Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903.

Bild:
<< vorherige Seite

Fortschritte der Herdflussstahlbereitung seit 1870.
den Gebr. Martin angewendeten Flammofen fest, nur zu St. Cham-
mond in Frankreich wendete man seit 1874 den von Charles Pernot
erfundenen drehbaren Tellerofen (Engl. Pat. von J. H. Johnson
vom 16. April 1874, Nr. 1317) an. Die Grösse der Schmelzöfen hielt
sich bis 1875 noch in ziemlich engen Grenzen. Allerdings war bereits
ein Ofen für 12 Tonnen
Einsatz erbaut worden,
die meisten Anlagen
hatten aber Öfen für
11/2 bis 61/2 Tonnen;
so waren die Öfen zu
Sireuil für 11/2 bis 21/2,
die zu Firminy für 3
bis 31/2, zu Terre-Noire
für 5, zu Creuzot für
3,35, 6,30 bis 6,35, die
der österreichischen
Hütten für 3, die der
rheinisch-westfälischen
für 3 bis 4 Tonnen
Einsatz erbaut.

Die Herdsohle
wurde aus wenig thon-
haltigem Quarzsand
aufgestampft, der z. B.

[Abbildung] Fig. 280.
in Österreich aus einem Gemenge von 4 bis 9 Tl. Quarzsand mit
1 Tl. feuerfestem Thon hergestellt wurde 1).

Die Gewölbe wurden aus Dinasziegeln gemauert, dennoch hielten
sie in der Regel nur 11/2 Monate. Um die Unterbrechung bei der
Reparatur oder Erneuerung des Gewölbes abzukürzen und den Ofen
nicht ganz kalt werden zu lassen, füllte man vielfach nach Abbruch
des Gewölbes den Ofen bis zu den Widerlagern mit Ziegelbrocken
und mauerte dann rasch das Gewölbe darüber 2).

Der Prozess selbst wurde um 1874 in der Regel so geführt, dass
man das vorgewärmte, glühende Roheisen in Brockenform mit einer
an einem Kran hängenden Schaufel einwarf und bei geschlossenen
Thüren einschmolz. Nach dem Einschmelzen wurde der Herdboden
mit einer Kratze untersucht und gereinigt und dabei das Eisenbad

1) Kuppelwieser im Österr. Jahrb. Bd. XX, S. 389.
2) Revue universelle, 15 ann., t. 28, p. 181.

Fortschritte der Herdfluſsstahlbereitung seit 1870.
den Gebr. Martin angewendeten Flammofen fest, nur zu St. Cham-
mond in Frankreich wendete man seit 1874 den von Charles Pernot
erfundenen drehbaren Tellerofen (Engl. Pat. von J. H. Johnson
vom 16. April 1874, Nr. 1317) an. Die Gröſse der Schmelzöfen hielt
sich bis 1875 noch in ziemlich engen Grenzen. Allerdings war bereits
ein Ofen für 12 Tonnen
Einsatz erbaut worden,
die meisten Anlagen
hatten aber Öfen für
1½ bis 6½ Tonnen;
so waren die Öfen zu
Sireuil für 1½ bis 2½,
die zu Firminy für 3
bis 3½, zu Terre-Noire
für 5, zu Creuzot für
3,35, 6,30 bis 6,35, die
der österreichischen
Hütten für 3, die der
rheinisch-westfälischen
für 3 bis 4 Tonnen
Einsatz erbaut.

Die Herdsohle
wurde aus wenig thon-
haltigem Quarzsand
aufgestampft, der z. B.

[Abbildung] Fig. 280.
in Österreich aus einem Gemenge von 4 bis 9 Tl. Quarzsand mit
1 Tl. feuerfestem Thon hergestellt wurde 1).

Die Gewölbe wurden aus Dinasziegeln gemauert, dennoch hielten
sie in der Regel nur 1½ Monate. Um die Unterbrechung bei der
Reparatur oder Erneuerung des Gewölbes abzukürzen und den Ofen
nicht ganz kalt werden zu lassen, füllte man vielfach nach Abbruch
des Gewölbes den Ofen bis zu den Widerlagern mit Ziegelbrocken
und mauerte dann rasch das Gewölbe darüber 2).

Der Prozeſs selbst wurde um 1874 in der Regel so geführt, daſs
man das vorgewärmte, glühende Roheisen in Brockenform mit einer
an einem Kran hängenden Schaufel einwarf und bei geschlossenen
Thüren einschmolz. Nach dem Einschmelzen wurde der Herdboden
mit einer Kratze untersucht und gereinigt und dabei das Eisenbad

1) Kuppelwieser im Österr. Jahrb. Bd. XX, S. 389.
2) Revue universelle, 15 ann., t. 28, p. 181.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0713" n="697"/><fw place="top" type="header">Fortschritte der Herdflu&#x017F;sstahlbereitung seit 1870.</fw><lb/>
den Gebr. <hi rendition="#g">Martin</hi> angewendeten Flammofen fest, nur zu St. Cham-<lb/>
mond in Frankreich wendete man seit 1874 den von <hi rendition="#g">Charles Pernot</hi><lb/>
erfundenen drehbaren Tellerofen (Engl. Pat. von J. H. <hi rendition="#g">Johnson</hi><lb/>
vom 16. April 1874, Nr. 1317) an. Die Grö&#x017F;se der Schmelzöfen hielt<lb/>
sich bis 1875 noch in ziemlich engen Grenzen. Allerdings war bereits<lb/>
ein Ofen für 12 Tonnen<lb/>
Einsatz erbaut worden,<lb/>
die meisten Anlagen<lb/>
hatten aber Öfen für<lb/>
1½ bis 6½ Tonnen;<lb/>
so waren die Öfen zu<lb/>
Sireuil für 1½ bis 2½,<lb/>
die zu Firminy für 3<lb/>
bis 3½, zu Terre-Noire<lb/>
für 5, zu Creuzot für<lb/>
3,35, 6,30 bis 6,35, die<lb/>
der österreichischen<lb/>
Hütten für 3, die der<lb/>
rheinisch-westfälischen<lb/>
für 3 bis 4 Tonnen<lb/>
Einsatz erbaut.</p><lb/>
          <p>Die Herdsohle<lb/>
wurde aus wenig thon-<lb/>
haltigem Quarzsand<lb/>
aufgestampft, der z. B.<lb/><figure><head>Fig. 280.</head></figure><lb/>
in Österreich aus einem Gemenge von 4 bis 9 Tl. Quarzsand mit<lb/>
1 Tl. feuerfestem Thon hergestellt wurde <note place="foot" n="1)"><hi rendition="#g">Kuppelwieser</hi> im Österr. Jahrb. Bd. XX, S. 389.</note>.</p><lb/>
          <p>Die Gewölbe wurden aus Dinasziegeln gemauert, dennoch hielten<lb/>
sie in der Regel nur 1½ Monate. Um die Unterbrechung bei der<lb/>
Reparatur oder Erneuerung des Gewölbes abzukürzen und den Ofen<lb/>
nicht ganz kalt werden zu lassen, füllte man vielfach nach Abbruch<lb/>
des Gewölbes den Ofen bis zu den Widerlagern mit Ziegelbrocken<lb/>
und mauerte dann rasch das Gewölbe darüber <note place="foot" n="2)">Revue universelle, 15 ann., t. 28, p. 181.</note>.</p><lb/>
          <p>Der Proze&#x017F;s selbst wurde um 1874 in der Regel so geführt, da&#x017F;s<lb/>
man das vorgewärmte, glühende Roheisen in Brockenform mit einer<lb/>
an einem Kran hängenden Schaufel einwarf und bei geschlossenen<lb/>
Thüren einschmolz. Nach dem Einschmelzen wurde der Herdboden<lb/>
mit einer Kratze untersucht und gereinigt und dabei das Eisenbad<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[697/0713] Fortschritte der Herdfluſsstahlbereitung seit 1870. den Gebr. Martin angewendeten Flammofen fest, nur zu St. Cham- mond in Frankreich wendete man seit 1874 den von Charles Pernot erfundenen drehbaren Tellerofen (Engl. Pat. von J. H. Johnson vom 16. April 1874, Nr. 1317) an. Die Gröſse der Schmelzöfen hielt sich bis 1875 noch in ziemlich engen Grenzen. Allerdings war bereits ein Ofen für 12 Tonnen Einsatz erbaut worden, die meisten Anlagen hatten aber Öfen für 1½ bis 6½ Tonnen; so waren die Öfen zu Sireuil für 1½ bis 2½, die zu Firminy für 3 bis 3½, zu Terre-Noire für 5, zu Creuzot für 3,35, 6,30 bis 6,35, die der österreichischen Hütten für 3, die der rheinisch-westfälischen für 3 bis 4 Tonnen Einsatz erbaut. Die Herdsohle wurde aus wenig thon- haltigem Quarzsand aufgestampft, der z. B. [Abbildung Fig. 280.] in Österreich aus einem Gemenge von 4 bis 9 Tl. Quarzsand mit 1 Tl. feuerfestem Thon hergestellt wurde 1). Die Gewölbe wurden aus Dinasziegeln gemauert, dennoch hielten sie in der Regel nur 1½ Monate. Um die Unterbrechung bei der Reparatur oder Erneuerung des Gewölbes abzukürzen und den Ofen nicht ganz kalt werden zu lassen, füllte man vielfach nach Abbruch des Gewölbes den Ofen bis zu den Widerlagern mit Ziegelbrocken und mauerte dann rasch das Gewölbe darüber 2). Der Prozeſs selbst wurde um 1874 in der Regel so geführt, daſs man das vorgewärmte, glühende Roheisen in Brockenform mit einer an einem Kran hängenden Schaufel einwarf und bei geschlossenen Thüren einschmolz. Nach dem Einschmelzen wurde der Herdboden mit einer Kratze untersucht und gereinigt und dabei das Eisenbad 1) Kuppelwieser im Österr. Jahrb. Bd. XX, S. 389. 2) Revue universelle, 15 ann., t. 28, p. 181.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/713
Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 697. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/713>, abgerufen am 24.11.2024.