſsstahlgeschütze über die gezogenen Bronze-
geschütze der Österreicher. Zum Teil lag dies an dem Mangel an
Gelegenheit, indem preuſsischerseits der Kampf fast nur mit den
Handfeuerwaffen geführt wurde.
Alfred Krupp hatte es sich zur Lebensaufgabe gemacht, die
Überlegenheit seiner gezogenen Hinterladungsgeschütze aus Guſsstahl
aller Welt zu beweisen, vor allem aber sein Vaterland Preuſsen mit
dieser starken Waffe auszurüsten, und er scheute keine Mühe und
Opfer, seine Kanonen und ihre Fabrikation zu vervollkommnen. Die
öffentliche Meinung war damals den Guſsstahlgeschützen noch wenig
günstig, namentlich in England, wo man in den schmiedeeisernen
Kanonen, welche William Armstrong zu Elswick bei Newcastle-on-
Tyne verfertigte, das Höchste erreicht zu haben glaubte.
Nachdem durch den Tod des Königs Friedrich Wilhelm IV.
(1861) die preuſsische Königskrone an den seitherigen Prinzregenten
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 221. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/237>, abgerufen am 21.11.2024.
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