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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903.

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Physik des Eisens seit 1871.
wenn die Abkühlung des erhitzten Platincylinders vor dem Ein-
tauchen in das Wasser vermieden werden kann.

Optische Pyrometer, die besonders in Frankreich Eingang gefunden
haben, dienen nur zur Betriebskontrolle. Das erste wurde 1881 von
A. Crova auf dem Eisenwerk zu Creusot hergestellt, um die Tempe-
raturen in den Martin-Flammöfen zu messen. Das kreisförmige Bild
der Öffnung in der Ofenthür wurde auf das Prisma eines Spektro-
pyrometers geworfen. Der Apparat diente nur für hohe Temperaturen
über 1000° C. 1888 erfanden Mesure und Nouel einen einfacheren
Apparat, den sie lunette pyrometrique, pyrometrisches Perspektiv,
nannten. Dieses Instrument wurde 1892 von Cornu-Le Chatelier
verbessert. Die Verbesserung bestand in der Verbindung mit einem
Cornuschen Photometer. Rotglut entspricht 525° C., Kirschrot 800° C.,
Orange 1100° C., Weiss 1300° C., blendend Weiss 1500° C.

Bequem, aber für wissenschaftliche Zwecke bei hohen Tempe-
raturen nicht genügend genau, sind die Pyrometer, welche, wie das
alte von Wedgewood, auf der Ausdehnung feuerfester Körper in der
Hitze beruhen. Das von Zabel in Quedlinburg (1876) aus Metall-
stäben zusammengesetzte misst nur Temperaturen bis zu 520° C., das
Graphitpyrometer von Steinle und Hartung (1878) lässt sich für
höhere Temperaturen anwenden. Seger hat (1883) eine Skala von
Versuchskegeln aus hochschmelzigen Glasurmassen hergestellt, von
denen Nr. 26 dem niedrigsten Grade, Nr. 35 dem höchsten Grade
der Feuerbeständigkeit von feuerfesten Thonen entspricht. Das
Segersche Pyroskop hat auch beim Eisenhüttenwesen Anwendung
gefunden.

Genauer sind in gewissen Grenzen Legierungen von Silber, Gold
und Platin, deren Schmelzpunkte zu 950° C., 1075° C. und 1775° C.
angenommen werden, wie sie von Princep angegeben und von der
Scheideanstalt (Dr. H. Rössler) in Frankfurt hergestellt werden.
H. Seger empfahl die Anwendung dieser Legierungen bis zu einer
Temperatur von etwa 1200° C. (genauer bis zu einer Legierung von
15 Prozent Platin, welche bei 1180° C. schmilzt).

Von den Pyrometern, welche auf der ungleichen Ausdehnung
zweier verschiedener Stoffe bei der Erwärmung beruhen, ist das von
Gauntlett am meisten in Anwendung. Es besteht aus drei feuer-
festen Hohlcylindern, die in ein Eisenrohr eingeschlossen sind und
bei der Erhitzung auf eine Auswechselung drücken, die einen Zeiger,
ähnlich wie bei einem Manometer, bewegen.

Viel genauer und für alle wissenschaftlichen Untersuchungen von

Beck, Geschichte des Eisens. 24

Physik des Eisens seit 1871.
wenn die Abkühlung des erhitzten Platincylinders vor dem Ein-
tauchen in das Wasser vermieden werden kann.

Optische Pyrometer, die besonders in Frankreich Eingang gefunden
haben, dienen nur zur Betriebskontrolle. Das erste wurde 1881 von
A. Crova auf dem Eisenwerk zu Creusot hergestellt, um die Tempe-
raturen in den Martin-Flammöfen zu messen. Das kreisförmige Bild
der Öffnung in der Ofenthür wurde auf das Prisma eines Spektro-
pyrometers geworfen. Der Apparat diente nur für hohe Temperaturen
über 1000° C. 1888 erfanden Mesuré und Nouel einen einfacheren
Apparat, den sie lunette pyrometrique, pyrometrisches Perspektiv,
nannten. Dieses Instrument wurde 1892 von Cornu-Le Chatelier
verbessert. Die Verbesserung bestand in der Verbindung mit einem
Cornuschen Photometer. Rotglut entspricht 525° C., Kirschrot 800° C.,
Orange 1100° C., Weiſs 1300° C., blendend Weiſs 1500° C.

Bequem, aber für wissenschaftliche Zwecke bei hohen Tempe-
raturen nicht genügend genau, sind die Pyrometer, welche, wie das
alte von Wedgewood, auf der Ausdehnung feuerfester Körper in der
Hitze beruhen. Das von Zabel in Quedlinburg (1876) aus Metall-
stäben zusammengesetzte miſst nur Temperaturen bis zu 520° C., das
Graphitpyrometer von Steinle und Hartung (1878) läſst sich für
höhere Temperaturen anwenden. Seger hat (1883) eine Skala von
Versuchskegeln aus hochschmelzigen Glasurmassen hergestellt, von
denen Nr. 26 dem niedrigsten Grade, Nr. 35 dem höchsten Grade
der Feuerbeständigkeit von feuerfesten Thonen entspricht. Das
Segersche Pyroskop hat auch beim Eisenhüttenwesen Anwendung
gefunden.

Genauer sind in gewissen Grenzen Legierungen von Silber, Gold
und Platin, deren Schmelzpunkte zu 950° C., 1075° C. und 1775° C.
angenommen werden, wie sie von Princep angegeben und von der
Scheideanstalt (Dr. H. Röſsler) in Frankfurt hergestellt werden.
H. Seger empfahl die Anwendung dieser Legierungen bis zu einer
Temperatur von etwa 1200° C. (genauer bis zu einer Legierung von
15 Prozent Platin, welche bei 1180° C. schmilzt).

Von den Pyrometern, welche auf der ungleichen Ausdehnung
zweier verschiedener Stoffe bei der Erwärmung beruhen, ist das von
Gauntlett am meisten in Anwendung. Es besteht aus drei feuer-
festen Hohlcylindern, die in ein Eisenrohr eingeschlossen sind und
bei der Erhitzung auf eine Auswechselung drücken, die einen Zeiger,
ähnlich wie bei einem Manometer, bewegen.

Viel genauer und für alle wissenschaftlichen Untersuchungen von

Beck, Geschichte des Eisens. 24
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[369/0385] Physik des Eisens seit 1871. wenn die Abkühlung des erhitzten Platincylinders vor dem Ein- tauchen in das Wasser vermieden werden kann. Optische Pyrometer, die besonders in Frankreich Eingang gefunden haben, dienen nur zur Betriebskontrolle. Das erste wurde 1881 von A. Crova auf dem Eisenwerk zu Creusot hergestellt, um die Tempe- raturen in den Martin-Flammöfen zu messen. Das kreisförmige Bild der Öffnung in der Ofenthür wurde auf das Prisma eines Spektro- pyrometers geworfen. Der Apparat diente nur für hohe Temperaturen über 1000° C. 1888 erfanden Mesuré und Nouel einen einfacheren Apparat, den sie lunette pyrometrique, pyrometrisches Perspektiv, nannten. Dieses Instrument wurde 1892 von Cornu-Le Chatelier verbessert. Die Verbesserung bestand in der Verbindung mit einem Cornuschen Photometer. Rotglut entspricht 525° C., Kirschrot 800° C., Orange 1100° C., Weiſs 1300° C., blendend Weiſs 1500° C. Bequem, aber für wissenschaftliche Zwecke bei hohen Tempe- raturen nicht genügend genau, sind die Pyrometer, welche, wie das alte von Wedgewood, auf der Ausdehnung feuerfester Körper in der Hitze beruhen. Das von Zabel in Quedlinburg (1876) aus Metall- stäben zusammengesetzte miſst nur Temperaturen bis zu 520° C., das Graphitpyrometer von Steinle und Hartung (1878) läſst sich für höhere Temperaturen anwenden. Seger hat (1883) eine Skala von Versuchskegeln aus hochschmelzigen Glasurmassen hergestellt, von denen Nr. 26 dem niedrigsten Grade, Nr. 35 dem höchsten Grade der Feuerbeständigkeit von feuerfesten Thonen entspricht. Das Segersche Pyroskop hat auch beim Eisenhüttenwesen Anwendung gefunden. Genauer sind in gewissen Grenzen Legierungen von Silber, Gold und Platin, deren Schmelzpunkte zu 950° C., 1075° C. und 1775° C. angenommen werden, wie sie von Princep angegeben und von der Scheideanstalt (Dr. H. Röſsler) in Frankfurt hergestellt werden. H. Seger empfahl die Anwendung dieser Legierungen bis zu einer Temperatur von etwa 1200° C. (genauer bis zu einer Legierung von 15 Prozent Platin, welche bei 1180° C. schmilzt). Von den Pyrometern, welche auf der ungleichen Ausdehnung zweier verschiedener Stoffe bei der Erwärmung beruhen, ist das von Gauntlett am meisten in Anwendung. Es besteht aus drei feuer- festen Hohlcylindern, die in ein Eisenrohr eingeschlossen sind und bei der Erhitzung auf eine Auswechselung drücken, die einen Zeiger, ähnlich wie bei einem Manometer, bewegen. Viel genauer und für alle wissenschaftlichen Untersuchungen von Beck, Geschichte des Eisens. 24

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 369. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/385>, abgerufen am 24.11.2024.