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Becker, Bernhard: Wie Arbeiterwohnungen gut und gesund einzurichten und zu erhalten seien. Basel, 1860.

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Staat so sehr auf Verbesserung der Gesundheits- und
Lebenszustände wirft, liegt in der fortgeschrittenen
Bildung, voraus in den Naturwissenschaften.
Die
Krankheiten rühren jetzt nicht mehr her von bösen Geistern, die
unter dem Himmel umherirren, oder von den Juden, welche die
Brunnen vergiften, oder von den bösen Stunden, in denen wir
geboren werden; sondern von schlechter Nahrung, schlechter Klei-
dung, schlechter Wohnung, von Gram, Sorgen, Leidenschaften,
Ausschweifungen. Die tiefste Wurzel liegt in der neuern Bil-
dung, nach welcher der Mensch etwas in seiner Hand hat.
"Der Mensch hat vor sich Leben und Tod; welches er will,
das wird ihm gegeben werden." Dieses alte Wort des Sirach
fängt man an, wieder hervorzuziehen. Von dem faulen orien-
talen Wesen, das nicht im alten Hebraismus und nicht im
Evangelium liegt, aber mit dem Evangelium durch weit geöff-
nete Thore in europäisches und, sei es zu doppelter Schande
gesagt, in germanisches Wesen einzog, und uns lange in diesem
Zwiespalt erhielt, daß uns etwas vorgeredet war, gegen das
sich doch unsere innerste Natur immer und immer wieder empörte,
von diesem faulen orientalen Wesen kommen wir zurück. Wir
fangen an, mit Gott zu ringen. Der alte Patriarch hätte uns
das längst lehren können, wenn wir gewollt hätten. Er hat
mit Gott gerungen, und wenn er auch mit einer verrenkten Hüfte
aus diesem Kampf gegangen ist, Gott hat ihn doch gesegnet.
Und Gott würde uns segnen, wenn wir mit ihm rängen. Jesus
Christus hat das große Wort gesprochen, daß noch kein größeres
gesprochen wurde: man müsse dem Himmelreich Gewalt
anthun, und die ihm Gewalt anthun, die reißen es an
sich
. Wir haben bis jetzt nicht einmal gewagt, dem Erdreich
Gewalt anzuthun. Wahrlich, wir würden es auch an uns
reißen; seine Sonne, seine Luft, sein Korn und sein Brot
müßten uns segnen, Kraft und Gesundheit, siebenzig und achtzig
Jahre geben.

Wir fangen an von dem faulen orientalen Wesen zurück-
zukommen. Das liederliche: "es geht allen wohl, die sterben
können!" als gäbe es nichts Besseres, als wenn es nur wacker
läutete und die ganze Welt ein großes Todtenfeld würde, wird

Staat ſo ſehr auf Verbeſſerung der Geſundheits- und
Lebenszuſtände wirft, liegt in der fortgeſchrittenen
Bildung, voraus in den Naturwiſſenſchaften.
Die
Krankheiten rühren jetzt nicht mehr her von böſen Geiſtern, die
unter dem Himmel umherirren, oder von den Juden, welche die
Brunnen vergiften, oder von den böſen Stunden, in denen wir
geboren werden; ſondern von ſchlechter Nahrung, ſchlechter Klei-
dung, ſchlechter Wohnung, von Gram, Sorgen, Leidenſchaften,
Ausſchweifungen. Die tiefſte Wurzel liegt in der neuern Bil-
dung, nach welcher der Menſch etwas in ſeiner Hand hat.
„Der Menſch hat vor ſich Leben und Tod; welches er will,
das wird ihm gegeben werden.“ Dieſes alte Wort des Sirach
fängt man an, wieder hervorzuziehen. Von dem faulen orien-
talen Weſen, das nicht im alten Hebraismus und nicht im
Evangelium liegt, aber mit dem Evangelium durch weit geöff-
nete Thore in europäiſches und, ſei es zu doppelter Schande
geſagt, in germaniſches Weſen einzog, und uns lange in dieſem
Zwieſpalt erhielt, daß uns etwas vorgeredet war, gegen das
ſich doch unſere innerſte Natur immer und immer wieder empörte,
von dieſem faulen orientalen Weſen kommen wir zurück. Wir
fangen an, mit Gott zu ringen. Der alte Patriarch hätte uns
das längſt lehren können, wenn wir gewollt hätten. Er hat
mit Gott gerungen, und wenn er auch mit einer verrenkten Hüfte
aus dieſem Kampf gegangen iſt, Gott hat ihn doch geſegnet.
Und Gott würde uns ſegnen, wenn wir mit ihm rängen. Jeſus
Chriſtus hat das große Wort geſprochen, daß noch kein größeres
geſprochen wurde: man müſſe dem Himmelreich Gewalt
anthun, und die ihm Gewalt anthun, die reißen es an
ſich
. Wir haben bis jetzt nicht einmal gewagt, dem Erdreich
Gewalt anzuthun. Wahrlich, wir würden es auch an uns
reißen; ſeine Sonne, ſeine Luft, ſein Korn und ſein Brot
müßten uns ſegnen, Kraft und Geſundheit, ſiebenzig und achtzig
Jahre geben.

Wir fangen an von dem faulen orientalen Weſen zurück-
zukommen. Das liederliche: „es geht allen wohl, die ſterben
können!“ als gäbe es nichts Beſſeres, als wenn es nur wacker
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[7/0007] Staat ſo ſehr auf Verbeſſerung der Geſundheits- und Lebenszuſtände wirft, liegt in der fortgeſchrittenen Bildung, voraus in den Naturwiſſenſchaften. Die Krankheiten rühren jetzt nicht mehr her von böſen Geiſtern, die unter dem Himmel umherirren, oder von den Juden, welche die Brunnen vergiften, oder von den böſen Stunden, in denen wir geboren werden; ſondern von ſchlechter Nahrung, ſchlechter Klei- dung, ſchlechter Wohnung, von Gram, Sorgen, Leidenſchaften, Ausſchweifungen. Die tiefſte Wurzel liegt in der neuern Bil- dung, nach welcher der Menſch etwas in ſeiner Hand hat. „Der Menſch hat vor ſich Leben und Tod; welches er will, das wird ihm gegeben werden.“ Dieſes alte Wort des Sirach fängt man an, wieder hervorzuziehen. Von dem faulen orien- talen Weſen, das nicht im alten Hebraismus und nicht im Evangelium liegt, aber mit dem Evangelium durch weit geöff- nete Thore in europäiſches und, ſei es zu doppelter Schande geſagt, in germaniſches Weſen einzog, und uns lange in dieſem Zwieſpalt erhielt, daß uns etwas vorgeredet war, gegen das ſich doch unſere innerſte Natur immer und immer wieder empörte, von dieſem faulen orientalen Weſen kommen wir zurück. Wir fangen an, mit Gott zu ringen. Der alte Patriarch hätte uns das längſt lehren können, wenn wir gewollt hätten. Er hat mit Gott gerungen, und wenn er auch mit einer verrenkten Hüfte aus dieſem Kampf gegangen iſt, Gott hat ihn doch geſegnet. Und Gott würde uns ſegnen, wenn wir mit ihm rängen. Jeſus Chriſtus hat das große Wort geſprochen, daß noch kein größeres geſprochen wurde: man müſſe dem Himmelreich Gewalt anthun, und die ihm Gewalt anthun, die reißen es an ſich. Wir haben bis jetzt nicht einmal gewagt, dem Erdreich Gewalt anzuthun. Wahrlich, wir würden es auch an uns reißen; ſeine Sonne, ſeine Luft, ſein Korn und ſein Brot müßten uns ſegnen, Kraft und Geſundheit, ſiebenzig und achtzig Jahre geben. Wir fangen an von dem faulen orientalen Weſen zurück- zukommen. Das liederliche: „es geht allen wohl, die ſterben können!“ als gäbe es nichts Beſſeres, als wenn es nur wacker läutete und die ganze Welt ein großes Todtenfeld würde, wird

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Zitationshilfe: Becker, Bernhard: Wie Arbeiterwohnungen gut und gesund einzurichten und zu erhalten seien. Basel, 1860, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/becker_arbeiter_1860/7>, abgerufen am 21.11.2024.