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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864.

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IV. Ermordung des Regenten.
thronräuberischer Absicht den Tod des kinderlosen Taikun Jye-sado
(1858) veranlasst zu haben, dass der erbliche Regent Ikamo-no-Kami ihn
überflügelt und dem unmündigen Sohne eines anderen Titularbruders,
des Fürsten von Kii, die Succession verschafft, den Fürsten von Mito
aber zur Abdankung gezwungen und auf seine Güter verbannt habe.
Die Gegenparthei soll ihm diese Handlungsweise niemals verziehen,
ihn in den Augen des Volkes zum Verräther gestempelt haben,
weil er den mächtigen Fürsten von Mito nur durch die falsche
Vorspiegelung baldiger Restitution zum augenblicklichen Weichen
vermocht, dann aber auf Schleichwegen die Erwählung des un-
mündigen
Kii bewirkt hätte, durch welche er selbst, als erblicher
Vormund, wenigstens für jetzt thatsächlich im Vollbesitz der Herr-
schaft blieb. So erzählt das Gerücht 14).

Am Vormittage des 24. März nun wollte sich der Regent
seiner Gewohnheit gemäss nach dem Schlosse des Taikun begeben.
Sein eigenes Haus liegt innerhalb der zweiten Enceinte nur wenige
hundert Schritte vom Eingangsthor der dritten, welche den kaiser-
lichen Palast umschliesst. Die Strasse führt etwas bergab auf die
Thorbrücke los, über welche sich grade das Cortege des Fürsten
von Kii, des Vaters des unmündigen Taikun, bewegte. Ikamo
sass in seiner Sänfte, umgeben von einem zahlreichen bewaffneten
Gefolge; -- es regnete heftig, und die Strasse war öde bis auf
einige Gruppen tief verhüllter Gestalten in Regenmänteln, die sich
in schuldiger Ehrerbietung vor dem vornehmen Herrn an den
Häusern entlang zu drücken schienen. Plötzlich wirft sich einer
von diesen mitten in den geordneten Zug, unmittelbar vor der
Sänfte des Regenten, -- nach japanischer Anschauung die tödtlichste
Beleidigung; die folgenden Trabanten springen zu um ihn nieder-
zustossen, dadurch entsteht um den Norimon eine Lücke in welche
sich die übrigen Verhüllten stürzen, -- sie haben ihre Regenmäntel
abgeworfen und erscheinen in funkelnder Waffenrüstung. Es folgt
ein kurzes Gemetzel, -- plötzlich flieht einer der Angreifenden, ein
blutiges Haupt in den Lüften schwingend; er passirt unangefochten
die Wache des nächsten Strassenthores, wird dann von den Verfol-
genden ereilt und zusammengehauen, -- das abgeschlagene Haupt ist
aber ein fremdes. Um den Norimon des Regenten lag es voll zer-
fleischter Leichname, darunter mehrere der Angreifenden; zwei

14) Ueber die Erbfolge im Hause des Taikun s. S. 113, über das Amt des Re-
genten S. 121.

IV. Ermordung des Regenten.
thronräuberischer Absicht den Tod des kinderlosen Taïkūn Jye-sado
(1858) veranlasst zu haben, dass der erbliche Regent Ikamo-no-Kami ihn
überflügelt und dem unmündigen Sohne eines anderen Titularbruders,
des Fürsten von Kii, die Succession verschafft, den Fürsten von Mito
aber zur Abdankung gezwungen und auf seine Güter verbannt habe.
Die Gegenparthei soll ihm diese Handlungsweise niemals verziehen,
ihn in den Augen des Volkes zum Verräther gestempelt haben,
weil er den mächtigen Fürsten von Mito nur durch die falsche
Vorspiegelung baldiger Restitution zum augenblicklichen Weichen
vermocht, dann aber auf Schleichwegen die Erwählung des un-
mündigen
Kii bewirkt hätte, durch welche er selbst, als erblicher
Vormund, wenigstens für jetzt thatsächlich im Vollbesitz der Herr-
schaft blieb. So erzählt das Gerücht 14).

Am Vormittage des 24. März nun wollte sich der Regent
seiner Gewohnheit gemäss nach dem Schlosse des Taïkūn begeben.
Sein eigenes Haus liegt innerhalb der zweiten Enceinte nur wenige
hundert Schritte vom Eingangsthor der dritten, welche den kaiser-
lichen Palast umschliesst. Die Strasse führt etwas bergab auf die
Thorbrücke los, über welche sich grade das Cortège des Fürsten
von Kii, des Vaters des unmündigen Taïkūn, bewegte. Ikamo
sass in seiner Sänfte, umgeben von einem zahlreichen bewaffneten
Gefolge; — es regnete heftig, und die Strasse war öde bis auf
einige Gruppen tief verhüllter Gestalten in Regenmänteln, die sich
in schuldiger Ehrerbietung vor dem vornehmen Herrn an den
Häusern entlang zu drücken schienen. Plötzlich wirft sich einer
von diesen mitten in den geordneten Zug, unmittelbar vor der
Sänfte des Regenten, — nach japanischer Anschauung die tödtlichste
Beleidigung; die folgenden Trabanten springen zu um ihn nieder-
zustossen, dadurch entsteht um den Norimon eine Lücke in welche
sich die übrigen Verhüllten stürzen, — sie haben ihre Regenmäntel
abgeworfen und erscheinen in funkelnder Waffenrüstung. Es folgt
ein kurzes Gemetzel, — plötzlich flieht einer der Angreifenden, ein
blutiges Haupt in den Lüften schwingend; er passirt unangefochten
die Wache des nächsten Strassenthores, wird dann von den Verfol-
genden ereilt und zusammengehauen, — das abgeschlagene Haupt ist
aber ein fremdes. Um den Norimon des Regenten lag es voll zer-
fleischter Leichname, darunter mehrere der Angreifenden; zwei

14) Ueber die Erbfolge im Hause des Taïkūn s. S. 113, über das Amt des Re-
genten S. 121.
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[285/0315] IV. Ermordung des Regenten. thronräuberischer Absicht den Tod des kinderlosen Taïkūn Jye-sado (1858) veranlasst zu haben, dass der erbliche Regent Ikamo-no-Kami ihn überflügelt und dem unmündigen Sohne eines anderen Titularbruders, des Fürsten von Kii, die Succession verschafft, den Fürsten von Mito aber zur Abdankung gezwungen und auf seine Güter verbannt habe. Die Gegenparthei soll ihm diese Handlungsweise niemals verziehen, ihn in den Augen des Volkes zum Verräther gestempelt haben, weil er den mächtigen Fürsten von Mito nur durch die falsche Vorspiegelung baldiger Restitution zum augenblicklichen Weichen vermocht, dann aber auf Schleichwegen die Erwählung des un- mündigen Kii bewirkt hätte, durch welche er selbst, als erblicher Vormund, wenigstens für jetzt thatsächlich im Vollbesitz der Herr- schaft blieb. So erzählt das Gerücht 14). Am Vormittage des 24. März nun wollte sich der Regent seiner Gewohnheit gemäss nach dem Schlosse des Taïkūn begeben. Sein eigenes Haus liegt innerhalb der zweiten Enceinte nur wenige hundert Schritte vom Eingangsthor der dritten, welche den kaiser- lichen Palast umschliesst. Die Strasse führt etwas bergab auf die Thorbrücke los, über welche sich grade das Cortège des Fürsten von Kii, des Vaters des unmündigen Taïkūn, bewegte. Ikamo sass in seiner Sänfte, umgeben von einem zahlreichen bewaffneten Gefolge; — es regnete heftig, und die Strasse war öde bis auf einige Gruppen tief verhüllter Gestalten in Regenmänteln, die sich in schuldiger Ehrerbietung vor dem vornehmen Herrn an den Häusern entlang zu drücken schienen. Plötzlich wirft sich einer von diesen mitten in den geordneten Zug, unmittelbar vor der Sänfte des Regenten, — nach japanischer Anschauung die tödtlichste Beleidigung; die folgenden Trabanten springen zu um ihn nieder- zustossen, dadurch entsteht um den Norimon eine Lücke in welche sich die übrigen Verhüllten stürzen, — sie haben ihre Regenmäntel abgeworfen und erscheinen in funkelnder Waffenrüstung. Es folgt ein kurzes Gemetzel, — plötzlich flieht einer der Angreifenden, ein blutiges Haupt in den Lüften schwingend; er passirt unangefochten die Wache des nächsten Strassenthores, wird dann von den Verfol- genden ereilt und zusammengehauen, — das abgeschlagene Haupt ist aber ein fremdes. Um den Norimon des Regenten lag es voll zer- fleischter Leichname, darunter mehrere der Angreifenden; zwei 14) Ueber die Erbfolge im Hause des Taïkūn s. S. 113, über das Amt des Re- genten S. 121.

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864, S. 285. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien01_1864/315>, abgerufen am 21.11.2024.