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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864.

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Das Volk. -- Organismus der Staatsverwaltung.
Die Stellung eines Leibgardisten ist erblich und verleiht an und für
sich einen hohen Rang.

Das Volk bilden die Handel und Gewerbe treibenden Classen;
auch unter ihnen giebt es viele Abstufungen. So dürfen die acker-
bauenden Japaner ein Schwert tragen, die Kaufleute hingegen
nicht 120); die letzteren lassen sich, da alle Diener der Samrai das
Recht auf ein Schwert haben, häufig als Trabanten eines solchen
einschreiben, und zahlen bedeutende Summen, um jenes Vorrecht
zu gewinnen, dessen sie sich dann auch nur bei feierlichen Gelegen-
heiten bedienen. Im gewöhnlichen Leben tragen weder sie noch
die Landleute ein Schwert, während der Samrai die seinen auf der
Strasse niemals, im Hause nur das grössere, zweihändige ablegt 121).
Viele und besonders die reicheren Kaufleute erkaufen sich das Recht
ein Schwert zu tragen vom Siogun, beziehen dann als seine Diener
ein geringes Jahrgehalt, und übernehmen damit die Verpflichtung,
im Falle es gefordert wird, Geld vorzuschiessen; sie sind die Hof-
banquiers 122).

Der Organismus der japanischen Staatsverwaltung ist nur sehr
unvollständig bekannt. Der erste Staatsbeamte ist der Regent,
dessen Amt aber nur in Kraft tritt, wenn ein unmündiger Siogun
auf dem Throne sitzt. Diese Würde war in der, von dem
Geheimschreiber und vertrautesten Günstling des Jyeyas herstam-
menden Familie der Fürsten von Ikamo erblich. -- Dem Throne
zunächst steht ein Collegium von fünf Reichsräthen oder Ministern;
diese bilden, wie es scheint mit acht anderen Räthen geringeren
Ranges, das sogenannte Gorodzio, einen obersten Reichsrath,
welchem alle Angelegenheiten untergebreitet werden. Die Nach-
richten über seine Functionen und Befugnisse sind verwirrt und
widersprechend; wahrscheinlich hat das Gorodzio die Entscheidung

120) Caron sagt, der Kaufmann stehe in Missachtung "dieweil er mit Lügen
umgeht, und, sich derselben nicht schämend, die Leute, sie mögen edel oder unedel
sein, um seines schändlichen Gewinnes halben, und seine Wahr theuer zu verkauffen,
zu betriegen trachtet." Merklein's Uebersetzung.
121) Die Form der Klinge ist für jeden Stand genau vorgeschrieben. Das
Schwerterpaar des Samrai heist Daijso. Die Bürger, Bauern, Wächter u. s. w.
tragen ein kurzes Schwert, das dem kleineren der Adelsclasse ähnlich ist. S. v. Sie-
bold
Nippon.
122) Herr von Siebold sah eine lange Liste derselben, auf welcher die Namen
der reichsten obenan in zolllangen fetten Buchstaben figurirten, während die der
mindervermögenden in immer kleinerer Schrift folgten.

Das Volk. — Organismus der Staatsverwaltung.
Die Stellung eines Leibgardisten ist erblich und verleiht an und für
sich einen hohen Rang.

Das Volk bilden die Handel und Gewerbe treibenden Classen;
auch unter ihnen giebt es viele Abstufungen. So dürfen die acker-
bauenden Japaner ein Schwert tragen, die Kaufleute hingegen
nicht 120); die letzteren lassen sich, da alle Diener der Samraï das
Recht auf ein Schwert haben, häufig als Trabanten eines solchen
einschreiben, und zahlen bedeutende Summen, um jenes Vorrecht
zu gewinnen, dessen sie sich dann auch nur bei feierlichen Gelegen-
heiten bedienen. Im gewöhnlichen Leben tragen weder sie noch
die Landleute ein Schwert, während der Samraï die seinen auf der
Strasse niemals, im Hause nur das grössere, zweihändige ablegt 121).
Viele und besonders die reicheren Kaufleute erkaufen sich das Recht
ein Schwert zu tragen vom Siogun, beziehen dann als seine Diener
ein geringes Jahrgehalt, und übernehmen damit die Verpflichtung,
im Falle es gefordert wird, Geld vorzuschiessen; sie sind die Hof-
banquiers 122).

Der Organismus der japanischen Staatsverwaltung ist nur sehr
unvollständig bekannt. Der erste Staatsbeamte ist der Regent,
dessen Amt aber nur in Kraft tritt, wenn ein unmündiger Siogun
auf dem Throne sitzt. Diese Würde war in der, von dem
Geheimschreiber und vertrautesten Günstling des Jyeyas herstam-
menden Familie der Fürsten von Ikamo erblich. — Dem Throne
zunächst steht ein Collegium von fünf Reichsräthen oder Ministern;
diese bilden, wie es scheint mit acht anderen Räthen geringeren
Ranges, das sogenannte Gorodžio, einen obersten Reichsrath,
welchem alle Angelegenheiten untergebreitet werden. Die Nach-
richten über seine Functionen und Befugnisse sind verwirrt und
widersprechend; wahrscheinlich hat das Gorodžio die Entscheidung

120) Caron sagt, der Kaufmann stehe in Missachtung »dieweil er mit Lügen
umgeht, und, sich derselben nicht schämend, die Leute, sie mögen edel oder unedel
sein, um seines schändlichen Gewinnes halben, und seine Wahr theuer zu verkauffen,
zu betriegen trachtet.« Merklein’s Uebersetzung.
121) Die Form der Klinge ist für jeden Stand genau vorgeschrieben. Das
Schwerterpaar des Samraï heist Daijso. Die Bürger, Bauern, Wächter u. s. w.
tragen ein kurzes Schwert, das dem kleineren der Adelsclasse ähnlich ist. S. v. Sie-
bold
Nippon.
122) Herr von Siebold sah eine lange Liste derselben, auf welcher die Namen
der reichsten obenan in zolllangen fetten Buchstaben figurirten, während die der
mindervermögenden in immer kleinerer Schrift folgten.
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[121/0151] Das Volk. — Organismus der Staatsverwaltung. Die Stellung eines Leibgardisten ist erblich und verleiht an und für sich einen hohen Rang. Das Volk bilden die Handel und Gewerbe treibenden Classen; auch unter ihnen giebt es viele Abstufungen. So dürfen die acker- bauenden Japaner ein Schwert tragen, die Kaufleute hingegen nicht 120); die letzteren lassen sich, da alle Diener der Samraï das Recht auf ein Schwert haben, häufig als Trabanten eines solchen einschreiben, und zahlen bedeutende Summen, um jenes Vorrecht zu gewinnen, dessen sie sich dann auch nur bei feierlichen Gelegen- heiten bedienen. Im gewöhnlichen Leben tragen weder sie noch die Landleute ein Schwert, während der Samraï die seinen auf der Strasse niemals, im Hause nur das grössere, zweihändige ablegt 121). Viele und besonders die reicheren Kaufleute erkaufen sich das Recht ein Schwert zu tragen vom Siogun, beziehen dann als seine Diener ein geringes Jahrgehalt, und übernehmen damit die Verpflichtung, im Falle es gefordert wird, Geld vorzuschiessen; sie sind die Hof- banquiers 122). Der Organismus der japanischen Staatsverwaltung ist nur sehr unvollständig bekannt. Der erste Staatsbeamte ist der Regent, dessen Amt aber nur in Kraft tritt, wenn ein unmündiger Siogun auf dem Throne sitzt. Diese Würde war in der, von dem Geheimschreiber und vertrautesten Günstling des Jyeyas herstam- menden Familie der Fürsten von Ikamo erblich. — Dem Throne zunächst steht ein Collegium von fünf Reichsräthen oder Ministern; diese bilden, wie es scheint mit acht anderen Räthen geringeren Ranges, das sogenannte Gorodžio, einen obersten Reichsrath, welchem alle Angelegenheiten untergebreitet werden. Die Nach- richten über seine Functionen und Befugnisse sind verwirrt und widersprechend; wahrscheinlich hat das Gorodžio die Entscheidung 120) Caron sagt, der Kaufmann stehe in Missachtung »dieweil er mit Lügen umgeht, und, sich derselben nicht schämend, die Leute, sie mögen edel oder unedel sein, um seines schändlichen Gewinnes halben, und seine Wahr theuer zu verkauffen, zu betriegen trachtet.« Merklein’s Uebersetzung. 121) Die Form der Klinge ist für jeden Stand genau vorgeschrieben. Das Schwerterpaar des Samraï heist Daijso. Die Bürger, Bauern, Wächter u. s. w. tragen ein kurzes Schwert, das dem kleineren der Adelsclasse ähnlich ist. S. v. Sie- bold Nippon. 122) Herr von Siebold sah eine lange Liste derselben, auf welcher die Namen der reichsten obenan in zolllangen fetten Buchstaben figurirten, während die der mindervermögenden in immer kleinerer Schrift folgten.

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864, S. 121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien01_1864/151>, abgerufen am 21.11.2024.