Fortschritte der Herdflussstahlbereitung seit 1870.
dem auf mehreren grossen Werken, so z. B. auch von Schneider & Co. zu Creuzot, eingeführt.
Die Vorschläge, Roheisen in basischen Birnen vorzufrischen und in Formen zu giessen, diese Stahlflossen in den Handel zu bringen, um in Martinöfen eingeschmolzen und verfrischt zu werden, scheinen bis jetzt keinen Erfolg gehabt zu haben.
Um das Roheisen aus dem Hochofen in billiger Weise für den Herdofen vorzufrischen, haben L. Pszezolka in Wien und R. M. Daelen 1898 sich ein Verfahren patentieren lassen, bei dem das flüssige Metall in einem Behälter durch heissen Hochofengebläsewind vor- gefrischt und dann in den Herdofen eingegossen wird (D. R. P. Nr. 104576 und 106576).
A. Sattmann sucht dasselbe dadurch zu erreichen, dass er das Eisen in einem schmalen, kaskadenförmigen Vorfrischherde der oxy- dierenden Stichflamme der Herdofengase aussetzt, ehe es in den Herdofen gelangt. (Engl. Pat. Nr. 7287, D. R. P. Nr. 105281 vom 25. März 1898 1). Hierdurch wird der Zusatz von kaltem, gefrischtem Eisen vermieden.
Die phosphorsäurehaltigen Schlacken des basischen Martin- betriebes haben bis jetzt noch keine Verwendung als Düngemittel in der Landwirtschaft gefunden, teils ihres hohen Kieselsäure- und Eisen- gehaltes, teils ihres geringen Phosphorsäuregehaltes wegen. O. Thiel schlug vor 2), sie durch Zusatz von Phosphorit beim Schmelzen anzureichern und dadurch wertvoller und verkäuflich zu machen.
Im allgemeinen geht neuerdings das Streben dahin, den Siemens- Martinöfen einen grösseren Fassungsraum zu geben, besonders ist dies in England und Amerika der Fall. Die 1898 erbaute Anlage der Blochairn-Stahlwerke enthält eine Batterie von zehn 40-Tonnen- öfen. Zu Barrow-in-Furness 3) sind 1899 vier 50-Tonnenöfen erbaut worden. Öfen von demselben Fassungsraum führte die Carnegie- Stahlgesellschaft in Homestead (Pa.) auf. Neuerdings hat man in Amerika sogar Öfen für 75 Tonnen Einsatz errichtet.
In Amerika ist das Princip der kippbaren Martinöfen mit Erfolg weiter ausgebildet worden. Der erste Ofen dieser Art wurde, wie bereits erwähnt, 1889 von H. H. Campbell auf den Steeltonwerken der Pennsyl- vanischen Stahlgesellschaft errichtet 4). Man steigerte ihren Fassungs-
1 Stahl und Eisen 1899, S. 889 und 956.
2) Daselbst 1898, S. 750.
3) Daselbst 1899, S. 1016.
4) Daselbst 1899, S. 536.
Fortschritte der Herdfluſsstahlbereitung seit 1870.
dem auf mehreren groſsen Werken, so z. B. auch von Schneider & Co. zu Creuzot, eingeführt.
Die Vorschläge, Roheisen in basischen Birnen vorzufrischen und in Formen zu gieſsen, diese Stahlflossen in den Handel zu bringen, um in Martinöfen eingeschmolzen und verfrischt zu werden, scheinen bis jetzt keinen Erfolg gehabt zu haben.
Um das Roheisen aus dem Hochofen in billiger Weise für den Herdofen vorzufrischen, haben L. Pszezolka in Wien und R. M. Daelen 1898 sich ein Verfahren patentieren lassen, bei dem das flüssige Metall in einem Behälter durch heiſsen Hochofengebläsewind vor- gefrischt und dann in den Herdofen eingegossen wird (D. R. P. Nr. 104576 und 106576).
A. Sattmann sucht dasselbe dadurch zu erreichen, daſs er das Eisen in einem schmalen, kaskadenförmigen Vorfrischherde der oxy- dierenden Stichflamme der Herdofengase aussetzt, ehe es in den Herdofen gelangt. (Engl. Pat. Nr. 7287, D. R. P. Nr. 105281 vom 25. März 1898 1). Hierdurch wird der Zusatz von kaltem, gefrischtem Eisen vermieden.
Die phosphorsäurehaltigen Schlacken des basischen Martin- betriebes haben bis jetzt noch keine Verwendung als Düngemittel in der Landwirtschaft gefunden, teils ihres hohen Kieselsäure- und Eisen- gehaltes, teils ihres geringen Phosphorsäuregehaltes wegen. O. Thiel schlug vor 2), sie durch Zusatz von Phosphorit beim Schmelzen anzureichern und dadurch wertvoller und verkäuflich zu machen.
Im allgemeinen geht neuerdings das Streben dahin, den Siemens- Martinöfen einen gröſseren Fassungsraum zu geben, besonders ist dies in England und Amerika der Fall. Die 1898 erbaute Anlage der Blochairn-Stahlwerke enthält eine Batterie von zehn 40-Tonnen- öfen. Zu Barrow-in-Furneſs 3) sind 1899 vier 50-Tonnenöfen erbaut worden. Öfen von demselben Fassungsraum führte die Carnegie- Stahlgesellschaft in Homestead (Pa.) auf. Neuerdings hat man in Amerika sogar Öfen für 75 Tonnen Einsatz errichtet.
In Amerika ist das Princip der kippbaren Martinöfen mit Erfolg weiter ausgebildet worden. Der erste Ofen dieser Art wurde, wie bereits erwähnt, 1889 von H. H. Campbell auf den Steeltonwerken der Pennsyl- vanischen Stahlgesellschaft errichtet 4). Man steigerte ihren Fassungs-
1 Stahl und Eisen 1899, S. 889 und 956.
2) Daselbst 1898, S. 750.
3) Daselbst 1899, S. 1016.
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Fortschritte der Herdfluſsstahlbereitung seit 1870.
dem auf mehreren groſsen Werken, so z. B. auch von Schneider & Co.
zu Creuzot, eingeführt.
Die Vorschläge, Roheisen in basischen Birnen vorzufrischen und
in Formen zu gieſsen, diese Stahlflossen in den Handel zu bringen,
um in Martinöfen eingeschmolzen und verfrischt zu werden, scheinen
bis jetzt keinen Erfolg gehabt zu haben.
Um das Roheisen aus dem Hochofen in billiger Weise für den
Herdofen vorzufrischen, haben L. Pszezolka in Wien und R. M. Daelen
1898 sich ein Verfahren patentieren lassen, bei dem das flüssige
Metall in einem Behälter durch heiſsen Hochofengebläsewind vor-
gefrischt und dann in den Herdofen eingegossen wird (D. R. P.
Nr. 104576 und 106576).
A. Sattmann sucht dasselbe dadurch zu erreichen, daſs er das
Eisen in einem schmalen, kaskadenförmigen Vorfrischherde der oxy-
dierenden Stichflamme der Herdofengase aussetzt, ehe es in den
Herdofen gelangt. (Engl. Pat. Nr. 7287, D. R. P. Nr. 105281 vom
25. März 1898 1). Hierdurch wird der Zusatz von kaltem, gefrischtem
Eisen vermieden.
Die phosphorsäurehaltigen Schlacken des basischen Martin-
betriebes haben bis jetzt noch keine Verwendung als Düngemittel in
der Landwirtschaft gefunden, teils ihres hohen Kieselsäure- und Eisen-
gehaltes, teils ihres geringen Phosphorsäuregehaltes wegen. O. Thiel
schlug vor 2), sie durch Zusatz von Phosphorit beim Schmelzen
anzureichern und dadurch wertvoller und verkäuflich zu machen.
Im allgemeinen geht neuerdings das Streben dahin, den Siemens-
Martinöfen einen gröſseren Fassungsraum zu geben, besonders ist
dies in England und Amerika der Fall. Die 1898 erbaute Anlage
der Blochairn-Stahlwerke enthält eine Batterie von zehn 40-Tonnen-
öfen. Zu Barrow-in-Furneſs 3) sind 1899 vier 50-Tonnenöfen erbaut
worden. Öfen von demselben Fassungsraum führte die Carnegie-
Stahlgesellschaft in Homestead (Pa.) auf. Neuerdings hat man in
Amerika sogar Öfen für 75 Tonnen Einsatz errichtet.
In Amerika ist das Princip der kippbaren Martinöfen mit Erfolg
weiter ausgebildet worden. Der erste Ofen dieser Art wurde, wie bereits
erwähnt, 1889 von H. H. Campbell auf den Steeltonwerken der Pennsyl-
vanischen Stahlgesellschaft errichtet 4). Man steigerte ihren Fassungs-
1 Stahl und Eisen 1899, S. 889 und 956.
2) Daselbst 1898, S. 750.
3) Daselbst 1899, S. 1016.
4) Daselbst 1899, S. 536.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 729. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/745>, abgerufen am 23.11.2024.
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