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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864.

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II. Nachtdienst.
erhält die Mannschaft ihr Abendbrod. Um sieben werden im
Zwischendeck die Tische und Bänke weggestaut, alle Vorbereitungen
zum Aufknüpfen der Hangematten getroffen, und die Mannschaft
gewöhnlich zur Erholung auf Deck geschickt, damit das Zwischen-
deck auslufte. Zehn Minuten vor acht wird zu den Hangematten
gepfiffen: die Hangemattenstauer rufen auf das Commando "Hange-
matten weg" die Nummer jeder einzelnen auf, und händigen sie dem
Eigenthümer ein. Die freie Wache zieht sich zurück. Nachdem
die wachthabenden Leute verlesen und die nöthigen Posten ausge-
stellt sind, werden die Hangemattenkleider übergezogen und die
dienstfreien Mannschaften der Wache in die Batterie beordert, um
zehn Minuten nach acht alle Lichter der Mannschaft unter Aufsicht
des Profosses gelöscht. Um zehn Minuten nach neun geht der
erste Officier mit dem Unterofficier der Seesoldaten du jour, den
Cadetten der verschiedenen Decke, allen Decksofficieren und dem
Profoss die erste Nachtronde, rapportirt dem Commandanten, und
erhält dessen Befehle für die Nacht und den folgenden Morgen.
Hierauf ertheilt er selbst den auf dem Halbdeck versammelten
Cadetten die nöthigen Instructionen, und "wahrschaut" dem wacht-
habenden Officier, wann ihm der Commandant die schriftlichen
Befehle für die Nacht geben will. Von da an bis zum Aufstehen
des Commandanten fungirt der Officier der Wache im weiteren
Sinn als dessen Stellvertreter, und hat ihm oder dem ersten Officier
nur das besonders Befohlene oder sehr wichtige Vorfälle zu melden.
Die ganze Nacht durch geht ein Cadett der Wache mit einem
Feuerwerksmaat und dem wachthabenden Unterofficier der See-
soldaten halbstündliche Nachtronden durch das ganze Schiff. Um
zehn Uhr müssen alle Lichte bei den Officieren mit Ausnahme der
ausdrücklich gestatteten gelöscht werden.

Das ist ungefähr der tägliche Dienst auf See, -- im Hafen
gestaltet er sich anders. Auf See stehen natürlich die Segelmanöver
immer im Vordergrunde, und die beschriebene Tagesordnung hat
nur Geltung, sofern die Mannschaften nicht durch die nothwendigen
Manöver und Arbeiten in Anspruch genommen sind. Ein Theil der
Wache muss immer auf Deck und in den Toppen zur Stelle sein, --
die Posten melden sich zur Nachtzeit bei jedem Anschlagen der
Glasen durch lautes Rufen: Grosstopp Alles wohl, Rettungsbojen
Alles wohl u. s. w. Die nicht auf Deck nothwendigen Leute pflegen
bei Tage an den Uebungen und Arbeiten der freien Wache Theil

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II. Nachtdienst.
erhält die Mannschaft ihr Abendbrod. Um sieben werden im
Zwischendeck die Tische und Bänke weggestaut, alle Vorbereitungen
zum Aufknüpfen der Hangematten getroffen, und die Mannschaft
gewöhnlich zur Erholung auf Deck geschickt, damit das Zwischen-
deck auslufte. Zehn Minuten vor acht wird zu den Hangematten
gepfiffen: die Hangemattenstauer rufen auf das Commando »Hange-
matten weg« die Nummer jeder einzelnen auf, und händigen sie dem
Eigenthümer ein. Die freie Wache zieht sich zurück. Nachdem
die wachthabenden Leute verlesen und die nöthigen Posten ausge-
stellt sind, werden die Hangemattenkleider übergezogen und die
dienstfreien Mannschaften der Wache in die Batterie beordert, um
zehn Minuten nach acht alle Lichter der Mannschaft unter Aufsicht
des Profosses gelöscht. Um zehn Minuten nach neun geht der
erste Officier mit dem Unterofficier der Seesoldaten du jour, den
Cadetten der verschiedenen Decke, allen Decksofficieren und dem
Profoss die erste Nachtronde, rapportirt dem Commandanten, und
erhält dessen Befehle für die Nacht und den folgenden Morgen.
Hierauf ertheilt er selbst den auf dem Halbdeck versammelten
Cadetten die nöthigen Instructionen, und »wahrschaut« dem wacht-
habenden Officier, wann ihm der Commandant die schriftlichen
Befehle für die Nacht geben will. Von da an bis zum Aufstehen
des Commandanten fungirt der Officier der Wache im weiteren
Sinn als dessen Stellvertreter, und hat ihm oder dem ersten Officier
nur das besonders Befohlene oder sehr wichtige Vorfälle zu melden.
Die ganze Nacht durch geht ein Cadett der Wache mit einem
Feuerwerksmaat und dem wachthabenden Unterofficier der See-
soldaten halbstündliche Nachtronden durch das ganze Schiff. Um
zehn Uhr müssen alle Lichte bei den Officieren mit Ausnahme der
ausdrücklich gestatteten gelöscht werden.

Das ist ungefähr der tägliche Dienst auf See, — im Hafen
gestaltet er sich anders. Auf See stehen natürlich die Segelmanöver
immer im Vordergrunde, und die beschriebene Tagesordnung hat
nur Geltung, sofern die Mannschaften nicht durch die nothwendigen
Manöver und Arbeiten in Anspruch genommen sind. Ein Theil der
Wache muss immer auf Deck und in den Toppen zur Stelle sein, —
die Posten melden sich zur Nachtzeit bei jedem Anschlagen der
Glasen durch lautes Rufen: Grosstopp Alles wohl, Rettungsbojen
Alles wohl u. s. w. Die nicht auf Deck nothwendigen Leute pflegen
bei Tage an den Uebungen und Arbeiten der freien Wache Theil

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[227/0257] II. Nachtdienst. erhält die Mannschaft ihr Abendbrod. Um sieben werden im Zwischendeck die Tische und Bänke weggestaut, alle Vorbereitungen zum Aufknüpfen der Hangematten getroffen, und die Mannschaft gewöhnlich zur Erholung auf Deck geschickt, damit das Zwischen- deck auslufte. Zehn Minuten vor acht wird zu den Hangematten gepfiffen: die Hangemattenstauer rufen auf das Commando »Hange- matten weg« die Nummer jeder einzelnen auf, und händigen sie dem Eigenthümer ein. Die freie Wache zieht sich zurück. Nachdem die wachthabenden Leute verlesen und die nöthigen Posten ausge- stellt sind, werden die Hangemattenkleider übergezogen und die dienstfreien Mannschaften der Wache in die Batterie beordert, um zehn Minuten nach acht alle Lichter der Mannschaft unter Aufsicht des Profosses gelöscht. Um zehn Minuten nach neun geht der erste Officier mit dem Unterofficier der Seesoldaten du jour, den Cadetten der verschiedenen Decke, allen Decksofficieren und dem Profoss die erste Nachtronde, rapportirt dem Commandanten, und erhält dessen Befehle für die Nacht und den folgenden Morgen. Hierauf ertheilt er selbst den auf dem Halbdeck versammelten Cadetten die nöthigen Instructionen, und »wahrschaut« dem wacht- habenden Officier, wann ihm der Commandant die schriftlichen Befehle für die Nacht geben will. Von da an bis zum Aufstehen des Commandanten fungirt der Officier der Wache im weiteren Sinn als dessen Stellvertreter, und hat ihm oder dem ersten Officier nur das besonders Befohlene oder sehr wichtige Vorfälle zu melden. Die ganze Nacht durch geht ein Cadett der Wache mit einem Feuerwerksmaat und dem wachthabenden Unterofficier der See- soldaten halbstündliche Nachtronden durch das ganze Schiff. Um zehn Uhr müssen alle Lichte bei den Officieren mit Ausnahme der ausdrücklich gestatteten gelöscht werden. Das ist ungefähr der tägliche Dienst auf See, — im Hafen gestaltet er sich anders. Auf See stehen natürlich die Segelmanöver immer im Vordergrunde, und die beschriebene Tagesordnung hat nur Geltung, sofern die Mannschaften nicht durch die nothwendigen Manöver und Arbeiten in Anspruch genommen sind. Ein Theil der Wache muss immer auf Deck und in den Toppen zur Stelle sein, — die Posten melden sich zur Nachtzeit bei jedem Anschlagen der Glasen durch lautes Rufen: Grosstopp Alles wohl, Rettungsbojen Alles wohl u. s. w. Die nicht auf Deck nothwendigen Leute pflegen bei Tage an den Uebungen und Arbeiten der freien Wache Theil 15*

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864, S. 227. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien01_1864/257>, abgerufen am 24.11.2024.