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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864.

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IV. Allgemeine Verstimmung.
Schleichhandel. Viele Japaner wurden bestraft, aber es fanden sich
bei dem enormen Gewinn immer neue Mittel die Behörden zu hinter-
gehen. Die Regierung des Taikun sah dem Unwesen mit Besorgniss
und Unwillen zu und führte bittere Klagen; sie betrachtete mit Recht
die Handlungsweise der Fremden als Raub und als Missbrauch der
betreffenden Vertragsbestimmung, deren Sinn und Absicht nur war,
den ausländischen Kaufleuten die Mittel zum Ankauf einheimischer
Producte so lange zu liefern, bis das Volk mit ihren Münzen be-
kannt geworden wäre. Die fremden Vertreter in Yeddo mussten
diesen Grundsatz anerkennen und missbilligten laut das unwürdige
Betragen ihrer Landsleute, konnten ihm aber um so weniger steuern,
als fast alle Consuln in Kanagava -- ausser dem englischen lauter
unbesoldete Handelsagenten -- sich an den Uebertretungen bethei-
ligten, welche sie hätten verhüten sollen. Dem Gesetze sind nur
wenige von den Handlungen erreichbar, welche Anstand und Sitt-
lichkeit verbieten; aber auch da, wo die Japaner straffällige Ver-
gehen zur Anzeige brachten, versäumten sie meist, mit dem richter-
lichen Verfahren der Westvölker unbekannt, die zur Beweisführung
nöthigen Maassregeln zu treffen, und mussten abgewiesen werden.
Die japanischen Beamten wussten sich überhaupt geschäftlich den
an Pünktlichkeit und fertiges Handeln gewöhnten "Westwilden"
gegenüber nicht zu helfen; sie benahmen sich sehr ungeschickt, und
wohl nicht immer mit der Unpartheilichkeit und Klarheit, welche
jene von Regierungsbehörden überall verlangen. Die Kaufleute in
Yokuhama fühlten sich durch die limitirte Ausgabe der Itsibu's in
ihren Rechten gekränkt und beschuldigten ihre Gesandtschaften laut
der Pflichtvergessenheit, weil sie nicht die wörtliche Erfüllung des
betreffenden Vertragsartikels durchsetzten, -- so steigerte sich die
Verstimmung auf allen Seiten immer mehr. Die japanische Regie-
rung sah ihre wiederholt und namentlich in der Antwort an Resanoff
schon 1805 ausgesprochenen Befürchtungen 11) von den Folgen des
Fremdenverkehrs wohl in höherem Maasse erfüllt, als sie selbst
erwartet hatte, und entschloss sich, um dem Unwesen der Gold-
ausfuhr und allen daraus entspringenden Reibungen auf einmal ein
Ende zu machen, den unseligen Vertragsartikel über den Umtausch
der Münzen gradezu zu brechen. Eine grosse Feuersbrunst, die im
November 1859 den Palast des Taikun verzehrte, musste als Vor-
wand dienen. "Die durch den Brand veranlassten grossen Ausgaben

11) Vgl. S. 158 Anm. 159.

IV. Allgemeine Verstimmung.
Schleichhandel. Viele Japaner wurden bestraft, aber es fanden sich
bei dem enormen Gewinn immer neue Mittel die Behörden zu hinter-
gehen. Die Regierung des Taïkūn sah dem Unwesen mit Besorgniss
und Unwillen zu und führte bittere Klagen; sie betrachtete mit Recht
die Handlungsweise der Fremden als Raub und als Missbrauch der
betreffenden Vertragsbestimmung, deren Sinn und Absicht nur war,
den ausländischen Kaufleuten die Mittel zum Ankauf einheimischer
Producte so lange zu liefern, bis das Volk mit ihren Münzen be-
kannt geworden wäre. Die fremden Vertreter in Yeddo mussten
diesen Grundsatz anerkennen und missbilligten laut das unwürdige
Betragen ihrer Landsleute, konnten ihm aber um so weniger steuern,
als fast alle Consuln in Kanagava — ausser dem englischen lauter
unbesoldete Handelsagenten — sich an den Uebertretungen bethei-
ligten, welche sie hätten verhüten sollen. Dem Gesetze sind nur
wenige von den Handlungen erreichbar, welche Anstand und Sitt-
lichkeit verbieten; aber auch da, wo die Japaner straffällige Ver-
gehen zur Anzeige brachten, versäumten sie meist, mit dem richter-
lichen Verfahren der Westvölker unbekannt, die zur Beweisführung
nöthigen Maassregeln zu treffen, und mussten abgewiesen werden.
Die japanischen Beamten wussten sich überhaupt geschäftlich den
an Pünktlichkeit und fertiges Handeln gewöhnten »Westwilden«
gegenüber nicht zu helfen; sie benahmen sich sehr ungeschickt, und
wohl nicht immer mit der Unpartheilichkeit und Klarheit, welche
jene von Regierungsbehörden überall verlangen. Die Kaufleute in
Yokuhama fühlten sich durch die limitirte Ausgabe der Itsibu’s in
ihren Rechten gekränkt und beschuldigten ihre Gesandtschaften laut
der Pflichtvergessenheit, weil sie nicht die wörtliche Erfüllung des
betreffenden Vertragsartikels durchsetzten, — so steigerte sich die
Verstimmung auf allen Seiten immer mehr. Die japanische Regie-
rung sah ihre wiederholt und namentlich in der Antwort an Resanoff
schon 1805 ausgesprochenen Befürchtungen 11) von den Folgen des
Fremdenverkehrs wohl in höherem Maasse erfüllt, als sie selbst
erwartet hatte, und entschloss sich, um dem Unwesen der Gold-
ausfuhr und allen daraus entspringenden Reibungen auf einmal ein
Ende zu machen, den unseligen Vertragsartikel über den Umtausch
der Münzen gradezu zu brechen. Eine grosse Feuersbrunst, die im
November 1859 den Palast des Taïkūn verzehrte, musste als Vor-
wand dienen. »Die durch den Brand veranlassten grossen Ausgaben

11) Vgl. S. 158 Anm. 159.
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[281/0311] IV. Allgemeine Verstimmung. Schleichhandel. Viele Japaner wurden bestraft, aber es fanden sich bei dem enormen Gewinn immer neue Mittel die Behörden zu hinter- gehen. Die Regierung des Taïkūn sah dem Unwesen mit Besorgniss und Unwillen zu und führte bittere Klagen; sie betrachtete mit Recht die Handlungsweise der Fremden als Raub und als Missbrauch der betreffenden Vertragsbestimmung, deren Sinn und Absicht nur war, den ausländischen Kaufleuten die Mittel zum Ankauf einheimischer Producte so lange zu liefern, bis das Volk mit ihren Münzen be- kannt geworden wäre. Die fremden Vertreter in Yeddo mussten diesen Grundsatz anerkennen und missbilligten laut das unwürdige Betragen ihrer Landsleute, konnten ihm aber um so weniger steuern, als fast alle Consuln in Kanagava — ausser dem englischen lauter unbesoldete Handelsagenten — sich an den Uebertretungen bethei- ligten, welche sie hätten verhüten sollen. Dem Gesetze sind nur wenige von den Handlungen erreichbar, welche Anstand und Sitt- lichkeit verbieten; aber auch da, wo die Japaner straffällige Ver- gehen zur Anzeige brachten, versäumten sie meist, mit dem richter- lichen Verfahren der Westvölker unbekannt, die zur Beweisführung nöthigen Maassregeln zu treffen, und mussten abgewiesen werden. Die japanischen Beamten wussten sich überhaupt geschäftlich den an Pünktlichkeit und fertiges Handeln gewöhnten »Westwilden« gegenüber nicht zu helfen; sie benahmen sich sehr ungeschickt, und wohl nicht immer mit der Unpartheilichkeit und Klarheit, welche jene von Regierungsbehörden überall verlangen. Die Kaufleute in Yokuhama fühlten sich durch die limitirte Ausgabe der Itsibu’s in ihren Rechten gekränkt und beschuldigten ihre Gesandtschaften laut der Pflichtvergessenheit, weil sie nicht die wörtliche Erfüllung des betreffenden Vertragsartikels durchsetzten, — so steigerte sich die Verstimmung auf allen Seiten immer mehr. Die japanische Regie- rung sah ihre wiederholt und namentlich in der Antwort an Resanoff schon 1805 ausgesprochenen Befürchtungen 11) von den Folgen des Fremdenverkehrs wohl in höherem Maasse erfüllt, als sie selbst erwartet hatte, und entschloss sich, um dem Unwesen der Gold- ausfuhr und allen daraus entspringenden Reibungen auf einmal ein Ende zu machen, den unseligen Vertragsartikel über den Umtausch der Münzen gradezu zu brechen. Eine grosse Feuersbrunst, die im November 1859 den Palast des Taïkūn verzehrte, musste als Vor- wand dienen. »Die durch den Brand veranlassten grossen Ausgaben 11) Vgl. S. 158 Anm. 159.

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864, S. 281. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien01_1864/311>, abgerufen am 22.11.2024.