Aechte Farben heissen solche, welche man dergestalt zuzurichten weis, daß sie nicht leicht von Wasser und Seifenwasser ausgewaschen, nicht leicht von sauren Substanzen zerstöhrt, noch bald von der Luft und Sonne ausgezo- gen oder geändert werden. Das Gegentheil, oder das Verschießen, erfolgt bey unächten oder schlechten Farben. Mit den erstern be- schäftigen sich die Schönfärber, mit den letz- tern die Schlechtfärber.
1. Die Festigkeit oder Aechtheit ist nicht eine ei- genthümliche oder absolute Eigenschaft einiger Pigmente insbesondere, sondern sie entsteht, wenn die Färbetheile in die kleinsten Zwischen- räume des Körpers eindringen, und sich mit den Bestandtheilen desselben, weil sie ihnen ähnlich gemacht sind, innigst vereinigen. Al- so macht der schwer auflösliche vitriolisirte Weinstein und das adstringirende Wesen, nicht allemal, und nicht einmal vornehmlich, die Festigkeit der Farbe, wie Hellot behauptete. Also ist eine Farbe, die ächt auf Wolle ist, es nicht auch desfals auf Seide, Leinen und Baumwolle. Also sind Versuche mit Mate- rialien, von denen wir nur noch unächte Far- ben zu erhalten wissen, nicht unnütz; viel- mehr muß man von Versuchen eine Anweisung, ächt damit zu farben, erwarten.
2. Die Festigkeit der Farben hat ihre Gränzen; einige leiden Säuren und Seife, und ver- schießen gleichwohl an der Luft. Also giebt
es
Vierter Abſchnitt.
§. 6.
Aechte Farben heiſſen ſolche, welche man dergeſtalt zuzurichten weis, daß ſie nicht leicht von Waſſer und Seifenwaſſer ausgewaſchen, nicht leicht von ſauren Subſtanzen zerſtoͤhrt, noch bald von der Luft und Sonne ausgezo- gen oder geaͤndert werden. Das Gegentheil, oder das Verſchießen, erfolgt bey unaͤchten oder ſchlechten Farben. Mit den erſtern be- ſchaͤftigen ſich die Schoͤnfaͤrber, mit den letz- tern die Schlechtfaͤrber.
1. Die Feſtigkeit oder Aechtheit iſt nicht eine ei- genthuͤmliche oder abſolute Eigenſchaft einiger Pigmente insbeſondere, ſondern ſie entſteht, wenn die Faͤrbetheile in die kleinſten Zwiſchen- raͤume des Koͤrpers eindringen, und ſich mit den Beſtandtheilen deſſelben, weil ſie ihnen aͤhnlich gemacht ſind, innigſt vereinigen. Al- ſo macht der ſchwer aufloͤsliche vitrioliſirte Weinſtein und das adſtringirende Weſen, nicht allemal, und nicht einmal vornehmlich, die Feſtigkeit der Farbe, wie Hellot behauptete. Alſo iſt eine Farbe, die aͤcht auf Wolle iſt, es nicht auch desfals auf Seide, Leinen und Baumwolle. Alſo ſind Verſuche mit Mate- rialien, von denen wir nur noch unaͤchte Far- ben zu erhalten wiſſen, nicht unnuͤtz; viel- mehr muß man von Verſuchen eine Anweiſung, aͤcht damit zu farben, erwarten.
2. Die Feſtigkeit der Farben hat ihre Graͤnzen; einige leiden Saͤuren und Seife, und ver- ſchießen gleichwohl an der Luft. Alſo giebt
es
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0118"n="58"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Vierter Abſchnitt.</hi></fw><lb/><divn="2"><head>§. 6.</head><lb/><p><hirendition="#fr">Aechte</hi> Farben heiſſen ſolche, welche man<lb/>
dergeſtalt zuzurichten weis, daß ſie nicht leicht<lb/>
von Waſſer und Seifenwaſſer ausgewaſchen,<lb/>
nicht leicht von ſauren Subſtanzen zerſtoͤhrt,<lb/>
noch bald von der Luft und Sonne ausgezo-<lb/>
gen oder geaͤndert werden. Das Gegentheil,<lb/>
oder das <hirendition="#fr">Verſchießen,</hi> erfolgt bey <hirendition="#fr">unaͤchten</hi><lb/>
oder <hirendition="#fr">ſchlechten</hi> Farben. Mit den erſtern be-<lb/>ſchaͤftigen ſich die <hirendition="#fr">Schoͤnfaͤrber,</hi> mit den letz-<lb/>
tern die <hirendition="#fr">Schlechtfaͤrber.</hi></p><lb/><list><item>1. Die Feſtigkeit oder Aechtheit iſt nicht eine ei-<lb/>
genthuͤmliche oder abſolute Eigenſchaft einiger<lb/>
Pigmente insbeſondere, ſondern ſie entſteht,<lb/>
wenn die Faͤrbetheile in die kleinſten Zwiſchen-<lb/>
raͤume des Koͤrpers eindringen, und ſich mit<lb/>
den Beſtandtheilen deſſelben, weil ſie ihnen<lb/>
aͤhnlich gemacht ſind, innigſt vereinigen. Al-<lb/>ſo macht der ſchwer aufloͤsliche vitrioliſirte<lb/>
Weinſtein und das adſtringirende Weſen, nicht<lb/>
allemal, und nicht einmal vornehmlich, die<lb/>
Feſtigkeit der Farbe, wie <hirendition="#fr">Hellot</hi> behauptete.<lb/>
Alſo iſt eine Farbe, die aͤcht auf Wolle iſt,<lb/>
es nicht auch desfals auf Seide, Leinen und<lb/>
Baumwolle. Alſo ſind Verſuche mit Mate-<lb/>
rialien, von denen wir nur noch unaͤchte Far-<lb/>
ben zu erhalten wiſſen, nicht unnuͤtz; viel-<lb/>
mehr muß man von Verſuchen eine Anweiſung,<lb/>
aͤcht damit zu farben, erwarten.</item><lb/><item>2. Die Feſtigkeit der Farben hat ihre Graͤnzen;<lb/>
einige leiden Saͤuren und Seife, und ver-<lb/>ſchießen gleichwohl an der Luft. Alſo giebt<lb/><fwplace="bottom"type="catch">es</fw><lb/></item></list></div></div></body></text></TEI>
[58/0118]
Vierter Abſchnitt.
§. 6.
Aechte Farben heiſſen ſolche, welche man
dergeſtalt zuzurichten weis, daß ſie nicht leicht
von Waſſer und Seifenwaſſer ausgewaſchen,
nicht leicht von ſauren Subſtanzen zerſtoͤhrt,
noch bald von der Luft und Sonne ausgezo-
gen oder geaͤndert werden. Das Gegentheil,
oder das Verſchießen, erfolgt bey unaͤchten
oder ſchlechten Farben. Mit den erſtern be-
ſchaͤftigen ſich die Schoͤnfaͤrber, mit den letz-
tern die Schlechtfaͤrber.
1. Die Feſtigkeit oder Aechtheit iſt nicht eine ei-
genthuͤmliche oder abſolute Eigenſchaft einiger
Pigmente insbeſondere, ſondern ſie entſteht,
wenn die Faͤrbetheile in die kleinſten Zwiſchen-
raͤume des Koͤrpers eindringen, und ſich mit
den Beſtandtheilen deſſelben, weil ſie ihnen
aͤhnlich gemacht ſind, innigſt vereinigen. Al-
ſo macht der ſchwer aufloͤsliche vitrioliſirte
Weinſtein und das adſtringirende Weſen, nicht
allemal, und nicht einmal vornehmlich, die
Feſtigkeit der Farbe, wie Hellot behauptete.
Alſo iſt eine Farbe, die aͤcht auf Wolle iſt,
es nicht auch desfals auf Seide, Leinen und
Baumwolle. Alſo ſind Verſuche mit Mate-
rialien, von denen wir nur noch unaͤchte Far-
ben zu erhalten wiſſen, nicht unnuͤtz; viel-
mehr muß man von Verſuchen eine Anweiſung,
aͤcht damit zu farben, erwarten.
2. Die Feſtigkeit der Farben hat ihre Graͤnzen;
einige leiden Saͤuren und Seife, und ver-
ſchießen gleichwohl an der Luft. Alſo giebt
es
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Beckmann, Johann: Anleitung zur Technologie. Göttingen, 1777, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beckmann_technologie_1777/118>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.