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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864.

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Fortschritte des Buddismus. Politik der Fudsiwara.
bedeckten die waldigen Hänge. Die buddistischen Secten hatten sich
im achten Jahrhundert immer mehr in Japan ausgebreitet; dem
gebildeteren Volke musste ihre zum Denken und zur Betrachtung
anregende Lehre mehr zusagen als die alte Naturreligion. Durch die
häufigen Berührungen mit China kamen vielerlei Observanzen herüber
und auch in Japan entstanden neue Secten. Die einheimischen
Theologen scheinen das Material in eigenthümlicher Weise ver-
arbeitet und mit der alten volksthümlichen Lehre verschmolzen zu
haben: bald liessen sie die alten Kami's unter der Hülle indischer
Gottheiten erscheinen, bald diese in den Personen japanischer
Herrscher und Helden wiedergeboren werden. So wurde die alte
Landesreligion nicht verdrängt, aber vielfach modificirt, und übte
auch ihrerseits starken Einfluss auf den buddistischen Cultus. Wenige
Secten scheinen die eine oder die andere Lehre in ihrer vollen
Reinheit bewahrt zu haben, aber der Buddismus gewann ein grosses
Uebergewicht. Selbst die Erbkaiser, wiewohl doch eigentlich eine
Incarnation der alten Nationalgottheit, bekannten sich zu dem
indischen Cultus; von Kuan-mu, dem funfzigsten Mikado, wird
ausdrücklich erzählt, dass er sich buddistisch taufen liess 29).

Das Ansehn der Erbkaiser scheint in dieser Periode und noch
bis in den Anfang des neunten Jahrhunderts im Steigen gewesen
zu sein. Zwar bekleideten schon damals die Fudsiwara fortwäh-
rend die höchsten Hof- und Staatsämter, doch war ihr Einfluss
nicht unbedingt; sie hatten lange Zeit die Eifersucht anderer Günst-
linge zu bekämpfen, mussten oft weichen, und überwanden ihre
Nebenbuhler erst zu Ende des achten Jahrhunderts, das besonders
reich war an weiblichen Mikado's. Die Politik dieser Familie bestand
darin, ihre Töchter den Kaisern zu vermälen und ihnen oder
ihren unfähigsten Söhnen die Succession zu verschaffen. Im Anfange
des neunten Jahrhunderts befestigte sich die Macht der Fudsiwara
immer mehr: unter ihrer Einwirkung abdiciren der einundfunfzigste,

29) Klaproth beschreibt in einer Anmerkung zu den Kaiserannalen die "buddi-
stische Taufe" folgendermaassen: La ceremonie du bapteme bouddique (Kuan-tsioo)
se fait dans un endroit obscur ou ne peuvent penetrer les regards de personne.
Le grand-pretre qui tient en main un vase de cuivre repand un peu d'eau sur la
tete du neophyte en prononcant quelques paroles. On appelle l'eau du bapteme
Kan-ro, la rosee douce. En le versant sur la tete du neophyte le pretre prie
les dieux de lui remettre les Sango, c'est-a-dire ses peches avant, pendant et apres
cette vie, et de l'aider a purifier son coeur et a parvenir a la perfection.

Fortschritte des Buddismus. Politik der Fudsiwara.
bedeckten die waldigen Hänge. Die buddistischen Secten hatten sich
im achten Jahrhundert immer mehr in Japan ausgebreitet; dem
gebildeteren Volke musste ihre zum Denken und zur Betrachtung
anregende Lehre mehr zusagen als die alte Naturreligion. Durch die
häufigen Berührungen mit China kamen vielerlei Observanzen herüber
und auch in Japan entstanden neue Secten. Die einheimischen
Theologen scheinen das Material in eigenthümlicher Weise ver-
arbeitet und mit der alten volksthümlichen Lehre verschmolzen zu
haben: bald liessen sie die alten Kami’s unter der Hülle indischer
Gottheiten erscheinen, bald diese in den Personen japanischer
Herrscher und Helden wiedergeboren werden. So wurde die alte
Landesreligion nicht verdrängt, aber vielfach modificirt, und übte
auch ihrerseits starken Einfluss auf den buddistischen Cultus. Wenige
Secten scheinen die eine oder die andere Lehre in ihrer vollen
Reinheit bewahrt zu haben, aber der Buddismus gewann ein grosses
Uebergewicht. Selbst die Erbkaiser, wiewohl doch eigentlich eine
Incarnation der alten Nationalgottheit, bekannten sich zu dem
indischen Cultus; von Kuan-mu, dem funfzigsten Mikado, wird
ausdrücklich erzählt, dass er sich buddistisch taufen liess 29).

Das Ansehn der Erbkaiser scheint in dieser Periode und noch
bis in den Anfang des neunten Jahrhunderts im Steigen gewesen
zu sein. Zwar bekleideten schon damals die Fudsiwara fortwäh-
rend die höchsten Hof- und Staatsämter, doch war ihr Einfluss
nicht unbedingt; sie hatten lange Zeit die Eifersucht anderer Günst-
linge zu bekämpfen, mussten oft weichen, und überwanden ihre
Nebenbuhler erst zu Ende des achten Jahrhunderts, das besonders
reich war an weiblichen Mikado’s. Die Politik dieser Familie bestand
darin, ihre Töchter den Kaisern zu vermälen und ihnen oder
ihren unfähigsten Söhnen die Succession zu verschaffen. Im Anfange
des neunten Jahrhunderts befestigte sich die Macht der Fudsiwara
immer mehr: unter ihrer Einwirkung abdiciren der einundfunfzigste,

29) Klaproth beschreibt in einer Anmerkung zu den Kaiserannalen die »buddi-
stische Taufe« folgendermaassen: La cérémonie du baptême bouddique (Kuan-tsioo)
se fait dans un endroit obscur où ne peuvent pénétrer les regards de personne.
Le grand-prêtre qui tient en main un vase de cuivre repand un peu d’eau sur la
tête du néophyte en prononçant quelques paroles. On appelle l’eau du baptême
Kan-ro, la rosée douce. En le versant sur la tête du néophyte le prêtre prie
les dieux de lui remettre les Sango, c’est-à-dire ses pêchés avant, pendant et après
cette vie, et de l’aider à purifier son cœur et à parvenir à la perfection.
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[29/0059] Fortschritte des Buddismus. Politik der Fudsiwara. bedeckten die waldigen Hänge. Die buddistischen Secten hatten sich im achten Jahrhundert immer mehr in Japan ausgebreitet; dem gebildeteren Volke musste ihre zum Denken und zur Betrachtung anregende Lehre mehr zusagen als die alte Naturreligion. Durch die häufigen Berührungen mit China kamen vielerlei Observanzen herüber und auch in Japan entstanden neue Secten. Die einheimischen Theologen scheinen das Material in eigenthümlicher Weise ver- arbeitet und mit der alten volksthümlichen Lehre verschmolzen zu haben: bald liessen sie die alten Kami’s unter der Hülle indischer Gottheiten erscheinen, bald diese in den Personen japanischer Herrscher und Helden wiedergeboren werden. So wurde die alte Landesreligion nicht verdrängt, aber vielfach modificirt, und übte auch ihrerseits starken Einfluss auf den buddistischen Cultus. Wenige Secten scheinen die eine oder die andere Lehre in ihrer vollen Reinheit bewahrt zu haben, aber der Buddismus gewann ein grosses Uebergewicht. Selbst die Erbkaiser, wiewohl doch eigentlich eine Incarnation der alten Nationalgottheit, bekannten sich zu dem indischen Cultus; von Kuan-mu, dem funfzigsten Mikado, wird ausdrücklich erzählt, dass er sich buddistisch taufen liess 29). Das Ansehn der Erbkaiser scheint in dieser Periode und noch bis in den Anfang des neunten Jahrhunderts im Steigen gewesen zu sein. Zwar bekleideten schon damals die Fudsiwara fortwäh- rend die höchsten Hof- und Staatsämter, doch war ihr Einfluss nicht unbedingt; sie hatten lange Zeit die Eifersucht anderer Günst- linge zu bekämpfen, mussten oft weichen, und überwanden ihre Nebenbuhler erst zu Ende des achten Jahrhunderts, das besonders reich war an weiblichen Mikado’s. Die Politik dieser Familie bestand darin, ihre Töchter den Kaisern zu vermälen und ihnen oder ihren unfähigsten Söhnen die Succession zu verschaffen. Im Anfange des neunten Jahrhunderts befestigte sich die Macht der Fudsiwara immer mehr: unter ihrer Einwirkung abdiciren der einundfunfzigste, 29) Klaproth beschreibt in einer Anmerkung zu den Kaiserannalen die »buddi- stische Taufe« folgendermaassen: La cérémonie du baptême bouddique (Kuan-tsioo) se fait dans un endroit obscur où ne peuvent pénétrer les regards de personne. Le grand-prêtre qui tient en main un vase de cuivre repand un peu d’eau sur la tête du néophyte en prononçant quelques paroles. On appelle l’eau du baptême Kan-ro, la rosée douce. En le versant sur la tête du néophyte le prêtre prie les dieux de lui remettre les Sango, c’est-à-dire ses pêchés avant, pendant et après cette vie, et de l’aider à purifier son cœur et à parvenir à la perfection.

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien01_1864/59>, abgerufen am 23.11.2024.