Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903.

Bild:
<< vorherige Seite
Hochöfen.

Heinzmanns und Dreyers Düsenstock (D. R. P. Nr. 36369)
vom Jahre 1886 war mit zwei Kugelgelenken versehen, so dass er
ohne weiteres aus der Form herausgezogen werden konnte. Ein von
Lürmann 1886 erfundener Düsenstock (D. R. P. Nr. 38408) lässt sich
nicht nur leicht handhaben, sondern ohne Mühe ganz aus dem Raume
vor dem Formgewölbe entfernen. Fritz W. Lürmann liess sich 1890
noch eine derartige Konstruktion patentieren (D. R. P. Nr. 38308) 1).
Die Drosselklappen in den Heisswindleitungen wurden durch Schieber
ersetzt. Dango und Dienenthal führten wasser- oder windgekühlte
Bronzeschieber ein. Boecker wendete statt der Klappen oder Schieber
Hahnenverschlüsse an, während Steffen und Rotten die Absperrung
durch Drehschieber (D. R. P. Nr. 36301) erzielten.

Der heisse Wind machte es nötig, mit geschlossener Form zu
blasen. Verbesserte Windformen führten unter anderen G. Hilgenstock
und Bansen 1879 ein. An Stelle der aus Bronze gegossenen Formen
wendet man neuerdings häufig aus Kupfer geschlagene an. Die Wind-
spannung wird meist mit Federmanometern von Schäfer und Buden-
berg
, die Windtemperatur mit Pyrometern von Wiborgh, Siemens
oder Le Chatelier gemessen, wobei Schaulinien die Wärmeschwan-
kungen anzeigen. Ein brauchbares Luftpyrometer haben Uehling
und Steinbart 2) 1894 erfunden.

Hochöfen.

Die Fortschritte im Hochofenbetrieb in der Zeit seit 1870 finden
ihren deutlichen Ausdruck in der Steigerung der Leistung der Hoch-
öfen. Hierfür bietet in Deutschland die Ilseder Hütte bei Peine das
glänzendste Beispiel dar. Die Durchschnittserzeugung eines Hochofens
in 24 Stunden betrug 1870 55 Tonnen, 1880 110 Tonnen, 1885
144 Tonnen, 1890 192 Tonnen, 1895 226 Tonnen, 1896 244 Tonnen.
Am grossartigsten stellt sich die Produktionssteigerung der Hochöfen
in den Vereinigten Staaten dar. Auf den Edgar Thomson-Eisen-
werken bei Pittsburg erzeugte 1876 der Isabellaofen 77 Tonnen, der
Lucy-Ofen 1877 93 Tonnen, 1880 134 Tonnen, 1882 183 Tonnen,
1886 207 Tonnen, 1889 315 Tonnen und 1890 sogar 428 Tonnen in
24 Stunden; 1897 erreichte der Duquesneofen bei Pittsburg eine
Tagesleistung von 700 Tonnen.


1) Siehe Stahl und Eisen 1890, S. 692.
2) Daselbst 1894, S. 388; 1899, S. 431.
Beck, Geschichte des Eisens. 29
Hochöfen.

Heinzmanns und Dreyers Düsenstock (D. R. P. Nr. 36369)
vom Jahre 1886 war mit zwei Kugelgelenken versehen, so daſs er
ohne weiteres aus der Form herausgezogen werden konnte. Ein von
Lürmann 1886 erfundener Düsenstock (D. R. P. Nr. 38408) läſst sich
nicht nur leicht handhaben, sondern ohne Mühe ganz aus dem Raume
vor dem Formgewölbe entfernen. Fritz W. Lürmann lieſs sich 1890
noch eine derartige Konstruktion patentieren (D. R. P. Nr. 38308) 1).
Die Drosselklappen in den Heiſswindleitungen wurden durch Schieber
ersetzt. Dango und Dienenthal führten wasser- oder windgekühlte
Bronzeschieber ein. Boecker wendete statt der Klappen oder Schieber
Hahnenverschlüsse an, während Steffen und Rotten die Absperrung
durch Drehschieber (D. R. P. Nr. 36301) erzielten.

Der heiſse Wind machte es nötig, mit geschlossener Form zu
blasen. Verbesserte Windformen führten unter anderen G. Hilgenstock
und Bansen 1879 ein. An Stelle der aus Bronze gegossenen Formen
wendet man neuerdings häufig aus Kupfer geschlagene an. Die Wind-
spannung wird meist mit Federmanometern von Schäfer und Buden-
berg
, die Windtemperatur mit Pyrometern von Wiborgh, Siemens
oder Le Chatelier gemessen, wobei Schaulinien die Wärmeschwan-
kungen anzeigen. Ein brauchbares Luftpyrometer haben Uehling
und Steinbart 2) 1894 erfunden.

Hochöfen.

Die Fortschritte im Hochofenbetrieb in der Zeit seit 1870 finden
ihren deutlichen Ausdruck in der Steigerung der Leistung der Hoch-
öfen. Hierfür bietet in Deutschland die Ilseder Hütte bei Peine das
glänzendste Beispiel dar. Die Durchschnittserzeugung eines Hochofens
in 24 Stunden betrug 1870 55 Tonnen, 1880 110 Tonnen, 1885
144 Tonnen, 1890 192 Tonnen, 1895 226 Tonnen, 1896 244 Tonnen.
Am groſsartigsten stellt sich die Produktionssteigerung der Hochöfen
in den Vereinigten Staaten dar. Auf den Edgar Thomson-Eisen-
werken bei Pittsburg erzeugte 1876 der Isabellaofen 77 Tonnen, der
Lucy-Ofen 1877 93 Tonnen, 1880 134 Tonnen, 1882 183 Tonnen,
1886 207 Tonnen, 1889 315 Tonnen und 1890 sogar 428 Tonnen in
24 Stunden; 1897 erreichte der Duquesneofen bei Pittsburg eine
Tagesleistung von 700 Tonnen.


1) Siehe Stahl und Eisen 1890, S. 692.
2) Daselbst 1894, S. 388; 1899, S. 431.
Beck, Geschichte des Eisens. 29
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0465" n="449"/>
          <fw place="top" type="header">Hochöfen.</fw><lb/>
          <p><hi rendition="#g">Heinzmanns</hi> und <hi rendition="#g">Dreyers</hi> Düsenstock (D. R. P. Nr. 36369)<lb/>
vom Jahre 1886 war mit zwei Kugelgelenken versehen, so da&#x017F;s er<lb/>
ohne weiteres aus der Form herausgezogen werden konnte. Ein von<lb/><hi rendition="#g">Lürmann</hi> 1886 erfundener Düsenstock (D. R. P. Nr. 38408) lä&#x017F;st sich<lb/>
nicht nur leicht handhaben, sondern ohne Mühe ganz aus dem Raume<lb/>
vor dem Formgewölbe entfernen. <hi rendition="#g">Fritz W. Lürmann</hi> lie&#x017F;s sich 1890<lb/>
noch eine derartige Konstruktion patentieren (D. R. P. Nr. 38308) <note place="foot" n="1)">Siehe Stahl und Eisen 1890, S. 692.</note>.<lb/>
Die Drosselklappen in den Hei&#x017F;swindleitungen wurden durch Schieber<lb/>
ersetzt. <hi rendition="#g">Dango</hi> und <hi rendition="#g">Dienenthal</hi> führten wasser- oder windgekühlte<lb/>
Bronzeschieber ein. <hi rendition="#g">Boecker</hi> wendete statt der Klappen oder Schieber<lb/>
Hahnenverschlüsse an, während <hi rendition="#g">Steffen</hi> und <hi rendition="#g">Rotten</hi> die Absperrung<lb/>
durch Drehschieber (D. R. P. Nr. 36301) erzielten.</p><lb/>
          <p>Der hei&#x017F;se Wind machte es nötig, mit geschlossener Form zu<lb/>
blasen. Verbesserte Windformen führten unter anderen G. <hi rendition="#g">Hilgenstock</hi><lb/>
und <hi rendition="#g">Bansen</hi> 1879 ein. An Stelle der aus Bronze gegossenen Formen<lb/>
wendet man neuerdings häufig aus Kupfer geschlagene an. Die Wind-<lb/>
spannung wird meist mit Federmanometern von <hi rendition="#g">Schäfer</hi> und <hi rendition="#g">Buden-<lb/>
berg</hi>, die Windtemperatur mit Pyrometern von <hi rendition="#g">Wiborgh, Siemens</hi><lb/>
oder <hi rendition="#g">Le Chatelier</hi> gemessen, wobei Schaulinien die Wärmeschwan-<lb/>
kungen anzeigen. Ein brauchbares Luftpyrometer haben <hi rendition="#g">Uehling</hi><lb/>
und <hi rendition="#g">Steinbart</hi> <note place="foot" n="2)">Daselbst 1894, S. 388; 1899, S. 431.</note> 1894 erfunden.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Hochöfen.</hi> </head><lb/>
          <p>Die Fortschritte im Hochofenbetrieb in der Zeit seit 1870 finden<lb/>
ihren deutlichen Ausdruck in der Steigerung der Leistung der Hoch-<lb/>
öfen. Hierfür bietet in Deutschland die Ilseder Hütte bei Peine das<lb/>
glänzendste Beispiel dar. Die Durchschnittserzeugung eines Hochofens<lb/>
in 24 Stunden betrug 1870 55 Tonnen, 1880 110 Tonnen, 1885<lb/>
144 Tonnen, 1890 192 Tonnen, 1895 226 Tonnen, 1896 244 Tonnen.<lb/>
Am gro&#x017F;sartigsten stellt sich die Produktionssteigerung der Hochöfen<lb/>
in den Vereinigten Staaten dar. Auf den Edgar Thomson-Eisen-<lb/>
werken bei Pittsburg erzeugte 1876 der Isabellaofen 77 Tonnen, der<lb/>
Lucy-Ofen 1877 93 Tonnen, 1880 134 Tonnen, 1882 183 Tonnen,<lb/>
1886 207 Tonnen, 1889 315 Tonnen und 1890 sogar 428 Tonnen in<lb/>
24 Stunden; 1897 erreichte der Duquesneofen bei Pittsburg eine<lb/>
Tagesleistung von 700 Tonnen.</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#g">Beck,</hi> Geschichte des Eisens. 29</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[449/0465] Hochöfen. Heinzmanns und Dreyers Düsenstock (D. R. P. Nr. 36369) vom Jahre 1886 war mit zwei Kugelgelenken versehen, so daſs er ohne weiteres aus der Form herausgezogen werden konnte. Ein von Lürmann 1886 erfundener Düsenstock (D. R. P. Nr. 38408) läſst sich nicht nur leicht handhaben, sondern ohne Mühe ganz aus dem Raume vor dem Formgewölbe entfernen. Fritz W. Lürmann lieſs sich 1890 noch eine derartige Konstruktion patentieren (D. R. P. Nr. 38308) 1). Die Drosselklappen in den Heiſswindleitungen wurden durch Schieber ersetzt. Dango und Dienenthal führten wasser- oder windgekühlte Bronzeschieber ein. Boecker wendete statt der Klappen oder Schieber Hahnenverschlüsse an, während Steffen und Rotten die Absperrung durch Drehschieber (D. R. P. Nr. 36301) erzielten. Der heiſse Wind machte es nötig, mit geschlossener Form zu blasen. Verbesserte Windformen führten unter anderen G. Hilgenstock und Bansen 1879 ein. An Stelle der aus Bronze gegossenen Formen wendet man neuerdings häufig aus Kupfer geschlagene an. Die Wind- spannung wird meist mit Federmanometern von Schäfer und Buden- berg, die Windtemperatur mit Pyrometern von Wiborgh, Siemens oder Le Chatelier gemessen, wobei Schaulinien die Wärmeschwan- kungen anzeigen. Ein brauchbares Luftpyrometer haben Uehling und Steinbart 2) 1894 erfunden. Hochöfen. Die Fortschritte im Hochofenbetrieb in der Zeit seit 1870 finden ihren deutlichen Ausdruck in der Steigerung der Leistung der Hoch- öfen. Hierfür bietet in Deutschland die Ilseder Hütte bei Peine das glänzendste Beispiel dar. Die Durchschnittserzeugung eines Hochofens in 24 Stunden betrug 1870 55 Tonnen, 1880 110 Tonnen, 1885 144 Tonnen, 1890 192 Tonnen, 1895 226 Tonnen, 1896 244 Tonnen. Am groſsartigsten stellt sich die Produktionssteigerung der Hochöfen in den Vereinigten Staaten dar. Auf den Edgar Thomson-Eisen- werken bei Pittsburg erzeugte 1876 der Isabellaofen 77 Tonnen, der Lucy-Ofen 1877 93 Tonnen, 1880 134 Tonnen, 1882 183 Tonnen, 1886 207 Tonnen, 1889 315 Tonnen und 1890 sogar 428 Tonnen in 24 Stunden; 1897 erreichte der Duquesneofen bei Pittsburg eine Tagesleistung von 700 Tonnen. 1) Siehe Stahl und Eisen 1890, S. 692. 2) Daselbst 1894, S. 388; 1899, S. 431. Beck, Geschichte des Eisens. 29

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/465
Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 449. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/465>, abgerufen am 25.11.2024.