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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903.

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Der saure oder Bessemerprozess bis 1880.
hatten diese Vorschläge nur geringen Erfolg. Von besonderer Wichtig-
keit war die Herstellung der Böden, welche die Windformen ent-
hielten, weil dieselben am meisten in Anspruch genommen, rasch
zerstört wurden und deshalb oft erneuert werden mussten. In Europa
geschah dies zu Anfang der siebziger Jahre noch allgemein durch
Einstampfen oder Ausmauern von innen. Hierbei wurden die aus
kieselsäurereichem Thon vorher geformten und gebrannten Formen
erst eingesetzt und dann der Zwischenraum mit Masse ausgestampft
oder mit Ganisterformsteinen ausgemauert. War nur ein Flicken oder
eine teilweise Erneuerung des Bodens nötig, so wurden durch die
Formöffnungen eiserne Nadeln gesteckt und der freie Raum um die-
selben mit feuerfestem Thon ausgestampft oder ausgegossen. Hierbei
gab man dem Boden oft unmittelbaren Anschluss an das Futter, was
zwar das Auswechseln erschwerte, dagegen aber ein Durchbrennen an der
ringförmigen Fuge verhinderte. Es ist klar, dass die Herstellung und
Reparatur des Bodens durch Ausstampfen von innen beschwerlich
und zeitraubend war. Die Birne musste erst so weit kühl geworden
sein, dass ein Mann im Inneren arbeiten konnte; hatte dieser in dem
heissen, dunklen Raum den Boden vollendet, so musste erst der Boden
durch Koksfeuer vollständig getrocknet werden.

Es war deshalb ein sehr wichtiger Fortschritt, als Holley in
Amerika 1868 die Losböden erfand, die unabhängig für sich hergestellt,
getrocknet, eingesetzt oder ausgewechselt wurden. Die Idee aus-
wechselbarer Böden hatte schon Bessemer gehabt, auch hatte man
in Österreich solche bereits versucht. Holleys Verdienst bestand
hauptsächlich in der ausserordentlich einfachen und praktischen
Lösung der Frage. Indem er nämlich den Rand des Bodens kleiner
machte als den Rand des Futters, entstand ein ringförmiger freier
Raum von keilförmigem Querschnitt, der das Einsetzen des Bodens
von aussen bequem gestattete und der danach leicht von aussen mit
feuerfestem Thon ausgestampft werden konnte. Dadurch wurde das
Auswechseln der Böden ausserordentlich beschleunigt, um so mehr,
da man dieselben vorher trocknen konnte.

Durch diese einfache Verbesserung erlangten die Amerikaner einen
wesentlichen Vorsprung und ohne dieselbe wäre ihr Schnellbetrieb
kaum möglich gewesen. In Troy machte man mit einem Paar 5-Tonnen-
Birnen 2000 Tonnen Stahlblöcke im Monat, obwohl schon nach fünf
bis sechs Hitzen ein neuer Boden eingesetzt werden musste.

In Europa fand die Einführung der amerikanischen "Losböden"
nur langsam statt. Erst 1872 wurde die Aufmerksamkeit durch eine

Der saure oder Bessemerprozeſs bis 1880.
hatten diese Vorschläge nur geringen Erfolg. Von besonderer Wichtig-
keit war die Herstellung der Böden, welche die Windformen ent-
hielten, weil dieselben am meisten in Anspruch genommen, rasch
zerstört wurden und deshalb oft erneuert werden muſsten. In Europa
geschah dies zu Anfang der siebziger Jahre noch allgemein durch
Einstampfen oder Ausmauern von innen. Hierbei wurden die aus
kieselsäurereichem Thon vorher geformten und gebrannten Formen
erst eingesetzt und dann der Zwischenraum mit Masse ausgestampft
oder mit Ganisterformsteinen ausgemauert. War nur ein Flicken oder
eine teilweise Erneuerung des Bodens nötig, so wurden durch die
Formöffnungen eiserne Nadeln gesteckt und der freie Raum um die-
selben mit feuerfestem Thon ausgestampft oder ausgegossen. Hierbei
gab man dem Boden oft unmittelbaren Anschluſs an das Futter, was
zwar das Auswechseln erschwerte, dagegen aber ein Durchbrennen an der
ringförmigen Fuge verhinderte. Es ist klar, daſs die Herstellung und
Reparatur des Bodens durch Ausstampfen von innen beschwerlich
und zeitraubend war. Die Birne muſste erst so weit kühl geworden
sein, daſs ein Mann im Inneren arbeiten konnte; hatte dieser in dem
heiſsen, dunklen Raum den Boden vollendet, so muſste erst der Boden
durch Koksfeuer vollständig getrocknet werden.

Es war deshalb ein sehr wichtiger Fortschritt, als Holley in
Amerika 1868 die Losböden erfand, die unabhängig für sich hergestellt,
getrocknet, eingesetzt oder ausgewechselt wurden. Die Idee aus-
wechselbarer Böden hatte schon Bessemer gehabt, auch hatte man
in Österreich solche bereits versucht. Holleys Verdienst bestand
hauptsächlich in der auſserordentlich einfachen und praktischen
Lösung der Frage. Indem er nämlich den Rand des Bodens kleiner
machte als den Rand des Futters, entstand ein ringförmiger freier
Raum von keilförmigem Querschnitt, der das Einsetzen des Bodens
von auſsen bequem gestattete und der danach leicht von auſsen mit
feuerfestem Thon ausgestampft werden konnte. Dadurch wurde das
Auswechseln der Böden auſserordentlich beschleunigt, um so mehr,
da man dieselben vorher trocknen konnte.

Durch diese einfache Verbesserung erlangten die Amerikaner einen
wesentlichen Vorsprung und ohne dieselbe wäre ihr Schnellbetrieb
kaum möglich gewesen. In Troy machte man mit einem Paar 5-Tonnen-
Birnen 2000 Tonnen Stahlblöcke im Monat, obwohl schon nach fünf
bis sechs Hitzen ein neuer Boden eingesetzt werden muſste.

In Europa fand die Einführung der amerikanischen „Losböden
nur langsam statt. Erst 1872 wurde die Aufmerksamkeit durch eine

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[617/0633] Der saure oder Bessemerprozeſs bis 1880. hatten diese Vorschläge nur geringen Erfolg. Von besonderer Wichtig- keit war die Herstellung der Böden, welche die Windformen ent- hielten, weil dieselben am meisten in Anspruch genommen, rasch zerstört wurden und deshalb oft erneuert werden muſsten. In Europa geschah dies zu Anfang der siebziger Jahre noch allgemein durch Einstampfen oder Ausmauern von innen. Hierbei wurden die aus kieselsäurereichem Thon vorher geformten und gebrannten Formen erst eingesetzt und dann der Zwischenraum mit Masse ausgestampft oder mit Ganisterformsteinen ausgemauert. War nur ein Flicken oder eine teilweise Erneuerung des Bodens nötig, so wurden durch die Formöffnungen eiserne Nadeln gesteckt und der freie Raum um die- selben mit feuerfestem Thon ausgestampft oder ausgegossen. Hierbei gab man dem Boden oft unmittelbaren Anschluſs an das Futter, was zwar das Auswechseln erschwerte, dagegen aber ein Durchbrennen an der ringförmigen Fuge verhinderte. Es ist klar, daſs die Herstellung und Reparatur des Bodens durch Ausstampfen von innen beschwerlich und zeitraubend war. Die Birne muſste erst so weit kühl geworden sein, daſs ein Mann im Inneren arbeiten konnte; hatte dieser in dem heiſsen, dunklen Raum den Boden vollendet, so muſste erst der Boden durch Koksfeuer vollständig getrocknet werden. Es war deshalb ein sehr wichtiger Fortschritt, als Holley in Amerika 1868 die Losböden erfand, die unabhängig für sich hergestellt, getrocknet, eingesetzt oder ausgewechselt wurden. Die Idee aus- wechselbarer Böden hatte schon Bessemer gehabt, auch hatte man in Österreich solche bereits versucht. Holleys Verdienst bestand hauptsächlich in der auſserordentlich einfachen und praktischen Lösung der Frage. Indem er nämlich den Rand des Bodens kleiner machte als den Rand des Futters, entstand ein ringförmiger freier Raum von keilförmigem Querschnitt, der das Einsetzen des Bodens von auſsen bequem gestattete und der danach leicht von auſsen mit feuerfestem Thon ausgestampft werden konnte. Dadurch wurde das Auswechseln der Böden auſserordentlich beschleunigt, um so mehr, da man dieselben vorher trocknen konnte. Durch diese einfache Verbesserung erlangten die Amerikaner einen wesentlichen Vorsprung und ohne dieselbe wäre ihr Schnellbetrieb kaum möglich gewesen. In Troy machte man mit einem Paar 5-Tonnen- Birnen 2000 Tonnen Stahlblöcke im Monat, obwohl schon nach fünf bis sechs Hitzen ein neuer Boden eingesetzt werden muſste. In Europa fand die Einführung der amerikanischen „Losböden“ nur langsam statt. Erst 1872 wurde die Aufmerksamkeit durch eine

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 617. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/633>, abgerufen am 22.11.2024.