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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903.

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noch im Tiegel schmelzen, solche mit mehr als 32 Prozent nur im
elektrischen Ofen. Auf den Holcomb Roch Works (U. S.) wird ein
von Chalmot entworfener kontinuierlicher elektrischer Ofen zur Dar-
stellung von Ferrosilicium im grossen verwendet. Für die Praxis
kommen nur die Silicium-Eisenlegierungen bis zu 16 Prozent Silicium
in Betracht, die im Hochofen geschmolzen werden. Die Silicium-
Eisenlegierungen sind weiss.

Enthält Eisen mehr als 5 Prozent Silicium, so wird es als Ferro-
silicium bezeichnet. Die nächstniedrige Stufe wird "Schwarzeisen"
benannt, das sogenannte "Glanzeisen" hat nach Gautier in der Regel
mehr als 4 Prozent Silicium. Moissan, Carnot und Goutal wollen
bestimmte Eisensilicide, besonders eins nach der Formel Si Fe2 gefunden
haben 1). Das Silicium hat die Eigenschaft, den Kohlenstoff bei mehr
als 2 Proz. Gehalt als Graphit aus dem Eisen auszuscheiden. Es kann
den gebundenen Kohlenstoff ganz verdrängen, so dass siliciumreiches
Eisen Kohlenstoff nur noch als Graphit enthält. Da die Verwandt-
schaft des Eisens zu Silicium bei der hohen Erzeugungstemperatur
des Giessereieisens eine sehr grosse ist, und die Reduktion bei gleich-
zeitiger Anwesenheit von Kohle und Eisen leicht von statten geht, so
giebt es in der Praxis kein Giessereiroheisen, welches frei von Silicium
ist. Der Gehalt desselben beträgt oft 4 bis 5 Prozent, wie z. B. bei
englischem von Clarence (4,37 Prozent).

Der Siliciumgehalt des Eisens ist für manche metallurgische
Operationen von grosser Wichtigkeit. Im Bessemerroheisen bildet das
Silicium den wichtigsten Heizstoff für die Operationen im Konverter.
Für die Eisengiesserei ist ein hoher Siliciumgehalt ebenfalls oft vorteil-
haft, um mehr Brucheisen und Weisseisen einschmelzen zu können,
und zu diesem Zwecke wird seit neuerer Zeit häufig Ferrosilicium als
Zusatz verwendet (Gautier, Turner, Jüngst). Bei der Stahlfabri-
kation ist ein Zusatz von siliciumreichem Eisen nützlich und not-
wendig, um blasenfreie Güsse zu erzeugen. Es wirkt nämlich Silicium
auf das absorbierte Kohlenoxydgas zersetzend (nach Gautier nach
der Formel: 2 CO + Si = Si O2 + C). Das Silicium schützt ferner
den Kohlenstoff im Eisen und Stahl vor Verbrennung.

Aus alledem folgt, dass ein Siliciumgehalt in manchen Roh- und
Zwischeneisensorten erwünscht und vorteilhaft sein kann. Im End-
produkt ist dagegen ein Siliciumgehalt nie von Nutzen. Ein Hundert-
teil beeinträchtigt das Dehnungsvermögen des Stahls und macht ihn
rotbrüchig.


1) Siehe Österreich. Zeitschr. für Berg- u. Hüttenwesen 1898, S. 592.

Chemie.
noch im Tiegel schmelzen, solche mit mehr als 32 Prozent nur im
elektrischen Ofen. Auf den Holcomb Roch Works (U. S.) wird ein
von Chalmot entworfener kontinuierlicher elektrischer Ofen zur Dar-
stellung von Ferrosilicium im groſsen verwendet. Für die Praxis
kommen nur die Silicium-Eisenlegierungen bis zu 16 Prozent Silicium
in Betracht, die im Hochofen geschmolzen werden. Die Silicium-
Eisenlegierungen sind weiſs.

Enthält Eisen mehr als 5 Prozent Silicium, so wird es als Ferro-
silicium bezeichnet. Die nächstniedrige Stufe wird „Schwarzeisen“
benannt, das sogenannte „Glanzeisen“ hat nach Gautier in der Regel
mehr als 4 Prozent Silicium. Moissan, Carnot und Goutal wollen
bestimmte Eisensilicide, besonders eins nach der Formel Si Fe2 gefunden
haben 1). Das Silicium hat die Eigenschaft, den Kohlenstoff bei mehr
als 2 Proz. Gehalt als Graphit aus dem Eisen auszuscheiden. Es kann
den gebundenen Kohlenstoff ganz verdrängen, so daſs siliciumreiches
Eisen Kohlenstoff nur noch als Graphit enthält. Da die Verwandt-
schaft des Eisens zu Silicium bei der hohen Erzeugungstemperatur
des Gieſsereieisens eine sehr groſse ist, und die Reduktion bei gleich-
zeitiger Anwesenheit von Kohle und Eisen leicht von statten geht, so
giebt es in der Praxis kein Gieſsereiroheisen, welches frei von Silicium
ist. Der Gehalt desselben beträgt oft 4 bis 5 Prozent, wie z. B. bei
englischem von Clarence (4,37 Prozent).

Der Siliciumgehalt des Eisens ist für manche metallurgische
Operationen von groſser Wichtigkeit. Im Bessemerroheisen bildet das
Silicium den wichtigsten Heizstoff für die Operationen im Konverter.
Für die Eisengieſserei ist ein hoher Siliciumgehalt ebenfalls oft vorteil-
haft, um mehr Brucheisen und Weiſseisen einschmelzen zu können,
und zu diesem Zwecke wird seit neuerer Zeit häufig Ferrosilicium als
Zusatz verwendet (Gautier, Turner, Jüngst). Bei der Stahlfabri-
kation ist ein Zusatz von siliciumreichem Eisen nützlich und not-
wendig, um blasenfreie Güsse zu erzeugen. Es wirkt nämlich Silicium
auf das absorbierte Kohlenoxydgas zersetzend (nach Gautier nach
der Formel: 2 CO + Si = Si O2 + C). Das Silicium schützt ferner
den Kohlenstoff im Eisen und Stahl vor Verbrennung.

Aus alledem folgt, daſs ein Siliciumgehalt in manchen Roh- und
Zwischeneisensorten erwünscht und vorteilhaft sein kann. Im End-
produkt ist dagegen ein Siliciumgehalt nie von Nutzen. Ein Hundert-
teil beeinträchtigt das Dehnungsvermögen des Stahls und macht ihn
rotbrüchig.


1) Siehe Österreich. Zeitschr. für Berg- u. Hüttenwesen 1898, S. 592.
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[343/0359] Chemie. noch im Tiegel schmelzen, solche mit mehr als 32 Prozent nur im elektrischen Ofen. Auf den Holcomb Roch Works (U. S.) wird ein von Chalmot entworfener kontinuierlicher elektrischer Ofen zur Dar- stellung von Ferrosilicium im groſsen verwendet. Für die Praxis kommen nur die Silicium-Eisenlegierungen bis zu 16 Prozent Silicium in Betracht, die im Hochofen geschmolzen werden. Die Silicium- Eisenlegierungen sind weiſs. Enthält Eisen mehr als 5 Prozent Silicium, so wird es als Ferro- silicium bezeichnet. Die nächstniedrige Stufe wird „Schwarzeisen“ benannt, das sogenannte „Glanzeisen“ hat nach Gautier in der Regel mehr als 4 Prozent Silicium. Moissan, Carnot und Goutal wollen bestimmte Eisensilicide, besonders eins nach der Formel Si Fe2 gefunden haben 1). Das Silicium hat die Eigenschaft, den Kohlenstoff bei mehr als 2 Proz. Gehalt als Graphit aus dem Eisen auszuscheiden. Es kann den gebundenen Kohlenstoff ganz verdrängen, so daſs siliciumreiches Eisen Kohlenstoff nur noch als Graphit enthält. Da die Verwandt- schaft des Eisens zu Silicium bei der hohen Erzeugungstemperatur des Gieſsereieisens eine sehr groſse ist, und die Reduktion bei gleich- zeitiger Anwesenheit von Kohle und Eisen leicht von statten geht, so giebt es in der Praxis kein Gieſsereiroheisen, welches frei von Silicium ist. Der Gehalt desselben beträgt oft 4 bis 5 Prozent, wie z. B. bei englischem von Clarence (4,37 Prozent). Der Siliciumgehalt des Eisens ist für manche metallurgische Operationen von groſser Wichtigkeit. Im Bessemerroheisen bildet das Silicium den wichtigsten Heizstoff für die Operationen im Konverter. Für die Eisengieſserei ist ein hoher Siliciumgehalt ebenfalls oft vorteil- haft, um mehr Brucheisen und Weiſseisen einschmelzen zu können, und zu diesem Zwecke wird seit neuerer Zeit häufig Ferrosilicium als Zusatz verwendet (Gautier, Turner, Jüngst). Bei der Stahlfabri- kation ist ein Zusatz von siliciumreichem Eisen nützlich und not- wendig, um blasenfreie Güsse zu erzeugen. Es wirkt nämlich Silicium auf das absorbierte Kohlenoxydgas zersetzend (nach Gautier nach der Formel: 2 CO + Si = Si O2 + C). Das Silicium schützt ferner den Kohlenstoff im Eisen und Stahl vor Verbrennung. Aus alledem folgt, daſs ein Siliciumgehalt in manchen Roh- und Zwischeneisensorten erwünscht und vorteilhaft sein kann. Im End- produkt ist dagegen ein Siliciumgehalt nie von Nutzen. Ein Hundert- teil beeinträchtigt das Dehnungsvermögen des Stahls und macht ihn rotbrüchig. 1) Siehe Österreich. Zeitschr. für Berg- u. Hüttenwesen 1898, S. 592.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 343. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/359>, abgerufen am 24.11.2024.