Bengel, Johann Albrecht: Abriß der so genannten Brüdergemeine. Bd. 1. Stuttgart, 1751.Theil I. Cap. I. Satz 6. und die Lehre der Gemeine, ist einerley. 12.Die Vereinigung der Glaubigen mit dem Hei- land ist unter denen hie so genannten Chri- stianern unvergessen: aber daß man solche geistliche Vereinigung, samt dem heiligen Abendmahl, und die leibliche Ehe, ineinan- der flechten, und solches ganze Gemenge aus den Wunden Christi herleiten soll, ist ein Aus- spruch, welchen einem Lehrer, bey dem etwas von der seligen Scheidung der Seele und des Geistes haftet, weder sein Geist sagen können, noch seine Seele hat sagen sollen. 13. Daß das neumährische Kirchlein das Kirchlein in der lezten Zeit zum Trost des Heilandes über alle seinem Leid seyn soll, ist ein Ruhm, wodurch der Heiland nicht getröstet, sondern beleidiget wird. 14. Daß der Ordinarius sich in vierzig Jahren von allem dem, was ihm seine Seele gesagt hat, nicht ein Jota abdin- gen lassen, ist kein gutes Zeichen. Er ändert zwar unvermerkt immer etwas an seiner Lehre, (welches gar bald warzunehmen ist, wann man von einerley Puncten eine alte und eine neue seiner Reden erwiegt;) aber dabey sagt er nicht, daß er den Vorstellungen seiner Ge- gner ausweiche oder nachgebe, und ihnen also etwas zu danken habe: und was einer Besse- rung am meisten bedürfte, davon lässet er sich kein Jota abdingen. Wann er so fortfähret, so wird endlich ihm und denen die ihm kurzum folgen, immer weniger von der Wahrheit übrig bleiben. Von diesen Stücken muß nun etwas mehrers gesagt werden. Der
Theil I. Cap. I. Satz 6. und die Lehre der Gemeine, iſt einerley. 12.Die Vereinigung der Glaubigen mit dem Hei- land iſt unter denen hie ſo genannten Chri- ſtianern unvergeſſen: aber daß man ſolche geiſtliche Vereinigung, ſamt dem heiligen Abendmahl, und die leibliche Ehe, ineinan- der flechten, und ſolches ganze Gemenge aus den Wunden Chriſti herleiten ſoll, iſt ein Aus- ſpruch, welchen einem Lehrer, bey dem etwas von der ſeligen Scheidung der Seele und des Geiſtes haftet, weder ſein Geiſt ſagen koͤnnen, noch ſeine Seele hat ſagen ſollen. 13. Daß das neumaͤhriſche Kirchlein das Kirchlein in der lezten Zeit zum Troſt des Heilandes uͤber alle ſeinem Leid ſeyn ſoll, iſt ein Ruhm, wodurch der Heiland nicht getroͤſtet, ſondern beleidiget wird. 14. Daß der Ordinarius ſich in vierzig Jahren von allem dem, was ihm ſeine Seele geſagt hat, nicht ein Jota abdin- gen laſſen, iſt kein gutes Zeichen. Er aͤndert zwar unvermerkt immer etwas an ſeiner Lehre, (welches gar bald warzunehmen iſt, wann man von einerley Puncten eine alte und eine neue ſeiner Reden erwiegt;) aber dabey ſagt er nicht, daß er den Vorſtellungen ſeiner Ge- gner ausweiche oder nachgebe, und ihnen alſo etwas zu danken habe: und was einer Beſſe- rung am meiſten beduͤrfte, davon laͤſſet er ſich kein Jota abdingen. Wann er ſo fortfaͤhret, ſo wird endlich ihm und denen die ihm kurzum folgen, im̃er weniger von der Wahrheit uͤbrig bleiben. Von dieſen Stuͤcken muß nun etwas mehrers geſagt werden. Der
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <p><pb facs="#f0044" n="24"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#fr">Theil</hi><hi rendition="#aq">I.</hi><hi rendition="#fr">Cap.</hi><hi rendition="#aq">I.</hi><hi rendition="#fr">Satz</hi> 6.</fw><lb/> und die Lehre der Gemeine, iſt einerley. 12.<lb/> Die Vereinigung der Glaubigen mit dem Hei-<lb/> land iſt unter denen hie ſo genannten Chri-<lb/> ſtianern unvergeſſen: aber daß man ſolche<lb/> geiſtliche <hi rendition="#fr">Vereinigung,</hi> ſamt dem heiligen<lb/><hi rendition="#fr">Abendmahl,</hi> und die leibliche <hi rendition="#fr">Ehe,</hi> ineinan-<lb/> der flechten, und ſolches ganze Gemenge aus<lb/> den <hi rendition="#fr">Wunden</hi> Chriſti herleiten ſoll, iſt ein Aus-<lb/> ſpruch, welchen einem Lehrer, bey dem etwas<lb/> von der ſeligen Scheidung der Seele und des<lb/> Geiſtes haftet, weder ſein Geiſt ſagen koͤnnen,<lb/> noch ſeine Seele hat ſagen ſollen. 13. Daß<lb/> das neumaͤhriſche Kirchlein <hi rendition="#fr">das Kirchlein in<lb/> der lezten Zeit zum Troſt des Heilandes<lb/> uͤber alle ſeinem Leid</hi> ſeyn ſoll, iſt ein Ruhm,<lb/> wodurch der Heiland nicht getroͤſtet, ſondern<lb/> beleidiget wird. 14. Daß der <hi rendition="#aq">Ordinarius</hi><lb/> ſich in vierzig Jahren von allem dem, was ihm<lb/> ſeine Seele geſagt hat, nicht ein <hi rendition="#aq">Jota</hi> abdin-<lb/> gen laſſen, iſt kein gutes Zeichen. Er aͤndert<lb/> zwar unvermerkt immer etwas an ſeiner Lehre,<lb/> (welches gar bald warzunehmen iſt, wann<lb/> man von einerley Puncten eine alte und eine<lb/> neue ſeiner Reden erwiegt;) aber dabey ſagt<lb/> er nicht, daß er den Vorſtellungen ſeiner Ge-<lb/> gner ausweiche oder nachgebe, und ihnen alſo<lb/> etwas zu danken habe: und was einer Beſſe-<lb/> rung am meiſten beduͤrfte, davon laͤſſet er ſich<lb/><hi rendition="#fr">kein</hi> <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">Jota</hi></hi> <hi rendition="#fr">abdingen.</hi> Wann er ſo fortfaͤhret,<lb/> ſo wird endlich ihm und denen die ihm kurzum<lb/> folgen, im̃er weniger von der Wahrheit uͤbrig<lb/> bleiben. Von dieſen Stuͤcken muß nun etwas<lb/> mehrers geſagt werden.</p> </div> </div><lb/> <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#fr">Der</hi> </fw><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [24/0044]
Theil I. Cap. I. Satz 6.
und die Lehre der Gemeine, iſt einerley. 12.
Die Vereinigung der Glaubigen mit dem Hei-
land iſt unter denen hie ſo genannten Chri-
ſtianern unvergeſſen: aber daß man ſolche
geiſtliche Vereinigung, ſamt dem heiligen
Abendmahl, und die leibliche Ehe, ineinan-
der flechten, und ſolches ganze Gemenge aus
den Wunden Chriſti herleiten ſoll, iſt ein Aus-
ſpruch, welchen einem Lehrer, bey dem etwas
von der ſeligen Scheidung der Seele und des
Geiſtes haftet, weder ſein Geiſt ſagen koͤnnen,
noch ſeine Seele hat ſagen ſollen. 13. Daß
das neumaͤhriſche Kirchlein das Kirchlein in
der lezten Zeit zum Troſt des Heilandes
uͤber alle ſeinem Leid ſeyn ſoll, iſt ein Ruhm,
wodurch der Heiland nicht getroͤſtet, ſondern
beleidiget wird. 14. Daß der Ordinarius
ſich in vierzig Jahren von allem dem, was ihm
ſeine Seele geſagt hat, nicht ein Jota abdin-
gen laſſen, iſt kein gutes Zeichen. Er aͤndert
zwar unvermerkt immer etwas an ſeiner Lehre,
(welches gar bald warzunehmen iſt, wann
man von einerley Puncten eine alte und eine
neue ſeiner Reden erwiegt;) aber dabey ſagt
er nicht, daß er den Vorſtellungen ſeiner Ge-
gner ausweiche oder nachgebe, und ihnen alſo
etwas zu danken habe: und was einer Beſſe-
rung am meiſten beduͤrfte, davon laͤſſet er ſich
kein Jota abdingen. Wann er ſo fortfaͤhret,
ſo wird endlich ihm und denen die ihm kurzum
folgen, im̃er weniger von der Wahrheit uͤbrig
bleiben. Von dieſen Stuͤcken muß nun etwas
mehrers geſagt werden.
Der
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |