Die unmittelbare Gewinnung des schmiedbaren Eisens aus den Erzen hat auch in dieser Periode nicht aufgehört eine Rolle zu spielen und hat zu vielen Versuchen und Erfindungen Veranlassung gegeben. Dass die älteste und einfachste Methode der Eisengewinnung in Herden bei vielen Naturvölkern Afrikas und Asiens noch in An- wendung steht, haben zahlreiche Reiseberichte bestätigt; auffallender ist es, dass dieses Verfahren wenigstens im Jahre 1880 noch eine festbegründete Industrie in den Staaten New York und New Jersey der Vereinigten Staaten von Nordamerika bildete. Hierüber hat T. Egleston, Professor am Columbia College, eine ausführliche Be- schreibung, der wir die nachfolgenden Notizen entnehmen, ver- öffentlicht 1). Obgleich man diese Rennwerke mit verschiedenen Namen als Jerseyschmiede, Champlainschmiede, Katalanschmiede, Luppen- schmiede oder einfach als Schmiedefeuer bezeichnet, so ist es doch nichts anderes als das alte deutsche Luppenfeuer, wenn auch in modernisiertem Gewande. Man erzeugt darin aus guten Erzen ein reines, namentlich von Phosphor fast freies Eisen.
In New Jersey und New York verschmilzt man in der Regel reiche, reine Erze, die man, um sie möglichst von beigemengter Gang- art zu befreien, röstet, zerkleinert und aufbereitet, so dass das Erz in Körnergrösse aufgegeben wird. Zu Crown Point werden die reichen Erze im Hochofen, die armen, aber reinen Erze in Luppenfeuern ver- schmolzen. Diese armen Erze enthalten nur 40 Prozent magnetisches Oxyd. Das Rösten geschieht in Stadeln mit Holzfeuer; das Schmelzen mit Holzkohlen, wobei man Ofenkohlen (kiln coal) den Meilerkohlen vorzieht. Das Luppenfeuer ist mit Gusseisenzacken von 2 bis 3 Zoll Dicke zugestellt, welche in der Windrichtung 27 bis 36 Zoll, senkrecht dazu 24 bis 30 Zoll lang sind. Man bläst durch eine in der Mitte der Formplatte befindliche Form, die 14 Grad in den Herd geneigt ist. Der Wind wird in drei bis fünf Calder- oder Hosenröhren über dem Luppenfeuer auf 600 bis 800° F. erhitzt. Fig. 239 (a. f. S.) zeigt ein solches Drei-Röhren-Feuer von Saranac, New York, welches wasser- gekühlte Boden- und Seitenplatten hat. Die Crown Point-Werke zu Ironville haben Vier-Rühren-Feuer. Die einfachen Gebläse
1) T. Egleston, The Bloomary Process for making iron direct from the ore, 1880.
Beck, Geschichte des Eisens. 36
Die direkte Eisengewinnung.
Die direkte Eisengewinnung.
Die unmittelbare Gewinnung des schmiedbaren Eisens aus den Erzen hat auch in dieser Periode nicht aufgehört eine Rolle zu spielen und hat zu vielen Versuchen und Erfindungen Veranlassung gegeben. Daſs die älteste und einfachste Methode der Eisengewinnung in Herden bei vielen Naturvölkern Afrikas und Asiens noch in An- wendung steht, haben zahlreiche Reiseberichte bestätigt; auffallender ist es, daſs dieses Verfahren wenigstens im Jahre 1880 noch eine festbegründete Industrie in den Staaten New York und New Jersey der Vereinigten Staaten von Nordamerika bildete. Hierüber hat T. Egleston, Professor am Columbia College, eine ausführliche Be- schreibung, der wir die nachfolgenden Notizen entnehmen, ver- öffentlicht 1). Obgleich man diese Rennwerke mit verschiedenen Namen als Jerseyschmiede, Champlainschmiede, Katalanschmiede, Luppen- schmiede oder einfach als Schmiedefeuer bezeichnet, so ist es doch nichts anderes als das alte deutsche Luppenfeuer, wenn auch in modernisiertem Gewande. Man erzeugt darin aus guten Erzen ein reines, namentlich von Phosphor fast freies Eisen.
In New Jersey und New York verschmilzt man in der Regel reiche, reine Erze, die man, um sie möglichst von beigemengter Gang- art zu befreien, röstet, zerkleinert und aufbereitet, so daſs das Erz in Körnergröſse aufgegeben wird. Zu Crown Point werden die reichen Erze im Hochofen, die armen, aber reinen Erze in Luppenfeuern ver- schmolzen. Diese armen Erze enthalten nur 40 Prozent magnetisches Oxyd. Das Rösten geschieht in Stadeln mit Holzfeuer; das Schmelzen mit Holzkohlen, wobei man Ofenkohlen (kiln coal) den Meilerkohlen vorzieht. Das Luppenfeuer ist mit Guſseisenzacken von 2 bis 3 Zoll Dicke zugestellt, welche in der Windrichtung 27 bis 36 Zoll, senkrecht dazu 24 bis 30 Zoll lang sind. Man bläst durch eine in der Mitte der Formplatte befindliche Form, die 14 Grad in den Herd geneigt ist. Der Wind wird in drei bis fünf Calder- oder Hosenröhren über dem Luppenfeuer auf 600 bis 800° F. erhitzt. Fig. 239 (a. f. S.) zeigt ein solches Drei-Röhren-Feuer von Saranac, New York, welches wasser- gekühlte Boden- und Seitenplatten hat. Die Crown Point-Werke zu Ironville haben Vier-Rühren-Feuer. Die einfachen Gebläse
1) T. Egleston, The Bloomary Process for making iron direct from the ore, 1880.
Beck, Geschichte des Eisens. 36
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0577"n="561"/><fwplace="top"type="header">Die direkte Eisengewinnung.</fw><lb/><divn="2"><head><hirendition="#b">Die direkte Eisengewinnung.</hi></head><lb/><p>Die unmittelbare Gewinnung des schmiedbaren Eisens aus den<lb/>
Erzen hat auch in dieser Periode nicht aufgehört eine Rolle zu<lb/>
spielen und hat zu vielen Versuchen und Erfindungen Veranlassung<lb/>
gegeben. Daſs die älteste und einfachste Methode der Eisengewinnung<lb/>
in <hirendition="#g">Herden</hi> bei vielen Naturvölkern Afrikas und Asiens noch in An-<lb/>
wendung steht, haben zahlreiche Reiseberichte bestätigt; auffallender<lb/>
ist es, daſs dieses Verfahren wenigstens im Jahre 1880 noch eine<lb/>
festbegründete Industrie in den Staaten New York und New Jersey<lb/>
der Vereinigten Staaten von Nordamerika bildete. Hierüber hat<lb/>
T. <hirendition="#g">Egleston</hi>, Professor am Columbia College, eine ausführliche Be-<lb/>
schreibung, der wir die nachfolgenden Notizen entnehmen, ver-<lb/>
öffentlicht <noteplace="foot"n="1)">T. <hirendition="#g">Egleston</hi>, The Bloomary Process for making iron direct from the ore,<lb/>
1880.</note>. Obgleich man diese Rennwerke mit verschiedenen Namen<lb/>
als Jerseyschmiede, Champlainschmiede, Katalanschmiede, Luppen-<lb/>
schmiede oder einfach als Schmiedefeuer bezeichnet, so ist es doch<lb/>
nichts anderes als das alte deutsche Luppenfeuer, wenn auch in<lb/>
modernisiertem Gewande. Man erzeugt darin aus guten Erzen ein<lb/>
reines, namentlich von Phosphor fast freies Eisen.</p><lb/><p>In New Jersey und New York verschmilzt man in der Regel<lb/>
reiche, reine Erze, die man, um sie möglichst von beigemengter Gang-<lb/>
art zu befreien, röstet, zerkleinert und aufbereitet, so daſs das Erz in<lb/>
Körnergröſse aufgegeben wird. Zu Crown Point werden die reichen<lb/>
Erze im Hochofen, die armen, aber reinen Erze in Luppenfeuern ver-<lb/>
schmolzen. Diese armen Erze enthalten nur 40 Prozent magnetisches<lb/>
Oxyd. Das Rösten geschieht in Stadeln mit Holzfeuer; das Schmelzen<lb/>
mit Holzkohlen, wobei man Ofenkohlen (kiln coal) den Meilerkohlen<lb/>
vorzieht. Das Luppenfeuer ist mit Guſseisenzacken von 2 bis 3 Zoll<lb/>
Dicke zugestellt, welche in der Windrichtung 27 bis 36 Zoll, senkrecht<lb/>
dazu 24 bis 30 Zoll lang sind. Man bläst durch eine in der Mitte<lb/>
der Formplatte befindliche Form, die 14 Grad in den Herd geneigt<lb/>
ist. Der Wind wird in drei bis fünf Calder- oder Hosenröhren über<lb/>
dem Luppenfeuer auf 600 bis 800° F. erhitzt. Fig. 239 (a. f. S.) zeigt ein<lb/>
solches Drei-Röhren-Feuer von Saranac, New York, welches wasser-<lb/>
gekühlte Boden- und Seitenplatten hat. Die Crown Point-Werke<lb/>
zu Ironville haben Vier-Rühren-Feuer. Die einfachen Gebläse<lb/><fwplace="bottom"type="sig"><hirendition="#g">Beck,</hi> Geschichte des Eisens. 36</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[561/0577]
Die direkte Eisengewinnung.
Die direkte Eisengewinnung.
Die unmittelbare Gewinnung des schmiedbaren Eisens aus den
Erzen hat auch in dieser Periode nicht aufgehört eine Rolle zu
spielen und hat zu vielen Versuchen und Erfindungen Veranlassung
gegeben. Daſs die älteste und einfachste Methode der Eisengewinnung
in Herden bei vielen Naturvölkern Afrikas und Asiens noch in An-
wendung steht, haben zahlreiche Reiseberichte bestätigt; auffallender
ist es, daſs dieses Verfahren wenigstens im Jahre 1880 noch eine
festbegründete Industrie in den Staaten New York und New Jersey
der Vereinigten Staaten von Nordamerika bildete. Hierüber hat
T. Egleston, Professor am Columbia College, eine ausführliche Be-
schreibung, der wir die nachfolgenden Notizen entnehmen, ver-
öffentlicht 1). Obgleich man diese Rennwerke mit verschiedenen Namen
als Jerseyschmiede, Champlainschmiede, Katalanschmiede, Luppen-
schmiede oder einfach als Schmiedefeuer bezeichnet, so ist es doch
nichts anderes als das alte deutsche Luppenfeuer, wenn auch in
modernisiertem Gewande. Man erzeugt darin aus guten Erzen ein
reines, namentlich von Phosphor fast freies Eisen.
In New Jersey und New York verschmilzt man in der Regel
reiche, reine Erze, die man, um sie möglichst von beigemengter Gang-
art zu befreien, röstet, zerkleinert und aufbereitet, so daſs das Erz in
Körnergröſse aufgegeben wird. Zu Crown Point werden die reichen
Erze im Hochofen, die armen, aber reinen Erze in Luppenfeuern ver-
schmolzen. Diese armen Erze enthalten nur 40 Prozent magnetisches
Oxyd. Das Rösten geschieht in Stadeln mit Holzfeuer; das Schmelzen
mit Holzkohlen, wobei man Ofenkohlen (kiln coal) den Meilerkohlen
vorzieht. Das Luppenfeuer ist mit Guſseisenzacken von 2 bis 3 Zoll
Dicke zugestellt, welche in der Windrichtung 27 bis 36 Zoll, senkrecht
dazu 24 bis 30 Zoll lang sind. Man bläst durch eine in der Mitte
der Formplatte befindliche Form, die 14 Grad in den Herd geneigt
ist. Der Wind wird in drei bis fünf Calder- oder Hosenröhren über
dem Luppenfeuer auf 600 bis 800° F. erhitzt. Fig. 239 (a. f. S.) zeigt ein
solches Drei-Röhren-Feuer von Saranac, New York, welches wasser-
gekühlte Boden- und Seitenplatten hat. Die Crown Point-Werke
zu Ironville haben Vier-Rühren-Feuer. Die einfachen Gebläse
1) T. Egleston, The Bloomary Process for making iron direct from the ore,
1880.
Beck, Geschichte des Eisens. 36
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 561. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/577>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.