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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864.

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Verhältnisse des Grundbesitzes. Die Kriegsmacht.
geben, von denen einige mehrere Provinzen umfassen. Ob unter
diesen 600 die kaiserlichen Lehen mitbegriffen sind -- denn auch
die Provinzen des Siogun scheinen an Adelsfamilien ausgethan zu
sein -- ob die kleineren Besitzer Vasallen der reicheren Daimio's
oder ob sie reichsunmittelbar sind, ist ungewiss. Die Verhältnisse
scheinen sich in den verschiedenen Landestheilen sehr vielgestaltig
entwickelt zu haben 113); im Allgemeinen lässt sich aber annehmen,
dass nur die grösseren Besitzer reichsunmittelbare Fürsten sind und
keine Steuern zahlen, die kleineren aber theils ihre, theils kaiserliche
Vasallen, welche einen Zehnten vom Ertrage der Ländereien an
ihre Herren, den Siogun und die Lehnsfürsten abliefern müssen.
Auch die Reichsunmittelbaren scheinen nicht durchgängig dieselbe
Stellung zu haben, das Verhältniss einiger Familien zum Siogun
soll sogar auf besonderen Verträgen beruhen. Specielles weiss man
darüber fast gar nicht.

Alle Daimio's sind verpflichtet, nach dem Maasse ihrer Ein-
künfte Soldaten zu unterhalten. Caron giebt die Heeresmacht,
welche der Adel zu seiner Zeit stellen musste, auf 368,000 Mann
Fussvolk und 36,800 Reiter an. Ausserdem giebt es ein zahlreiches
kaiserliches Heer. In der That ist jedes Mitglied der Adelsclasse,
jeder Zweischwertige, Soldat, wird mit einem bestimmten Range
in der Armee geboren, muss das Waffenhandwerk lernen und seinem
Lehnsherrn im Jünglingsalter den Eid der Treue leisten, und erhält
von dem Augenblick an seinen bestimmten Sold aus dessen Kasse.

113) Um ein Beispiel von den Besitzverhältnissen zu geben, mögen hier die An-
gaben des Herrn von Siebold über einige von ihm bereiste Landschaften stehen.
Die Provinz Fidsen ist unter mehrere Fürsten und "Reichsvasallen" vertheilt.
Der reichste unter den vier Fürsten, -- welche sämmtlich der Familie Nabe-sima
angehören, ist der Fürst von Fidsen, welcher 357,000 Kok Einkünfte hat und in
Sanga residirt. Die sechs Reichsvasallen sind aus verschiedenen Familien und haben
10,000 bis 70,000 Kok Einkünfte, alle führen den Kami-Titel. -- In Tsikudsen giebt
es einen regierenden und einen apanagirten Fürsten. -- In Budsen hat der in
Kokura residirende Fürst 150,000 Kok Einkünfte; ein anderer Prinz aus demselben
Hause ist mit dem Ertrage einer neu angebauten Landstrecke, etwa 10,000 Kok
belehnt. Mehrere Ortschaften an der Grenze von Bungo sind Domänen des Siogun.
-- In Nakatsu, im östlichen Budsen, hielt damals ein Fürst aus der Familie
Satsuma mit 100,000 Kok Einkünften Hof. -- Aehnlich mögen die Verhältnisse in
anderen Landestheilen sein.
Alle Einkünfte werden nach Kok d. i. Säcken Reis berechnet. Ein Kok hält
etwa 100 Pfund Gewicht, und kann nach den jetzigen Preisen zu 4 bis 5 Thaler
Geldwerth gerechnet werden.
8*

Verhältnisse des Grundbesitzes. Die Kriegsmacht.
geben, von denen einige mehrere Provinzen umfassen. Ob unter
diesen 600 die kaiserlichen Lehen mitbegriffen sind — denn auch
die Provinzen des Siogun scheinen an Adelsfamilien ausgethan zu
sein — ob die kleineren Besitzer Vasallen der reicheren Daïmio’s
oder ob sie reichsunmittelbar sind, ist ungewiss. Die Verhältnisse
scheinen sich in den verschiedenen Landestheilen sehr vielgestaltig
entwickelt zu haben 113); im Allgemeinen lässt sich aber annehmen,
dass nur die grösseren Besitzer reichsunmittelbare Fürsten sind und
keine Steuern zahlen, die kleineren aber theils ihre, theils kaiserliche
Vasallen, welche einen Zehnten vom Ertrage der Ländereien an
ihre Herren, den Siogun und die Lehnsfürsten abliefern müssen.
Auch die Reichsunmittelbaren scheinen nicht durchgängig dieselbe
Stellung zu haben, das Verhältniss einiger Familien zum Siogun
soll sogar auf besonderen Verträgen beruhen. Specielles weiss man
darüber fast gar nicht.

Alle Daïmio’s sind verpflichtet, nach dem Maasse ihrer Ein-
künfte Soldaten zu unterhalten. Caron giebt die Heeresmacht,
welche der Adel zu seiner Zeit stellen musste, auf 368,000 Mann
Fussvolk und 36,800 Reiter an. Ausserdem giebt es ein zahlreiches
kaiserliches Heer. In der That ist jedes Mitglied der Adelsclasse,
jeder Zweischwertige, Soldat, wird mit einem bestimmten Range
in der Armee geboren, muss das Waffenhandwerk lernen und seinem
Lehnsherrn im Jünglingsalter den Eid der Treue leisten, und erhält
von dem Augenblick an seinen bestimmten Sold aus dessen Kasse.

113) Um ein Beispiel von den Besitzverhältnissen zu geben, mögen hier die An-
gaben des Herrn von Siebold über einige von ihm bereiste Landschaften stehen.
Die Provinz Fidsen ist unter mehrere Fürsten und »Reichsvasallen« vertheilt.
Der reichste unter den vier Fürsten, — welche sämmtlich der Familie Nabe-sima
angehören, ist der Fürst von Fidsen, welcher 357,000 Kok Einkünfte hat und in
Saṅga residirt. Die sechs Reichsvasallen sind aus verschiedenen Familien und haben
10,000 bis 70,000 Kok Einkünfte, alle führen den Kami-Titel. — In Tsikudsen giebt
es einen regierenden und einen apanagirten Fürsten. — In Budsen hat der in
Kokŭra residirende Fürst 150,000 Kok Einkünfte; ein anderer Prinz aus demselben
Hause ist mit dem Ertrage einer neu angebauten Landstrecke, etwa 10,000 Kok
belehnt. Mehrere Ortschaften an der Grenze von Buṅgo sind Domänen des Siogun.
— In Nakatsu, im östlichen Budsen, hielt damals ein Fürst aus der Familie
Satsuma mit 100,000 Kok Einkünften Hof. — Aehnlich mögen die Verhältnisse in
anderen Landestheilen sein.
Alle Einkünfte werden nach Kok d. i. Säcken Reis berechnet. Ein Kok hält
etwa 100 Pfund Gewicht, und kann nach den jetzigen Preisen zu 4 bis 5 Thaler
Geldwerth gerechnet werden.
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[115/0145] Verhältnisse des Grundbesitzes. Die Kriegsmacht. geben, von denen einige mehrere Provinzen umfassen. Ob unter diesen 600 die kaiserlichen Lehen mitbegriffen sind — denn auch die Provinzen des Siogun scheinen an Adelsfamilien ausgethan zu sein — ob die kleineren Besitzer Vasallen der reicheren Daïmio’s oder ob sie reichsunmittelbar sind, ist ungewiss. Die Verhältnisse scheinen sich in den verschiedenen Landestheilen sehr vielgestaltig entwickelt zu haben 113); im Allgemeinen lässt sich aber annehmen, dass nur die grösseren Besitzer reichsunmittelbare Fürsten sind und keine Steuern zahlen, die kleineren aber theils ihre, theils kaiserliche Vasallen, welche einen Zehnten vom Ertrage der Ländereien an ihre Herren, den Siogun und die Lehnsfürsten abliefern müssen. Auch die Reichsunmittelbaren scheinen nicht durchgängig dieselbe Stellung zu haben, das Verhältniss einiger Familien zum Siogun soll sogar auf besonderen Verträgen beruhen. Specielles weiss man darüber fast gar nicht. Alle Daïmio’s sind verpflichtet, nach dem Maasse ihrer Ein- künfte Soldaten zu unterhalten. Caron giebt die Heeresmacht, welche der Adel zu seiner Zeit stellen musste, auf 368,000 Mann Fussvolk und 36,800 Reiter an. Ausserdem giebt es ein zahlreiches kaiserliches Heer. In der That ist jedes Mitglied der Adelsclasse, jeder Zweischwertige, Soldat, wird mit einem bestimmten Range in der Armee geboren, muss das Waffenhandwerk lernen und seinem Lehnsherrn im Jünglingsalter den Eid der Treue leisten, und erhält von dem Augenblick an seinen bestimmten Sold aus dessen Kasse. 113) Um ein Beispiel von den Besitzverhältnissen zu geben, mögen hier die An- gaben des Herrn von Siebold über einige von ihm bereiste Landschaften stehen. Die Provinz Fidsen ist unter mehrere Fürsten und »Reichsvasallen« vertheilt. Der reichste unter den vier Fürsten, — welche sämmtlich der Familie Nabe-sima angehören, ist der Fürst von Fidsen, welcher 357,000 Kok Einkünfte hat und in Saṅga residirt. Die sechs Reichsvasallen sind aus verschiedenen Familien und haben 10,000 bis 70,000 Kok Einkünfte, alle führen den Kami-Titel. — In Tsikudsen giebt es einen regierenden und einen apanagirten Fürsten. — In Budsen hat der in Kokŭra residirende Fürst 150,000 Kok Einkünfte; ein anderer Prinz aus demselben Hause ist mit dem Ertrage einer neu angebauten Landstrecke, etwa 10,000 Kok belehnt. Mehrere Ortschaften an der Grenze von Buṅgo sind Domänen des Siogun. — In Nakatsu, im östlichen Budsen, hielt damals ein Fürst aus der Familie Satsuma mit 100,000 Kok Einkünften Hof. — Aehnlich mögen die Verhältnisse in anderen Landestheilen sein. Alle Einkünfte werden nach Kok d. i. Säcken Reis berechnet. Ein Kok hält etwa 100 Pfund Gewicht, und kann nach den jetzigen Preisen zu 4 bis 5 Thaler Geldwerth gerechnet werden. 8*

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien01_1864/145>, abgerufen am 24.11.2024.