Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Behrens, Georg Henning: Hercynia Curiosa, oder Curiöser Hartz-Wald. Nordhausen, 1703.

Bild:
<< vorherige Seite

Das I Capitel
thut/ und damit zu erkennen giebet/ daß es so sehr feste sey/ daß auch
dieserwegen sich keine Lufft darinnen auf halten/ und solche Bläsgen
zuwege bringen könne. Ob nun schon also vor gedachter massen
das weisse und zugleich mürbe unicornu minerale seiner Reinigkeit
wegen den Vorzug vor andern hat/ so ist doch deswegen das graue/
schwärtz- und gelblichte nicht zu verwerffen/ wenn es nur mürbe und
nicht allzufeste ist. Was die Würckung anbetrifft/ so ist vor diesem/
da es noch rar gewesen/ aus Neügierigkeit ein grosses Wesen davon
gemacht worden/ nunmehr aber/ da es gemein und häuffig zu haben/
hat dasselbe seinen Credit auch ziemlich verlohren/ ausser dem/ daß
der gemeine Mann demselben biß hieher unerhörte Kräffte zuschrei-
bet aus dem einmahl gefaßten Wahn/ daß es ein wahrhafftiges
Einhorn sey. Ohnerachtet aber es also sich nicht mehr in seinen vo-
rigen AEstim befindet/ so ist es doch ein gutes Medicament, welches
das Seinige in gewissen Fällen thut/ wenn es nicht ohne Verstand/
von Idioten und Pfuschern/ gebrauchet wird; denn der Gebrauch des-
selben unterschieden und nicht einerley ist/ sondern/ nachdem es an
einem Ort gefunden wird/ auch solches an sich selbst entweder hart
oder weich ist/ darnach bekömmet dasselbe auch insgemein seine Kräff-
te/ derohalben Boetius a Boodt am vor angeführten Orte saget/ wie
das harte keine andere als ausdrucknende Krafft habe/ da hingegen
das mürbe die größten virtutes besitze. Aus diesen und albereit ge-
meldeten Ursachen wird das harte mehr äusserlich als innerlich ge-
brauchet/ das weisse aber hat seinen Nutzen so wohl äusserlich als in-
nerlich; ob es schon gemeiniglich nur zum innerlichen Gebrauch ge-
geben und verordnet wird/ und kömmet in der Würckung mit der ter-
ra sigillata
überein/ weil es auch absorbiret/ adstringiret und den
Schweiß treibet: dieserwegen ist dasselbe in denen Bauch- und
Blut-Flüssen dienlich/ wenn selbe nicht von einem motu naturae,
und nicht moxnur, wie einesmahls ein ungelehrter Pfuscher gesaget/
herrühren; in gifftigen ansteckenden Kranckheiten wird es ebenfalls
gebrauchet/ und lobet Franciscus Joel in seiner Practic. Tom. 5 l. c.
das Hartzische als ein vortreffliches Schweis- und Gifft-treibendes
Mittel sehr/ wie denn auch dieserwegen das unicornu fossile mit

unter

Das I Capitel
thut/ und damit zu erkennen giebet/ daß es ſo ſehr feſte ſey/ daß auch
dieſerwegen ſich keine Lufft darinnen auf halten/ und ſolche Blaͤsgen
zuwege bringen koͤnne. Ob nun ſchon alſo vor gedachter maſſen
das weiſſe und zugleich muͤrbe unicornu minerale ſeiner Reinigkeit
wegen den Vorzug vor andern hat/ ſo iſt doch deswegen das graue/
ſchwaͤrtz- und gelblichte nicht zu verwerffen/ wenn es nur muͤrbe und
nicht allzufeſte iſt. Was die Wuͤrckung anbetrifft/ ſo iſt vor dieſem/
da es noch rar geweſen/ aus Neuͤgierigkeit ein groſſes Weſen davon
gemacht worden/ nunmehr aber/ da es gemein und haͤuffig zu haben/
hat daſſelbe ſeinen Credit auch ziemlich verlohren/ auſſer dem/ daß
der gemeine Mann demſelben biß hieher unerhoͤrte Kraͤffte zuſchrei-
bet aus dem einmahl gefaßten Wahn/ daß es ein wahrhafftiges
Einhorn ſey. Ohnerachtet aber es alſo ſich nicht mehr in ſeinen vo-
rigen Æſtim befindet/ ſo iſt es doch ein gutes Medicament, welches
das Seinige in gewiſſen Faͤllen thut/ wenn es nicht ohne Verſtand/
von Idioten und Pfuſchern/ gebrauchet wird; denn der Gebrauch des-
ſelben unterſchieden und nicht einerley iſt/ ſondern/ nachdem es an
einem Ort gefunden wird/ auch ſolches an ſich ſelbſt entweder hart
oder weich iſt/ darnach bekoͤmmet daſſelbe auch insgemein ſeine Kraͤff-
te/ derohalben Boetius à Boodt am vor angefuͤhrten Orte ſaget/ wie
das harte keine andere als ausdrucknende Krafft habe/ da hingegen
das muͤrbe die groͤßten virtutes beſitze. Aus dieſen und albereit ge-
meldeten Urſachen wird das harte mehr aͤuſſerlich als innerlich ge-
brauchet/ das weiſſe aber hat ſeinen Nutzen ſo wohl aͤuſſerlich als in-
nerlich; ob es ſchon gemeiniglich nur zum innerlichen Gebrauch ge-
geben und verordnet wird/ und koͤmmet in der Wuͤrckung mit der ter-
râ ſigillatâ
uͤberein/ weil es auch absorbiret/ adſtringiret und den
Schweiß treibet: dieſerwegen iſt daſſelbe in denen Bauch- und
Blut-Fluͤſſen dienlich/ wenn ſelbe nicht von einem motu naturæ,
und nicht moxnur, wie einesmahls ein ungelehrter Pfuſcher geſaget/
herruͤhren; in gifftigen anſteckenden Kranckheiten wird es ebenfalls
gebrauchet/ und lobet Franciſcus Joël in ſeiner Practic. Tom. 5 l. c.
das Hartziſche als ein vortreffliches Schweis- und Gifft-treibendes
Mittel ſehr/ wie denn auch dieſerwegen das unicornu foſſile mit

unter
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0072" n="60"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Das <hi rendition="#aq">I</hi> Capitel</hi></fw><lb/>
thut/ und damit zu erkennen giebet/ daß es &#x017F;o &#x017F;ehr fe&#x017F;te &#x017F;ey/ daß auch<lb/>
die&#x017F;erwegen &#x017F;ich keine Lufft darinnen auf halten/ und &#x017F;olche Bla&#x0364;sgen<lb/>
zuwege bringen ko&#x0364;nne. Ob nun &#x017F;chon al&#x017F;o vor gedachter ma&#x017F;&#x017F;en<lb/>
das wei&#x017F;&#x017F;e und zugleich mu&#x0364;rbe <hi rendition="#aq">unicornu minerale</hi> &#x017F;einer Reinigkeit<lb/>
wegen den Vorzug vor andern hat/ &#x017F;o i&#x017F;t doch deswegen das graue/<lb/>
&#x017F;chwa&#x0364;rtz- und gelblichte nicht zu verwerffen/ wenn es nur mu&#x0364;rbe und<lb/>
nicht allzufe&#x017F;te i&#x017F;t. Was die Wu&#x0364;rckung anbetrifft/ &#x017F;o i&#x017F;t vor die&#x017F;em/<lb/>
da es noch rar gewe&#x017F;en/ aus Neu&#x0364;gierigkeit ein gro&#x017F;&#x017F;es We&#x017F;en davon<lb/>
gemacht worden/ nunmehr aber/ da es gemein und ha&#x0364;uffig zu haben/<lb/>
hat da&#x017F;&#x017F;elbe &#x017F;einen <hi rendition="#aq">Cred</hi>it auch ziemlich verlohren/ au&#x017F;&#x017F;er dem/ daß<lb/>
der gemeine Mann dem&#x017F;elben biß hieher unerho&#x0364;rte Kra&#x0364;ffte zu&#x017F;chrei-<lb/>
bet aus dem einmahl gefaßten Wahn/ daß es ein wahrhafftiges<lb/>
Einhorn &#x017F;ey. Ohnerachtet aber es al&#x017F;o &#x017F;ich nicht mehr in &#x017F;einen vo-<lb/>
rigen <hi rendition="#aq">Æ&#x017F;tim</hi> befindet/ &#x017F;o i&#x017F;t es doch ein gutes <hi rendition="#aq">Medicament,</hi> welches<lb/>
das Seinige in gewi&#x017F;&#x017F;en Fa&#x0364;llen thut/ wenn es nicht ohne Ver&#x017F;tand/<lb/>
von <hi rendition="#aq">Idiot</hi>en und Pfu&#x017F;chern/ gebrauchet wird; denn der Gebrauch des-<lb/>
&#x017F;elben unter&#x017F;chieden und nicht einerley i&#x017F;t/ &#x017F;ondern/ nachdem es an<lb/>
einem Ort gefunden wird/ auch &#x017F;olches an &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t entweder hart<lb/>
oder weich i&#x017F;t/ darnach beko&#x0364;mmet da&#x017F;&#x017F;elbe auch insgemein &#x017F;eine Kra&#x0364;ff-<lb/>
te/ derohalben <hi rendition="#aq">Boetius à Boodt</hi> am vor angefu&#x0364;hrten Orte &#x017F;aget/ wie<lb/>
das harte keine andere als ausdrucknende Krafft habe/ da hingegen<lb/>
das mu&#x0364;rbe die gro&#x0364;ßten <hi rendition="#aq">virtutes</hi> be&#x017F;itze. Aus die&#x017F;en und albereit ge-<lb/>
meldeten Ur&#x017F;achen wird das harte mehr a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erlich als innerlich ge-<lb/>
brauchet/ das wei&#x017F;&#x017F;e aber hat &#x017F;einen Nutzen &#x017F;o wohl a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erlich als in-<lb/>
nerlich; ob es &#x017F;chon gemeiniglich nur zum innerlichen Gebrauch ge-<lb/>
geben und verordnet wird/ und ko&#x0364;mmet in der Wu&#x0364;rckung mit der <hi rendition="#aq">ter-<lb/>&#x017F;igillatâ</hi> u&#x0364;berein/ weil es auch <hi rendition="#aq">absorb</hi>iret/ <hi rendition="#aq">ad&#x017F;tring</hi>iret und den<lb/>
Schweiß treibet: die&#x017F;erwegen i&#x017F;t da&#x017F;&#x017F;elbe in denen Bauch- und<lb/>
Blut-Flu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en dienlich/ wenn &#x017F;elbe nicht von einem <hi rendition="#aq">motu naturæ,</hi><lb/>
und nicht <hi rendition="#aq">moxnur,</hi> wie einesmahls ein ungelehrter Pfu&#x017F;cher ge&#x017F;aget/<lb/>
herru&#x0364;hren; in gifftigen an&#x017F;teckenden Kranckheiten wird es ebenfalls<lb/>
gebrauchet/ und lobet <hi rendition="#aq">Franci&#x017F;cus Joël</hi> in &#x017F;einer <hi rendition="#aq">Practic. Tom. 5 l. c.</hi><lb/>
das Hartzi&#x017F;che als ein vortreffliches Schweis- und Gifft-treibendes<lb/>
Mittel &#x017F;ehr/ wie denn auch die&#x017F;erwegen das <hi rendition="#aq">unicornu fo&#x017F;&#x017F;ile</hi> mit<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">unter</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[60/0072] Das I Capitel thut/ und damit zu erkennen giebet/ daß es ſo ſehr feſte ſey/ daß auch dieſerwegen ſich keine Lufft darinnen auf halten/ und ſolche Blaͤsgen zuwege bringen koͤnne. Ob nun ſchon alſo vor gedachter maſſen das weiſſe und zugleich muͤrbe unicornu minerale ſeiner Reinigkeit wegen den Vorzug vor andern hat/ ſo iſt doch deswegen das graue/ ſchwaͤrtz- und gelblichte nicht zu verwerffen/ wenn es nur muͤrbe und nicht allzufeſte iſt. Was die Wuͤrckung anbetrifft/ ſo iſt vor dieſem/ da es noch rar geweſen/ aus Neuͤgierigkeit ein groſſes Weſen davon gemacht worden/ nunmehr aber/ da es gemein und haͤuffig zu haben/ hat daſſelbe ſeinen Credit auch ziemlich verlohren/ auſſer dem/ daß der gemeine Mann demſelben biß hieher unerhoͤrte Kraͤffte zuſchrei- bet aus dem einmahl gefaßten Wahn/ daß es ein wahrhafftiges Einhorn ſey. Ohnerachtet aber es alſo ſich nicht mehr in ſeinen vo- rigen Æſtim befindet/ ſo iſt es doch ein gutes Medicament, welches das Seinige in gewiſſen Faͤllen thut/ wenn es nicht ohne Verſtand/ von Idioten und Pfuſchern/ gebrauchet wird; denn der Gebrauch des- ſelben unterſchieden und nicht einerley iſt/ ſondern/ nachdem es an einem Ort gefunden wird/ auch ſolches an ſich ſelbſt entweder hart oder weich iſt/ darnach bekoͤmmet daſſelbe auch insgemein ſeine Kraͤff- te/ derohalben Boetius à Boodt am vor angefuͤhrten Orte ſaget/ wie das harte keine andere als ausdrucknende Krafft habe/ da hingegen das muͤrbe die groͤßten virtutes beſitze. Aus dieſen und albereit ge- meldeten Urſachen wird das harte mehr aͤuſſerlich als innerlich ge- brauchet/ das weiſſe aber hat ſeinen Nutzen ſo wohl aͤuſſerlich als in- nerlich; ob es ſchon gemeiniglich nur zum innerlichen Gebrauch ge- geben und verordnet wird/ und koͤmmet in der Wuͤrckung mit der ter- râ ſigillatâ uͤberein/ weil es auch absorbiret/ adſtringiret und den Schweiß treibet: dieſerwegen iſt daſſelbe in denen Bauch- und Blut-Fluͤſſen dienlich/ wenn ſelbe nicht von einem motu naturæ, und nicht moxnur, wie einesmahls ein ungelehrter Pfuſcher geſaget/ herruͤhren; in gifftigen anſteckenden Kranckheiten wird es ebenfalls gebrauchet/ und lobet Franciſcus Joël in ſeiner Practic. Tom. 5 l. c. das Hartziſche als ein vortreffliches Schweis- und Gifft-treibendes Mittel ſehr/ wie denn auch dieſerwegen das unicornu foſſile mit unter

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/behrens_hercynia_1703
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/behrens_hercynia_1703/72
Zitationshilfe: Behrens, Georg Henning: Hercynia Curiosa, oder Curiöser Hartz-Wald. Nordhausen, 1703, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/behrens_hercynia_1703/72>, abgerufen am 29.11.2024.