[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864.V. Die Unterredung. erklärte, dass alle Bestimmungen dieser Convention durch denAbschluss der späteren Verträge ausser Kraft gesetzt wären. Auch seine eigene mündliche Zusage an Herrn Harris, mit Preussen ab- zuschliessen, sei nur eine ganz allgemeine gewesen; die Regierung weigere sich auch durchaus nicht in Vertragsverhältnisse zu treten, sei im Gegentheil bereit zu einem schriftlichen Versprechen, könne aber unmöglich im gegenwärtigen Augenblick weiter gehen und müsse auf dieser Antwort beharren. Im Eifer des Gespräches ergriff Ando-Tsus-sima den vor ihm stehenden Feuerbecher, -- ein zum Rauchapparat der Japaner gehöriges Geräth von Bronze, in welchem unter feiner Asche eine Kohle zum Anzünden der Pfeifen stundenlang fortglimmt, -- und sagte, Japan sei wie dieser Becher; das Feuer im Inneren glühe fort und fort und verzehre den Inhalt, äussere Flammen aber könnten dem Gefässe und seinem Inhalt keinen Schaden thun. Das innere Feuer drückte "die öffentliche Meinung" aus, die äusseren Flammen das Andringen der fremden Mächte, -- Krieg. Dies war in der That der richtige Ausdruck für die Anschauung der Regierung; die Furcht vor Verwickelungen mit dem Auslande hatte sich gelegt, man glaubte selbst ausgesprochenen Drohungen nicht mehr, da sie niemals von thätigen Aeusserungen der Macht begleitet wurden, da ferner eine Depesche vom englischen Minister des Auswärtigen in die Oeffentlichkeit gelangt war, in welcher der brittische Gesandte wegen der Androhung kriegerischer Maassregeln einen Verweis erhielt. Das Gefühl überrumpelt worden zu sein machte die japanische Regierung jetzt doppelt zähe, und die frühere Nachgiebigkeit schlug in starre Zurückhaltung um. Man suchte sich auch den eingegangenen Verpflichtungen zu entziehen, und fand in dem Benehmen der fremden Ansiedeler, in der Vertheuerung der Lebensmittel und der politischen Aufregung alle Veranlassung dazu. Der Minister sprach in seinem Gleichniss ganz deutlich aus, dass er sich vor äusseren Zerwürfnissen nicht fürchte. Dass aber seine Besorgniss vor gefährlichen inneren Spaltungen nicht unbe- gründet war, haben die neuesten Ereignisse deutlich bewiesen. Ando-Tsus-sima selbst wurde später -- im Januar 1862 -- wegen seines gemässigten Auftretens gegen die Fremden von acht fanatischen Bravo's auf der Strasse angefallen; es gelang ihm glücklicher Weise aus dem Norimon zu springen und sein Schwert zu ziehen, er erhielt aber im Handgemenge kämpfend einen Hieb in das Gesicht und einen Lanzenstich in den Rücken, der nahezu tödtlich geworden V. Die Unterredung. erklärte, dass alle Bestimmungen dieser Convention durch denAbschluss der späteren Verträge ausser Kraft gesetzt wären. Auch seine eigene mündliche Zusage an Herrn Harris, mit Preussen ab- zuschliessen, sei nur eine ganz allgemeine gewesen; die Regierung weigere sich auch durchaus nicht in Vertragsverhältnisse zu treten, sei im Gegentheil bereit zu einem schriftlichen Versprechen, könne aber unmöglich im gegenwärtigen Augenblick weiter gehen und müsse auf dieser Antwort beharren. Im Eifer des Gespräches ergriff Ando-Tsus-sima den vor ihm stehenden Feuerbecher, — ein zum Rauchapparat der Japaner gehöriges Geräth von Bronze, in welchem unter feiner Asche eine Kohle zum Anzünden der Pfeifen stundenlang fortglimmt, — und sagte, Japan sei wie dieser Becher; das Feuer im Inneren glühe fort und fort und verzehre den Inhalt, äussere Flammen aber könnten dem Gefässe und seinem Inhalt keinen Schaden thun. Das innere Feuer drückte »die öffentliche Meinung« aus, die äusseren Flammen das Andringen der fremden Mächte, — Krieg. Dies war in der That der richtige Ausdruck für die Anschauung der Regierung; die Furcht vor Verwickelungen mit dem Auslande hatte sich gelegt, man glaubte selbst ausgesprochenen Drohungen nicht mehr, da sie niemals von thätigen Aeusserungen der Macht begleitet wurden, da ferner eine Depesche vom englischen Minister des Auswärtigen in die Oeffentlichkeit gelangt war, in welcher der brittische Gesandte wegen der Androhung kriegerischer Maassregeln einen Verweis erhielt. Das Gefühl überrumpelt worden zu sein machte die japanische Regierung jetzt doppelt zähe, und die frühere Nachgiebigkeit schlug in starre Zurückhaltung um. Man suchte sich auch den eingegangenen Verpflichtungen zu entziehen, und fand in dem Benehmen der fremden Ansiedeler, in der Vertheuerung der Lebensmittel und der politischen Aufregung alle Veranlassung dazu. Der Minister sprach in seinem Gleichniss ganz deutlich aus, dass er sich vor äusseren Zerwürfnissen nicht fürchte. Dass aber seine Besorgniss vor gefährlichen inneren Spaltungen nicht unbe- gründet war, haben die neuesten Ereignisse deutlich bewiesen. Ando-Tsus-sima selbst wurde später — im Januar 1862 — wegen seines gemässigten Auftretens gegen die Fremden von acht fanatischen Bravo’s auf der Strasse angefallen; es gelang ihm glücklicher Weise aus dem Norimon zu springen und sein Schwert zu ziehen, er erhielt aber im Handgemenge kämpfend einen Hieb in das Gesicht und einen Lanzenstich in den Rücken, der nahezu tödtlich geworden <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0381" n="351"/><fw place="top" type="header">V. Die Unterredung.</fw><lb/> erklärte, dass alle Bestimmungen dieser Convention durch den<lb/> Abschluss der späteren Verträge ausser Kraft gesetzt wären. 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V. Die Unterredung.
erklärte, dass alle Bestimmungen dieser Convention durch den
Abschluss der späteren Verträge ausser Kraft gesetzt wären. Auch
seine eigene mündliche Zusage an Herrn Harris, mit Preussen ab-
zuschliessen, sei nur eine ganz allgemeine gewesen; die Regierung
weigere sich auch durchaus nicht in Vertragsverhältnisse zu treten, sei
im Gegentheil bereit zu einem schriftlichen Versprechen, könne
aber unmöglich im gegenwärtigen Augenblick weiter gehen und
müsse auf dieser Antwort beharren. Im Eifer des Gespräches ergriff
Ando-Tsus-sima den vor ihm stehenden Feuerbecher, — ein zum
Rauchapparat der Japaner gehöriges Geräth von Bronze, in welchem
unter feiner Asche eine Kohle zum Anzünden der Pfeifen stundenlang
fortglimmt, — und sagte, Japan sei wie dieser Becher; das Feuer
im Inneren glühe fort und fort und verzehre den Inhalt, äussere
Flammen aber könnten dem Gefässe und seinem Inhalt keinen Schaden
thun. Das innere Feuer drückte »die öffentliche Meinung« aus, die
äusseren Flammen das Andringen der fremden Mächte, — Krieg.
Dies war in der That der richtige Ausdruck für die Anschauung
der Regierung; die Furcht vor Verwickelungen mit dem Auslande
hatte sich gelegt, man glaubte selbst ausgesprochenen Drohungen
nicht mehr, da sie niemals von thätigen Aeusserungen der Macht
begleitet wurden, da ferner eine Depesche vom englischen Minister
des Auswärtigen in die Oeffentlichkeit gelangt war, in welcher der
brittische Gesandte wegen der Androhung kriegerischer Maassregeln
einen Verweis erhielt. Das Gefühl überrumpelt worden zu sein
machte die japanische Regierung jetzt doppelt zähe, und die frühere
Nachgiebigkeit schlug in starre Zurückhaltung um. Man suchte
sich auch den eingegangenen Verpflichtungen zu entziehen, und
fand in dem Benehmen der fremden Ansiedeler, in der Vertheuerung
der Lebensmittel und der politischen Aufregung alle Veranlassung
dazu. Der Minister sprach in seinem Gleichniss ganz deutlich aus,
dass er sich vor äusseren Zerwürfnissen nicht fürchte. Dass aber
seine Besorgniss vor gefährlichen inneren Spaltungen nicht unbe-
gründet war, haben die neuesten Ereignisse deutlich bewiesen.
Ando-Tsus-sima selbst wurde später — im Januar 1862 — wegen
seines gemässigten Auftretens gegen die Fremden von acht fanatischen
Bravo’s auf der Strasse angefallen; es gelang ihm glücklicher Weise
aus dem Norimon zu springen und sein Schwert zu ziehen, er erhielt
aber im Handgemenge kämpfend einen Hieb in das Gesicht und
einen Lanzenstich in den Rücken, der nahezu tödtlich geworden
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