Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beier, Adrian: Kurtzer Bericht/ von Der Nützlichen und Fürtrefflichen Buch-Handlung/ und Deroselben Privilegien. Jena, 1690.

Bild:
<< vorherige Seite



gehabt/ geleitet oder gehalten/ noch er etwas in der
Hand gehabt/ womit er den Weg/ wie die Blinden/ ta-
sten und aussuchen/ noch wie die Säil-Täntzer das
Gewicht und Schwang halten mögen.

XXVIII. Oder auch wohl in seinem natür-
lichem Verstande/ daß man zu anfangs kleine Stäb-
lein gebraucht/ durch deren mannigfaltige Lage/ Fug-
und Verwechßlung/ allerhand Figuren vorgebildet/
und solches an statt Griffels oder Feder gebrauchet
worden. Und solcher Gestalt die Buchstaben ieder im
Schübsack mit sich umbtragen/ einen ieden Tisch und
Banck an statt Pappiers zum Grund und Boden
brauchen/ hernach die Schrifft wieder zernehmen und
aufheben können. Worzu die gröseren lateinischen
Buchstaben sich nicht übel brauchen lassen/ oder viel-
mehr durch ihre Figur eine Anzeige geben/ daß durch
dergleich en Bacillos sie anfänglich belegt und bedeutet
worden. Und wenn man der alten Schweden und
Gothen Schrifft und Buchstaben/ so sie Runiken ge-
nant/ und Andreas Buraeus in seiner Schwedischen
Landes Beschreibung p. m. 23. und 34. bemercket/ da-
gegen hält/ in solcher Meynung nicht wenig gestärcket
wird.

XXIX. Ja/ es mögen unsere alte Teutsche wohl
dergleichen sich bedienet haben/ in Erwegung etlicher
alten Wörter und Formulen oder Redens-Arten/
da Gesteffen/ so viel als gelesen/ und Vorstaben so
viel als vorlesen bedeutet. Und dis beständig und durch-
gängig in Ober- und Nieder-Teutschland/ daß nicht
wohl glaublich/ es komme von einer etwa üblichen Ce-
remonie
und Gerichts Brauch her/ weilen man hier-

innen



gehabt/ geleitet oder gehalten/ noch er etwas in der
Hand gehabt/ womit er den Weg/ wie die Blinden/ ta-
ſten und ausſuchen/ noch wie die Saͤil-Taͤntzer das
Gewicht und Schwang halten moͤgen.

XXVIII. Oder auch wohl in ſeinem natuͤr-
lichem Verſtande/ daß man zu anfangs kleine Staͤb-
lein gebraucht/ durch deren mannigfaltige Lage/ Fug-
und Verwechßlung/ allerhand Figuren vorgebildet/
und ſolches an ſtatt Griffels oder Feder gebrauchet
worden. Und ſolcher Geſtalt die Buchſtaben ieder im
Schuͤbſack mit ſich umbtragen/ einen ieden Tiſch und
Banck an ſtatt Pappiers zum Grund und Boden
brauchen/ hernach die Schrifft wieder zernehmen und
aufheben koͤnnen. Worzu die groͤſeren lateiniſchen
Buchſtaben ſich nicht uͤbel brauchen laſſen/ oder viel-
mehr durch ihre Figur eine Anzeige geben/ daß durch
dergleich en Bacillos ſie anfaͤnglich belegt und bedeutet
worden. Und wenn man der alten Schweden und
Gothen Schrifft und Buchſtaben/ ſo ſie Runiken ge-
nant/ und Andreas Buræus in ſeiner Schwediſchen
Landes Beſchreibung p. m. 23. und 34. bemercket/ da-
gegen haͤlt/ in ſolcher Meynung nicht wenig geſtaͤrcket
wird.

XXIX. Ja/ es moͤgen unſere alte Teutſche wohl
dergleichen ſich bedienet haben/ in Erwegung etlicher
alten Woͤrter und Formulen oder Redens-Arten/
da Geſteffen/ ſo viel als geleſen/ und Vorſtaben ſo
viel als vorleſen bedeutet. Und dis beſtaͤndig uñ durch-
gaͤngig in Ober- und Nieder-Teutſchland/ daß nicht
wohl glaublich/ es komme von einer etwa uͤblichen Ce-
remonie
und Gerichts Brauch her/ weilen man hier-

innen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0026" n="22"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/><lb/>
gehabt/ geleitet oder gehalten/ noch er etwas in der<lb/>
Hand gehabt/ womit er den Weg/ wie die Blinden/ ta-<lb/>
&#x017F;ten und aus&#x017F;uchen/ noch wie die Sa&#x0364;il-Ta&#x0364;ntzer das<lb/>
Gewicht und Schwang halten mo&#x0364;gen.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#aq">XXVIII.</hi> Oder auch wohl in &#x017F;einem natu&#x0364;r-<lb/>
lichem Ver&#x017F;tande/ daß man zu anfangs kleine Sta&#x0364;b-<lb/>
lein gebraucht/ durch deren mannigfaltige Lage/ Fug-<lb/>
und Verwechßlung/ allerhand Figuren vorgebildet/<lb/>
und &#x017F;olches an &#x017F;tatt Griffels oder Feder gebrauchet<lb/>
worden. Und &#x017F;olcher Ge&#x017F;talt die Buch&#x017F;taben ieder im<lb/>
Schu&#x0364;b&#x017F;ack mit &#x017F;ich umbtragen/ einen ieden Ti&#x017F;ch und<lb/>
Banck an &#x017F;tatt Pappiers zum Grund und Boden<lb/>
brauchen/ hernach die Schrifft wieder zernehmen und<lb/>
aufheben ko&#x0364;nnen. Worzu die gro&#x0364;&#x017F;eren lateini&#x017F;chen<lb/>
Buch&#x017F;taben &#x017F;ich nicht u&#x0364;bel brauchen la&#x017F;&#x017F;en/ oder viel-<lb/>
mehr durch ihre Figur eine Anzeige geben/ daß durch<lb/>
dergleich en <hi rendition="#aq">Bacillos</hi> &#x017F;ie anfa&#x0364;nglich belegt und bedeutet<lb/>
worden. Und wenn man der alten Schweden und<lb/>
Gothen Schrifft und Buch&#x017F;taben/ &#x017F;o &#x017F;ie Runiken ge-<lb/>
nant/ und <hi rendition="#aq">Andreas Buræus</hi> in &#x017F;einer Schwedi&#x017F;chen<lb/>
Landes Be&#x017F;chreibung <hi rendition="#aq">p. m.</hi> 23. und 34. bemercket/ da-<lb/>
gegen ha&#x0364;lt/ in &#x017F;olcher Meynung nicht wenig ge&#x017F;ta&#x0364;rcket<lb/>
wird.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#aq">XXIX.</hi> Ja/ es mo&#x0364;gen un&#x017F;ere alte Teut&#x017F;che wohl<lb/>
dergleichen &#x017F;ich bedienet haben/ in Erwegung etlicher<lb/>
alten Wo&#x0364;rter und <hi rendition="#aq">Formu</hi>len oder Redens-Arten/<lb/>
da <hi rendition="#fr">Ge&#x017F;teffen/</hi> &#x017F;o viel als gele&#x017F;en/ und <hi rendition="#fr">Vor&#x017F;taben</hi> &#x017F;o<lb/>
viel als vorle&#x017F;en bedeutet. Und dis be&#x017F;ta&#x0364;ndig un&#x0303; durch-<lb/>
ga&#x0364;ngig in Ober- und Nieder-Teut&#x017F;chland/ daß nicht<lb/>
wohl glaublich/ es komme von einer etwa u&#x0364;blichen <hi rendition="#aq">Ce-<lb/>
remonie</hi> und Gerichts Brauch her/ weilen man hier-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">innen</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[22/0026] gehabt/ geleitet oder gehalten/ noch er etwas in der Hand gehabt/ womit er den Weg/ wie die Blinden/ ta- ſten und ausſuchen/ noch wie die Saͤil-Taͤntzer das Gewicht und Schwang halten moͤgen. XXVIII. Oder auch wohl in ſeinem natuͤr- lichem Verſtande/ daß man zu anfangs kleine Staͤb- lein gebraucht/ durch deren mannigfaltige Lage/ Fug- und Verwechßlung/ allerhand Figuren vorgebildet/ und ſolches an ſtatt Griffels oder Feder gebrauchet worden. Und ſolcher Geſtalt die Buchſtaben ieder im Schuͤbſack mit ſich umbtragen/ einen ieden Tiſch und Banck an ſtatt Pappiers zum Grund und Boden brauchen/ hernach die Schrifft wieder zernehmen und aufheben koͤnnen. Worzu die groͤſeren lateiniſchen Buchſtaben ſich nicht uͤbel brauchen laſſen/ oder viel- mehr durch ihre Figur eine Anzeige geben/ daß durch dergleich en Bacillos ſie anfaͤnglich belegt und bedeutet worden. Und wenn man der alten Schweden und Gothen Schrifft und Buchſtaben/ ſo ſie Runiken ge- nant/ und Andreas Buræus in ſeiner Schwediſchen Landes Beſchreibung p. m. 23. und 34. bemercket/ da- gegen haͤlt/ in ſolcher Meynung nicht wenig geſtaͤrcket wird. XXIX. Ja/ es moͤgen unſere alte Teutſche wohl dergleichen ſich bedienet haben/ in Erwegung etlicher alten Woͤrter und Formulen oder Redens-Arten/ da Geſteffen/ ſo viel als geleſen/ und Vorſtaben ſo viel als vorleſen bedeutet. Und dis beſtaͤndig uñ durch- gaͤngig in Ober- und Nieder-Teutſchland/ daß nicht wohl glaublich/ es komme von einer etwa uͤblichen Ce- remonie und Gerichts Brauch her/ weilen man hier- innen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beier_buchhandel_1690
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beier_buchhandel_1690/26
Zitationshilfe: Beier, Adrian: Kurtzer Bericht/ von Der Nützlichen und Fürtrefflichen Buch-Handlung/ und Deroselben Privilegien. Jena, 1690, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beier_buchhandel_1690/26>, abgerufen am 21.11.2024.