Retorten gewärmt und dann in einer Hitze fertiggewalzt. Das Walz- werk hatte zwei Zubringewalzen. Die Oberwalze war verstellbar und wurde durch hydraulische Kolben, die in den Ständern angeordnet waren, gegen die mit Wasser gekühlten Lagerschalen angedrückt, dadurch wurde die in den unteren festen Lagerschalen liegende Walze mitgenommen. Hinter den Walzen befand sich ein rotierendes Scherenwerk.
Zum Glühen der Platinen und der Bleche wendete man in mehreren Gegenden, z. B. in Österreich, dem Siegerland u. s. w. Flammöfen mit Vorherden, die öfter über einem Teile des Glühherdes lagen, oder Doppelherde an.
Die Verbesserung der Walzwerke und Walzenzugmaschinen und die Verarbeitung schwerer Flusseisenblöcke ermöglichten die Her- stellung starker Grobbleche von ausserordentlichen Dimensionen; so sah man 1873 in Wien Brückenblech von Reschitza von 55' Länge, 121/2" Breite, 31/2''' Dicke. Gutehoffnungshütte zu Sterkrode hatte Kesselblech 17 m lang, 5,3 m breit, 9 mm dick, und Josse Coffin aus Clabesco (Belgien) Lokomotivrahmenblech 251/2' lang, 31/2" breit, 1 3/6''' dick ausgestellt. Namentlich walzte man Grobbleche viel breiter wie früher; hierfür musste die Ballenlänge der Grobblechstrassen ent- sprechend vergrössert werden. 1886 walzte man auf dem Borsigwerke in Oberschlesien mit Walzen von 3,50 m Ballenlänge Blechplatten von 7000 kg Gewicht sowohl aus Schweisseisen als aus Martinstahl. So schwere Walzwerke mussten als Duo mit Umkehrung arbeiten, obgleich nach Stevensons Angabe (1886) Bleche, die auf in einer Richtung laufenden Walzen hergestellt waren, immer gleichmässiger sein sollten, als die auf Walzen mit Reversierkuppelung gewalzten. In den Vereinigten Staaten zog man auch deshalb für Grobbleche Triowalzwerke vor. Diese erforderten natürlich sehr starke Dampf- maschinen. Ein Musterwalzwerk dieser Art war 1892 das neue Blech- walzwerk von Wellman1), damals das breiteste Trio in Nordamerika. Es wurde nach Wellmans Angaben von der Garrison Foundry Co. in Pittsburg für die Wellman Eisen- und Stahlgesellschaft in Thurlow, Pa., gebaut. Die Ballenlänge betrug 3350 mm, der Durchmesser der Ober- und Unterwalze je 876 mm, der der Mittelwalze 508 mm. Als Antriebmaschine diente eine direkt wirkende, liegende Corlissmaschine, deren Dampfkolben 1016 mm Durchmesser und 1770 mm Hub hatte. Das Schwungrad wog 50 Tonnen. Die Maschine machte 70 bis
1) Siehe Stahl und Eisen 1892, S. 732.
54*
Blechfabrikation.
Retorten gewärmt und dann in einer Hitze fertiggewalzt. Das Walz- werk hatte zwei Zubringewalzen. Die Oberwalze war verstellbar und wurde durch hydraulische Kolben, die in den Ständern angeordnet waren, gegen die mit Wasser gekühlten Lagerschalen angedrückt, dadurch wurde die in den unteren festen Lagerschalen liegende Walze mitgenommen. Hinter den Walzen befand sich ein rotierendes Scherenwerk.
Zum Glühen der Platinen und der Bleche wendete man in mehreren Gegenden, z. B. in Österreich, dem Siegerland u. s. w. Flammöfen mit Vorherden, die öfter über einem Teile des Glühherdes lagen, oder Doppelherde an.
Die Verbesserung der Walzwerke und Walzenzugmaschinen und die Verarbeitung schwerer Fluſseisenblöcke ermöglichten die Her- stellung starker Grobbleche von auſserordentlichen Dimensionen; so sah man 1873 in Wien Brückenblech von Reschitza von 55′ Länge, 12½″ Breite, 3½‴ Dicke. Gutehoffnungshütte zu Sterkrode hatte Kesselblech 17 m lang, 5,3 m breit, 9 mm dick, und Josse Coffin aus Clabesco (Belgien) Lokomotivrahmenblech 25½′ lang, 3½″ breit, 1 3/6‴ dick ausgestellt. Namentlich walzte man Grobbleche viel breiter wie früher; hierfür muſste die Ballenlänge der Grobblechstraſsen ent- sprechend vergröſsert werden. 1886 walzte man auf dem Borsigwerke in Oberschlesien mit Walzen von 3,50 m Ballenlänge Blechplatten von 7000 kg Gewicht sowohl aus Schweiſseisen als aus Martinstahl. So schwere Walzwerke muſsten als Duo mit Umkehrung arbeiten, obgleich nach Stevensons Angabe (1886) Bleche, die auf in einer Richtung laufenden Walzen hergestellt waren, immer gleichmäſsiger sein sollten, als die auf Walzen mit Reversierkuppelung gewalzten. In den Vereinigten Staaten zog man auch deshalb für Grobbleche Triowalzwerke vor. Diese erforderten natürlich sehr starke Dampf- maschinen. Ein Musterwalzwerk dieser Art war 1892 das neue Blech- walzwerk von Wellman1), damals das breiteste Trio in Nordamerika. Es wurde nach Wellmans Angaben von der Garrison Foundry Co. in Pittsburg für die Wellman Eisen- und Stahlgesellschaft in Thurlow, Pa., gebaut. Die Ballenlänge betrug 3350 mm, der Durchmesser der Ober- und Unterwalze je 876 mm, der der Mittelwalze 508 mm. Als Antriebmaschine diente eine direkt wirkende, liegende Corliſsmaschine, deren Dampfkolben 1016 mm Durchmesser und 1770 mm Hub hatte. Das Schwungrad wog 50 Tonnen. Die Maschine machte 70 bis
1) Siehe Stahl und Eisen 1892, S. 732.
54*
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0867"n="851"/><fwplace="top"type="header">Blechfabrikation.</fw><lb/>
Retorten gewärmt und dann in einer Hitze fertiggewalzt. Das Walz-<lb/>
werk hatte zwei Zubringewalzen. Die Oberwalze war verstellbar und<lb/>
wurde durch hydraulische Kolben, die in den Ständern angeordnet<lb/>
waren, gegen die mit Wasser gekühlten Lagerschalen angedrückt,<lb/>
dadurch wurde die in den unteren festen Lagerschalen liegende<lb/>
Walze mitgenommen. Hinter den Walzen befand sich ein rotierendes<lb/>
Scherenwerk.</p><lb/><p>Zum Glühen der Platinen und der Bleche wendete man in mehreren<lb/>
Gegenden, z. B. in Österreich, dem Siegerland u. s. w. Flammöfen mit<lb/>
Vorherden, die öfter über einem Teile des Glühherdes lagen, oder<lb/>
Doppelherde an.</p><lb/><p>Die Verbesserung der Walzwerke und Walzenzugmaschinen und<lb/>
die Verarbeitung schwerer Fluſseisenblöcke ermöglichten die Her-<lb/>
stellung starker Grobbleche von auſserordentlichen Dimensionen; so<lb/>
sah man 1873 in Wien Brückenblech von Reschitza von 55′ Länge,<lb/>
12½″ Breite, 3½‴ Dicke. Gutehoffnungshütte zu Sterkrode hatte<lb/>
Kesselblech 17 m lang, 5,3 m breit, 9 mm dick, und <hirendition="#g">Josse Coffin</hi> aus<lb/>
Clabesco (Belgien) Lokomotivrahmenblech 25½′ lang, 3½″ breit, 1 3/6‴<lb/>
dick ausgestellt. Namentlich walzte man Grobbleche viel breiter wie<lb/>
früher; hierfür muſste die Ballenlänge der Grobblechstraſsen ent-<lb/>
sprechend vergröſsert werden. 1886 walzte man auf dem Borsigwerke<lb/>
in Oberschlesien mit Walzen von 3,50 m Ballenlänge Blechplatten<lb/>
von 7000 kg Gewicht sowohl aus Schweiſseisen als aus Martinstahl.<lb/>
So schwere Walzwerke muſsten als Duo mit Umkehrung arbeiten,<lb/>
obgleich nach <hirendition="#g">Stevensons</hi> Angabe (1886) Bleche, die auf in einer<lb/>
Richtung laufenden Walzen hergestellt waren, immer gleichmäſsiger<lb/>
sein sollten, als die auf Walzen mit Reversierkuppelung gewalzten.<lb/>
In den Vereinigten Staaten zog man auch deshalb für Grobbleche<lb/>
Triowalzwerke vor. Diese erforderten natürlich sehr starke Dampf-<lb/>
maschinen. Ein Musterwalzwerk dieser Art war 1892 das neue Blech-<lb/>
walzwerk von <hirendition="#g">Wellman</hi><noteplace="foot"n="1)">Siehe Stahl und Eisen 1892, S. 732.</note>, damals das breiteste Trio in Nordamerika.<lb/>
Es wurde nach <hirendition="#g">Wellmans</hi> Angaben von der Garrison Foundry Co.<lb/>
in Pittsburg für die Wellman Eisen- und Stahlgesellschaft in Thurlow,<lb/>
Pa., gebaut. Die Ballenlänge betrug 3350 mm, der Durchmesser der<lb/>
Ober- und Unterwalze je 876 mm, der der Mittelwalze 508 mm. Als<lb/>
Antriebmaschine diente eine direkt wirkende, liegende Corliſsmaschine,<lb/>
deren Dampfkolben 1016 mm Durchmesser und 1770 mm Hub hatte.<lb/>
Das Schwungrad wog 50 Tonnen. Die Maschine machte 70 bis<lb/><fwplace="bottom"type="sig">54*</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[851/0867]
Blechfabrikation.
Retorten gewärmt und dann in einer Hitze fertiggewalzt. Das Walz-
werk hatte zwei Zubringewalzen. Die Oberwalze war verstellbar und
wurde durch hydraulische Kolben, die in den Ständern angeordnet
waren, gegen die mit Wasser gekühlten Lagerschalen angedrückt,
dadurch wurde die in den unteren festen Lagerschalen liegende
Walze mitgenommen. Hinter den Walzen befand sich ein rotierendes
Scherenwerk.
Zum Glühen der Platinen und der Bleche wendete man in mehreren
Gegenden, z. B. in Österreich, dem Siegerland u. s. w. Flammöfen mit
Vorherden, die öfter über einem Teile des Glühherdes lagen, oder
Doppelherde an.
Die Verbesserung der Walzwerke und Walzenzugmaschinen und
die Verarbeitung schwerer Fluſseisenblöcke ermöglichten die Her-
stellung starker Grobbleche von auſserordentlichen Dimensionen; so
sah man 1873 in Wien Brückenblech von Reschitza von 55′ Länge,
12½″ Breite, 3½‴ Dicke. Gutehoffnungshütte zu Sterkrode hatte
Kesselblech 17 m lang, 5,3 m breit, 9 mm dick, und Josse Coffin aus
Clabesco (Belgien) Lokomotivrahmenblech 25½′ lang, 3½″ breit, 1 3/6‴
dick ausgestellt. Namentlich walzte man Grobbleche viel breiter wie
früher; hierfür muſste die Ballenlänge der Grobblechstraſsen ent-
sprechend vergröſsert werden. 1886 walzte man auf dem Borsigwerke
in Oberschlesien mit Walzen von 3,50 m Ballenlänge Blechplatten
von 7000 kg Gewicht sowohl aus Schweiſseisen als aus Martinstahl.
So schwere Walzwerke muſsten als Duo mit Umkehrung arbeiten,
obgleich nach Stevensons Angabe (1886) Bleche, die auf in einer
Richtung laufenden Walzen hergestellt waren, immer gleichmäſsiger
sein sollten, als die auf Walzen mit Reversierkuppelung gewalzten.
In den Vereinigten Staaten zog man auch deshalb für Grobbleche
Triowalzwerke vor. Diese erforderten natürlich sehr starke Dampf-
maschinen. Ein Musterwalzwerk dieser Art war 1892 das neue Blech-
walzwerk von Wellman 1), damals das breiteste Trio in Nordamerika.
Es wurde nach Wellmans Angaben von der Garrison Foundry Co.
in Pittsburg für die Wellman Eisen- und Stahlgesellschaft in Thurlow,
Pa., gebaut. Die Ballenlänge betrug 3350 mm, der Durchmesser der
Ober- und Unterwalze je 876 mm, der der Mittelwalze 508 mm. Als
Antriebmaschine diente eine direkt wirkende, liegende Corliſsmaschine,
deren Dampfkolben 1016 mm Durchmesser und 1770 mm Hub hatte.
Das Schwungrad wog 50 Tonnen. Die Maschine machte 70 bis
1) Siehe Stahl und Eisen 1892, S. 732.
54*
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 851. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/867>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.