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Becker, Bernhard: Wie Arbeiterwohnungen gut und gesund einzurichten und zu erhalten seien. Basel, 1860.

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ster, durch Ritzen und Löcher in Thüren, Fenstern, Dielen,
Böden, Wänden etc. Ferner durch die Heizung von Oefen, wenn
das Feuer im Zimmer angemacht wird; durch Kaminfeuerung.
Diese Lufterneuerung reicht aber nicht aus; nur in dem Fall,
wo Kaminfeuerung Statt findet und das Kamin offen bleibt,
und auf weiten Gängen und Treppen reine Luft ist, mag sie
hinreichen. Wir müssen also zu willkürlicher, absichtlicher Luft-
erneuerung schreiten. Wir öffnen deßhalb zu gewissen Zeiten
und Stunden des Tages Thüren und Fenster gegen einander.
Namentlich sollte man das alle Morgen thun und dann wieder
nach dem Mittagessen, damit dieser Eßgeschmack und Dampf
heraus kann, und am Abend, wenn in der Stube tüchtig ge-
raucht wurde, die Kinder auf den Boden gebrünzelet haben,
allerhand Volk aus- und eingegangen ist, und gar Schnaps ge-
trunken wurde. Diese allerhand Dünste sollte man nicht über
Nacht behalten wollen; sie sind freche Gäste. Am Morgen
kannst du dann die Fenster öffnen, wie du willst; sie sprechen:
Jetzt gehen wir erst nicht. Sie haben sich in's schwammige
tannene Getäfel, in den Boden, in die Tapeten, in die Kleider
eingenistet und du kriegst sie nicht mehr los. Man kann ja
so, wenn man selber nicht raucht, seiner Frau den Tabakgestank
aus andern Häusern an den Kleidern mitbringen. Die Schlaf-
zimmer sollen gar viel gelüftet, die Kleider und namentlich das
Bettzeug an die Luft gehängt werden. Der Mensch bleibt
eine schöne Zeit im Bett. Auch der Gesundeste dünstet durch
Haut und Lungen viel aus; vom Kranken wollen wir gar nicht
reden. Dieser Schweiß- und Bettgeschmack, diese Gase, die wie
Harz sich an das weiche Bettzeug, an die Federn hängen, sollten
jeden Morgen an der Luft, und wenn die Sonne scheint, am
Sonnenschein ausgetrieben werden. Kinder sollte man immer
in frischgelüftetes Bettzeug legen, nicht in Bettzeug, das am
Unterwind eiskalt geworden ist, in sonnenwarmes Bettzeug, das
einen eigentlichen Duft bekommen hat, einen Duft, dem man
es anspürt, daß der gesund sein und die Nerven und die Seele
stärken müsse. Für Kranke ist eine gute Luft die halbe Arznei.
Alte können viele Jahre länger leben, wenn sie sich täglich an
der frischen Luft stärken lassen; das ist wie Veltliner für sie.

ſter, durch Ritzen und Löcher in Thüren, Fenſtern, Dielen,
Böden, Wänden ꝛc. Ferner durch die Heizung von Oefen, wenn
das Feuer im Zimmer angemacht wird; durch Kaminfeuerung.
Dieſe Lufterneuerung reicht aber nicht aus; nur in dem Fall,
wo Kaminfeuerung Statt findet und das Kamin offen bleibt,
und auf weiten Gängen und Treppen reine Luft iſt, mag ſie
hinreichen. Wir müſſen alſo zu willkürlicher, abſichtlicher Luft-
erneuerung ſchreiten. Wir öffnen deßhalb zu gewiſſen Zeiten
und Stunden des Tages Thüren und Fenſter gegen einander.
Namentlich ſollte man das alle Morgen thun und dann wieder
nach dem Mittageſſen, damit dieſer Eßgeſchmack und Dampf
heraus kann, und am Abend, wenn in der Stube tüchtig ge-
raucht wurde, die Kinder auf den Boden gebrünzelet haben,
allerhand Volk aus- und eingegangen iſt, und gar Schnaps ge-
trunken wurde. Dieſe allerhand Dünſte ſollte man nicht über
Nacht behalten wollen; ſie ſind freche Gäſte. Am Morgen
kannſt du dann die Fenſter öffnen, wie du willſt; ſie ſprechen:
Jetzt gehen wir erſt nicht. Sie haben ſich in's ſchwammige
tannene Getäfel, in den Boden, in die Tapeten, in die Kleider
eingeniſtet und du kriegſt ſie nicht mehr los. Man kann ja
ſo, wenn man ſelber nicht raucht, ſeiner Frau den Tabakgeſtank
aus andern Häuſern an den Kleidern mitbringen. Die Schlaf-
zimmer ſollen gar viel gelüftet, die Kleider und namentlich das
Bettzeug an die Luft gehängt werden. Der Menſch bleibt
eine ſchöne Zeit im Bett. Auch der Geſundeſte dünſtet durch
Haut und Lungen viel aus; vom Kranken wollen wir gar nicht
reden. Dieſer Schweiß- und Bettgeſchmack, dieſe Gaſe, die wie
Harz ſich an das weiche Bettzeug, an die Federn hängen, ſollten
jeden Morgen an der Luft, und wenn die Sonne ſcheint, am
Sonnenſchein ausgetrieben werden. Kinder ſollte man immer
in friſchgelüftetes Bettzeug legen, nicht in Bettzeug, das am
Unterwind eiskalt geworden iſt, in ſonnenwarmes Bettzeug, das
einen eigentlichen Duft bekommen hat, einen Duft, dem man
es anſpürt, daß der geſund ſein und die Nerven und die Seele
ſtärken müſſe. Für Kranke iſt eine gute Luft die halbe Arznei.
Alte können viele Jahre länger leben, wenn ſie ſich täglich an
der friſchen Luft ſtärken laſſen; das iſt wie Veltliner für ſie.

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[51/0051] ſter, durch Ritzen und Löcher in Thüren, Fenſtern, Dielen, Böden, Wänden ꝛc. Ferner durch die Heizung von Oefen, wenn das Feuer im Zimmer angemacht wird; durch Kaminfeuerung. Dieſe Lufterneuerung reicht aber nicht aus; nur in dem Fall, wo Kaminfeuerung Statt findet und das Kamin offen bleibt, und auf weiten Gängen und Treppen reine Luft iſt, mag ſie hinreichen. Wir müſſen alſo zu willkürlicher, abſichtlicher Luft- erneuerung ſchreiten. Wir öffnen deßhalb zu gewiſſen Zeiten und Stunden des Tages Thüren und Fenſter gegen einander. Namentlich ſollte man das alle Morgen thun und dann wieder nach dem Mittageſſen, damit dieſer Eßgeſchmack und Dampf heraus kann, und am Abend, wenn in der Stube tüchtig ge- raucht wurde, die Kinder auf den Boden gebrünzelet haben, allerhand Volk aus- und eingegangen iſt, und gar Schnaps ge- trunken wurde. Dieſe allerhand Dünſte ſollte man nicht über Nacht behalten wollen; ſie ſind freche Gäſte. Am Morgen kannſt du dann die Fenſter öffnen, wie du willſt; ſie ſprechen: Jetzt gehen wir erſt nicht. Sie haben ſich in's ſchwammige tannene Getäfel, in den Boden, in die Tapeten, in die Kleider eingeniſtet und du kriegſt ſie nicht mehr los. Man kann ja ſo, wenn man ſelber nicht raucht, ſeiner Frau den Tabakgeſtank aus andern Häuſern an den Kleidern mitbringen. Die Schlaf- zimmer ſollen gar viel gelüftet, die Kleider und namentlich das Bettzeug an die Luft gehängt werden. Der Menſch bleibt eine ſchöne Zeit im Bett. Auch der Geſundeſte dünſtet durch Haut und Lungen viel aus; vom Kranken wollen wir gar nicht reden. Dieſer Schweiß- und Bettgeſchmack, dieſe Gaſe, die wie Harz ſich an das weiche Bettzeug, an die Federn hängen, ſollten jeden Morgen an der Luft, und wenn die Sonne ſcheint, am Sonnenſchein ausgetrieben werden. Kinder ſollte man immer in friſchgelüftetes Bettzeug legen, nicht in Bettzeug, das am Unterwind eiskalt geworden iſt, in ſonnenwarmes Bettzeug, das einen eigentlichen Duft bekommen hat, einen Duft, dem man es anſpürt, daß der geſund ſein und die Nerven und die Seele ſtärken müſſe. Für Kranke iſt eine gute Luft die halbe Arznei. Alte können viele Jahre länger leben, wenn ſie ſich täglich an der friſchen Luft ſtärken laſſen; das iſt wie Veltliner für ſie.

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Zitationshilfe: Becker, Bernhard: Wie Arbeiterwohnungen gut und gesund einzurichten und zu erhalten seien. Basel, 1860, S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/becker_arbeiter_1860/51>, abgerufen am 21.11.2024.