Die Decksofficiere wenden sich mit ihren Anliegen direct an den ersten Officier; die Officiere und die Beamten von deren Range werden zu gleichem Zwecke vom Capitän in seiner Cajüte empfangen, wo sie mit Hut, Epauletten und Säbel erscheinen müssen.
Die Mannschaft geht gleich nach der Musterung an ihre Exer- citien und Arbeiten, sie exercirt am Geschütz oder mit den kleinen Waffen. Einmal wöchentlich, gewöhnlich Freitags, wird "Klar Schiff" exercirt, so bezeichnet man die Kampfbereitschaft dem Feinde gegenüber. Arbeiten giebt es hundertfältige an Bord eines Kriegsschiffes: da sind Segel und Kartuschen zu machen, Taue zu drehen, Kleider zu flicken u. s. w. Fast alle Reparaturen, aller Bedarf an Segeln und Takelwerk, alle Zimmermannsarbeiten werden an Bord aus dem rohen Material gefertigt. Die Matrosen müssen ihre Sachen selbst ausbessern; jeder hat für seine Habseligkeiten einen Kleidersack, dessen Inhalt von Zeit zu Zeit nachgesehen wird.
Um halb zwölf werden die Exercitien und Arbeiten einge- stellt, die Decke aufgeräumt und gefegt; eine Viertelstunde später meldet sich der Schiffskoch mit einer Probe des Essens bei dem Officier der Wache, der es kostet, und fünf Minuten vor zwölf "Backen und Banken" commandirt. Im Zwischendeck werden die Tische und Bänke gesetzt, das Essen aufgetragen. Um zwölf heisst es "Schaffen", d. h. Zugreifen. In einer halben Stunde muss "ge- schafft" sein, dann werden die wachthabenden Mannschaften abge- löst und halten ebenfalls ihre Malzeit. Nach dem Essen hat die ganze Schiffsmannschaft eine halbe Stunde freie Zeit, während deren wieder in der Batterie geraucht wird. Nur in sehr dringenden Fällen und auf ausdrückliche Erlaubniss des Commandanten darf die Zeit der Malzeiten und die Freizeit abgekürzt werden; letztere dauert Sonntags gewöhnlich bis vier Uhr. -- An Wochentagen werden um eins die "Backen" abgeräumt und die Geschirre gereinigt, um halb zwei das Zwischendeck geräumt und gefegt. Von zwei bis vier wieder Arbeiten und Exerciren. Um vier erhalten die Mann- schaften ihre Kleidersäcke und ziehen sich wachenweise für die Nacht um. Um fünf ist die Abendmusterung, wobei vorzüglich die Gefechtbereitschaft der Geschütze für die Nacht, die Bereitschaft der Sturmpumpen und der Rettungsbojen in das Auge gefasst wird. Im kalten Klima und bei drohendem Wetter werden um diese Zeit die Geschützpforten geschlossen und erst am Morgen wieder geöffnet. Nach der Musterung folgen Segelexercitien, und um halb sieben
Exercitien und Arbeiten. Backen und Banken. II.
Die Decksofficiere wenden sich mit ihren Anliegen direct an den ersten Officier; die Officiere und die Beamten von deren Range werden zu gleichem Zwecke vom Capitän in seiner Cajüte empfangen, wo sie mit Hut, Epauletten und Säbel erscheinen müssen.
Die Mannschaft geht gleich nach der Musterung an ihre Exer- citien und Arbeiten, sie exercirt am Geschütz oder mit den kleinen Waffen. Einmal wöchentlich, gewöhnlich Freitags, wird »Klar Schiff« exercirt, so bezeichnet man die Kampfbereitschaft dem Feinde gegenüber. Arbeiten giebt es hundertfältige an Bord eines Kriegsschiffes: da sind Segel und Kartuschen zu machen, Taue zu drehen, Kleider zu flicken u. s. w. Fast alle Reparaturen, aller Bedarf an Segeln und Takelwerk, alle Zimmermannsarbeiten werden an Bord aus dem rohen Material gefertigt. Die Matrosen müssen ihre Sachen selbst ausbessern; jeder hat für seine Habseligkeiten einen Kleidersack, dessen Inhalt von Zeit zu Zeit nachgesehen wird.
Um halb zwölf werden die Exercitien und Arbeiten einge- stellt, die Decke aufgeräumt und gefegt; eine Viertelstunde später meldet sich der Schiffskoch mit einer Probe des Essens bei dem Officier der Wache, der es kostet, und fünf Minuten vor zwölf »Backen und Banken« commandirt. Im Zwischendeck werden die Tische und Bänke gesetzt, das Essen aufgetragen. Um zwölf heisst es »Schaffen«, d. h. Zugreifen. In einer halben Stunde muss »ge- schafft« sein, dann werden die wachthabenden Mannschaften abge- löst und halten ebenfalls ihre Malzeit. Nach dem Essen hat die ganze Schiffsmannschaft eine halbe Stunde freie Zeit, während deren wieder in der Batterie geraucht wird. Nur in sehr dringenden Fällen und auf ausdrückliche Erlaubniss des Commandanten darf die Zeit der Malzeiten und die Freizeit abgekürzt werden; letztere dauert Sonntags gewöhnlich bis vier Uhr. — An Wochentagen werden um eins die »Backen« abgeräumt und die Geschirre gereinigt, um halb zwei das Zwischendeck geräumt und gefegt. Von zwei bis vier wieder Arbeiten und Exerciren. Um vier erhalten die Mann- schaften ihre Kleidersäcke und ziehen sich wachenweise für die Nacht um. Um fünf ist die Abendmusterung, wobei vorzüglich die Gefechtbereitschaft der Geschütze für die Nacht, die Bereitschaft der Sturmpumpen und der Rettungsbojen in das Auge gefasst wird. Im kalten Klima und bei drohendem Wetter werden um diese Zeit die Geschützpforten geschlossen und erst am Morgen wieder geöffnet. Nach der Musterung folgen Segelexercitien, und um halb sieben
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Exercitien und Arbeiten. Backen und Banken. II.
Die Decksofficiere wenden sich mit ihren Anliegen direct an den
ersten Officier; die Officiere und die Beamten von deren Range
werden zu gleichem Zwecke vom Capitän in seiner Cajüte empfangen,
wo sie mit Hut, Epauletten und Säbel erscheinen müssen.
Die Mannschaft geht gleich nach der Musterung an ihre Exer-
citien und Arbeiten, sie exercirt am Geschütz oder mit den kleinen
Waffen. Einmal wöchentlich, gewöhnlich Freitags, wird »Klar
Schiff« exercirt, so bezeichnet man die Kampfbereitschaft dem
Feinde gegenüber. Arbeiten giebt es hundertfältige an Bord eines
Kriegsschiffes: da sind Segel und Kartuschen zu machen, Taue zu
drehen, Kleider zu flicken u. s. w. Fast alle Reparaturen, aller
Bedarf an Segeln und Takelwerk, alle Zimmermannsarbeiten werden
an Bord aus dem rohen Material gefertigt. Die Matrosen müssen
ihre Sachen selbst ausbessern; jeder hat für seine Habseligkeiten
einen Kleidersack, dessen Inhalt von Zeit zu Zeit nachgesehen wird.
Um halb zwölf werden die Exercitien und Arbeiten einge-
stellt, die Decke aufgeräumt und gefegt; eine Viertelstunde später
meldet sich der Schiffskoch mit einer Probe des Essens bei dem
Officier der Wache, der es kostet, und fünf Minuten vor zwölf
»Backen und Banken« commandirt. Im Zwischendeck werden die
Tische und Bänke gesetzt, das Essen aufgetragen. Um zwölf heisst
es »Schaffen«, d. h. Zugreifen. In einer halben Stunde muss »ge-
schafft« sein, dann werden die wachthabenden Mannschaften abge-
löst und halten ebenfalls ihre Malzeit. Nach dem Essen hat die
ganze Schiffsmannschaft eine halbe Stunde freie Zeit, während deren
wieder in der Batterie geraucht wird. Nur in sehr dringenden
Fällen und auf ausdrückliche Erlaubniss des Commandanten darf
die Zeit der Malzeiten und die Freizeit abgekürzt werden; letztere
dauert Sonntags gewöhnlich bis vier Uhr. — An Wochentagen
werden um eins die »Backen« abgeräumt und die Geschirre gereinigt,
um halb zwei das Zwischendeck geräumt und gefegt. Von zwei bis
vier wieder Arbeiten und Exerciren. Um vier erhalten die Mann-
schaften ihre Kleidersäcke und ziehen sich wachenweise für die
Nacht um. Um fünf ist die Abendmusterung, wobei vorzüglich die
Gefechtbereitschaft der Geschütze für die Nacht, die Bereitschaft
der Sturmpumpen und der Rettungsbojen in das Auge gefasst wird.
Im kalten Klima und bei drohendem Wetter werden um diese Zeit
die Geschützpforten geschlossen und erst am Morgen wieder geöffnet.
Nach der Musterung folgen Segelexercitien, und um halb sieben
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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864, S. 226. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien01_1864/256>, abgerufen am 24.11.2024.
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