Ein von Hamoir 1877 angegebenes und zu Maubeuge (Dep. du Nord) ausgeführtes Reinigungsverfahren bestand darin, dass man durch das flüssige Roheisen, wie es aus dem Hochofen floss, erhitzten Wind durchpresste. Das so gefeinte Eisen wurde verpuddelt. Über diesen Prozess hatte sich P. v. Tunner günstig ausgesprochen 1).
Ein ganz ähnliches Verfahren hatte Professor Jossa seit 1878 in Nischne-Tagilsk eingeführt. Eine Abänderung dieses Verfahrens wurde 1883 von C. Leveque und Pouzin in Frankreich vorgeschlagen, die das Durchpressen der Luft in fahrbaren Herden, welche man an den Hochofen fuhr, vornehmen wollten 2).
1880 versuchten E. Servais und M. Feltgen in Luxemburg, das Roheisen durch überhitzten Wasserdampf zu reinigen. Schwefel, Phosphor und Silicium sollten dadurch ausgeschieden werden. Um die Abscheidung des Kohlenstoffs zu verhindern, empfahlen sie, dem Wasserdampf ein kohlenstoffreiches Gas beizumengen. Ohne diesen Zusatz erhielt man angeblich zuletzt Flusseisen.
L. Herlitschka wollte durch Einleiten von Wasserdampf in den Kupolofen das Roheisen reinigen (1880); M. Laurent Cely nahm 1883 ein Patent, dasselbe durch feuchtes Wasserstoffgas in Muffeln zu erreichen (Franz. Pat. Nr. 139159 3).
Wenden wir uns nun zu den eigentlichen Entphosphorungs- verfahren, so haben sich besonders Lowthian Bell und Alfred Krupp vor der Erfindung von Thomas und Gilchrist um diese Verdienste erworben. Beide suchten ihren Zweck durch einen vor- bereitenden Schmelzprozess zu erreichen.
Lowthian Bells Verfahren, welches er 1877 veröffentlichte, beruhte auf der Erfahrung, dass Phosphor durch Eisenoxyd bei niedriger Temperatur aus dem Roheisen abgeschieden wird, ohne dass dabei eine sehr erhebliche Einwirkung auf den Kohlenstoff im Eisen eintritt. Es war dies eine bekannte Erscheinung beim Puddelprozess, bei dem die Abscheidung des Phosphors hauptsächlich nach dem Ein- schmelzen beim Beginn des Rührens eintritt, während bei stärkerer Hitze im weiteren Verlauf des Prozesses der Phosphor wieder aus der Schlacke reduciert wird. Bells Verfahren bestand nun darin, das flüssige Roh- eisen in einem trogartigen Behälter mit eisenoxydreichen Körpern, wie Hammerschlag, Frischschlacke, Eisenerze u. s. w., zu mischen. Der oscil-
1) Siehe Zeitschrift des Berg- und Hüttenmänn. Vereins für Steiermark und Kärnten 1879, S. 413.
2)Dingler, Polyt. Journ. 1883, III, S. 440.
3) Österreich. Zeitschr. für Berg- und Hüttenwesen 1883, S. 209.
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Vorarbeiten zu den Frischprozessen.
Ein von Hamoir 1877 angegebenes und zu Maubeuge (Dep. du Nord) ausgeführtes Reinigungsverfahren bestand darin, daſs man durch das flüssige Roheisen, wie es aus dem Hochofen floſs, erhitzten Wind durchpreſste. Das so gefeinte Eisen wurde verpuddelt. Über diesen Prozeſs hatte sich P. v. Tunner günstig ausgesprochen 1).
Ein ganz ähnliches Verfahren hatte Professor Jossa seit 1878 in Nischne-Tagilsk eingeführt. Eine Abänderung dieses Verfahrens wurde 1883 von C. Levêque und Pouzin in Frankreich vorgeschlagen, die das Durchpressen der Luft in fahrbaren Herden, welche man an den Hochofen fuhr, vornehmen wollten 2).
1880 versuchten E. Servais und M. Feltgen in Luxemburg, das Roheisen durch überhitzten Wasserdampf zu reinigen. Schwefel, Phosphor und Silicium sollten dadurch ausgeschieden werden. Um die Abscheidung des Kohlenstoffs zu verhindern, empfahlen sie, dem Wasserdampf ein kohlenstoffreiches Gas beizumengen. Ohne diesen Zusatz erhielt man angeblich zuletzt Fluſseisen.
L. Herlitschka wollte durch Einleiten von Wasserdampf in den Kupolofen das Roheisen reinigen (1880); M. Laurent Cely nahm 1883 ein Patent, dasselbe durch feuchtes Wasserstoffgas in Muffeln zu erreichen (Franz. Pat. Nr. 139159 3).
Wenden wir uns nun zu den eigentlichen Entphosphorungs- verfahren, so haben sich besonders Lowthian Bell und Alfred Krupp vor der Erfindung von Thomas und Gilchrist um diese Verdienste erworben. Beide suchten ihren Zweck durch einen vor- bereitenden Schmelzprozeſs zu erreichen.
Lowthian Bells Verfahren, welches er 1877 veröffentlichte, beruhte auf der Erfahrung, daſs Phosphor durch Eisenoxyd bei niedriger Temperatur aus dem Roheisen abgeschieden wird, ohne daſs dabei eine sehr erhebliche Einwirkung auf den Kohlenstoff im Eisen eintritt. Es war dies eine bekannte Erscheinung beim Puddelprozeſs, bei dem die Abscheidung des Phosphors hauptsächlich nach dem Ein- schmelzen beim Beginn des Rührens eintritt, während bei stärkerer Hitze im weiteren Verlauf des Prozesses der Phosphor wieder aus der Schlacke reduciert wird. Bells Verfahren bestand nun darin, das flüssige Roh- eisen in einem trogartigen Behälter mit eisenoxydreichen Körpern, wie Hammerschlag, Frischschlacke, Eisenerze u. s. w., zu mischen. Der oscil-
1) Siehe Zeitschrift des Berg- und Hüttenmänn. Vereins für Steiermark und Kärnten 1879, S. 413.
2)Dingler, Polyt. Journ. 1883, III, S. 440.
3) Österreich. Zeitschr. für Berg- und Hüttenwesen 1883, S. 209.
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durch das flüssige Roheisen, wie es aus dem Hochofen floſs, erhitzten
Wind durchpreſste. Das so gefeinte Eisen wurde verpuddelt. Über
diesen Prozeſs hatte sich P. v. Tunner günstig ausgesprochen 1).
Ein ganz ähnliches Verfahren hatte Professor Jossa seit 1878
in Nischne-Tagilsk eingeführt. Eine Abänderung dieses Verfahrens
wurde 1883 von C. Levêque und Pouzin in Frankreich vorgeschlagen,
die das Durchpressen der Luft in fahrbaren Herden, welche man an
den Hochofen fuhr, vornehmen wollten 2).
1880 versuchten E. Servais und M. Feltgen in Luxemburg, das
Roheisen durch überhitzten Wasserdampf zu reinigen. Schwefel,
Phosphor und Silicium sollten dadurch ausgeschieden werden. Um
die Abscheidung des Kohlenstoffs zu verhindern, empfahlen sie, dem
Wasserdampf ein kohlenstoffreiches Gas beizumengen. Ohne diesen
Zusatz erhielt man angeblich zuletzt Fluſseisen.
L. Herlitschka wollte durch Einleiten von Wasserdampf in den
Kupolofen das Roheisen reinigen (1880); M. Laurent Cely nahm
1883 ein Patent, dasselbe durch feuchtes Wasserstoffgas in Muffeln zu
erreichen (Franz. Pat. Nr. 139159 3).
Wenden wir uns nun zu den eigentlichen Entphosphorungs-
verfahren, so haben sich besonders Lowthian Bell und Alfred
Krupp vor der Erfindung von Thomas und Gilchrist um diese
Verdienste erworben. Beide suchten ihren Zweck durch einen vor-
bereitenden Schmelzprozeſs zu erreichen.
Lowthian Bells Verfahren, welches er 1877 veröffentlichte,
beruhte auf der Erfahrung, daſs Phosphor durch Eisenoxyd bei
niedriger Temperatur aus dem Roheisen abgeschieden wird, ohne daſs
dabei eine sehr erhebliche Einwirkung auf den Kohlenstoff im Eisen
eintritt. Es war dies eine bekannte Erscheinung beim Puddelprozeſs,
bei dem die Abscheidung des Phosphors hauptsächlich nach dem Ein-
schmelzen beim Beginn des Rührens eintritt, während bei stärkerer Hitze
im weiteren Verlauf des Prozesses der Phosphor wieder aus der Schlacke
reduciert wird. Bells Verfahren bestand nun darin, das flüssige Roh-
eisen in einem trogartigen Behälter mit eisenoxydreichen Körpern, wie
Hammerschlag, Frischschlacke, Eisenerze u. s. w., zu mischen. Der oscil-
1) Siehe Zeitschrift des Berg- und Hüttenmänn. Vereins für Steiermark und
Kärnten 1879, S. 413.
2) Dingler, Polyt. Journ. 1883, III, S. 440.
3) Österreich. Zeitschr. für Berg- und Hüttenwesen 1883, S. 209.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 579. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/595>, abgerufen am 22.11.2024.
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