Stahlabfällen im Regenerativ-Flammofen bestand, 2. als Erzstahl- prozess, wobei Roheisen durch Zusatz reiner oxydischer Erze entkohlt wurde, und 3. als Präcipitationsprozess, wobei reine Erze zu einer eisenreichen Schlacke geschmolzen und aus dieser das Eisen durch Kohle ausgefällt wurde. Letzteren bildete Siemens zu Towcester aus und zwar anfangs in einem Kaskadenofen, später im Rotator. 1878 lieferte Towcester so hergestellte überschmiedete Luppen für 114 Mark und daraus geschweisstes Eisen für 139 bis 144 Mark die Tonne.
Den eigentlichen Siemens-Martinprozess hatte er erst auf seinen Sample Works in Birmingham, dann 1869 in Landore bei Swansea eingeführt. Dieses Verfahren bürgerte sich bald auf allen grossen Walz- werken zur besseren Verwertung der Schmiedeeisen- und Stahlabfälle, besonders von Schienenenden und dergleichen, ein, so z. B. zu Dowlais, wo 1875 sechs Siemens-Martinöfen von je 12 Tonnen Einsatz in Betrieb standen. Die Heizgase wurden von 48 Gasgeneratoren erzeugt.
Besondere Mühe und Sorgfalt verwendete W. Siemens auf den Erzstahlprozess, den er erst zu Hallside und später zu Landore zur Durchführung brachte, weshalb er häufig als Landoreprozess bezeichnet wurde.
Auf Grund von Siemens' Patenten und Entwürfen erbaute 1871 die Hallside Open Heath Steel Company zu Hallside bei Newton, 15 engl. Meilen südlich von Glasgow, mitten im Kohlengebiet ein Stahlwerk mit 16 Regenerativ-Flammöfen, acht zu 6 Tonnen und acht zu 12 Tonnen Einsatz zum Stahlschmelzen. Die Öfen lagen in zwei Reihen einander gegenüber. Jeder hatte seine eigene Giessgrube. Über die Giessgruben lief eine Schienenbahn, auf der sich die Schmelz- kessel bewegten. Die Gasfeuerung wurde von 20 Gasgeneratoren, von denen jeder mit vier Rosten versehen war, gespeist. Die Be- schickung der 6-Tonnen-Öfen bestand 1875 aus 3000 kg Roheisen, 1200 bis 1500 kg Stahlabfällen und 1000 bis 1500 kg spanischen oder afrikanischen Eisenerzen. Das Verhältnis war im allgemeinen 1/2:1/4:1/4. Zum Fertigmachen wurden 7 bis 9 Prozent Spiegeleisen zugesetzt. Eine Charge dauerte im ganzen sechs bis sieben Stunden, so dass drei Chargen in 24 Stunden gemacht wurden, die 15 bis 16 Tonnen Stahl ergaben.
Zu Landore hatte man erst den gewöhnlichen Siemens-Martin- prozess eingeführt. Später ging man zum Erzprozess über. Die Anlage umfasste ebenfalls 16 Regenerativ-Flammöfen in zwei Reihen. Man erzeugte ein vorzügliches weiches Material, das bereits 1873 versuchs- weise und seit 1875 dauernd für die Weissblechfabrikation und 1878
Groſsbritannien.
Stahlabfällen im Regenerativ-Flammofen bestand, 2. als Erzstahl- prozeſs, wobei Roheisen durch Zusatz reiner oxydischer Erze entkohlt wurde, und 3. als Präcipitationsprozeſs, wobei reine Erze zu einer eisenreichen Schlacke geschmolzen und aus dieser das Eisen durch Kohle ausgefällt wurde. Letzteren bildete Siemens zu Towcester aus und zwar anfangs in einem Kaskadenofen, später im Rotator. 1878 lieferte Towcester so hergestellte überschmiedete Luppen für 114 Mark und daraus geschweiſstes Eisen für 139 bis 144 Mark die Tonne.
Den eigentlichen Siemens-Martinprozeſs hatte er erst auf seinen Sample Works in Birmingham, dann 1869 in Landore bei Swansea eingeführt. Dieses Verfahren bürgerte sich bald auf allen groſsen Walz- werken zur besseren Verwertung der Schmiedeeisen- und Stahlabfälle, besonders von Schienenenden und dergleichen, ein, so z. B. zu Dowlais, wo 1875 sechs Siemens-Martinöfen von je 12 Tonnen Einsatz in Betrieb standen. Die Heizgase wurden von 48 Gasgeneratoren erzeugt.
Besondere Mühe und Sorgfalt verwendete W. Siemens auf den Erzstahlprozeſs, den er erst zu Hallside und später zu Landore zur Durchführung brachte, weshalb er häufig als Landoreprozeſs bezeichnet wurde.
Auf Grund von Siemens’ Patenten und Entwürfen erbaute 1871 die Hallside Open Heath Steel Company zu Hallside bei Newton, 15 engl. Meilen südlich von Glasgow, mitten im Kohlengebiet ein Stahlwerk mit 16 Regenerativ-Flammöfen, acht zu 6 Tonnen und acht zu 12 Tonnen Einsatz zum Stahlschmelzen. Die Öfen lagen in zwei Reihen einander gegenüber. Jeder hatte seine eigene Gieſsgrube. Über die Gieſsgruben lief eine Schienenbahn, auf der sich die Schmelz- kessel bewegten. Die Gasfeuerung wurde von 20 Gasgeneratoren, von denen jeder mit vier Rosten versehen war, gespeist. Die Be- schickung der 6-Tonnen-Öfen bestand 1875 aus 3000 kg Roheisen, 1200 bis 1500 kg Stahlabfällen und 1000 bis 1500 kg spanischen oder afrikanischen Eisenerzen. Das Verhältnis war im allgemeinen ½:¼:¼. Zum Fertigmachen wurden 7 bis 9 Prozent Spiegeleisen zugesetzt. Eine Charge dauerte im ganzen sechs bis sieben Stunden, so daſs drei Chargen in 24 Stunden gemacht wurden, die 15 bis 16 Tonnen Stahl ergaben.
Zu Landore hatte man erst den gewöhnlichen Siemens-Martin- prozeſs eingeführt. Später ging man zum Erzprozeſs über. Die Anlage umfaſste ebenfalls 16 Regenerativ-Flammöfen in zwei Reihen. Man erzeugte ein vorzügliches weiches Material, das bereits 1873 versuchs- weise und seit 1875 dauernd für die Weiſsblechfabrikation und 1878
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Groſsbritannien.
Stahlabfällen im Regenerativ-Flammofen bestand, 2. als Erzstahl-
prozeſs, wobei Roheisen durch Zusatz reiner oxydischer Erze entkohlt
wurde, und 3. als Präcipitationsprozeſs, wobei reine Erze zu einer
eisenreichen Schlacke geschmolzen und aus dieser das Eisen durch
Kohle ausgefällt wurde. Letzteren bildete Siemens zu Towcester
aus und zwar anfangs in einem Kaskadenofen, später im Rotator.
1878 lieferte Towcester so hergestellte überschmiedete Luppen für
114 Mark und daraus geschweiſstes Eisen für 139 bis 144 Mark die
Tonne.
Den eigentlichen Siemens-Martinprozeſs hatte er erst auf seinen
Sample Works in Birmingham, dann 1869 in Landore bei Swansea
eingeführt. Dieses Verfahren bürgerte sich bald auf allen groſsen Walz-
werken zur besseren Verwertung der Schmiedeeisen- und Stahlabfälle,
besonders von Schienenenden und dergleichen, ein, so z. B. zu Dowlais,
wo 1875 sechs Siemens-Martinöfen von je 12 Tonnen Einsatz in Betrieb
standen. Die Heizgase wurden von 48 Gasgeneratoren erzeugt.
Besondere Mühe und Sorgfalt verwendete W. Siemens auf den
Erzstahlprozeſs, den er erst zu Hallside und später zu Landore zur
Durchführung brachte, weshalb er häufig als Landoreprozeſs bezeichnet
wurde.
Auf Grund von Siemens’ Patenten und Entwürfen erbaute 1871
die Hallside Open Heath Steel Company zu Hallside bei Newton,
15 engl. Meilen südlich von Glasgow, mitten im Kohlengebiet ein
Stahlwerk mit 16 Regenerativ-Flammöfen, acht zu 6 Tonnen und acht
zu 12 Tonnen Einsatz zum Stahlschmelzen. Die Öfen lagen in zwei
Reihen einander gegenüber. Jeder hatte seine eigene Gieſsgrube.
Über die Gieſsgruben lief eine Schienenbahn, auf der sich die Schmelz-
kessel bewegten. Die Gasfeuerung wurde von 20 Gasgeneratoren,
von denen jeder mit vier Rosten versehen war, gespeist. Die Be-
schickung der 6-Tonnen-Öfen bestand 1875 aus 3000 kg Roheisen,
1200 bis 1500 kg Stahlabfällen und 1000 bis 1500 kg spanischen oder
afrikanischen Eisenerzen. Das Verhältnis war im allgemeinen ½:¼:¼.
Zum Fertigmachen wurden 7 bis 9 Prozent Spiegeleisen zugesetzt. Eine
Charge dauerte im ganzen sechs bis sieben Stunden, so daſs drei Chargen
in 24 Stunden gemacht wurden, die 15 bis 16 Tonnen Stahl ergaben.
Zu Landore hatte man erst den gewöhnlichen Siemens-Martin-
prozeſs eingeführt. Später ging man zum Erzprozeſs über. Die Anlage
umfaſste ebenfalls 16 Regenerativ-Flammöfen in zwei Reihen. Man
erzeugte ein vorzügliches weiches Material, das bereits 1873 versuchs-
weise und seit 1875 dauernd für die Weiſsblechfabrikation und 1878
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 920. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/936>, abgerufen am 22.11.2024.
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