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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903.

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Grossbritannien.
phosphorte Produkt wurde dann in einer Giesspfanne abgestochen
und in einem Ponsardofen mit Siemensfeuerung zu Stahl gefrischt.

Wil. Siemens erreichte bei seinem Erzverfahren und bei seinem
direkten Prozess eine ziemlich weitgehende Entphosphorung. Er versuchte
dieselbe dadurch zu steigern, dass er den Herd aus Bauxit herstellte.

Andere wollten die Entphosphorung in Prices Retortenofen durch
Zusatz von Hämatiterzen erreichen.

E. Williams suchte die Entphosphorung durch Behandlung des
flüssigen Roheisens mit flüssiger, basischer Eisenschlacke (Sinter) unter
Zusatz von Sand zu bewirken. 1878 nahm Baker ein Patent, Roh-
eisen durch Einblasen von Chlorgas und Kohlenstaub in dem Konverter
zu entphosphorn; desgleichen Richard Brown, der durch Chromzusatz
die nachteilige Wirkung des Phosphors neutralisieren wollte und auf
diesem Wege guten Stahl mit 11/2 Prozent Phosphor darstellen zu können
behauptete. Das bei dem Puddelprozess angewendete Reinigungsver-
fahren durch Eisen- und Manganoxyd und Flussspat von Henderson
bezweckte auch hauptsächlich die Abscheidung des Phosphors und liess
sich auch im Siemens-Martinofen anwenden.

Alle diese Prozesse erfüllten aber die Erwartungen nicht und
erwiesen sich als unökonomisch. Da trat auf dem Meeting des Iron
and Steel Institute gelegentlich der Weltausstellung zu Paris im Jahre
1878 ein junger Mann, Gilchrist Thomas, auf mit der Behauptung,
das Problem der Entphosphorung in einfacher Weise durch ein
basisches Konverterfutter gelöst zu haben. Die Mitteilung des in
Fachkreisen unbekannten jungen Mannes fand anfänglich nur
wenig Beachtung. Aber einem schien sie doch wichtig genug, um sie
sofort ernstlich und im grossen Massstabe zu prüfen, dies war Windsor
E. Richards
, der Generaldirektor der grössten englischen Eisenfirma
Bolkow, Vaughan & Co. zu Middlesborough. Er hatte kaum ein
Jahr zuvor das erste grosse Bessemerwerk im Clevelandbezirk zu Eston
in Betrieb gesetzt und wusste wie keiner die Bedeutung eines prak-
tischen Entphosphorungsverfahrens für England und besonders für
Cleveland zu würdigen. Deshalb lud er G. Thomas ein, sein Ver-
fahren auf dem Estonwerk im grossen auszuprobieren. Der Erfolg
war ein durchschlagender, und am 4. April 1878 konnten Gilchrist
Thomas
und W. Richards den Mitgliedern des Eisen- und Stahl-
Instituts die Ausführung des im vorhergehenden Jahr vielfach an-
gezweifelten basischen Konverterprozesses zu deren Überraschung und
Bewunderung vorführen. Wie diese Erfolge und weiteren Ver-
besserungen des Verfahrens von Thomas und seinem Vetter Gilchrist

Groſsbritannien.
phosphorte Produkt wurde dann in einer Gieſspfanne abgestochen
und in einem Ponsardofen mit Siemensfeuerung zu Stahl gefrischt.

Wil. Siemens erreichte bei seinem Erzverfahren und bei seinem
direkten Prozeſs eine ziemlich weitgehende Entphosphorung. Er versuchte
dieselbe dadurch zu steigern, daſs er den Herd aus Bauxit herstellte.

Andere wollten die Entphosphorung in Prices Retortenofen durch
Zusatz von Hämatiterzen erreichen.

E. Williams suchte die Entphosphorung durch Behandlung des
flüssigen Roheisens mit flüssiger, basischer Eisenschlacke (Sinter) unter
Zusatz von Sand zu bewirken. 1878 nahm Baker ein Patent, Roh-
eisen durch Einblasen von Chlorgas und Kohlenstaub in dem Konverter
zu entphosphorn; desgleichen Richard Brown, der durch Chromzusatz
die nachteilige Wirkung des Phosphors neutralisieren wollte und auf
diesem Wege guten Stahl mit 1½ Prozent Phosphor darstellen zu können
behauptete. Das bei dem Puddelprozeſs angewendete Reinigungsver-
fahren durch Eisen- und Manganoxyd und Fluſsspat von Henderson
bezweckte auch hauptsächlich die Abscheidung des Phosphors und lieſs
sich auch im Siemens-Martinofen anwenden.

Alle diese Prozesse erfüllten aber die Erwartungen nicht und
erwiesen sich als unökonomisch. Da trat auf dem Meeting des Iron
and Steel Institute gelegentlich der Weltausstellung zu Paris im Jahre
1878 ein junger Mann, Gilchrist Thomas, auf mit der Behauptung,
das Problem der Entphosphorung in einfacher Weise durch ein
basisches Konverterfutter gelöst zu haben. Die Mitteilung des in
Fachkreisen unbekannten jungen Mannes fand anfänglich nur
wenig Beachtung. Aber einem schien sie doch wichtig genug, um sie
sofort ernstlich und im groſsen Maſsstabe zu prüfen, dies war Windsor
E. Richards
, der Generaldirektor der gröſsten englischen Eisenfirma
Bolkow, Vaughan & Co. zu Middlesborough. Er hatte kaum ein
Jahr zuvor das erste groſse Bessemerwerk im Clevelandbezirk zu Eston
in Betrieb gesetzt und wuſste wie keiner die Bedeutung eines prak-
tischen Entphosphorungsverfahrens für England und besonders für
Cleveland zu würdigen. Deshalb lud er G. Thomas ein, sein Ver-
fahren auf dem Estonwerk im groſsen auszuprobieren. Der Erfolg
war ein durchschlagender, und am 4. April 1878 konnten Gilchrist
Thomas
und W. Richards den Mitgliedern des Eisen- und Stahl-
Instituts die Ausführung des im vorhergehenden Jahr vielfach an-
gezweifelten basischen Konverterprozesses zu deren Überraschung und
Bewunderung vorführen. Wie diese Erfolge und weiteren Ver-
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[926/0942] Groſsbritannien. phosphorte Produkt wurde dann in einer Gieſspfanne abgestochen und in einem Ponsardofen mit Siemensfeuerung zu Stahl gefrischt. Wil. Siemens erreichte bei seinem Erzverfahren und bei seinem direkten Prozeſs eine ziemlich weitgehende Entphosphorung. Er versuchte dieselbe dadurch zu steigern, daſs er den Herd aus Bauxit herstellte. Andere wollten die Entphosphorung in Prices Retortenofen durch Zusatz von Hämatiterzen erreichen. E. Williams suchte die Entphosphorung durch Behandlung des flüssigen Roheisens mit flüssiger, basischer Eisenschlacke (Sinter) unter Zusatz von Sand zu bewirken. 1878 nahm Baker ein Patent, Roh- eisen durch Einblasen von Chlorgas und Kohlenstaub in dem Konverter zu entphosphorn; desgleichen Richard Brown, der durch Chromzusatz die nachteilige Wirkung des Phosphors neutralisieren wollte und auf diesem Wege guten Stahl mit 1½ Prozent Phosphor darstellen zu können behauptete. Das bei dem Puddelprozeſs angewendete Reinigungsver- fahren durch Eisen- und Manganoxyd und Fluſsspat von Henderson bezweckte auch hauptsächlich die Abscheidung des Phosphors und lieſs sich auch im Siemens-Martinofen anwenden. Alle diese Prozesse erfüllten aber die Erwartungen nicht und erwiesen sich als unökonomisch. Da trat auf dem Meeting des Iron and Steel Institute gelegentlich der Weltausstellung zu Paris im Jahre 1878 ein junger Mann, Gilchrist Thomas, auf mit der Behauptung, das Problem der Entphosphorung in einfacher Weise durch ein basisches Konverterfutter gelöst zu haben. Die Mitteilung des in Fachkreisen unbekannten jungen Mannes fand anfänglich nur wenig Beachtung. Aber einem schien sie doch wichtig genug, um sie sofort ernstlich und im groſsen Maſsstabe zu prüfen, dies war Windsor E. Richards, der Generaldirektor der gröſsten englischen Eisenfirma Bolkow, Vaughan & Co. zu Middlesborough. Er hatte kaum ein Jahr zuvor das erste groſse Bessemerwerk im Clevelandbezirk zu Eston in Betrieb gesetzt und wuſste wie keiner die Bedeutung eines prak- tischen Entphosphorungsverfahrens für England und besonders für Cleveland zu würdigen. Deshalb lud er G. Thomas ein, sein Ver- fahren auf dem Estonwerk im groſsen auszuprobieren. Der Erfolg war ein durchschlagender, und am 4. April 1878 konnten Gilchrist Thomas und W. Richards den Mitgliedern des Eisen- und Stahl- Instituts die Ausführung des im vorhergehenden Jahr vielfach an- gezweifelten basischen Konverterprozesses zu deren Überraschung und Bewunderung vorführen. Wie diese Erfolge und weiteren Ver- besserungen des Verfahrens von Thomas und seinem Vetter Gilchrist

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 926. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/942>, abgerufen am 22.11.2024.