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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903.

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Physik des Eisens seit 1871.
grosser Bedeutung sind die Luftpyrometer, welche in den letzten
25 Jahren sehr verbessert worden sind. Doch werden dieselben
meist nur bei niedrigeren Temperaturen bis zu 1000° C. (Wind-
erhitzungsapparate usw.) in der Praxis angewendet. Die bekanntesten
Luftpyrometer sind die von Hobson (1876), Bradbury, F. Wiske
(1881), Friedr. Krupp (1885), Heisch und Tolkard in Brentford
(1887, nur für Temperaturen bis zu 540° C.), Wiborgh (1888),
Ühling und Steinbart (1894) und das von Walther Dürr und
Siegert in München (1894) 1). Alle diese Pyrometer sind aber nicht
verwendbar, um die Temperatur von flüssigen Eisen- oder Stahlmassen
zu messen.

Für hohe Temperaturen sind das verbesserte Wiborghsche und
das Dürrsche Luftpyrometer geeignet. In letzterem giebt ein Zeiger
auf einer Skala von 0° bis 1500°, ähnlich wie bei einem Manometer,
die gemessene Temperatur an.

Sehr gut haben sich zum Messen hoher Temperaturen die
elektrischen Pyrometer bewährt, die alle auf dem von Siemens
zuerst angewendeten Princip, dass der Leitungswiderstand eines
Platindrahtes gegen den elektrischen Strom mit der Temperatur sich
verändert, beruhen. Das Siemenssche Pyrometer wurde von F. Braun
und von Le Chatelier verbessert. Das Le Chateliersche Pyro-
meter 2) besteht aus einem thermoelektrischen Element von Platin-
Platinrhodium, welches Temperaturen bis zum Schmelzpunkt des
Platins (über 1700° C.) zu messen gestattet. Die Ablesung erfolgt mit
Hülfe eines Spiegelgalvanometers. Sowohl das Le Chateliersche wie
das Braunsche Pyrometer geben genaue Temperaturangaben und
gestatten Wärmefernmessungen. Ein verbessertes Thermoelement für
das Le Chatelier-Pyrometer hat W. C. Heräus in Hanau erfunden 3).
In neuerer Zeit hat Professor W. C. Roberts-Austen in London 4)
mit dem Pyrometer einen Selbstregistrierapparat verbunden (Recording-
Pyrometer).

Die Schmelztemperatur von weissem Roheisen, das 4,1 Prozent
Kohlenstoff, 0,22 Prozent Silicium, 0,12 Prozent Mangan und 0,02 Proz.
Phosphor enthielt, mass Osmond 5) zu 1085° C., die von weissem
schwedischem Roheisen mit 4 Prozent Kohlenstoff Le Chatelier zu
1135° C., die von grauem schwedischem Giessereiroheisen mit 3,5 Proz.

1) Siehe Stahl und Eisen 1894, S. 435.
2) Daselbst 1892, S. 894; 1894, S. 434.
3) Daselbst 1896, S. 662.
4) Daselbst 1893, S. 528.
5) F. Osmond, Transformation du fer et du carbone, Paris 1888, p. 24 et 28.

Physik des Eisens seit 1871.
groſser Bedeutung sind die Luftpyrometer, welche in den letzten
25 Jahren sehr verbessert worden sind. Doch werden dieselben
meist nur bei niedrigeren Temperaturen bis zu 1000° C. (Wind-
erhitzungsapparate usw.) in der Praxis angewendet. Die bekanntesten
Luftpyrometer sind die von Hobson (1876), Bradbury, F. Wiske
(1881), Friedr. Krupp (1885), Heisch und Tolkard in Brentford
(1887, nur für Temperaturen bis zu 540° C.), Wiborgh (1888),
Ühling und Steinbart (1894) und das von Walther Dürr und
Siegert in München (1894) 1). Alle diese Pyrometer sind aber nicht
verwendbar, um die Temperatur von flüssigen Eisen- oder Stahlmassen
zu messen.

Für hohe Temperaturen sind das verbesserte Wiborghsche und
das Dürrsche Luftpyrometer geeignet. In letzterem giebt ein Zeiger
auf einer Skala von 0° bis 1500°, ähnlich wie bei einem Manometer,
die gemessene Temperatur an.

Sehr gut haben sich zum Messen hoher Temperaturen die
elektrischen Pyrometer bewährt, die alle auf dem von Siemens
zuerst angewendeten Princip, daſs der Leitungswiderstand eines
Platindrahtes gegen den elektrischen Strom mit der Temperatur sich
verändert, beruhen. Das Siemenssche Pyrometer wurde von F. Braun
und von Le Chatelier verbessert. Das Le Chateliersche Pyro-
meter 2) besteht aus einem thermoelektrischen Element von Platin-
Platinrhodium, welches Temperaturen bis zum Schmelzpunkt des
Platins (über 1700° C.) zu messen gestattet. Die Ablesung erfolgt mit
Hülfe eines Spiegelgalvanometers. Sowohl das Le Chateliersche wie
das Braunsche Pyrometer geben genaue Temperaturangaben und
gestatten Wärmefernmessungen. Ein verbessertes Thermoelement für
das Le Chatelier-Pyrometer hat W. C. Heräus in Hanau erfunden 3).
In neuerer Zeit hat Professor W. C. Roberts-Austen in London 4)
mit dem Pyrometer einen Selbstregistrierapparat verbunden (Recording-
Pyrometer).

Die Schmelztemperatur von weiſsem Roheisen, das 4,1 Prozent
Kohlenstoff, 0,22 Prozent Silicium, 0,12 Prozent Mangan und 0,02 Proz.
Phosphor enthielt, maſs Osmond 5) zu 1085° C., die von weiſsem
schwedischem Roheisen mit 4 Prozent Kohlenstoff Le Chatelier zu
1135° C., die von grauem schwedischem Gieſsereiroheisen mit 3,5 Proz.

1) Siehe Stahl und Eisen 1894, S. 435.
2) Daselbst 1892, S. 894; 1894, S. 434.
3) Daselbst 1896, S. 662.
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[370/0386] Physik des Eisens seit 1871. groſser Bedeutung sind die Luftpyrometer, welche in den letzten 25 Jahren sehr verbessert worden sind. Doch werden dieselben meist nur bei niedrigeren Temperaturen bis zu 1000° C. (Wind- erhitzungsapparate usw.) in der Praxis angewendet. Die bekanntesten Luftpyrometer sind die von Hobson (1876), Bradbury, F. Wiske (1881), Friedr. Krupp (1885), Heisch und Tolkard in Brentford (1887, nur für Temperaturen bis zu 540° C.), Wiborgh (1888), Ühling und Steinbart (1894) und das von Walther Dürr und Siegert in München (1894) 1). Alle diese Pyrometer sind aber nicht verwendbar, um die Temperatur von flüssigen Eisen- oder Stahlmassen zu messen. Für hohe Temperaturen sind das verbesserte Wiborghsche und das Dürrsche Luftpyrometer geeignet. In letzterem giebt ein Zeiger auf einer Skala von 0° bis 1500°, ähnlich wie bei einem Manometer, die gemessene Temperatur an. Sehr gut haben sich zum Messen hoher Temperaturen die elektrischen Pyrometer bewährt, die alle auf dem von Siemens zuerst angewendeten Princip, daſs der Leitungswiderstand eines Platindrahtes gegen den elektrischen Strom mit der Temperatur sich verändert, beruhen. Das Siemenssche Pyrometer wurde von F. Braun und von Le Chatelier verbessert. Das Le Chateliersche Pyro- meter 2) besteht aus einem thermoelektrischen Element von Platin- Platinrhodium, welches Temperaturen bis zum Schmelzpunkt des Platins (über 1700° C.) zu messen gestattet. Die Ablesung erfolgt mit Hülfe eines Spiegelgalvanometers. Sowohl das Le Chateliersche wie das Braunsche Pyrometer geben genaue Temperaturangaben und gestatten Wärmefernmessungen. Ein verbessertes Thermoelement für das Le Chatelier-Pyrometer hat W. C. Heräus in Hanau erfunden 3). In neuerer Zeit hat Professor W. C. Roberts-Austen in London 4) mit dem Pyrometer einen Selbstregistrierapparat verbunden (Recording- Pyrometer). Die Schmelztemperatur von weiſsem Roheisen, das 4,1 Prozent Kohlenstoff, 0,22 Prozent Silicium, 0,12 Prozent Mangan und 0,02 Proz. Phosphor enthielt, maſs Osmond 5) zu 1085° C., die von weiſsem schwedischem Roheisen mit 4 Prozent Kohlenstoff Le Chatelier zu 1135° C., die von grauem schwedischem Gieſsereiroheisen mit 3,5 Proz. 1) Siehe Stahl und Eisen 1894, S. 435. 2) Daselbst 1892, S. 894; 1894, S. 434. 3) Daselbst 1896, S. 662. 4) Daselbst 1893, S. 528. 5) F. Osmond, Transformation du fer et du carbone, Paris 1888, p. 24 et 28.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 370. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/386>, abgerufen am 24.11.2024.