Behrens, Georg Henning: Hercynia Curiosa, oder Curiöser Hartz-Wald. Nordhausen, 1703.von den curieusen Hölen an und auf dem Hartz. und nicht lebendig wieder heraus kame/ wenn er nicht bey Zeiten nie-derfiele/ und sich an die Erde anhielte/ dieserwegen wird sich auch leichtlich keiner in die Höle wagen/ wenn es starck geregnet hat/ und davon der Berg glitscherig oder glatt worden ist/ es müste denn der- selbe ein verwegener Wage-Hals seyn. Vor etlichen zwantzig Jahren hatten die Curiosi sich dieses zum Theil beschwerlichen/ zum Theil gefährlichen Absteigens wegen nicht das Geringste zu befürch- ten/ indem der damahlige Hoch-Fürstliche Hannöverische General- Lieutenant von Pudevvels viele breite Absatze und Tritte oder Stu- fen in den Berg hatte machen lassen/ weilen derselbe zu Sommers- Zeit bey dieser Höle zu unterschiedenenmahlen/ des lustigen Orts wegen/ sich divertirte oder erlustigte/ und zu dem Ende das Geträn- cke in dem Wasser der Hölen abkühlen ließ/ nachgehends aber sind gedachte Staffeln und Absätze von denen Platz-Regen alle wieder eingerissen/ und/ solche zu repariren/ keine Anstalt gemacht worden. Nachdem also iemand in die Höle hinunter gelanget ist/ kömmet dem- selben eine Höle vor Augen/ dessen Ober-Theil von der Natur mit einem starcken Stein-Felsen geschlossen und zusammen gewölbet worden. Die Länge derselben ist/ so viel man abnehmen kan/ über 18/ und die Breite über 16 Land-Messer-Ruthen/ solcher Gattung/ da eine iede 16 Werck-Schuh hat. Vor sich aber siehet man in derselben ein Wasser/ welches sich auf dem gantzen Boden der Höle ausbreitet/ dasselbe ist helle/ stille/ und sehr kalt/ nimmet weder ab noch zu/ und sind keine lebendige Thiere darinnen befindlich/ darne- ben ist es so tieff/ daß solches noch niemand hat ergründen können. Mitten durch die Höle der Lange nach über dem Wasser sind Felsen/ welche wie eine Mauer aussehen/ und das Wasser von einander thei- len. Wenn ein Stein über solche Felsen hingeworffen wird/ höret man denselben in das andere jenseit derer ietzt gedachten Felsen vor- handene Wasser mit einem starcken Klange fallen/ sehen kan man aber dasselbe nicht/ weilen die vor gemeldeten Felsen solches verhin- dern/ verlanget aber eine sehr curieuse Person dasselbe in Augen- Schein zu nehmen/ so muß er auf einem vorhero angeschafften Kahn über das erste Wasser fahren/ und auf den Felsen steigen/ von welchen der- L
von den curieuſen Hoͤlen an und auf dem Hartz. und nicht lebendig wieder heraus kåme/ wenn er nicht bey Zeiten nie-derfiele/ und ſich an die Erde anhielte/ dieſerwegen wird ſich auch leichtlich keiner in die Hoͤle wagen/ wenn es ſtarck geregnet hat/ und davon der Berg glitſcherig oder glatt worden iſt/ es muͤſte denn der- ſelbe ein verwegener Wage-Hals ſeyn. Vor etlichen zwantzig Jahren hatten die Curioſi ſich dieſes zum Theil beſchwerlichen/ zum Theil gefaͤhrlichen Abſteigens wegen nicht das Geringſte zu befuͤrch- ten/ indem der damahlige Hoch-Fuͤrſtliche Hannoͤveriſche General- Lieutenant von Pudevvels viele breite Abſåtze und Tritte oder Stu- fen in den Berg hatte machen laſſen/ weilen derſelbe zu Sommers- Zeit bey dieſer Hoͤle zu unterſchiedenenmahlen/ des luſtigen Orts wegen/ ſich divertirte oder erluſtigte/ und zu dem Ende das Getraͤn- cke in dem Waſſer der Hoͤlen abkuͤhlen ließ/ nachgehends aber ſind gedachte Staffeln und Abſaͤtze von denen Platz-Regen alle wieder eingeriſſen/ und/ ſolche zu repariren/ keine Anſtalt gemacht worden. Nachdem alſo iemand in die Hoͤle hinunter gelanget iſt/ koͤmmet dem- ſelben eine Hoͤle vor Augen/ deſſen Ober-Theil von der Natur mit einem ſtarcken Stein-Felſen geſchloſſen und zuſammen gewoͤlbet worden. Die Laͤnge derſelben iſt/ ſo viel man abnehmen kan/ uͤber 18/ und die Breite uͤber 16 Land-Meſſer-Ruthen/ ſolcher Gattung/ da eine iede 16 Werck-Schuh hat. Vor ſich aber ſiehet man in derſelben ein Waſſer/ welches ſich auf dem gantzen Boden der Hoͤle ausbreitet/ daſſelbe iſt helle/ ſtille/ und ſehr kalt/ nimmet weder ab noch zu/ und ſind keine lebendige Thiere darinnen befindlich/ darne- ben iſt es ſo tieff/ daß ſolches noch niemand hat ergruͤnden koͤnnen. Mitten durch die Hoͤle der Långe nach uͤber dem Waſſer ſind Felſen/ welche wie eine Mauer ausſehen/ und das Waſſer von einander thei- len. Wenn ein Stein uͤber ſolche Felſen hingeworffen wird/ hoͤret man denſelben in das andere jenſeit derer ietzt gedachten Felſen vor- handene Waſſer mit einem ſtarcken Klange fallen/ ſehen kan man aber daſſelbe nicht/ weilen die vor gemeldeten Felſen ſolches verhin- dern/ verlanget aber eine ſehr curieuſe Perſon daſſelbe in Augen- Schein zu nehmen/ ſo muß er auf einem vorhero angeſchafften Kahn uͤber das erſte Waſſer fahren/ und auf den Felſen ſteigen/ von welchen der- L
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0093" n="81"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">von den</hi><hi rendition="#aq">curieuſ</hi><hi rendition="#b">en Hoͤlen an und auf dem Hartz.</hi></fw><lb/> und nicht lebendig wieder heraus kåme/ wenn er nicht bey Zeiten nie-<lb/> derfiele/ und ſich an die Erde anhielte/ dieſerwegen wird ſich auch<lb/> leichtlich keiner in die Hoͤle wagen/ wenn es ſtarck geregnet hat/ und<lb/> davon der Berg glitſcherig oder glatt worden iſt/ es muͤſte denn der-<lb/> ſelbe ein verwegener Wage-Hals ſeyn. Vor etlichen zwantzig<lb/> Jahren hatten die <hi rendition="#aq">Curioſi</hi> ſich dieſes zum Theil beſchwerlichen/ zum<lb/> Theil gefaͤhrlichen Abſteigens wegen nicht das Geringſte zu befuͤrch-<lb/> ten/ indem der damahlige Hoch-Fuͤrſtliche Hannoͤveriſche <hi rendition="#aq">General-<lb/> Lieutenant</hi> von <hi rendition="#aq">Pudevvels</hi> viele breite Abſåtze und Tritte oder Stu-<lb/> fen in den Berg hatte machen laſſen/ weilen derſelbe zu Sommers-<lb/> Zeit bey dieſer Hoͤle zu unterſchiedenenmahlen/ des luſtigen Orts<lb/> wegen/ ſich <hi rendition="#aq">divert</hi>irte oder erluſtigte/ und zu dem Ende das Getraͤn-<lb/> cke in dem Waſſer der Hoͤlen abkuͤhlen ließ/ nachgehends aber ſind<lb/> gedachte Staffeln und Abſaͤtze von denen Platz-Regen alle wieder<lb/> eingeriſſen/ und/ ſolche zu <hi rendition="#aq">repar</hi>iren/ keine Anſtalt gemacht worden.<lb/> Nachdem alſo iemand in die Hoͤle hinunter gelanget iſt/ koͤmmet dem-<lb/> ſelben eine Hoͤle vor Augen/ deſſen Ober-Theil von der Natur mit<lb/> einem ſtarcken Stein-Felſen geſchloſſen und zuſammen gewoͤlbet<lb/> worden. Die Laͤnge derſelben iſt/ ſo viel man abnehmen kan/ uͤber<lb/> 18/ und die Breite uͤber 16 Land-Meſſer-Ruthen/ ſolcher Gattung/<lb/> da eine iede 16 Werck-Schuh hat. Vor ſich aber ſiehet man in<lb/> derſelben ein Waſſer/ welches ſich auf dem gantzen Boden der Hoͤle<lb/> ausbreitet/ daſſelbe iſt helle/ ſtille/ und ſehr kalt/ nimmet weder ab<lb/> noch zu/ und ſind keine lebendige Thiere darinnen befindlich/ darne-<lb/> ben iſt es ſo tieff/ daß ſolches noch niemand hat ergruͤnden koͤnnen.<lb/> Mitten durch die Hoͤle der Långe nach uͤber dem Waſſer ſind Felſen/<lb/> welche wie eine Mauer ausſehen/ und das Waſſer von einander thei-<lb/> len. Wenn ein Stein uͤber ſolche Felſen hingeworffen wird/ hoͤret<lb/> man denſelben in das andere jenſeit derer ietzt gedachten Felſen vor-<lb/> handene Waſſer mit einem ſtarcken Klange fallen/ ſehen kan man<lb/> aber daſſelbe nicht/ weilen die vor gemeldeten Felſen ſolches verhin-<lb/> dern/ verlanget aber eine ſehr <hi rendition="#aq">curieuſ</hi>e Perſon daſſelbe in Augen-<lb/> Schein zu nehmen/ ſo muß er auf einem vorhero angeſchafften Kahn<lb/> uͤber das erſte Waſſer fahren/ und auf den Felſen ſteigen/ von welchen<lb/> <fw place="bottom" type="sig">L</fw><fw place="bottom" type="catch">der-</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [81/0093]
von den curieuſen Hoͤlen an und auf dem Hartz.
und nicht lebendig wieder heraus kåme/ wenn er nicht bey Zeiten nie-
derfiele/ und ſich an die Erde anhielte/ dieſerwegen wird ſich auch
leichtlich keiner in die Hoͤle wagen/ wenn es ſtarck geregnet hat/ und
davon der Berg glitſcherig oder glatt worden iſt/ es muͤſte denn der-
ſelbe ein verwegener Wage-Hals ſeyn. Vor etlichen zwantzig
Jahren hatten die Curioſi ſich dieſes zum Theil beſchwerlichen/ zum
Theil gefaͤhrlichen Abſteigens wegen nicht das Geringſte zu befuͤrch-
ten/ indem der damahlige Hoch-Fuͤrſtliche Hannoͤveriſche General-
Lieutenant von Pudevvels viele breite Abſåtze und Tritte oder Stu-
fen in den Berg hatte machen laſſen/ weilen derſelbe zu Sommers-
Zeit bey dieſer Hoͤle zu unterſchiedenenmahlen/ des luſtigen Orts
wegen/ ſich divertirte oder erluſtigte/ und zu dem Ende das Getraͤn-
cke in dem Waſſer der Hoͤlen abkuͤhlen ließ/ nachgehends aber ſind
gedachte Staffeln und Abſaͤtze von denen Platz-Regen alle wieder
eingeriſſen/ und/ ſolche zu repariren/ keine Anſtalt gemacht worden.
Nachdem alſo iemand in die Hoͤle hinunter gelanget iſt/ koͤmmet dem-
ſelben eine Hoͤle vor Augen/ deſſen Ober-Theil von der Natur mit
einem ſtarcken Stein-Felſen geſchloſſen und zuſammen gewoͤlbet
worden. Die Laͤnge derſelben iſt/ ſo viel man abnehmen kan/ uͤber
18/ und die Breite uͤber 16 Land-Meſſer-Ruthen/ ſolcher Gattung/
da eine iede 16 Werck-Schuh hat. Vor ſich aber ſiehet man in
derſelben ein Waſſer/ welches ſich auf dem gantzen Boden der Hoͤle
ausbreitet/ daſſelbe iſt helle/ ſtille/ und ſehr kalt/ nimmet weder ab
noch zu/ und ſind keine lebendige Thiere darinnen befindlich/ darne-
ben iſt es ſo tieff/ daß ſolches noch niemand hat ergruͤnden koͤnnen.
Mitten durch die Hoͤle der Långe nach uͤber dem Waſſer ſind Felſen/
welche wie eine Mauer ausſehen/ und das Waſſer von einander thei-
len. Wenn ein Stein uͤber ſolche Felſen hingeworffen wird/ hoͤret
man denſelben in das andere jenſeit derer ietzt gedachten Felſen vor-
handene Waſſer mit einem ſtarcken Klange fallen/ ſehen kan man
aber daſſelbe nicht/ weilen die vor gemeldeten Felſen ſolches verhin-
dern/ verlanget aber eine ſehr curieuſe Perſon daſſelbe in Augen-
Schein zu nehmen/ ſo muß er auf einem vorhero angeſchafften Kahn
uͤber das erſte Waſſer fahren/ und auf den Felſen ſteigen/ von welchen
der-
L
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/behrens_hercynia_1703 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/behrens_hercynia_1703/93 |
Zitationshilfe: | Behrens, Georg Henning: Hercynia Curiosa, oder Curiöser Hartz-Wald. Nordhausen, 1703, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/behrens_hercynia_1703/93>, abgerufen am 16.07.2024. |