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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864.

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Das japanische Münzsystem. IV.
Umstand, der ihrem Handel Vortheil brachte ohne dem Lande direct
zu schaden. Zu Ende des siebzehnten Jahrhunderts wurde die
japanische Obrigkeit auf den enormen Betrag der dem Lande im
Laufe der Jahre entführten Summen aufmerksam 9), beschränkte die
Kupferlieferung, und prägte die Goldmünze bei gleichem Nennwerthe
immer kleiner, so dass die Holländer sie bald nicht mehr mit Vortheil
in Zahlung nehmen konnten. Seitdem führten sie an Metallen nur
noch Kupfer aus und bezahlten es mit westländischen Producten,
später auch in beschränktem Maasse mit Silber. Sei es nun, dass
die japanische Regierung die Goldmünzen, seitdem sie den Holländern
keine mehr lieferte, wieder grösser prägte, sei es dass sie den Preis
des Silbers erhöhte 10), genug, zur Zeit der Eröffnung Japans durch
die Amerikaner war das Werthverhältniss dieser beiden Metalle ein
ganz abnormes.

In dem damals gültigen Münzsystem war die Einheit der
Kobang, eine dünne flache ovale Münze, die ein Ryo Goldes hielt
und 60 Monme Silbers galt. Die Bruchtheile waren
der Nibu, gleich einem halben Kobang, eine länglich vier-
eckige Münze von vergoldetem Silber;
der Itsibu, von Silber, gleich einem viertel Kobang, von ähn-
licher Form und Grösse;
der Nisu, ein achtel Kobang, von vergoldetem Silber;
der Isu, ein sechszehntel Kobang, von Silber; die beiden letz-
teren ebenfalls länglich viereckig, nur kleiner.

Der Werth der Bronzemünzen und mit ihnen der Kupfer-
und Eisenmünzen fluctuirte. Man rechnete 60 bis 80 Maas oder
Tempo auf den Kobang, oder 15 bis 17 auf den Itsibu. Der Tempo
ist eine schwere, ovale gegossene Münze aus schöner Bronze mit
einem viereckigen Loch in der Mitte, und gilt 100 Seni. Der Seni
ist ein rundes Eisenstück, ebenfalls mit einem Loch, und wird wie

9) S. S. 148.
10) Dem Verfasser fehlen die ausreichenden Data, um das Verhältniss der Metalle
in früherer Zeit ergründen zu können. Die Holländer exportirten zuerst Silber, dann
Gold und Kupfer, dann nur Kupfer. Sie bezahlten das letztere theilweise mit Silber,
d. h. die japanische Regierung liess bei der Anfuhr eine gewisse Quantität gemünzten
Silbers jährlich zu. Dieses giebt keine genaue Rechnung, da man nicht weiss wie
sich der Werth der anderen Einfuhr-Producte zu dem des Silbers verhielt. Gold
für Silber haben die Holländer niemals kaufen können, und eine gültige Rechnung
liesse sich auch in diesem Falle nur anstellen, wenn der Handel ganz frei ge-
wesen wäre.

Das japanische Münzsystem. IV.
Umstand, der ihrem Handel Vortheil brachte ohne dem Lande direct
zu schaden. Zu Ende des siebzehnten Jahrhunderts wurde die
japanische Obrigkeit auf den enormen Betrag der dem Lande im
Laufe der Jahre entführten Summen aufmerksam 9), beschränkte die
Kupferlieferung, und prägte die Goldmünze bei gleichem Nennwerthe
immer kleiner, so dass die Holländer sie bald nicht mehr mit Vortheil
in Zahlung nehmen konnten. Seitdem führten sie an Metallen nur
noch Kupfer aus und bezahlten es mit westländischen Producten,
später auch in beschränktem Maasse mit Silber. Sei es nun, dass
die japanische Regierung die Goldmünzen, seitdem sie den Holländern
keine mehr lieferte, wieder grösser prägte, sei es dass sie den Preis
des Silbers erhöhte 10), genug, zur Zeit der Eröffnung Japans durch
die Amerikaner war das Werthverhältniss dieser beiden Metalle ein
ganz abnormes.

In dem damals gültigen Münzsystem war die Einheit der
Kobaṅg, eine dünne flache ovale Münze, die ein Ryo Goldes hielt
und 60 Monme Silbers galt. Die Bruchtheile waren
der Nibu, gleich einem halben Kobaṅg, eine länglich vier-
eckige Münze von vergoldetem Silber;
der Itsibu, von Silber, gleich einem viertel Kobaṅg, von ähn-
licher Form und Grösse;
der Nišu, ein achtel Kobaṅg, von vergoldetem Silber;
der Išu, ein sechszehntel Kobaṅg, von Silber; die beiden letz-
teren ebenfalls länglich viereckig, nur kleiner.

Der Werth der Bronzemünzen und mit ihnen der Kupfer-
und Eisenmünzen fluctuirte. Man rechnete 60 bis 80 Maas oder
Tempo auf den Kobaṅg, oder 15 bis 17 auf den Itsibu. Der Tempo
ist eine schwere, ovale gegossene Münze aus schöner Bronze mit
einem viereckigen Loch in der Mitte, und gilt 100 Seni. Der Seni
ist ein rundes Eisenstück, ebenfalls mit einem Loch, und wird wie

9) S. S. 148.
10) Dem Verfasser fehlen die ausreichenden Data, um das Verhältniss der Metalle
in früherer Zeit ergründen zu können. Die Holländer exportirten zuerst Silber, dann
Gold und Kupfer, dann nur Kupfer. Sie bezahlten das letztere theilweise mit Silber,
d. h. die japanische Regierung liess bei der Anfuhr eine gewisse Quantität gemünzten
Silbers jährlich zu. Dieses giebt keine genaue Rechnung, da man nicht weiss wie
sich der Werth der anderen Einfuhr-Producte zu dem des Silbers verhielt. Gold
für Silber haben die Holländer niemals kaufen können, und eine gültige Rechnung
liesse sich auch in diesem Falle nur anstellen, wenn der Handel ganz frei ge-
wesen wäre.
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[278/0308] Das japanische Münzsystem. IV. Umstand, der ihrem Handel Vortheil brachte ohne dem Lande direct zu schaden. Zu Ende des siebzehnten Jahrhunderts wurde die japanische Obrigkeit auf den enormen Betrag der dem Lande im Laufe der Jahre entführten Summen aufmerksam 9), beschränkte die Kupferlieferung, und prägte die Goldmünze bei gleichem Nennwerthe immer kleiner, so dass die Holländer sie bald nicht mehr mit Vortheil in Zahlung nehmen konnten. Seitdem führten sie an Metallen nur noch Kupfer aus und bezahlten es mit westländischen Producten, später auch in beschränktem Maasse mit Silber. Sei es nun, dass die japanische Regierung die Goldmünzen, seitdem sie den Holländern keine mehr lieferte, wieder grösser prägte, sei es dass sie den Preis des Silbers erhöhte 10), genug, zur Zeit der Eröffnung Japans durch die Amerikaner war das Werthverhältniss dieser beiden Metalle ein ganz abnormes. In dem damals gültigen Münzsystem war die Einheit der Kobaṅg, eine dünne flache ovale Münze, die ein Ryo Goldes hielt und 60 Monme Silbers galt. Die Bruchtheile waren der Nibu, gleich einem halben Kobaṅg, eine länglich vier- eckige Münze von vergoldetem Silber; der Itsibu, von Silber, gleich einem viertel Kobaṅg, von ähn- licher Form und Grösse; der Nišu, ein achtel Kobaṅg, von vergoldetem Silber; der Išu, ein sechszehntel Kobaṅg, von Silber; die beiden letz- teren ebenfalls länglich viereckig, nur kleiner. Der Werth der Bronzemünzen und mit ihnen der Kupfer- und Eisenmünzen fluctuirte. Man rechnete 60 bis 80 Maas oder Tempo auf den Kobaṅg, oder 15 bis 17 auf den Itsibu. Der Tempo ist eine schwere, ovale gegossene Münze aus schöner Bronze mit einem viereckigen Loch in der Mitte, und gilt 100 Seni. Der Seni ist ein rundes Eisenstück, ebenfalls mit einem Loch, und wird wie 9) S. S. 148. 10) Dem Verfasser fehlen die ausreichenden Data, um das Verhältniss der Metalle in früherer Zeit ergründen zu können. Die Holländer exportirten zuerst Silber, dann Gold und Kupfer, dann nur Kupfer. Sie bezahlten das letztere theilweise mit Silber, d. h. die japanische Regierung liess bei der Anfuhr eine gewisse Quantität gemünzten Silbers jährlich zu. Dieses giebt keine genaue Rechnung, da man nicht weiss wie sich der Werth der anderen Einfuhr-Producte zu dem des Silbers verhielt. Gold für Silber haben die Holländer niemals kaufen können, und eine gültige Rechnung liesse sich auch in diesem Falle nur anstellen, wenn der Handel ganz frei ge- wesen wäre.

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864, S. 278. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien01_1864/308>, abgerufen am 16.06.2024.