Bengel, Johann Albrecht: Abriß der so genannten Brüdergemeine. Bd. 1. Stuttgart, 1751.Mar. Predig. ben, und sich ein Bißchen drauf freuen; und der drit- "te wirds nicht gläuben. Vielleicht werden sie denken, sie haben uns vertilgt; sie werden denken, wie sie hundert Jahr von den Böhmischen Brüdern gedacht haben, es sind keine mehr. In dem point de vüe müssen wirs ansehen: wenns darnach auf einmal nicht wahr seyn wird, wenn sie sich darnach auf einmal wer- den in ihrer Hoffnung betrogen finden, da sie gedacht hatten, es wären keine Christen mehr; ja hernach kan man leicht denken, was daraus entstehen wird. Es wird das daraus entstehen, daß sie uns werden in Ernst vertilgen wollen; und das wird nicht angehen, da werden sie zu kurz langen. Nun, liebe Geschwister! wir sehen aus dem gan- " tyranni-
Mar. Predig. ben, und ſich ein Bißchen drauf freuen; und der drit- ”te wirds nicht glaͤuben. Vielleicht werden ſie denken, ſie haben uns vertilgt; ſie werden denken, wie ſie hundert Jahr von den Boͤhmiſchen Bruͤdern gedacht haben, es ſind keine mehr. In dem point de vuͤe muͤſſen wirs anſehen: wenns darnach auf einmal nicht wahr ſeyn wird, wenn ſie ſich darnach auf einmal wer- den in ihrer Hoffnung betrogen finden, da ſie gedacht hatten, es waͤren keine Chriſten mehr; ja hernach kan man leicht denken, was daraus entſtehen wird. Es wird das daraus entſtehen, daß ſie uns werden in Ernſt vertilgen wollen; und das wird nicht angehen, da werden ſie zu kurz langen. Nun, liebe Geſchwiſter! wir ſehen aus dem gan- ” tyranni-
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Mar. Predig.
ben, und ſich ein Bißchen drauf freuen; und der drit- ”
te wirds nicht glaͤuben. Vielleicht werden ſie denken,
ſie haben uns vertilgt; ſie werden denken, wie ſie
hundert Jahr von den Boͤhmiſchen Bruͤdern gedacht
haben, es ſind keine mehr. In dem point de vuͤe
muͤſſen wirs anſehen: wenns darnach auf einmal nicht
wahr ſeyn wird, wenn ſie ſich darnach auf einmal wer-
den in ihrer Hoffnung betrogen finden, da ſie gedacht
hatten, es waͤren keine Chriſten mehr; ja hernach kan
man leicht denken, was daraus entſtehen wird. Es
wird das daraus entſtehen, daß ſie uns werden in
Ernſt vertilgen wollen; und das wird nicht angehen,
da werden ſie zu kurz langen.
Nun, liebe Geſchwiſter! wir ſehen aus dem gan-
zen Umſtande und aus dem ganzen Zuſammenhange,
daß das Sachen ſeyn, die, wann ſie aufs allerſchoͤn-
ſte geſchehen, (wie ſie denn geſchehen werden) ſo ha-
ben ſie gar nicht die geringſte active connexion mit
unſerer gegenwaͤrtigen Fuͤhrung, am allerwenigſten
aber mit der Bekehrung der Seelen. Hier iſt Ge-
duld und Glaube der Heiligen. Es kan mit
allen Herrlichkeiten bey uns nichts bewieſen wer-
den, man kan damit nicht, wie man zu ſagen pflegt,
einen Hund aus dem Ofen hervorlokken, geſchweige
eine Seele bekehren: denn zu dergleichen Sachen,
zu dergleichen Wahrheiten gehoͤrt ein Glaube, der
noch zweymal ſo ſtark iſt, als der Glaube ans Blut
JEſu und an die Wunden-Herrlichkeit. Und es
waͤre eine groſſe Thorheit, wenn wir von dem Glau-
ben wolten anfangen: die Leute glaͤubten noch kei-
nen Heiland, der fuͤr ſie geſtorben waͤre; und wir
glaͤubten, wir koͤnten ſie bekehren mit der Hoffnung
von ſeinem Reich. Das waren gute principia zur
Juden Zeit; das ſeyn gute principia fuͤr Republica-
ner, die unter einer Monarchie ſtehen, und waͤren
ihrer gern los, und jagten den Monarchen gern zum
Lande hinaus, und ſetzten ſich an ſeine Stelle, und
gaͤben ihrer drey und zwanzigen oder dreyſſigen in
die Hand, was einer hat, und lieſſen lieber funſzig,
oder gar den Herrn Omnis, wie man zu ſagen pflegt, ”
” tyranni-
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