[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864.Die Stellung der Holländer in neuerer Zeit. -- Der Handel auf Desima. herrschte das beste Einvernehmen. In den letzten Jahrzehntensoll die Handhabung der alten Gesetze eine sehr milde gewesen sein, und wenn auch der Siogun Jye-yosi bei seinem Regierungs- antritt im Jahre 1842 ernste Verordnungen sowohl zur Herstellung der alten Zucht im Volke und zur Bewachung der allzu selbst- ständig gewordenen Grossen, als zur strengeren Behandlung der Niederländer erliess, so machte sich doch die frühere Praxis in Kurzem wieder geltend. Man erlaubte den Bewohnern von Desima häufiger und unter geringer Begleitung die Stadt zu besuchen und behandelte die Ablieferung der Andachtsbücher, der Waffen und Munition als blosse Formalitäten. Nicht wenig ist diese vortheil- hafte Veränderung dem besseren Geiste unter den holländisch- ostindischen Beamten seit Anfang dieses Jahrhunderts und der zweckmässigeren Einrichtung des Handels von beiden Seiten zuzu- schreiben, denn früher waren alle bei der Factorei angestellten Niederländer mit dem wesentlichsten Theile ihres Erwerbes auf den Schleichhandel und noch Schlimmeres angewiesen, wodurch sie den ehrenhaften Japanern verächtlich und die Genossen der gewissenlosen Unterbeamten der Geldkammer wurden. Schon gleich nach ihrer Einschliessung auf Desima 1641 149) Elserack erwirkte den Holländern wieder die Erlaubniss, bei schlechtem
Wetter in allen japanischen Häfen Schutz suchen zu dürfen. Im Jahre 1643 sandte die Regierung von Batavia die Schiffe Castricum und Breskens unter Maarten Gerritsz Vries nach dem nördlichen Stillen Ocean, um die vermeintlich im Nordosten von Nippon liegenden Gold- und Silbereilande zu suchen und wo möglich Handelsverbindungen mit den tartarischen Küstenländern anzuknüpfen. Von einem dieser Schiffe, das in der Bucht von Nambu, in der Landschaft Muts, an der Nordostküste von Nippon vor Anker ging, begaben sich einige Officiere an das Land, wurden dort gefangen und nach Yeddo gebracht. Man hielt sie für ver- kappte Priester und confrontirte sie mit den in der Hauptstadt damals noch gefangenen Die Stellung der Holländer in neuerer Zeit. — Der Handel auf Desima. herrschte das beste Einvernehmen. In den letzten Jahrzehntensoll die Handhabung der alten Gesetze eine sehr milde gewesen sein, und wenn auch der Siogun Jye-yosi bei seinem Regierungs- antritt im Jahre 1842 ernste Verordnungen sowohl zur Herstellung der alten Zucht im Volke und zur Bewachung der allzu selbst- ständig gewordenen Grossen, als zur strengeren Behandlung der Niederländer erliess, so machte sich doch die frühere Praxis in Kurzem wieder geltend. Man erlaubte den Bewohnern von Desima häufiger und unter geringer Begleitung die Stadt zu besuchen und behandelte die Ablieferung der Andachtsbücher, der Waffen und Munition als blosse Formalitäten. Nicht wenig ist diese vortheil- hafte Veränderung dem besseren Geiste unter den holländisch- ostindischen Beamten seit Anfang dieses Jahrhunderts und der zweckmässigeren Einrichtung des Handels von beiden Seiten zuzu- schreiben, denn früher waren alle bei der Factorei angestellten Niederländer mit dem wesentlichsten Theile ihres Erwerbes auf den Schleichhandel und noch Schlimmeres angewiesen, wodurch sie den ehrenhaften Japanern verächtlich und die Genossen der gewissenlosen Unterbeamten der Geldkammer wurden. Schon gleich nach ihrer Einschliessung auf Desima 1641 149) Elserack erwirkte den Holländern wieder die Erlaubniss, bei schlechtem
Wetter in allen japanischen Häfen Schutz suchen zu dürfen. Im Jahre 1643 sandte die Regierung von Batavia die Schiffe Castricum und Breskens unter Maarten Gerritsz Vries nach dem nördlichen Stillen Ocean, um die vermeintlich im Nordosten von Nippon liegenden Gold- und Silbereilande zu suchen und wo möglich Handelsverbindungen mit den tartarischen Küstenländern anzuknüpfen. Von einem dieser Schiffe, das in der Bucht von Nambu, in der Landschaft Muts, an der Nordostküste von Nippon vor Anker ging, begaben sich einige Officiere an das Land, wurden dort gefangen und nach Yeddo gebracht. Man hielt sie für ver- kappte Priester und confrontirte sie mit den in der Hauptstadt damals noch gefangenen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0174" n="144"/><fw place="top" type="header">Die Stellung der Holländer in neuerer Zeit. — Der Handel auf <hi rendition="#k"><placeName>Desima</placeName></hi>.</fw><lb/> herrschte das beste Einvernehmen. In den letzten Jahrzehnten<lb/> soll die Handhabung der alten Gesetze eine sehr milde gewesen<lb/> sein, und wenn auch der <hi rendition="#k">Siogun <persName ref="http://d-nb.info/gnd/11897453X">Jye-yosi</persName></hi> bei seinem Regierungs-<lb/> antritt im Jahre 1842 ernste Verordnungen sowohl zur Herstellung<lb/> der alten Zucht im Volke und zur Bewachung der allzu selbst-<lb/> ständig gewordenen Grossen, als zur strengeren Behandlung der<lb/> Niederländer erliess, so machte sich doch die frühere Praxis in<lb/> Kurzem wieder geltend. Man erlaubte den Bewohnern von <hi rendition="#k"><placeName>Desima</placeName></hi><lb/> häufiger und unter geringer Begleitung die Stadt zu besuchen und<lb/> behandelte die Ablieferung der Andachtsbücher, der Waffen und<lb/> Munition als blosse Formalitäten. Nicht wenig ist diese vortheil-<lb/> hafte Veränderung dem besseren Geiste unter den holländisch-<lb/> ostindischen Beamten seit Anfang dieses Jahrhunderts und der<lb/> zweckmässigeren Einrichtung des Handels von beiden Seiten zuzu-<lb/> schreiben, denn früher waren alle bei der Factorei angestellten<lb/> Niederländer mit dem wesentlichsten Theile ihres Erwerbes auf<lb/> den Schleichhandel und noch Schlimmeres angewiesen, wodurch<lb/> sie den ehrenhaften Japanern verächtlich und die Genossen der<lb/> gewissenlosen Unterbeamten der Geldkammer wurden.</p><lb/> <p>Schon gleich nach ihrer Einschliessung auf <hi rendition="#k"><placeName>Desima</placeName></hi> 1641<lb/> beklagten sich die Niederländer über die schmähliche und ernie-<lb/> drigende Behandlung, doch scheinen ihre Beschwerden nicht nach<lb/><hi rendition="#k"><placeName>Yeddo</placeName></hi> gedrungen zu sein. Es war damals in <placeName>Batavia</placeName> stark die<lb/> Rede davon, den japanischen Handel ganz aufzugeben, da der Ge-<lb/> schäftsverkehr von 1640 und 1641, trotz einer Silberausfuhr von<lb/> 14,000 Kisten im letztgenannten Jahre, nach dem Vorgeben der<lb/> Holländer Verlust gebracht hatte. Der auf <persName ref="nognd">Le Maire</persName> 1642 folgende<lb/> Handelsvorsteher <persName ref="nognd">Van Elserack</persName> erwirkte zwar bei seiner Hofreise<lb/> eine Linderung der Maassregeln und wusste sich, die Umstände<lb/> geschickt benutzend, das Vertrauen der Regierung zu erwerben<note xml:id="note-0174" next="#note-0175" place="foot" n="149)"><persName ref="nognd">Elserack</persName> erwirkte den Holländern wieder die Erlaubniss, bei schlechtem<lb/> Wetter in allen japanischen Häfen Schutz suchen zu dürfen.<lb/> Im Jahre 1643 sandte die Regierung von <placeName>Batavia</placeName> die Schiffe Castricum und<lb/> Breskens unter <persName ref="http://d-nb.info/gnd/1013172507">Maarten Gerritsz Vries</persName> nach dem nördlichen <placeName>Stillen Ocean</placeName>, um die<lb/> vermeintlich im Nordosten von <hi rendition="#k"><placeName>Nippon</placeName></hi> liegenden Gold- und Silbereilande zu suchen und<lb/> wo möglich Handelsverbindungen mit den tartarischen Küstenländern anzuknüpfen.<lb/> Von einem dieser Schiffe, das in der Bucht von <hi rendition="#k"><placeName>Nambu</placeName></hi>, in der Landschaft <hi rendition="#k"><placeName>Muts</placeName></hi>,<lb/> an der Nordostküste von <hi rendition="#k"><placeName>Nippon</placeName></hi> vor Anker ging, begaben sich einige Officiere an<lb/> das Land, wurden dort gefangen und nach <hi rendition="#k"><placeName>Yeddo</placeName></hi> gebracht. Man hielt sie für ver-<lb/> kappte Priester und confrontirte sie mit den in der Hauptstadt damals noch gefangenen</note>:<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [144/0174]
Die Stellung der Holländer in neuerer Zeit. — Der Handel auf Desima.
herrschte das beste Einvernehmen. In den letzten Jahrzehnten
soll die Handhabung der alten Gesetze eine sehr milde gewesen
sein, und wenn auch der Siogun Jye-yosi bei seinem Regierungs-
antritt im Jahre 1842 ernste Verordnungen sowohl zur Herstellung
der alten Zucht im Volke und zur Bewachung der allzu selbst-
ständig gewordenen Grossen, als zur strengeren Behandlung der
Niederländer erliess, so machte sich doch die frühere Praxis in
Kurzem wieder geltend. Man erlaubte den Bewohnern von Desima
häufiger und unter geringer Begleitung die Stadt zu besuchen und
behandelte die Ablieferung der Andachtsbücher, der Waffen und
Munition als blosse Formalitäten. Nicht wenig ist diese vortheil-
hafte Veränderung dem besseren Geiste unter den holländisch-
ostindischen Beamten seit Anfang dieses Jahrhunderts und der
zweckmässigeren Einrichtung des Handels von beiden Seiten zuzu-
schreiben, denn früher waren alle bei der Factorei angestellten
Niederländer mit dem wesentlichsten Theile ihres Erwerbes auf
den Schleichhandel und noch Schlimmeres angewiesen, wodurch
sie den ehrenhaften Japanern verächtlich und die Genossen der
gewissenlosen Unterbeamten der Geldkammer wurden.
Schon gleich nach ihrer Einschliessung auf Desima 1641
beklagten sich die Niederländer über die schmähliche und ernie-
drigende Behandlung, doch scheinen ihre Beschwerden nicht nach
Yeddo gedrungen zu sein. Es war damals in Batavia stark die
Rede davon, den japanischen Handel ganz aufzugeben, da der Ge-
schäftsverkehr von 1640 und 1641, trotz einer Silberausfuhr von
14,000 Kisten im letztgenannten Jahre, nach dem Vorgeben der
Holländer Verlust gebracht hatte. Der auf Le Maire 1642 folgende
Handelsvorsteher Van Elserack erwirkte zwar bei seiner Hofreise
eine Linderung der Maassregeln und wusste sich, die Umstände
geschickt benutzend, das Vertrauen der Regierung zu erwerben 149):
149) Elserack erwirkte den Holländern wieder die Erlaubniss, bei schlechtem
Wetter in allen japanischen Häfen Schutz suchen zu dürfen.
Im Jahre 1643 sandte die Regierung von Batavia die Schiffe Castricum und
Breskens unter Maarten Gerritsz Vries nach dem nördlichen Stillen Ocean, um die
vermeintlich im Nordosten von Nippon liegenden Gold- und Silbereilande zu suchen und
wo möglich Handelsverbindungen mit den tartarischen Küstenländern anzuknüpfen.
Von einem dieser Schiffe, das in der Bucht von Nambu, in der Landschaft Muts,
an der Nordostküste von Nippon vor Anker ging, begaben sich einige Officiere an
das Land, wurden dort gefangen und nach Yeddo gebracht. Man hielt sie für ver-
kappte Priester und confrontirte sie mit den in der Hauptstadt damals noch gefangenen
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