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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864.

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Papier. V.
Bild noch kenntlich ist. Zudem greifen alle Sepia-Arten das Papier
an, die Tusche aber nicht. -- Der bedeutendste Tuschladen in
Yeddo liegt bei Nippon-basi; man findet dort Stücke, die von
Einheimischen mit vier Kobang -- etwa acht Thalern -- bezahlt
werden. Die europäischen Nachahmungen haben keineswegs die
schätzbaren Eigenschaften der ächten Tusche und können dieselbe
ebensowenig ersetzen, als die französischen Surrogate das ächt
chinesische Papier.

Der Hauptbestandtheil des japanischen Papiers ist wahr-
scheinlich nahezu derselbe wie der des chinesischen, aber seine
Textur ist anders. Rembrandt und andere radirende Künstler unter
den alten Niederländern haben mehrfach japanisches Papier zu Ab-
drücken verwendet, und diese werden wegen ihrer weichen Fülle
und Tiefe noch heut besonders geschätzt. Damals kannte man in
Europa das chinesische Papier nicht. Jetzt liefert das letztere die
besten Abdrücke von Kupferstich und Lithographie, das japanische
wird gar nicht mehr gebraucht, und alle in neuester Zeit damit
angestellten Versuche haben zu keinem günstigen Ergebniss geführt;
die Zubereitung muss sich geändert haben. Dennoch steht die
Papierfabrication in Japan auch heut noch im grössten Flor, man
verfertigt vorzügliche Sorten, natürlich bis jetzt lauter Büttenpapiere.
Die Anwendung des Papiers ist wohl nirgend so allgemein als dort;
es dient ausser zum Schreiben und Drucken zu Fensterscheiben,
Taschentüchern, zu Kleidungsstücken, Lichtdochten, Bindfaden und
hunderterlei Anderem, vorzüglich auch, wie schon erwähnt, als
Leder. Die Masse nimmt jede Oberfläche und Farbe an deren das
natürliche Leder fähig ist, und man hat sogar in Japan alte fran-
zösische Ledertapeten täuschend davon nachgemacht. Den Haupt-
bestandtheil alles japanischen Papiers bilden die Bastfasern eines
Maulbeerbaumes, Morus (Broussonetia) papyrifera; doch sollen
noch mehrere andere Pflanzen, darunter auch der Bambus, die
Ingredienzien zu den verschiedenen Sorten liefern. Einige Arten
zeichnen sich durch grosse Festigkeit aus und sind kaum zerreiss-
bar, andere durch Feinheit und Glanz. Die Farbe ist sehr ver-
schieden, meist gelblich; das helle kalte Weiss unserer mit Chlor
gebleichten Fabricate kennt man in Japan nicht. Sehr hübsch sind
viele ihrer bunten und goldgesprenkelten Papiere, besonders aber
eine Art die bisweilen zu Fensterscheiben verwendet wird, mit
feinem als durchsichtiges Wasserzeichen eingepresstem Muster. --

Papier. V.
Bild noch kenntlich ist. Zudem greifen alle Sepia-Arten das Papier
an, die Tusche aber nicht. — Der bedeutendste Tuschladen in
Yeddo liegt bei Nippon-basi; man findet dort Stücke, die von
Einheimischen mit vier Kobaṅg — etwa acht Thalern — bezahlt
werden. Die europäischen Nachahmungen haben keineswegs die
schätzbaren Eigenschaften der ächten Tusche und können dieselbe
ebensowenig ersetzen, als die französischen Surrogate das ächt
chinesische Papier.

Der Hauptbestandtheil des japanischen Papiers ist wahr-
scheinlich nahezu derselbe wie der des chinesischen, aber seine
Textur ist anders. Rembrandt und andere radirende Künstler unter
den alten Niederländern haben mehrfach japanisches Papier zu Ab-
drücken verwendet, und diese werden wegen ihrer weichen Fülle
und Tiefe noch heut besonders geschätzt. Damals kannte man in
Europa das chinesische Papier nicht. Jetzt liefert das letztere die
besten Abdrücke von Kupferstich und Lithographie, das japanische
wird gar nicht mehr gebraucht, und alle in neuester Zeit damit
angestellten Versuche haben zu keinem günstigen Ergebniss geführt;
die Zubereitung muss sich geändert haben. Dennoch steht die
Papierfabrication in Japan auch heut noch im grössten Flor, man
verfertigt vorzügliche Sorten, natürlich bis jetzt lauter Büttenpapiere.
Die Anwendung des Papiers ist wohl nirgend so allgemein als dort;
es dient ausser zum Schreiben und Drucken zu Fensterscheiben,
Taschentüchern, zu Kleidungsstücken, Lichtdochten, Bindfaden und
hunderterlei Anderem, vorzüglich auch, wie schon erwähnt, als
Leder. Die Masse nimmt jede Oberfläche und Farbe an deren das
natürliche Leder fähig ist, und man hat sogar in Japan alte fran-
zösische Ledertapeten täuschend davon nachgemacht. Den Haupt-
bestandtheil alles japanischen Papiers bilden die Bastfasern eines
Maulbeerbaumes, Morus (Broussonetia) papyrifera; doch sollen
noch mehrere andere Pflanzen, darunter auch der Bambus, die
Ingredienzien zu den verschiedenen Sorten liefern. Einige Arten
zeichnen sich durch grosse Festigkeit aus und sind kaum zerreiss-
bar, andere durch Feinheit und Glanz. Die Farbe ist sehr ver-
schieden, meist gelblich; das helle kalte Weiss unserer mit Chlor
gebleichten Fabricate kennt man in Japan nicht. Sehr hübsch sind
viele ihrer bunten und goldgesprenkelten Papiere, besonders aber
eine Art die bisweilen zu Fensterscheiben verwendet wird, mit
feinem als durchsichtiges Wasserzeichen eingepresstem Muster. —

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[310/0340] Papier. V. Bild noch kenntlich ist. Zudem greifen alle Sepia-Arten das Papier an, die Tusche aber nicht. — Der bedeutendste Tuschladen in Yeddo liegt bei Nippon-basi; man findet dort Stücke, die von Einheimischen mit vier Kobaṅg — etwa acht Thalern — bezahlt werden. Die europäischen Nachahmungen haben keineswegs die schätzbaren Eigenschaften der ächten Tusche und können dieselbe ebensowenig ersetzen, als die französischen Surrogate das ächt chinesische Papier. Der Hauptbestandtheil des japanischen Papiers ist wahr- scheinlich nahezu derselbe wie der des chinesischen, aber seine Textur ist anders. Rembrandt und andere radirende Künstler unter den alten Niederländern haben mehrfach japanisches Papier zu Ab- drücken verwendet, und diese werden wegen ihrer weichen Fülle und Tiefe noch heut besonders geschätzt. Damals kannte man in Europa das chinesische Papier nicht. Jetzt liefert das letztere die besten Abdrücke von Kupferstich und Lithographie, das japanische wird gar nicht mehr gebraucht, und alle in neuester Zeit damit angestellten Versuche haben zu keinem günstigen Ergebniss geführt; die Zubereitung muss sich geändert haben. Dennoch steht die Papierfabrication in Japan auch heut noch im grössten Flor, man verfertigt vorzügliche Sorten, natürlich bis jetzt lauter Büttenpapiere. Die Anwendung des Papiers ist wohl nirgend so allgemein als dort; es dient ausser zum Schreiben und Drucken zu Fensterscheiben, Taschentüchern, zu Kleidungsstücken, Lichtdochten, Bindfaden und hunderterlei Anderem, vorzüglich auch, wie schon erwähnt, als Leder. Die Masse nimmt jede Oberfläche und Farbe an deren das natürliche Leder fähig ist, und man hat sogar in Japan alte fran- zösische Ledertapeten täuschend davon nachgemacht. Den Haupt- bestandtheil alles japanischen Papiers bilden die Bastfasern eines Maulbeerbaumes, Morus (Broussonetia) papyrifera; doch sollen noch mehrere andere Pflanzen, darunter auch der Bambus, die Ingredienzien zu den verschiedenen Sorten liefern. Einige Arten zeichnen sich durch grosse Festigkeit aus und sind kaum zerreiss- bar, andere durch Feinheit und Glanz. Die Farbe ist sehr ver- schieden, meist gelblich; das helle kalte Weiss unserer mit Chlor gebleichten Fabricate kennt man in Japan nicht. Sehr hübsch sind viele ihrer bunten und goldgesprenkelten Papiere, besonders aber eine Art die bisweilen zu Fensterscheiben verwendet wird, mit feinem als durchsichtiges Wasserzeichen eingepresstem Muster. —

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864, S. 310. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien01_1864/340>, abgerufen am 22.11.2024.