Beckmann, Johann: Anleitung zur Technologie. Göttingen, 1777.Zuckersiederey. §. 1. 2. dacht haben. Lange ward es nur zur Arzney,und zu eingemachten Sachen angewendet. Gewiß ist es wohl, daß das Zuckerrohr aus Asien zuerst nach Cypern, dann nach Sicilien, wo es, wenigstens schon ums Jahr 1148, stark gebauet ward, dann auch früh nach Madeira und den Canarischen Jnseln, und entweder von da, oder von Angola auf der Afrikani- schen Küste, durch die Portugiesen zuerst nach Brasilien, gebracht worden ist, und daß Dempster sich geirret hat, als er geschrieben, man habe das Zuckerrohr zuerst auf der Pity- usischen Jnsel Jviza gefunden. Die Kunst, den Zucker einzusieden, soll erst in der Mitte des funfzehnten Jahrhunderts entdeckt seyn. Die Kunst, ihn zu raffiniren, ist noch viel später von einem Venetianer erfunden, der sich dadurch einen Reichthum von 100,000 Kronen erworben haben soll. Noch gegen En- de des vorigen Jahrhunderts war der Zucker in Deutschland so theuer, daß sich die meisten mit Moscovade, oder mit Syrup, oder nach alter Weise, noch mit Honig behalfen. Der Verbrauch ist erstaunlich gestiegen, seit dem Kaffee, Thee und Chocolate allgemeine Be- dürfnissen der Europäer geworden sind. §. 2. Das Zuckerrohr verlangt ein heißes Cli- 1. Deutsch- X 2
Zuckerſiederey. §. 1. 2. dacht haben. Lange ward es nur zur Arzney,und zu eingemachten Sachen angewendet. Gewiß iſt es wohl, daß das Zuckerrohr aus Aſien zuerſt nach Cypern, dann nach Sicilien, wo es, wenigſtens ſchon ums Jahr 1148, ſtark gebauet ward, dann auch fruͤh nach Madeira und den Canariſchen Jnſeln, und entweder von da, oder von Angola auf der Afrikani- ſchen Kuͤſte, durch die Portugieſen zuerſt nach Braſilien, gebracht worden iſt, und daß Dempſter ſich geirret hat, als er geſchrieben, man habe das Zuckerrohr zuerſt auf der Pity- uſiſchen Jnſel Jviza gefunden. Die Kunſt, den Zucker einzuſieden, ſoll erſt in der Mitte des funfzehnten Jahrhunderts entdeckt ſeyn. Die Kunſt, ihn zu raffiniren, iſt noch viel ſpaͤter von einem Venetianer erfunden, der ſich dadurch einen Reichthum von 100,000 Kronen erworben haben ſoll. Noch gegen En- de des vorigen Jahrhunderts war der Zucker in Deutſchland ſo theuer, daß ſich die meiſten mit Moſcovade, oder mit Syrup, oder nach alter Weiſe, noch mit Honig behalfen. Der Verbrauch iſt erſtaunlich geſtiegen, ſeit dem Kaffee, Thee und Chocolate allgemeine Be- duͤrfniſſen der Europaͤer geworden ſind. §. 2. Das Zuckerrohr verlangt ein heißes Cli- 1. Deutſch- X 2
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="1"> <div n="2"> <list> <item><pb facs="#f0383" n="323"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Zuckerſiederey. §. 1. 2.</hi></fw><lb/> dacht haben. Lange ward es nur zur Arzney,<lb/> und zu eingemachten Sachen angewendet.<lb/> Gewiß iſt es wohl, daß das Zuckerrohr aus<lb/> Aſien zuerſt nach Cypern, dann nach Sicilien,<lb/> wo es, wenigſtens ſchon ums Jahr 1148, ſtark<lb/> gebauet ward, dann auch fruͤh nach Madeira<lb/> und den Canariſchen Jnſeln, und entweder<lb/> von da, oder von Angola auf der Afrikani-<lb/> ſchen Kuͤſte, durch die Portugieſen zuerſt nach<lb/> Braſilien, gebracht worden iſt, und daß<lb/><hi rendition="#fr">Dempſter</hi> ſich geirret hat, als er geſchrieben,<lb/> man habe das Zuckerrohr zuerſt auf der Pity-<lb/> uſiſchen Jnſel Jviza gefunden. Die Kunſt,<lb/> den Zucker einzuſieden, ſoll erſt in der Mitte<lb/> des funfzehnten Jahrhunderts entdeckt ſeyn.<lb/> Die Kunſt, ihn zu raffiniren, iſt noch viel<lb/> ſpaͤter von einem Venetianer erfunden, der<lb/> ſich dadurch einen Reichthum von 100,000<lb/> Kronen erworben haben ſoll. Noch gegen En-<lb/> de des vorigen Jahrhunderts war der Zucker<lb/> in Deutſchland ſo theuer, daß ſich die meiſten<lb/> mit Moſcovade, oder mit Syrup, oder nach<lb/> alter Weiſe, noch mit Honig behalfen. Der<lb/> Verbrauch iſt erſtaunlich geſtiegen, ſeit dem<lb/> Kaffee, Thee und Chocolate allgemeine Be-<lb/> duͤrfniſſen der Europaͤer geworden ſind.</item> </list> </div><lb/> <div n="2"> <head>§. 2.</head><lb/> <p>Das Zuckerrohr verlangt ein heißes Cli-<lb/> ma, und einen vielmehr feuchten, als trocke-<lb/> nen Boden. Es wird durch Schnittlinge<lb/> fortgepflanzt, und wenn es anfaͤngt, gelb,<lb/> glat und duͤrre zu werden, abgeſchnitten, in<lb/> Buͤndel gebunden, und ſo gleich in einer<lb/> Muͤhle zwiſchen Walzen ausgepreſſet.</p><lb/> <fw place="bottom" type="sig">X 2</fw> <fw place="bottom" type="catch">1. Deutſch-</fw><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [323/0383]
Zuckerſiederey. §. 1. 2.
dacht haben. Lange ward es nur zur Arzney,
und zu eingemachten Sachen angewendet.
Gewiß iſt es wohl, daß das Zuckerrohr aus
Aſien zuerſt nach Cypern, dann nach Sicilien,
wo es, wenigſtens ſchon ums Jahr 1148, ſtark
gebauet ward, dann auch fruͤh nach Madeira
und den Canariſchen Jnſeln, und entweder
von da, oder von Angola auf der Afrikani-
ſchen Kuͤſte, durch die Portugieſen zuerſt nach
Braſilien, gebracht worden iſt, und daß
Dempſter ſich geirret hat, als er geſchrieben,
man habe das Zuckerrohr zuerſt auf der Pity-
uſiſchen Jnſel Jviza gefunden. Die Kunſt,
den Zucker einzuſieden, ſoll erſt in der Mitte
des funfzehnten Jahrhunderts entdeckt ſeyn.
Die Kunſt, ihn zu raffiniren, iſt noch viel
ſpaͤter von einem Venetianer erfunden, der
ſich dadurch einen Reichthum von 100,000
Kronen erworben haben ſoll. Noch gegen En-
de des vorigen Jahrhunderts war der Zucker
in Deutſchland ſo theuer, daß ſich die meiſten
mit Moſcovade, oder mit Syrup, oder nach
alter Weiſe, noch mit Honig behalfen. Der
Verbrauch iſt erſtaunlich geſtiegen, ſeit dem
Kaffee, Thee und Chocolate allgemeine Be-
duͤrfniſſen der Europaͤer geworden ſind.
§. 2.
Das Zuckerrohr verlangt ein heißes Cli-
ma, und einen vielmehr feuchten, als trocke-
nen Boden. Es wird durch Schnittlinge
fortgepflanzt, und wenn es anfaͤngt, gelb,
glat und duͤrre zu werden, abgeſchnitten, in
Buͤndel gebunden, und ſo gleich in einer
Muͤhle zwiſchen Walzen ausgepreſſet.
1. Deutſch-
X 2
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |