[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864.Empfang und Bewirthung. IV. Aeusseren. Auf einen dritten Stuhl neben diesem setzten sichabwechselnd die beiden Bunyo's, und in der Mitte kniete Moriyama auf dem Boden. Hinter dem Minister kauerten zwei Beamte, die kein Schreibzeug hatten, aber aufmerksam zu horchen schienen. Vor jedem der Stühle stand ein kleiner Tisch, wo geschmackvoll geklei- dete Knaben Thee, Backwerk und Birnen auftrugen; sie schritten lautlos und feierlich in tactartig abgemessener Bewegung einer hinter dem anderen her, die lackirte Tasse in der Höhe des Kinnes tragend, und setzten sie mit ehrerbietiger Verbeugung nieder; -- so verlangt es die Sitte des vornehmen Hauses. Das Empfangszimmer glich in seiner Einrichtung denen in Der Minister entwickelte mit grosser Klarheit eine Uebersicht Empfang und Bewirthung. IV. Aeusseren. Auf einen dritten Stuhl neben diesem setzten sichabwechselnd die beiden Bunyo’s, und in der Mitte kniete Moriyama auf dem Boden. Hinter dem Minister kauerten zwei Beamte, die kein Schreibzeug hatten, aber aufmerksam zu horchen schienen. Vor jedem der Stühle stand ein kleiner Tisch, wo geschmackvoll geklei- dete Knaben Thee, Backwerk und Birnen auftrugen; sie schritten lautlos und feierlich in tactartig abgemessener Bewegung einer hinter dem anderen her, die lackirte Tasse in der Höhe des Kinnes tragend, und setzten sie mit ehrerbietiger Verbeugung nieder; — so verlangt es die Sitte des vornehmen Hauses. Das Empfangszimmer glich in seiner Einrichtung denen in Der Minister entwickelte mit grosser Klarheit eine Uebersicht <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0320" n="290"/><fw place="top" type="header">Empfang und Bewirthung. IV.</fw><lb/> Aeusseren. Auf einen dritten Stuhl neben diesem setzten sich<lb/> abwechselnd die beiden <hi rendition="#k">Bunyo</hi>’s, und in der Mitte kniete <hi rendition="#k"><persName ref="http://id.loc.gov/authorities/names/no2009018590">Moriyama</persName></hi><lb/> auf dem Boden. Hinter dem Minister kauerten zwei Beamte, die kein<lb/> Schreibzeug hatten, aber aufmerksam zu horchen schienen. Vor<lb/> jedem der Stühle stand ein kleiner Tisch, wo geschmackvoll geklei-<lb/> dete Knaben Thee, Backwerk und Birnen auftrugen; sie schritten<lb/> lautlos und feierlich in tactartig abgemessener Bewegung einer hinter<lb/> dem anderen her, die lackirte Tasse in der Höhe des Kinnes tragend,<lb/> und setzten sie mit ehrerbietiger Verbeugung nieder; — so verlangt<lb/> es die Sitte des vornehmen Hauses.</p><lb/> <p>Das Empfangszimmer glich in seiner Einrichtung denen in<lb/><hi rendition="#k"><placeName>Akabane</placeName></hi>: helle Tapeten, feine Matten, geschliffenes Holzwerk, —<lb/> Alles auf das äusserste sauber und gepflegt, dabei einfach geschmack-<lb/> voll und nicht ohne vornehmen Anstrich; die nur für den Empfang<lb/> der Europäer aufgestellten Stühle und Tische waren schwarz lackirt.<lb/> Zum Thee und nach der Collation rauchen die Japaner ihre kleinen<lb/> Pfeifen, deren metallener Kopf dem kleinsten Eichelnäpfchen gleicht;<lb/> mehrere Diener sind beständig mit dem Stopfen derselben beschäftigt<lb/> und reichen sie ihren Herren. Auf den Tischen stehen kleine Metall-<lb/> becken, worin unter weisser Asche Holzkohlen glimmen, denn jede<lb/> Pfeife dauert nur wenige Züge. Die Europäer halten sich an Manila-<lb/> Cigarren, und viele Japaner gewöhnen sich auch schon daran. —<lb/> Der Anzug des Ministers war sehr kleidend, eine Art Mantille von<lb/> schwarzem Krepp über dem kurzen seidenen Rock, die Farben des<lb/> Untergewandes und der Beinkleider nüchtern und anspruchslos. Sein<lb/> Benehmen konnte man ernst und feierlich nennen, aber nicht steif;<lb/> er wusste zu lächeln, wenn das Gespräch eine scherzhafte Wendung<lb/> nahm. Die Unterhaltung drehte sich anfangs um gleichgültige Ge-<lb/> genstände, den letzten Sturm, die preussischen Schiffe, die Ereignisse<lb/> in <placeName>China</placeName>, das Klima und die Erzeugnisse von <placeName>Japan</placeName>. Der Gesandte<lb/> gab dem Gespräche zuerst eine ernste Wendung, und die Unterre-<lb/> dung wurde nun ganz geschäftlich.</p><lb/> <p>Der Minister entwickelte mit grosser Klarheit eine Uebersicht<lb/> der Handelsverträge, welche <placeName>Japan</placeName> nach zweihundertjähriger völliger<lb/> Isolirung in den letzten sechs Jahren abgeschlossen hatte. Die<lb/> öffentliche Meinung spreche sich so bestimmt gegen diese Verträge<lb/> aus, welche nach seiner Ansicht zum Wohle des Landes gedeihen<lb/> sollten, dass die Regierung kaum die eingegangenen Verpflichtungen<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [290/0320]
Empfang und Bewirthung. IV.
Aeusseren. Auf einen dritten Stuhl neben diesem setzten sich
abwechselnd die beiden Bunyo’s, und in der Mitte kniete Moriyama
auf dem Boden. Hinter dem Minister kauerten zwei Beamte, die kein
Schreibzeug hatten, aber aufmerksam zu horchen schienen. Vor
jedem der Stühle stand ein kleiner Tisch, wo geschmackvoll geklei-
dete Knaben Thee, Backwerk und Birnen auftrugen; sie schritten
lautlos und feierlich in tactartig abgemessener Bewegung einer hinter
dem anderen her, die lackirte Tasse in der Höhe des Kinnes tragend,
und setzten sie mit ehrerbietiger Verbeugung nieder; — so verlangt
es die Sitte des vornehmen Hauses.
Das Empfangszimmer glich in seiner Einrichtung denen in
Akabane: helle Tapeten, feine Matten, geschliffenes Holzwerk, —
Alles auf das äusserste sauber und gepflegt, dabei einfach geschmack-
voll und nicht ohne vornehmen Anstrich; die nur für den Empfang
der Europäer aufgestellten Stühle und Tische waren schwarz lackirt.
Zum Thee und nach der Collation rauchen die Japaner ihre kleinen
Pfeifen, deren metallener Kopf dem kleinsten Eichelnäpfchen gleicht;
mehrere Diener sind beständig mit dem Stopfen derselben beschäftigt
und reichen sie ihren Herren. Auf den Tischen stehen kleine Metall-
becken, worin unter weisser Asche Holzkohlen glimmen, denn jede
Pfeife dauert nur wenige Züge. Die Europäer halten sich an Manila-
Cigarren, und viele Japaner gewöhnen sich auch schon daran. —
Der Anzug des Ministers war sehr kleidend, eine Art Mantille von
schwarzem Krepp über dem kurzen seidenen Rock, die Farben des
Untergewandes und der Beinkleider nüchtern und anspruchslos. Sein
Benehmen konnte man ernst und feierlich nennen, aber nicht steif;
er wusste zu lächeln, wenn das Gespräch eine scherzhafte Wendung
nahm. Die Unterhaltung drehte sich anfangs um gleichgültige Ge-
genstände, den letzten Sturm, die preussischen Schiffe, die Ereignisse
in China, das Klima und die Erzeugnisse von Japan. Der Gesandte
gab dem Gespräche zuerst eine ernste Wendung, und die Unterre-
dung wurde nun ganz geschäftlich.
Der Minister entwickelte mit grosser Klarheit eine Uebersicht
der Handelsverträge, welche Japan nach zweihundertjähriger völliger
Isolirung in den letzten sechs Jahren abgeschlossen hatte. Die
öffentliche Meinung spreche sich so bestimmt gegen diese Verträge
aus, welche nach seiner Ansicht zum Wohle des Landes gedeihen
sollten, dass die Regierung kaum die eingegangenen Verpflichtungen
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