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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864.

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Japanische Schwerter. Rüstungen. V.
bald farbig oder gestreift, genarbt, bald matt, bald glänzend, immer
hart und dauerhaft. -- Das grössere zweihändige Schwert der Samrai
heisst Katana, das kürzere Wakisasi. Häufig werden diese in
Paaren gefertigt, so dass die Knäufe, Stichblätter und alle übrigen
Garnituren dieselben sind; die Meisten tragen sie aber verschieden-
artig. Die kleineren Schwerter oder Dolche haben vielfach keine
Stichblätter; diejenigen der Ackerbauer und privilegirten Kaufleute
sind dem Wakisasi sehr ähnlich. Der Japaner trägt seine Schwerter
fast durchgängig im Gürtel; nur wenige der grösseren haben Gehenke,
und scheinen so nur zur vollen Waffenrüstung geführt zu werden.
Den grössten Werth legt man auf die Klingen; namentlich alte von
berühmten Meistern werden geschätzt und oft mit Tausenden be-
zahlt. Die Schneide ist von grosser Härte und nimmt einen vorzüg-
lichen Schliff an, der Rücken besteht aber aus weichem Eisen; so
kommt es denn dass sie die Probe europäischer Klingen nicht aus-
halten, und einmal gebogen -- was freilich bei der grossen Dicke
nicht leicht vorkommt -- in krummer Linie stehen bleiben. Viele
haben eine flammige Oberfläche, man sieht wo der Stahl an das
Eisen ansetzt. Die Cementirung der Schneide scheint besonderer
Gegenstand der Sorgfalt zu sein; darüber giebt es ausführliche
Werke mit Abbildungen, deren Text uns leider noch nicht zugänglich
geworden ist. Manche der werthvollsten Klingen sind über und
über mit kriseligen Aetz- oder Rostflecken bedeckt 1).

In anderen Läden werden Helme, Kriegsmasken und ganze
Rüstungen feil geboten. Letztere sind gewöhnlich aus starkem
Leder und Bambus, mit lackirtem Metall überzogen, und bestehen
aus vielen einzelnen Stücken, die mit dicken seidenen Schnüren
beflochten und zusammengelascht werden. Jede vornehme Familie
hat ihre Farbe welche auch die Vasallen und Trabanten tragen:
so führen die Minamoto schwarzes Geflecht, die Taira purpurnes,
die Fudsiwara blassgelbes. Die Kriegsmasken sind ebenfalls von

1) Herr von Siebold beschreibt die Cementirung der japanischen Klingen folgender-
maassen: "Die aus gutem Stabeisen geschmiedeten Klingen werden mit einem Teig
aus Pottasche, Thon- oder Porcellanerde und Kohlenpulver überzogen und an der
Sonne getrocknet, hierauf dem Feuer ausgesetzt und so lange erhitzt bis die Cement-
masse eine weisse Farbe annimmt. Die glühende Klinge wird nun in lauwarmes
Wasser, das aus 3/5 siedendem und 2/5 kaltem erhalten wird, getaucht und allmälich
abgekühlt. Oft erhitzt man bloss die Schneide der Klinge und dann geschieht die
Abkühlung in kaltem Wasser."

Japanische Schwerter. Rüstungen. V.
bald farbig oder gestreift, genarbt, bald matt, bald glänzend, immer
hart und dauerhaft. — Das grössere zweihändige Schwert der Samraï
heisst Katana, das kürzere Wakisasi. Häufig werden diese in
Paaren gefertigt, so dass die Knäufe, Stichblätter und alle übrigen
Garnituren dieselben sind; die Meisten tragen sie aber verschieden-
artig. Die kleineren Schwerter oder Dolche haben vielfach keine
Stichblätter; diejenigen der Ackerbauer und privilegirten Kaufleute
sind dem Wakisasi sehr ähnlich. Der Japaner trägt seine Schwerter
fast durchgängig im Gürtel; nur wenige der grösseren haben Gehenke,
und scheinen so nur zur vollen Waffenrüstung geführt zu werden.
Den grössten Werth legt man auf die Klingen; namentlich alte von
berühmten Meistern werden geschätzt und oft mit Tausenden be-
zahlt. Die Schneide ist von grosser Härte und nimmt einen vorzüg-
lichen Schliff an, der Rücken besteht aber aus weichem Eisen; so
kommt es denn dass sie die Probe europäischer Klingen nicht aus-
halten, und einmal gebogen — was freilich bei der grossen Dicke
nicht leicht vorkommt — in krummer Linie stehen bleiben. Viele
haben eine flammige Oberfläche, man sieht wo der Stahl an das
Eisen ansetzt. Die Cementirung der Schneide scheint besonderer
Gegenstand der Sorgfalt zu sein; darüber giebt es ausführliche
Werke mit Abbildungen, deren Text uns leider noch nicht zugänglich
geworden ist. Manche der werthvollsten Klingen sind über und
über mit kriseligen Aetz- oder Rostflecken bedeckt 1).

In anderen Läden werden Helme, Kriegsmasken und ganze
Rüstungen feil geboten. Letztere sind gewöhnlich aus starkem
Leder und Bambus, mit lackirtem Metall überzogen, und bestehen
aus vielen einzelnen Stücken, die mit dicken seidenen Schnüren
beflochten und zusammengelascht werden. Jede vornehme Familie
hat ihre Farbe welche auch die Vasallen und Trabanten tragen:
so führen die Minamoto schwarzes Geflecht, die Taïra purpurnes,
die Fudsiwara blassgelbes. Die Kriegsmasken sind ebenfalls von

1) Herr von Siebold beschreibt die Cementirung der japanischen Klingen folgender-
maassen: »Die aus gutem Stabeisen geschmiedeten Klingen werden mit einem Teig
aus Pottasche, Thon- oder Porcellanerde und Kohlenpulver überzogen und an der
Sonne getrocknet, hierauf dem Feuer ausgesetzt und so lange erhitzt bis die Cement-
masse eine weisse Farbe annimmt. Die glühende Klinge wird nun in lauwarmes
Wasser, das aus 3/5 siedendem und 2/5 kaltem erhalten wird, getaucht und allmälich
abgekühlt. Oft erhitzt man bloss die Schneide der Klinge und dann geschieht die
Abkühlung in kaltem Wasser.«
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[302/0332] Japanische Schwerter. Rüstungen. V. bald farbig oder gestreift, genarbt, bald matt, bald glänzend, immer hart und dauerhaft. — Das grössere zweihändige Schwert der Samraï heisst Katana, das kürzere Wakisasi. Häufig werden diese in Paaren gefertigt, so dass die Knäufe, Stichblätter und alle übrigen Garnituren dieselben sind; die Meisten tragen sie aber verschieden- artig. Die kleineren Schwerter oder Dolche haben vielfach keine Stichblätter; diejenigen der Ackerbauer und privilegirten Kaufleute sind dem Wakisasi sehr ähnlich. Der Japaner trägt seine Schwerter fast durchgängig im Gürtel; nur wenige der grösseren haben Gehenke, und scheinen so nur zur vollen Waffenrüstung geführt zu werden. Den grössten Werth legt man auf die Klingen; namentlich alte von berühmten Meistern werden geschätzt und oft mit Tausenden be- zahlt. Die Schneide ist von grosser Härte und nimmt einen vorzüg- lichen Schliff an, der Rücken besteht aber aus weichem Eisen; so kommt es denn dass sie die Probe europäischer Klingen nicht aus- halten, und einmal gebogen — was freilich bei der grossen Dicke nicht leicht vorkommt — in krummer Linie stehen bleiben. Viele haben eine flammige Oberfläche, man sieht wo der Stahl an das Eisen ansetzt. Die Cementirung der Schneide scheint besonderer Gegenstand der Sorgfalt zu sein; darüber giebt es ausführliche Werke mit Abbildungen, deren Text uns leider noch nicht zugänglich geworden ist. Manche der werthvollsten Klingen sind über und über mit kriseligen Aetz- oder Rostflecken bedeckt 1). In anderen Läden werden Helme, Kriegsmasken und ganze Rüstungen feil geboten. Letztere sind gewöhnlich aus starkem Leder und Bambus, mit lackirtem Metall überzogen, und bestehen aus vielen einzelnen Stücken, die mit dicken seidenen Schnüren beflochten und zusammengelascht werden. Jede vornehme Familie hat ihre Farbe welche auch die Vasallen und Trabanten tragen: so führen die Minamoto schwarzes Geflecht, die Taïra purpurnes, die Fudsiwara blassgelbes. Die Kriegsmasken sind ebenfalls von 1) Herr von Siebold beschreibt die Cementirung der japanischen Klingen folgender- maassen: »Die aus gutem Stabeisen geschmiedeten Klingen werden mit einem Teig aus Pottasche, Thon- oder Porcellanerde und Kohlenpulver überzogen und an der Sonne getrocknet, hierauf dem Feuer ausgesetzt und so lange erhitzt bis die Cement- masse eine weisse Farbe annimmt. Die glühende Klinge wird nun in lauwarmes Wasser, das aus 3/5 siedendem und 2/5 kaltem erhalten wird, getaucht und allmälich abgekühlt. Oft erhitzt man bloss die Schneide der Klinge und dann geschieht die Abkühlung in kaltem Wasser.«

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864, S. 302. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien01_1864/332>, abgerufen am 22.11.2024.