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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864.

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Die Erbfolge im Siogun-Hause.
dass diese beiden die einzigen Fälle während seiner Anwesenheit in
Japan waren, in welchen der Mikado befragt wurde. Der Punct
ist von Wichtigkeit für die Beurtheilung der neuesten japanischen
Geschichte.

Die Erbfolge im Hause der Siogun's ist in folgender Weise
geregelt. Jyeyas hatte vier Söhne: der älteste war der Fürst von
Owari, der zweite der Siogun Fide-tada, der dritte der Fürst von
Kii, der vierte der Fürst von Mito 112). Der Siogun wählt den
Thronfolger unter seinen Söhnen, und wenn er deren nicht hat,
aus der Zahl der nächsten Agnaten. Fehlt es auch an solchen,
so muss er aus einer der Familien Owari, Kii und Mito den Thron-
folger adoptiren, welcher dann als Repräsentant der Siogun-Linie
gilt und die Würde auf seine Nachkommen vererbt, bis etwa eine
neue Adoption aus den drei Nebenlinien nothwendig wird. Die
Häupter derselben heissen die Titularbrüder des Siogun und sind
die ersten Männer des Reiches; ihre Stellung scheint in neuester
Zeit besonders einflussreich geworden zu sein. Alle nichterbenden
Söhne des Siogun werden gewöhnlich von kinderlosen Daimio's
adoptirt und verlieren dadurch mit ihrer ganzen Nachkommenschaft
auf immer alles Recht auf die Thronfolge. -- Der Siogun Tsuna-
yosi
, der 1680 zur Regierung kam, wollte nach dem Tode seines
einzigen Sohnes von dem alten Hausgesetze der Thronfolge ab-
weichen und den Sohn eines Günstlings als Erben adoptiren; um
ihn daran zu verhindern und dem Reiche den Frieden zu erhalten,
entschloss sich die Kaiserin ihren Gemal zu ermorden und gab gleich
darauf auch sich selbst den Tod. Der nächste Agnat Jye-nobu,
des Ermordeten Neffe, wurde auf den Thron erhoben; mit seinem
Sohne Jye-tsugu, der minderjährig starb und, selbst unter Vor-
mundschaft, keinen Erben adoptiren konnte, erlosch der Mannes-
stamm des Fide-tada. Die Wahl der Titularbrüder fiel damals auf
den Fürsten von Kii, Yosi-mune, der sich den Namen eines grossen
Regenten erworben hat.

Heutigen Tages leben die Siogun's fast ganz eingezogen in
ihrem von dreifacher Ringmauer umgebenen Schlosse zu Yeddo und
sind nur für den Hof sichtbar. Nur die Daimio's und hohe Staats-
beamte werden zur Audienz gelassen, welche gewöhnlich kaum eine

112) Einige Autoren berichten noch von einem fünften, der, älter als die ge-
nannten vier, Ansprüche auf den Thron gemacht hätte und von Fide-tada beseitigt
worden wäre.
I. 8

Die Erbfolge im Siogun-Hause.
dass diese beiden die einzigen Fälle während seiner Anwesenheit in
Japan waren, in welchen der Mikado befragt wurde. Der Punct
ist von Wichtigkeit für die Beurtheilung der neuesten japanischen
Geschichte.

Die Erbfolge im Hause der Siogun’s ist in folgender Weise
geregelt. Jyeyas hatte vier Söhne: der älteste war der Fürst von
Owari, der zweite der Siogun Fide-tada, der dritte der Fürst von
Kii, der vierte der Fürst von Mito 112). Der Siogun wählt den
Thronfolger unter seinen Söhnen, und wenn er deren nicht hat,
aus der Zahl der nächsten Agnaten. Fehlt es auch an solchen,
so muss er aus einer der Familien Owari, Kii und Mito den Thron-
folger adoptiren, welcher dann als Repräsentant der Siogun-Linie
gilt und die Würde auf seine Nachkommen vererbt, bis etwa eine
neue Adoption aus den drei Nebenlinien nothwendig wird. Die
Häupter derselben heissen die Titularbrüder des Siogun und sind
die ersten Männer des Reiches; ihre Stellung scheint in neuester
Zeit besonders einflussreich geworden zu sein. Alle nichterbenden
Söhne des Siogun werden gewöhnlich von kinderlosen Daïmio’s
adoptirt und verlieren dadurch mit ihrer ganzen Nachkommenschaft
auf immer alles Recht auf die Thronfolge. — Der Siogun Tsuna-
yosi
, der 1680 zur Regierung kam, wollte nach dem Tode seines
einzigen Sohnes von dem alten Hausgesetze der Thronfolge ab-
weichen und den Sohn eines Günstlings als Erben adoptiren; um
ihn daran zu verhindern und dem Reiche den Frieden zu erhalten,
entschloss sich die Kaiserin ihren Gemal zu ermorden und gab gleich
darauf auch sich selbst den Tod. Der nächste Agnat Jye-nobu,
des Ermordeten Neffe, wurde auf den Thron erhoben; mit seinem
Sohne Jye-tsugu, der minderjährig starb und, selbst unter Vor-
mundschaft, keinen Erben adoptiren konnte, erlosch der Mannes-
stamm des Fide-tada. Die Wahl der Titularbrüder fiel damals auf
den Fürsten von Kii, Yosi-mune, der sich den Namen eines grossen
Regenten erworben hat.

Heutigen Tages leben die Siogun’s fast ganz eingezogen in
ihrem von dreifacher Ringmauer umgebenen Schlosse zu Yeddo und
sind nur für den Hof sichtbar. Nur die Daïmio’s und hohe Staats-
beamte werden zur Audienz gelassen, welche gewöhnlich kaum eine

112) Einige Autoren berichten noch von einem fünften, der, älter als die ge-
nannten vier, Ansprüche auf den Thron gemacht hätte und von Fide-tada beseitigt
worden wäre.
I. 8
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[113/0143] Die Erbfolge im Siogun-Hause. dass diese beiden die einzigen Fälle während seiner Anwesenheit in Japan waren, in welchen der Mikado befragt wurde. Der Punct ist von Wichtigkeit für die Beurtheilung der neuesten japanischen Geschichte. Die Erbfolge im Hause der Siogun’s ist in folgender Weise geregelt. Jyeyas hatte vier Söhne: der älteste war der Fürst von Owari, der zweite der Siogun Fide-tada, der dritte der Fürst von Kii, der vierte der Fürst von Mito 112). Der Siogun wählt den Thronfolger unter seinen Söhnen, und wenn er deren nicht hat, aus der Zahl der nächsten Agnaten. Fehlt es auch an solchen, so muss er aus einer der Familien Owari, Kii und Mito den Thron- folger adoptiren, welcher dann als Repräsentant der Siogun-Linie gilt und die Würde auf seine Nachkommen vererbt, bis etwa eine neue Adoption aus den drei Nebenlinien nothwendig wird. Die Häupter derselben heissen die Titularbrüder des Siogun und sind die ersten Männer des Reiches; ihre Stellung scheint in neuester Zeit besonders einflussreich geworden zu sein. Alle nichterbenden Söhne des Siogun werden gewöhnlich von kinderlosen Daïmio’s adoptirt und verlieren dadurch mit ihrer ganzen Nachkommenschaft auf immer alles Recht auf die Thronfolge. — Der Siogun Tsuna- yosi, der 1680 zur Regierung kam, wollte nach dem Tode seines einzigen Sohnes von dem alten Hausgesetze der Thronfolge ab- weichen und den Sohn eines Günstlings als Erben adoptiren; um ihn daran zu verhindern und dem Reiche den Frieden zu erhalten, entschloss sich die Kaiserin ihren Gemal zu ermorden und gab gleich darauf auch sich selbst den Tod. Der nächste Agnat Jye-nobu, des Ermordeten Neffe, wurde auf den Thron erhoben; mit seinem Sohne Jye-tsugu, der minderjährig starb und, selbst unter Vor- mundschaft, keinen Erben adoptiren konnte, erlosch der Mannes- stamm des Fide-tada. Die Wahl der Titularbrüder fiel damals auf den Fürsten von Kii, Yosi-mune, der sich den Namen eines grossen Regenten erworben hat. Heutigen Tages leben die Siogun’s fast ganz eingezogen in ihrem von dreifacher Ringmauer umgebenen Schlosse zu Yeddo und sind nur für den Hof sichtbar. Nur die Daïmio’s und hohe Staats- beamte werden zur Audienz gelassen, welche gewöhnlich kaum eine 112) Einige Autoren berichten noch von einem fünften, der, älter als die ge- nannten vier, Ansprüche auf den Thron gemacht hätte und von Fide-tada beseitigt worden wäre. I. 8

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864, S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien01_1864/143>, abgerufen am 24.11.2024.