Bengel, Johann Albrecht: Abriß der so genannten Brüdergemeine. Bd. 1. Stuttgart, 1751.Vorrede. dann folgendes beygefüget: "Möchte dieser" liebe Mann (sagte der Ordinarius damals " unter seinen Vertrauten) in diesem Gusto " fortfahren, meine Schriften und Principia " zu censuriren; wer weiß, ob ihm nicht mit " mehr realer Docilität geantwortet würde, " als mit wörtlicher Explication. Allein die " Umstände haben es anders gefüget, der Or- " dinarius Fratrum ist von den Theologis sei- " ner Confession auf eine solche Art behandelt " worden, daß es zu keinem Commercio zwi- " schen ihm und ihnen kommen können u. s. w. Keine Docilität soll ich fordern: aber eine in- nige Freude wäre es mir gewesen, zu einem realen Nutzen dienlich zu seyn. Indessen rei- men sich die in der Gewissens-Rüge gemeldte Docilität und jener marienbornische Brief nicht zusammen. Denen Seelen zu gute wolte ich gern noch ein mehrers vertragen: und eben in dem Gusto, darin ich die Anmerkungen in ge- heim geschrieben, habe ich selbigen Brief beant- wortet, wie ich auch diesen Abriß annoch in sol- chem Gusto verfasse. Daß die Umstände es anders gefüget haben, bedaure ich: aber die Schuld ist nicht mein. Ich suche keines Men- schen Schimpf, Verdruß oder Schaden, son- dern wahre Besserung: ich begehre niemanden etwas aufzubürden, sondern zu erleichtern; niemand abzuschrecken, sondern herum zu ho- len. Wo meine Worte am ernstlichsten sind, da ist die Absicht, einer heilsamen Vorstellung den Eingang zu verschaffen. Wer nicht etwa an einem einigen Wörtlein mit Empfindlichkeit hangen
Vorrede. dann folgendes beygefuͤget: ”Moͤchte dieſer” liebe Mann (ſagte der Ordinarius damals ” unter ſeinen Vertrauten) in dieſem Guſto ” fortfahren, meine Schriften und Principia ” zu cenſuriren; wer weiß, ob ihm nicht mit ” mehr realer Docilitaͤt geantwortet wuͤrde, ” als mit woͤrtlicher Explication. Allein die ” Umſtaͤnde haben es anders gefuͤget, der Or- ” dinarius Fratrum iſt von den Theologis ſei- ” ner Confeſſion auf eine ſolche Art behandelt ” worden, daß es zu keinem Commercio zwi- ” ſchen ihm und ihnen kommen koͤnnen u. ſ. w. Keine Docilitaͤt ſoll ich fordern: aber eine in- nige Freude waͤre es mir geweſen, zu einem realen Nutzen dienlich zu ſeyn. Indeſſen rei- men ſich die in der Gewiſſens-Ruͤge gemeldte Docilitaͤt und jener marienborniſche Brief nicht zuſammen. Denen Seelen zu gute wolte ich gern noch ein mehrers vertragen: und eben in dem Guſto, darin ich die Anmerkungen in ge- heim geſchrieben, habe ich ſelbigen Brief beant- wortet, wie ich auch dieſen Abriß annoch in ſol- chem Guſto verfaſſe. Daß die Umſtaͤnde es anders gefuͤget haben, bedaure ich: aber die Schuld iſt nicht mein. Ich ſuche keines Men- ſchen Schimpf, Verdruß oder Schaden, ſon- dern wahre Beſſerung: ich begehre niemanden etwas aufzubuͤrden, ſondern zu erleichtern; niemand abzuſchrecken, ſondern herum zu ho- len. Wo meine Worte am ernſtlichſten ſind, da iſt die Abſicht, einer heilſamen Vorſtellung den Eingang zu verſchaffen. Wer nicht etwa an einem einigen Woͤrtlein mit Empfindlichkeit hangen
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Vorrede.
dann folgendes beygefuͤget: ”Moͤchte dieſer
” liebe Mann (ſagte der Ordinarius damals
” unter ſeinen Vertrauten) in dieſem Guſto
” fortfahren, meine Schriften und Principia
” zu cenſuriren; wer weiß, ob ihm nicht mit
” mehr realer Docilitaͤt geantwortet wuͤrde,
” als mit woͤrtlicher Explication. Allein die
” Umſtaͤnde haben es anders gefuͤget, der Or-
” dinarius Fratrum iſt von den Theologis ſei-
” ner Confeſſion auf eine ſolche Art behandelt
” worden, daß es zu keinem Commercio zwi-
” ſchen ihm und ihnen kommen koͤnnen u. ſ. w.
Keine Docilitaͤt ſoll ich fordern: aber eine in-
nige Freude waͤre es mir geweſen, zu einem
realen Nutzen dienlich zu ſeyn. Indeſſen rei-
men ſich die in der Gewiſſens-Ruͤge gemeldte
Docilitaͤt und jener marienborniſche Brief
nicht zuſammen. Denen Seelen zu gute wolte
ich gern noch ein mehrers vertragen: und eben
in dem Guſto, darin ich die Anmerkungen in ge-
heim geſchrieben, habe ich ſelbigen Brief beant-
wortet, wie ich auch dieſen Abriß annoch in ſol-
chem Guſto verfaſſe. Daß die Umſtaͤnde es
anders gefuͤget haben, bedaure ich: aber die
Schuld iſt nicht mein. Ich ſuche keines Men-
ſchen Schimpf, Verdruß oder Schaden, ſon-
dern wahre Beſſerung: ich begehre niemanden
etwas aufzubuͤrden, ſondern zu erleichtern;
niemand abzuſchrecken, ſondern herum zu ho-
len. Wo meine Worte am ernſtlichſten ſind,
da iſt die Abſicht, einer heilſamen Vorſtellung
den Eingang zu verſchaffen. Wer nicht etwa
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