I. Qualität: in der Walzrichtung 36 kg, quer der Walzrichtung 32 kg pro Quadratmillimeter.
II. Qualität: in der Walzrichtung 33 kg, quer der Walzrichtung 30 kg pro Quadratmillimeter.
Inzwischen waren auch deutsche Eisenproduzenten der von Jahr zu Jahr wichtiger werdenden Festigkeitsfrage nähergetreten. Auf Anregung des Direktors Zervaes von der Friedrich-Wilhelms- hütte zu Mühlheim a. d. Ruhr vereinigten sich 1877 die grossen Eisenwerke in Rheinland und Westfalen, um zunächst die in- ländischen und ausländischen Giessereiroheisen einer vergleichenden Prüfung zu unterziehen. Der damalige Handelsminister Achenbach nahm lebhaftes Interesse an dieser Frage. Es wurde eine Kommission aus Eisenindustriellen und Professor Dr. H. Wedding erwählt, welche Hütteninspektor Wachler mit der Untersuchung beauftragte. Diese erwies die Ebenbürtigkeit des deutschen Giessereieisens mit den besten ausländischen Sorten und trug dadurch viel zur Verwendung inländischen Roheisens und zur Hebung der Giessereiroheisen- erzeugung in Deutschland bei. Die Kommission gab dem Wunsche für Errichtung öffentlicher Prüfungsanstalten zum erstenmal öffent- lichen Ausdruck. Die Generalversammlung des technischen Vereins für Eisenhüttenwesen im Jahre 1877 schloss sich diesem Wunsche an, machte aber gleichzeitig Front gegen die einseitigen Festigkeits- vorschriften der Eisenbahnverwaltungen. Ein richtiges Urteil über die Brauchbarkeit des Eisens könne nach ihrer Ansicht nur gefällt werden, wenn neben der Zerreissprobe auch Belastungs-, Bieg- und Schlag- proben vorgenommen würden. Die Versammlung verwarf deshalb auch die von Reuleaux empfohlenen Güteziffern Wöhlers, erwählte aber eine Kommission zur weiteren Prüfung der Festigkeitsvorschriften.
Die deutschen Eisenbahnverwaltungen nahmen dagegen die Güte- ziffern Wöhlers an, und solche wurden seit 1878 öfters den Ver- dingungen zu Grunde gelegt.
Dass die Güteziffer Wöhlers, welche aus der Summe des Zer- reissgewichtes und der prozentalen Querschnittsverminderung beim Zerreissen besteht, kein richtiges Urteil über die Brauchbarkeit des Eisens gewährt, ist einleuchtend, denn ein sehr hartes Eisen, das kaum schmiedbar ist, kann die gleiche Güteziffer haben wie ein weiches, aber sehr zähes Eisen. Aus diesem Grunde schlug Tetmayer später vor, die Güteziffer statt aus der Summe aus dem Produkte
Physik des Eisens seit 1871.
C. Eisenblech:
I. Qualität: in der Walzrichtung 36 kg, quer der Walzrichtung 32 kg pro Quadratmillimeter.
II. Qualität: in der Walzrichtung 33 kg, quer der Walzrichtung 30 kg pro Quadratmillimeter.
Inzwischen waren auch deutsche Eisenproduzenten der von Jahr zu Jahr wichtiger werdenden Festigkeitsfrage nähergetreten. Auf Anregung des Direktors Zervaes von der Friedrich-Wilhelms- hütte zu Mühlheim a. d. Ruhr vereinigten sich 1877 die groſsen Eisenwerke in Rheinland und Westfalen, um zunächst die in- ländischen und ausländischen Gieſsereiroheisen einer vergleichenden Prüfung zu unterziehen. Der damalige Handelsminister Achenbach nahm lebhaftes Interesse an dieser Frage. Es wurde eine Kommission aus Eisenindustriellen und Professor Dr. H. Wedding erwählt, welche Hütteninspektor Wachler mit der Untersuchung beauftragte. Diese erwies die Ebenbürtigkeit des deutschen Gieſsereieisens mit den besten ausländischen Sorten und trug dadurch viel zur Verwendung inländischen Roheisens und zur Hebung der Gieſsereiroheisen- erzeugung in Deutschland bei. Die Kommission gab dem Wunsche für Errichtung öffentlicher Prüfungsanstalten zum erstenmal öffent- lichen Ausdruck. Die Generalversammlung des technischen Vereins für Eisenhüttenwesen im Jahre 1877 schloſs sich diesem Wunsche an, machte aber gleichzeitig Front gegen die einseitigen Festigkeits- vorschriften der Eisenbahnverwaltungen. Ein richtiges Urteil über die Brauchbarkeit des Eisens könne nach ihrer Ansicht nur gefällt werden, wenn neben der Zerreiſsprobe auch Belastungs-, Bieg- und Schlag- proben vorgenommen würden. Die Versammlung verwarf deshalb auch die von Reuleaux empfohlenen Güteziffern Wöhlers, erwählte aber eine Kommission zur weiteren Prüfung der Festigkeitsvorschriften.
Die deutschen Eisenbahnverwaltungen nahmen dagegen die Güte- ziffern Wöhlers an, und solche wurden seit 1878 öfters den Ver- dingungen zu Grunde gelegt.
Daſs die Güteziffer Wöhlers, welche aus der Summe des Zer- reiſsgewichtes und der prozentalen Querschnittsverminderung beim Zerreiſsen besteht, kein richtiges Urteil über die Brauchbarkeit des Eisens gewährt, ist einleuchtend, denn ein sehr hartes Eisen, das kaum schmiedbar ist, kann die gleiche Güteziffer haben wie ein weiches, aber sehr zähes Eisen. Aus diesem Grunde schlug Tetmayer später vor, die Güteziffer statt aus der Summe aus dem Produkte
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[393/0409]
Physik des Eisens seit 1871.
C. Eisenblech:
I. Qualität: in der Walzrichtung 36 kg, quer der Walzrichtung
32 kg pro Quadratmillimeter.
II. Qualität: in der Walzrichtung 33 kg, quer der Walzrichtung
30 kg pro Quadratmillimeter.
Inzwischen waren auch deutsche Eisenproduzenten der von
Jahr zu Jahr wichtiger werdenden Festigkeitsfrage nähergetreten.
Auf Anregung des Direktors Zervaes von der Friedrich-Wilhelms-
hütte zu Mühlheim a. d. Ruhr vereinigten sich 1877 die groſsen
Eisenwerke in Rheinland und Westfalen, um zunächst die in-
ländischen und ausländischen Gieſsereiroheisen einer vergleichenden
Prüfung zu unterziehen. Der damalige Handelsminister Achenbach
nahm lebhaftes Interesse an dieser Frage. Es wurde eine Kommission
aus Eisenindustriellen und Professor Dr. H. Wedding erwählt, welche
Hütteninspektor Wachler mit der Untersuchung beauftragte. Diese
erwies die Ebenbürtigkeit des deutschen Gieſsereieisens mit den
besten ausländischen Sorten und trug dadurch viel zur Verwendung
inländischen Roheisens und zur Hebung der Gieſsereiroheisen-
erzeugung in Deutschland bei. Die Kommission gab dem Wunsche
für Errichtung öffentlicher Prüfungsanstalten zum erstenmal öffent-
lichen Ausdruck. Die Generalversammlung des technischen Vereins
für Eisenhüttenwesen im Jahre 1877 schloſs sich diesem Wunsche an,
machte aber gleichzeitig Front gegen die einseitigen Festigkeits-
vorschriften der Eisenbahnverwaltungen. Ein richtiges Urteil über die
Brauchbarkeit des Eisens könne nach ihrer Ansicht nur gefällt werden,
wenn neben der Zerreiſsprobe auch Belastungs-, Bieg- und Schlag-
proben vorgenommen würden. Die Versammlung verwarf deshalb auch
die von Reuleaux empfohlenen Güteziffern Wöhlers, erwählte aber
eine Kommission zur weiteren Prüfung der Festigkeitsvorschriften.
Die deutschen Eisenbahnverwaltungen nahmen dagegen die Güte-
ziffern Wöhlers an, und solche wurden seit 1878 öfters den Ver-
dingungen zu Grunde gelegt.
Daſs die Güteziffer Wöhlers, welche aus der Summe des Zer-
reiſsgewichtes und der prozentalen Querschnittsverminderung beim
Zerreiſsen besteht, kein richtiges Urteil über die Brauchbarkeit des
Eisens gewährt, ist einleuchtend, denn ein sehr hartes Eisen, das
kaum schmiedbar ist, kann die gleiche Güteziffer haben wie ein
weiches, aber sehr zähes Eisen. Aus diesem Grunde schlug Tetmayer
später vor, die Güteziffer statt aus der Summe aus dem Produkte
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 393. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/409>, abgerufen am 22.11.2024.
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