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Becker, Bernhard: Wie Arbeiterwohnungen gut und gesund einzurichten und zu erhalten seien. Basel, 1860.

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mit solchen städtischen Behausungen. "Mein Häuschen steht im
Grünen", gilt Gott Lob noch von manchem Schweizerhause.
Aber manchmal könnte man auch sagen: Mein Häuschen steht
an einem armen Ort. Sonne und Mond scheinen gar schön
an unsere Berge; aber die Häuser haben oft wenig davon. Jn
gesundheitlicher Beziehung wäre gerade auf dem Lande unendlich
viel zu thun. Jch will nur daran erinnern, welche Bedeutung
man der Luft giebt. Luft bedeutet so viel als nichts, etwas
Luftiges ist etwas Nichtiges. An Erneuerung der Luft in den
Wohnzimmern und Schlafgemächern denkt man bei Bauern und
ärmern Leuten nicht. Das wäre namentlich bei kaltem Wetter
eine unsinnige Wärmeverschleuderung. Ja daß die Luft bei
unserm Leben überhaupt eine Rolle spiele oder gar eine große,
daran denkt man selbst in guten Bürgershäusern sehr wenig.
Die Luft hält man für weiter nichts als für den Platz, in dem
man lebe und auf- und abgehe. Daß Luft ein Körper sei, ein
elastischer Körper, ein Fluidum, überhaupt ein Etwas, das fällt
einem nicht von ferne ein. Jn Bezug auf Reinlichkeit wird
wohl auf dem Lande unter bäuerlicher und ärmerer Bevölkerung
auch noch Manches zu wünschen sein. Die Reinlichkeit hält
man an vielen Orten für etwas höchst Gleichgültiges, wenn
nicht gar für etwas Sündliches, für eine tadelnswerthe Hoffahrt,
die sich gar nicht schicke für ärmere Leute. Die Misthaufen
sind die regelmäßigen Begleiter der bäuerlichen Wohnung; der
Stall ist gar oft an's Haus angebaut, damit man ja keinen
weiten Weg zu machen habe. Bei den Abtritten sind oft statt
eines gut schließenden gemauerten Raumes oder einer hölzernen
Einfassung bloße Gruben, daß die Flüssigkeit durch den Boden
durchsickert und denselben weit herum tränkt. Was in der Küche
abfällt, an gebrauchtem Wasser und festen Stoffen, wird oft
dicht in der Nähe des Hauses auf einen Haufen zusammen-
geworfen oder ausgeschüttet, daß der Boden weit herum naß
wird und die Feuchtigkeit an die Holz- und Mauerwände des
Hauses sich macht. Auch in der Schweiz auf dem Lande stehen
Bauernhäuser und armer Leute Häuser oft in tiefen feuchten
Orten. Die Wohnung befindet sich oft ebener Erde, unmittel-
bar auf der Erde, ohne daß ein Keller unter dem bewohnten

mit ſolchen ſtädtiſchen Behauſungen. „Mein Häuschen ſteht im
Grünen“, gilt Gott Lob noch von manchem Schweizerhauſe.
Aber manchmal könnte man auch ſagen: Mein Häuschen ſteht
an einem armen Ort. Sonne und Mond ſcheinen gar ſchön
an unſere Berge; aber die Häuſer haben oft wenig davon. Jn
geſundheitlicher Beziehung wäre gerade auf dem Lande unendlich
viel zu thun. Jch will nur daran erinnern, welche Bedeutung
man der Luft giebt. Luft bedeutet ſo viel als nichts, etwas
Luftiges iſt etwas Nichtiges. An Erneuerung der Luft in den
Wohnzimmern und Schlafgemächern denkt man bei Bauern und
ärmern Leuten nicht. Das wäre namentlich bei kaltem Wetter
eine unſinnige Wärmeverſchleuderung. Ja daß die Luft bei
unſerm Leben überhaupt eine Rolle ſpiele oder gar eine große,
daran denkt man ſelbſt in guten Bürgershäuſern ſehr wenig.
Die Luft hält man für weiter nichts als für den Platz, in dem
man lebe und auf- und abgehe. Daß Luft ein Körper ſei, ein
elaſtiſcher Körper, ein Fluidum, überhaupt ein Etwas, das fällt
einem nicht von ferne ein. Jn Bezug auf Reinlichkeit wird
wohl auf dem Lande unter bäuerlicher und ärmerer Bevölkerung
auch noch Manches zu wünſchen ſein. Die Reinlichkeit hält
man an vielen Orten für etwas höchſt Gleichgültiges, wenn
nicht gar für etwas Sündliches, für eine tadelnswerthe Hoffahrt,
die ſich gar nicht ſchicke für ärmere Leute. Die Miſthaufen
ſind die regelmäßigen Begleiter der bäuerlichen Wohnung; der
Stall iſt gar oft an's Haus angebaut, damit man ja keinen
weiten Weg zu machen habe. Bei den Abtritten ſind oft ſtatt
eines gut ſchließenden gemauerten Raumes oder einer hölzernen
Einfaſſung bloße Gruben, daß die Flüſſigkeit durch den Boden
durchſickert und denſelben weit herum tränkt. Was in der Küche
abfällt, an gebrauchtem Waſſer und feſten Stoffen, wird oft
dicht in der Nähe des Hauſes auf einen Haufen zuſammen-
geworfen oder ausgeſchüttet, daß der Boden weit herum naß
wird und die Feuchtigkeit an die Holz- und Mauerwände des
Hauſes ſich macht. Auch in der Schweiz auf dem Lande ſtehen
Bauernhäuſer und armer Leute Häuſer oft in tiefen feuchten
Orten. Die Wohnung befindet ſich oft ebener Erde, unmittel-
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[25/0025] mit ſolchen ſtädtiſchen Behauſungen. „Mein Häuschen ſteht im Grünen“, gilt Gott Lob noch von manchem Schweizerhauſe. Aber manchmal könnte man auch ſagen: Mein Häuschen ſteht an einem armen Ort. Sonne und Mond ſcheinen gar ſchön an unſere Berge; aber die Häuſer haben oft wenig davon. Jn geſundheitlicher Beziehung wäre gerade auf dem Lande unendlich viel zu thun. Jch will nur daran erinnern, welche Bedeutung man der Luft giebt. Luft bedeutet ſo viel als nichts, etwas Luftiges iſt etwas Nichtiges. An Erneuerung der Luft in den Wohnzimmern und Schlafgemächern denkt man bei Bauern und ärmern Leuten nicht. Das wäre namentlich bei kaltem Wetter eine unſinnige Wärmeverſchleuderung. Ja daß die Luft bei unſerm Leben überhaupt eine Rolle ſpiele oder gar eine große, daran denkt man ſelbſt in guten Bürgershäuſern ſehr wenig. Die Luft hält man für weiter nichts als für den Platz, in dem man lebe und auf- und abgehe. Daß Luft ein Körper ſei, ein elaſtiſcher Körper, ein Fluidum, überhaupt ein Etwas, das fällt einem nicht von ferne ein. Jn Bezug auf Reinlichkeit wird wohl auf dem Lande unter bäuerlicher und ärmerer Bevölkerung auch noch Manches zu wünſchen ſein. Die Reinlichkeit hält man an vielen Orten für etwas höchſt Gleichgültiges, wenn nicht gar für etwas Sündliches, für eine tadelnswerthe Hoffahrt, die ſich gar nicht ſchicke für ärmere Leute. Die Miſthaufen ſind die regelmäßigen Begleiter der bäuerlichen Wohnung; der Stall iſt gar oft an's Haus angebaut, damit man ja keinen weiten Weg zu machen habe. Bei den Abtritten ſind oft ſtatt eines gut ſchließenden gemauerten Raumes oder einer hölzernen Einfaſſung bloße Gruben, daß die Flüſſigkeit durch den Boden durchſickert und denſelben weit herum tränkt. Was in der Küche abfällt, an gebrauchtem Waſſer und feſten Stoffen, wird oft dicht in der Nähe des Hauſes auf einen Haufen zuſammen- geworfen oder ausgeſchüttet, daß der Boden weit herum naß wird und die Feuchtigkeit an die Holz- und Mauerwände des Hauſes ſich macht. Auch in der Schweiz auf dem Lande ſtehen Bauernhäuſer und armer Leute Häuſer oft in tiefen feuchten Orten. Die Wohnung befindet ſich oft ebener Erde, unmittel- bar auf der Erde, ohne daß ein Keller unter dem bewohnten

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Zitationshilfe: Becker, Bernhard: Wie Arbeiterwohnungen gut und gesund einzurichten und zu erhalten seien. Basel, 1860, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/becker_arbeiter_1860/25>, abgerufen am 21.11.2024.