Fortschritte des Bessemer- und Thomasprozesses seit 1881.
Materialien geringer. Koks ist ein billigeres Heizmaterial als das Silicium im Eisen, deshalb lieber ein siliciumarmes Roheisen im Kupolofen recht heiss eingeschmolzen, als erst durch Überschuss von Silicium grosse Hitze in der Birne erzeugt. Dabei ist aber ein Über- hitzen im Kupolofen bei dem raschen Blasen nicht nötig. Der übliche Winddruck ist 1,41 bis 1,76 kg bei 12,9 bis 25,8 qcm Fläche der Düsenquerschnitte auf die Tonne Eisen.
In Schweden verarbeitete man ebenfalls Roheisen mit geringem Siliciumgehalt, höchstens bis 1 Proz., möglichst heiss, meist direkt aus dem Hochofen. 1898 machte J. Wiborgh darauf aufmerksam, dass man die fehlende Eigenwärme des siliciumarmen Roheisens durch Blasen mit heissem Wind (400 bis 500° C.) ersetzen könnte 1). Pszczolka will dies durch grösseren Druck im Konverter, den er durch Verengen der Birnenmündung erzielt, erreichen 2).
Die Verbesserung der Giesspfannenwagen war um so wichtiger, je grösser die Einsätze wurden, je grössere Massen flüssigen Metalles man darin zu transportieren hatte, und je grösser die Güsse wurden. Man baute nicht nur grosse dampfhydraulische, sondern auch elektrische Giesspfannenwagen; so lieferte z. B. 1899 die Maschinenbau-Aktien- gesellschaft Tiegler zu Meiderich solche für 20000 kg Inhalt 3), zu deren Bedienung nur ein Mann erforderlich war.
Beim Guss der Blöcke hat man die Erfindung von Sir Jos. Witworth, des Giessens unter Druck mit Hülfe eines hydraulischen Kolbens zur Erzeugung dichter Güsse, durch andere Mittel zu er- setzen gesucht. H. R. Jones schlug 1879 Wasserdampf als Druck- mittel vor; Tholander 1882 die Herstellung eines Vakuums in der Form; J. D. Ellis in Bethlehem versah seine Koquillen mit einem Aufsatzstück; F. Alfr. Krupp endlich führte feste Kohlensäure in die geschlossene Gussform ein.
R. M. Daelen empfahl für den Guss kleiner dichter Blöcke die Verwendung der Centrifugalkraft 4).
Ferdinand Kapfl hatte sich 1889 in Österreich-Ungarn eine mechanische Vorrichtung zur Erzeugung blasenfreier Blöcke paten- tieren lassen, die darauf beruhte, dass die Stahlmasse während des Erstarrens Erschütterungen ausgesetzt wurde, ähnlich wie bei den Setzsieben für die Erzaufbereitung.
1) Jernkontours Annalen 1898, Heft V.
2) A. a. O. 1900, S. 281.
3) Stahl und Eisen 1900, S. 643.
4) Daselbst 1893, S. 242.
Fortschritte des Bessemer- und Thomasprozesses seit 1881.
Materialien geringer. Koks ist ein billigeres Heizmaterial als das Silicium im Eisen, deshalb lieber ein siliciumarmes Roheisen im Kupolofen recht heiſs eingeschmolzen, als erst durch Überschuſs von Silicium groſse Hitze in der Birne erzeugt. Dabei ist aber ein Über- hitzen im Kupolofen bei dem raschen Blasen nicht nötig. Der übliche Winddruck ist 1,41 bis 1,76 kg bei 12,9 bis 25,8 qcm Fläche der Düsenquerschnitte auf die Tonne Eisen.
In Schweden verarbeitete man ebenfalls Roheisen mit geringem Siliciumgehalt, höchstens bis 1 Proz., möglichst heiſs, meist direkt aus dem Hochofen. 1898 machte J. Wiborgh darauf aufmerksam, daſs man die fehlende Eigenwärme des siliciumarmen Roheisens durch Blasen mit heiſsem Wind (400 bis 500° C.) ersetzen könnte 1). Pszczolka will dies durch gröſseren Druck im Konverter, den er durch Verengen der Birnenmündung erzielt, erreichen 2).
Die Verbesserung der Gieſspfannenwagen war um so wichtiger, je gröſser die Einsätze wurden, je gröſsere Massen flüssigen Metalles man darin zu transportieren hatte, und je gröſser die Güsse wurden. Man baute nicht nur groſse dampfhydraulische, sondern auch elektrische Gieſspfannenwagen; so lieferte z. B. 1899 die Maschinenbau-Aktien- gesellschaft Tiegler zu Meiderich solche für 20000 kg Inhalt 3), zu deren Bedienung nur ein Mann erforderlich war.
Beim Guſs der Blöcke hat man die Erfindung von Sir Jos. Witworth, des Gieſsens unter Druck mit Hülfe eines hydraulischen Kolbens zur Erzeugung dichter Güsse, durch andere Mittel zu er- setzen gesucht. H. R. Jones schlug 1879 Wasserdampf als Druck- mittel vor; Tholander 1882 die Herstellung eines Vakuums in der Form; J. D. Ellis in Bethlehem versah seine Koquillen mit einem Aufsatzstück; F. Alfr. Krupp endlich führte feste Kohlensäure in die geschlossene Guſsform ein.
R. M. Daelen empfahl für den Guſs kleiner dichter Blöcke die Verwendung der Centrifugalkraft 4).
Ferdinand Kapfl hatte sich 1889 in Österreich-Ungarn eine mechanische Vorrichtung zur Erzeugung blasenfreier Blöcke paten- tieren lassen, die darauf beruhte, daſs die Stahlmasse während des Erstarrens Erschütterungen ausgesetzt wurde, ähnlich wie bei den Setzsieben für die Erzaufbereitung.
1) Jernkontours Annalen 1898, Heft V.
2) A. a. O. 1900, S. 281.
3) Stahl und Eisen 1900, S. 643.
4) Daselbst 1893, S. 242.
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Fortschritte des Bessemer- und Thomasprozesses seit 1881.
Materialien geringer. Koks ist ein billigeres Heizmaterial als das
Silicium im Eisen, deshalb lieber ein siliciumarmes Roheisen im
Kupolofen recht heiſs eingeschmolzen, als erst durch Überschuſs von
Silicium groſse Hitze in der Birne erzeugt. Dabei ist aber ein Über-
hitzen im Kupolofen bei dem raschen Blasen nicht nötig. Der übliche
Winddruck ist 1,41 bis 1,76 kg bei 12,9 bis 25,8 qcm Fläche der
Düsenquerschnitte auf die Tonne Eisen.
In Schweden verarbeitete man ebenfalls Roheisen mit geringem
Siliciumgehalt, höchstens bis 1 Proz., möglichst heiſs, meist direkt aus
dem Hochofen. 1898 machte J. Wiborgh darauf aufmerksam, daſs
man die fehlende Eigenwärme des siliciumarmen Roheisens durch
Blasen mit heiſsem Wind (400 bis 500° C.) ersetzen könnte 1).
Pszczolka will dies durch gröſseren Druck im Konverter, den er
durch Verengen der Birnenmündung erzielt, erreichen 2).
Die Verbesserung der Gieſspfannenwagen war um so wichtiger, je
gröſser die Einsätze wurden, je gröſsere Massen flüssigen Metalles man
darin zu transportieren hatte, und je gröſser die Güsse wurden. Man
baute nicht nur groſse dampfhydraulische, sondern auch elektrische
Gieſspfannenwagen; so lieferte z. B. 1899 die Maschinenbau-Aktien-
gesellschaft Tiegler zu Meiderich solche für 20000 kg Inhalt 3), zu
deren Bedienung nur ein Mann erforderlich war.
Beim Guſs der Blöcke hat man die Erfindung von Sir Jos.
Witworth, des Gieſsens unter Druck mit Hülfe eines hydraulischen
Kolbens zur Erzeugung dichter Güsse, durch andere Mittel zu er-
setzen gesucht. H. R. Jones schlug 1879 Wasserdampf als Druck-
mittel vor; Tholander 1882 die Herstellung eines Vakuums in der
Form; J. D. Ellis in Bethlehem versah seine Koquillen mit einem
Aufsatzstück; F. Alfr. Krupp endlich führte feste Kohlensäure in
die geschlossene Guſsform ein.
R. M. Daelen empfahl für den Guſs kleiner dichter Blöcke die
Verwendung der Centrifugalkraft 4).
Ferdinand Kapfl hatte sich 1889 in Österreich-Ungarn eine
mechanische Vorrichtung zur Erzeugung blasenfreier Blöcke paten-
tieren lassen, die darauf beruhte, daſs die Stahlmasse während des
Erstarrens Erschütterungen ausgesetzt wurde, ähnlich wie bei den
Setzsieben für die Erzaufbereitung.
1) Jernkontours Annalen 1898, Heft V.
2) A. a. O. 1900, S. 281.
3) Stahl und Eisen 1900, S. 643.
4) Daselbst 1893, S. 242.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 685. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/701>, abgerufen am 22.11.2024.
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