Das rasche Wachstum der Gussstahlerzeugung ist durch die regel- mässige Erzeugung von Bessemerstahl seit 1864 veranlasst; 1865 pro- duzierte die Hermannshütte bei Hörde hiervon bereits 2646 Tonnen.
Die Produktionsvermehrung zwischen 1866 und 1867 ist zum Teil durch die Vergrösserung des preussischen Staates infolge des Krieges vom Jahre 1866 veranlasst.
Die Produktion der neuen Landesteile betrug:
[Tabelle]
In Oberschlesien ging der Staat, als Besitzer der wichtigsten und grössten Eisenhüttenwerke, mit rühmlichem Beispiel in der Ein- führung neuer Verbesserungen vor. Gewöhnlich war es die Königs- hütte, auf welcher die Prüfung neuer Einrichtungen vorgenommen wurde. Wir haben schon im allgemeinen Teile ausgeführt, wie die dortigen Versuche, den Hochofenbetrieb mit Steinkohle einzuführen, keinen Erfolg hatten, und wie es erst nach längerer Zeit und nach Überwindung vieler Schwierigkeiten gelang, das Bessemerverfahren einzuführen.
Die Königshütte, von der E. Dürre 1861 eine genaue Beschrei- bung veröffentlichte 1), hatte in diesem Jahre ihre sechs Hochöfen im Betriebe. Man hatte die Pressung von 21/2 auf 4 Pfund pro Quadrat- zoll und die Windtemperatur von 80 auf 180° R. gesteigert. Über die Stabeisenerzeugung auf der Königshütte erschien im folgenden Jahre ein längerer Aufsatz in der Berg- und Hüttenmännischen Zeitung.
Ein anderes neu eingerichtetes grosses Hüttenwerk war die Hubertus- hütte von Thiele-Winkler, welche ebenfalls sechs Kokshochöfen hatte. Diese waren, wie die der Königshütte, nach belgischem Muster zugestellt. Der Schacht war nicht von Ringbändern zusammengehalten, sondern von einem starken Rauhmauerwerk; das Gestell war aus Masse gestampft, Obergestell und Rast aus feuerfesten Steinen her- gestellt 2). Auf der Vorwärtshütte zu Hermsdorf in Niederschlesien verhüttete man mit Erfolg Magneteisensteine mit Koks zu einem sehr
1) Berg- u. Hüttenm. Ztg., 1861, Nr. 31 u. 38.
2) Siehe Studienreise der Studierenden des Königlichen Gewerbeinstituts in Berlin durch die Provinz Schlesien unter Führung von Professor Wiebe 1858. In den Verhandlungen des Vereins für Gewerbefleiss, Jahrgang 1859.
Deutschland 1861 bis 1870.
Das rasche Wachstum der Guſsstahlerzeugung ist durch die regel- mäſsige Erzeugung von Bessemerstahl seit 1864 veranlaſst; 1865 pro- duzierte die Hermannshütte bei Hörde hiervon bereits 2646 Tonnen.
Die Produktionsvermehrung zwischen 1866 und 1867 ist zum Teil durch die Vergröſserung des preuſsischen Staates infolge des Krieges vom Jahre 1866 veranlaſst.
Die Produktion der neuen Landesteile betrug:
[Tabelle]
In Oberschlesien ging der Staat, als Besitzer der wichtigsten und gröſsten Eisenhüttenwerke, mit rühmlichem Beispiel in der Ein- führung neuer Verbesserungen vor. Gewöhnlich war es die Königs- hütte, auf welcher die Prüfung neuer Einrichtungen vorgenommen wurde. Wir haben schon im allgemeinen Teile ausgeführt, wie die dortigen Versuche, den Hochofenbetrieb mit Steinkohle einzuführen, keinen Erfolg hatten, und wie es erst nach längerer Zeit und nach Überwindung vieler Schwierigkeiten gelang, das Bessemerverfahren einzuführen.
Die Königshütte, von der E. Dürre 1861 eine genaue Beschrei- bung veröffentlichte 1), hatte in diesem Jahre ihre sechs Hochöfen im Betriebe. Man hatte die Pressung von 2½ auf 4 Pfund pro Quadrat- zoll und die Windtemperatur von 80 auf 180° R. gesteigert. Über die Stabeisenerzeugung auf der Königshütte erschien im folgenden Jahre ein längerer Aufsatz in der Berg- und Hüttenmännischen Zeitung.
Ein anderes neu eingerichtetes groſses Hüttenwerk war die Hubertus- hütte von Thiele-Winkler, welche ebenfalls sechs Kokshochöfen hatte. Diese waren, wie die der Königshütte, nach belgischem Muster zugestellt. Der Schacht war nicht von Ringbändern zusammengehalten, sondern von einem starken Rauhmauerwerk; das Gestell war aus Masse gestampft, Obergestell und Rast aus feuerfesten Steinen her- gestellt 2). Auf der Vorwärtshütte zu Hermsdorf in Niederschlesien verhüttete man mit Erfolg Magneteisensteine mit Koks zu einem sehr
1) Berg- u. Hüttenm. Ztg., 1861, Nr. 31 u. 38.
2) Siehe Studienreise der Studierenden des Königlichen Gewerbeinstituts in Berlin durch die Provinz Schlesien unter Führung von Professor Wiebe 1858. In den Verhandlungen des Vereins für Gewerbefleiſs, Jahrgang 1859.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0278"n="262"/><fwplace="top"type="header">Deutschland 1861 bis 1870.</fw><lb/><p>Das rasche Wachstum der Guſsstahlerzeugung ist durch die regel-<lb/>
mäſsige Erzeugung von Bessemerstahl seit 1864 veranlaſst; 1865 pro-<lb/>
duzierte die Hermannshütte bei Hörde hiervon bereits 2646 Tonnen.</p><lb/><p>Die Produktionsvermehrung zwischen 1866 und 1867 ist zum Teil<lb/>
durch die Vergröſserung des preuſsischen Staates infolge des Krieges<lb/>
vom Jahre 1866 veranlaſst.</p><lb/><p>Die Produktion der neuen Landesteile betrug:</p><lb/><table><row><cell/></row></table><p>In <hirendition="#g">Oberschlesien</hi> ging der Staat, als Besitzer der wichtigsten<lb/>
und gröſsten Eisenhüttenwerke, mit rühmlichem Beispiel in der Ein-<lb/>
führung neuer Verbesserungen vor. Gewöhnlich war es die Königs-<lb/>
hütte, auf welcher die Prüfung neuer Einrichtungen vorgenommen<lb/>
wurde. Wir haben schon im allgemeinen Teile ausgeführt, wie die<lb/>
dortigen Versuche, den Hochofenbetrieb mit Steinkohle einzuführen,<lb/>
keinen Erfolg hatten, und wie es erst nach längerer Zeit und nach<lb/>
Überwindung vieler Schwierigkeiten gelang, das Bessemerverfahren<lb/>
einzuführen.</p><lb/><p>Die Königshütte, von der E. <hirendition="#g">Dürre</hi> 1861 eine genaue Beschrei-<lb/>
bung veröffentlichte <noteplace="foot"n="1)">Berg- u. Hüttenm. Ztg., 1861, Nr. 31 u. 38.</note>, hatte in diesem Jahre ihre sechs Hochöfen im<lb/>
Betriebe. Man hatte die Pressung von 2½ auf 4 Pfund pro Quadrat-<lb/>
zoll und die Windtemperatur von 80 auf 180° R. gesteigert. Über<lb/>
die Stabeisenerzeugung auf der Königshütte erschien im folgenden<lb/>
Jahre ein längerer Aufsatz in der Berg- und Hüttenmännischen Zeitung.</p><lb/><p>Ein anderes neu eingerichtetes groſses Hüttenwerk war die Hubertus-<lb/>
hütte von <hirendition="#g">Thiele-Winkler</hi>, welche ebenfalls sechs Kokshochöfen<lb/>
hatte. Diese waren, wie die der Königshütte, nach belgischem Muster<lb/>
zugestellt. Der Schacht war nicht von Ringbändern zusammengehalten,<lb/>
sondern von einem starken Rauhmauerwerk; das Gestell war aus<lb/>
Masse gestampft, Obergestell und Rast aus feuerfesten Steinen her-<lb/>
gestellt <noteplace="foot"n="2)">Siehe Studienreise der Studierenden des Königlichen Gewerbeinstituts in<lb/>
Berlin durch die Provinz Schlesien unter Führung von Professor <hirendition="#g">Wiebe</hi> 1858.<lb/>
In den Verhandlungen des Vereins für Gewerbefleiſs, Jahrgang 1859.</note>. Auf der Vorwärtshütte zu Hermsdorf in Niederschlesien<lb/>
verhüttete man mit Erfolg Magneteisensteine mit Koks zu einem sehr<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[262/0278]
Deutschland 1861 bis 1870.
Das rasche Wachstum der Guſsstahlerzeugung ist durch die regel-
mäſsige Erzeugung von Bessemerstahl seit 1864 veranlaſst; 1865 pro-
duzierte die Hermannshütte bei Hörde hiervon bereits 2646 Tonnen.
Die Produktionsvermehrung zwischen 1866 und 1867 ist zum Teil
durch die Vergröſserung des preuſsischen Staates infolge des Krieges
vom Jahre 1866 veranlaſst.
Die Produktion der neuen Landesteile betrug:
In Oberschlesien ging der Staat, als Besitzer der wichtigsten
und gröſsten Eisenhüttenwerke, mit rühmlichem Beispiel in der Ein-
führung neuer Verbesserungen vor. Gewöhnlich war es die Königs-
hütte, auf welcher die Prüfung neuer Einrichtungen vorgenommen
wurde. Wir haben schon im allgemeinen Teile ausgeführt, wie die
dortigen Versuche, den Hochofenbetrieb mit Steinkohle einzuführen,
keinen Erfolg hatten, und wie es erst nach längerer Zeit und nach
Überwindung vieler Schwierigkeiten gelang, das Bessemerverfahren
einzuführen.
Die Königshütte, von der E. Dürre 1861 eine genaue Beschrei-
bung veröffentlichte 1), hatte in diesem Jahre ihre sechs Hochöfen im
Betriebe. Man hatte die Pressung von 2½ auf 4 Pfund pro Quadrat-
zoll und die Windtemperatur von 80 auf 180° R. gesteigert. Über
die Stabeisenerzeugung auf der Königshütte erschien im folgenden
Jahre ein längerer Aufsatz in der Berg- und Hüttenmännischen Zeitung.
Ein anderes neu eingerichtetes groſses Hüttenwerk war die Hubertus-
hütte von Thiele-Winkler, welche ebenfalls sechs Kokshochöfen
hatte. Diese waren, wie die der Königshütte, nach belgischem Muster
zugestellt. Der Schacht war nicht von Ringbändern zusammengehalten,
sondern von einem starken Rauhmauerwerk; das Gestell war aus
Masse gestampft, Obergestell und Rast aus feuerfesten Steinen her-
gestellt 2). Auf der Vorwärtshütte zu Hermsdorf in Niederschlesien
verhüttete man mit Erfolg Magneteisensteine mit Koks zu einem sehr
1) Berg- u. Hüttenm. Ztg., 1861, Nr. 31 u. 38.
2) Siehe Studienreise der Studierenden des Königlichen Gewerbeinstituts in
Berlin durch die Provinz Schlesien unter Führung von Professor Wiebe 1858.
In den Verhandlungen des Vereins für Gewerbefleiſs, Jahrgang 1859.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 262. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/278>, abgerufen am 31.10.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.