Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bengel, Johann Albrecht: Abriß der so genannten Brüdergemeine. Bd. 1. Stuttgart, 1751.

Bild:
<< vorherige Seite

Vorrede.
es, wann ein solcher Mensch Sie eben damit
wider all ihr und sein eigenes Vermuthen vom
ewigen Leben und vom Heiland abführte?
Wer sich vorsetzlich blenden und blindlings lei-
ten lässet, und sich beredet, um seiner guten
Meinung willen sey er auf allen Irrwegen dem
grossen GOtt keine Rechenschaft zu geben schul-
dig, dem bringt sein ruhiges commodes Ver-
trauen gegen seine Leiter, ob sie ihm auch Bürg-
schaft leisteten, keine Entschuldigung, und er
fällt eben doch in die Grube. Zum wenigsten
soll ihnen ein jeder, der sie in dieser der Seelen
Seligkeit betreffenden Sache von einem sorg-
fältigen Forschen abmahnet, verdächtig seyn.
Wer die Wahrheit, die ihm begegnet, als et-
was unbekanntes abweiset, und nicht vielmehr
auch seine Freunde mit ihr bekannt macht, von
dem wird es gefordert werden. Das Böse ist
nie allein: und wiewohl das Gute ihm einen
Schein zu geben gezwungen wird, so höret
das Böse doch nicht auf, böse, gefährlich und
schädlich zu seyn. Vernehmen Sie dann, was
ich sage: die kurzen Sätze dieser Prüfung wer-
den nach ihrer Ordnung in einer Viertelstun-
de durchgelesen seyn: so dann mögen Sie den-
ken, was zu thun sey. Friede und Barmher-
zigkeit sey über Ihnen! O wie solte michs
freuen, wann ich dereinst als ein Gehülfe ihrer
Freude erfunden würde!

§ 8.

In der Gewissens-Rüge wird alsobald
nach der Einleitung aus meinen Anmerkun-
gen
die zweyte sehr günstig angezogen, und so

dann

Vorrede.
es, wann ein ſolcher Menſch Sie eben damit
wider all ihr und ſein eigenes Vermuthen vom
ewigen Leben und vom Heiland abfuͤhrte?
Wer ſich vorſetzlich blenden und blindlings lei-
ten laͤſſet, und ſich beredet, um ſeiner guten
Meinung willen ſey er auf allen Irrwegen dem
groſſen GOtt keine Rechenſchaft zu geben ſchul-
dig, dem bringt ſein ruhiges commodes Ver-
trauen gegen ſeine Leiter, ob ſie ihm auch Buͤrg-
ſchaft leiſteten, keine Entſchuldigung, und er
faͤllt eben doch in die Grube. Zum wenigſten
ſoll ihnen ein jeder, der ſie in dieſer der Seelen
Seligkeit betreffenden Sache von einem ſorg-
faͤltigen Forſchen abmahnet, verdaͤchtig ſeyn.
Wer die Wahrheit, die ihm begegnet, als et-
was unbekanntes abweiſet, und nicht vielmehr
auch ſeine Freunde mit ihr bekannt macht, von
dem wird es gefordert werden. Das Boͤſe iſt
nie allein: und wiewohl das Gute ihm einen
Schein zu geben gezwungen wird, ſo hoͤret
das Boͤſe doch nicht auf, boͤſe, gefaͤhrlich und
ſchaͤdlich zu ſeyn. Vernehmen Sie dann, was
ich ſage: die kurzen Saͤtze dieſer Pruͤfung wer-
den nach ihrer Ordnung in einer Viertelſtun-
de durchgeleſen ſeyn: ſo dann moͤgen Sie den-
ken, was zu thun ſey. Friede und Barmher-
zigkeit ſey uͤber Ihnen! O wie ſolte michs
freuen, wann ich dereinſt als ein Gehuͤlfe ihrer
Freude erfunden wuͤrde!

§ 8.

In der Gewiſſens-Ruͤge wird alſobald
nach der Einleitung aus meinen Anmerkun-
gen
die zweyte ſehr guͤnſtig angezogen, und ſo

dann
<TEI>
  <text>
    <front>
      <div n="2">
        <p><pb facs="#f0017"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#fr">Vorrede.</hi></fw><lb/>
es, wann ein &#x017F;olcher Men&#x017F;ch Sie eben damit<lb/>
wider all ihr und &#x017F;ein eigenes Vermuthen vom<lb/>
ewigen Leben und vom Heiland abfu&#x0364;hrte?<lb/>
Wer &#x017F;ich vor&#x017F;etzlich blenden und blindlings lei-<lb/>
ten la&#x0364;&#x017F;&#x017F;et, und &#x017F;ich beredet, um &#x017F;einer guten<lb/>
Meinung willen &#x017F;ey er auf allen Irrwegen dem<lb/>
gro&#x017F;&#x017F;en GOtt keine Rechen&#x017F;chaft zu geben &#x017F;chul-<lb/>
dig, dem bringt &#x017F;ein ruhiges commodes Ver-<lb/>
trauen gegen &#x017F;eine Leiter, ob &#x017F;ie ihm auch Bu&#x0364;rg-<lb/>
&#x017F;chaft lei&#x017F;teten, keine Ent&#x017F;chuldigung, und er<lb/>
fa&#x0364;llt eben doch in die Grube. Zum wenig&#x017F;ten<lb/>
&#x017F;oll ihnen ein jeder, der &#x017F;ie in die&#x017F;er der Seelen<lb/>
Seligkeit betreffenden Sache von einem &#x017F;org-<lb/>
fa&#x0364;ltigen For&#x017F;chen abmahnet, verda&#x0364;chtig &#x017F;eyn.<lb/>
Wer die Wahrheit, die ihm begegnet, als et-<lb/>
was unbekanntes abwei&#x017F;et, und nicht vielmehr<lb/>
auch &#x017F;eine Freunde mit ihr bekannt macht, von<lb/>
dem wird es gefordert werden. Das Bo&#x0364;&#x017F;e i&#x017F;t<lb/>
nie allein: und wiewohl das Gute ihm einen<lb/>
Schein zu geben gezwungen wird, &#x017F;o ho&#x0364;ret<lb/>
das Bo&#x0364;&#x017F;e doch nicht auf, bo&#x0364;&#x017F;e, gefa&#x0364;hrlich und<lb/>
&#x017F;cha&#x0364;dlich zu &#x017F;eyn. Vernehmen Sie dann, was<lb/>
ich &#x017F;age: die kurzen Sa&#x0364;tze die&#x017F;er Pru&#x0364;fung wer-<lb/>
den nach ihrer Ordnung in einer Viertel&#x017F;tun-<lb/>
de durchgele&#x017F;en &#x017F;eyn: &#x017F;o dann mo&#x0364;gen Sie den-<lb/>
ken, was zu thun &#x017F;ey. Friede und Barmher-<lb/>
zigkeit &#x017F;ey u&#x0364;ber Ihnen! O wie &#x017F;olte michs<lb/>
freuen, wann ich derein&#x017F;t als ein Gehu&#x0364;lfe ihrer<lb/>
Freude erfunden wu&#x0364;rde!</p>
      </div><lb/>
      <div n="2">
        <head>§ 8.</head><lb/>
        <p>In der <hi rendition="#fr">Gewi&#x017F;&#x017F;ens-Ru&#x0364;ge</hi> wird al&#x017F;obald<lb/>
nach der Einleitung aus meinen <hi rendition="#fr">Anmerkun-<lb/>
gen</hi> die zweyte &#x017F;ehr gu&#x0364;n&#x017F;tig angezogen, und &#x017F;o<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">dann</fw><lb/></p>
      </div>
    </front>
  </text>
</TEI>
[0017] Vorrede. es, wann ein ſolcher Menſch Sie eben damit wider all ihr und ſein eigenes Vermuthen vom ewigen Leben und vom Heiland abfuͤhrte? Wer ſich vorſetzlich blenden und blindlings lei- ten laͤſſet, und ſich beredet, um ſeiner guten Meinung willen ſey er auf allen Irrwegen dem groſſen GOtt keine Rechenſchaft zu geben ſchul- dig, dem bringt ſein ruhiges commodes Ver- trauen gegen ſeine Leiter, ob ſie ihm auch Buͤrg- ſchaft leiſteten, keine Entſchuldigung, und er faͤllt eben doch in die Grube. Zum wenigſten ſoll ihnen ein jeder, der ſie in dieſer der Seelen Seligkeit betreffenden Sache von einem ſorg- faͤltigen Forſchen abmahnet, verdaͤchtig ſeyn. Wer die Wahrheit, die ihm begegnet, als et- was unbekanntes abweiſet, und nicht vielmehr auch ſeine Freunde mit ihr bekannt macht, von dem wird es gefordert werden. Das Boͤſe iſt nie allein: und wiewohl das Gute ihm einen Schein zu geben gezwungen wird, ſo hoͤret das Boͤſe doch nicht auf, boͤſe, gefaͤhrlich und ſchaͤdlich zu ſeyn. Vernehmen Sie dann, was ich ſage: die kurzen Saͤtze dieſer Pruͤfung wer- den nach ihrer Ordnung in einer Viertelſtun- de durchgeleſen ſeyn: ſo dann moͤgen Sie den- ken, was zu thun ſey. Friede und Barmher- zigkeit ſey uͤber Ihnen! O wie ſolte michs freuen, wann ich dereinſt als ein Gehuͤlfe ihrer Freude erfunden wuͤrde! § 8. In der Gewiſſens-Ruͤge wird alſobald nach der Einleitung aus meinen Anmerkun- gen die zweyte ſehr guͤnſtig angezogen, und ſo dann

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bengel_abriss01_1751
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bengel_abriss01_1751/17
Zitationshilfe: Bengel, Johann Albrecht: Abriß der so genannten Brüdergemeine. Bd. 1. Stuttgart, 1751, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bengel_abriss01_1751/17>, abgerufen am 21.11.2024.