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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864.

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Krieg gegen Korea.
Philippinen zur Unterwerfung aufgefordert habe74). Diese Nachricht
scheint mit Valignan's günstigem Empfange und der ihm schliesslich
ertheilten Antwort nicht in Einklang zu stehen, wenn man nicht
annehmen soll, dass seine Gesandtschaft als eine portugiesische
angesehen, und die Vereinigung Portugals mit Spanien den Japanern
damals noch verheimlicht worden wäre. Der Kaiser that zu der-
selben Zeit die ersten Schritte zur Verwirklichung seines grossen
Planes, der Unterwerfung des chinesischen Reiches: er schickte eine
Gesandtschaft an den König von Tsaosien (Korea) und forderte ihn
zum Bündniss gegen das Reich der Mitte auf. Dieser schlug es aus
und nun wurde zunächst der Krieg gegen Korea beschlossen.

Taiko-sama zog im Jahre 1592 ein Heer von 156,900 Mann1592.
bei Nangoya, einem Küstenorte der Landschaft Fidsen zusammen,
von wo er die Expedition leitete. Das Heer setzte nach Tsus-sima
über, von da landeten zwei, vornehmlich aus Christen bestehende
Armeecorps auf Korea und eroberten in kurzer Zeit den grössten
Theil der Halbinsel. Chinesische Truppen, die den Koreanern zu Hülfe
zogen, erlitten im ersten Feldzuge eine Niederlage; sie drängten zwar
in einem zweiten die Japaner in ihre Verschanzungen zurück, konnten
aber weiter nichts ausrichten und suchten deshalb zu unterhandeln:
man schloss zunächst einen Waffenstillstand und bald darauf 1593
zu Nangoya den Frieden. Die japanischen Truppen räumten Korea
und die königliche Familie wurde in Freiheit gesetzt. Eine Gesandt-
schaft von Tsaosien, welche bald darauf nach Japan kam, wies
der Kaiser ab, weil er es unpassend fand, dass der Gesandte kein
Prinz aus dem Königshause war. Aus China erschienen erst 1596
Gesandte in Fusimi, die sehr glänzend empfangen, aber nach Ver-
lesung des kaiserlichen Schreibens, in welchem Taiko-sama chine-
sischer Lehnsmann und König von Japan hiess75), mit Schimpf und

74) Die Kaiserannalen sagen nichts davon; ihre Berichte über Taiko-sama und
seine Zeit sind überhaupt äusserst mager. Er erscheint zwar auch hier als mächtiger
Usurpator, der dem Reiche Frieden und Ruhe und nach aussen grosses Ansehn
giebt, doch mochte der Verfasser wohl Grund haben, gegenüber der Dynastie des
Minamoto-no-Jyeyas, welcher den Sohn des Taiko-sama stürzte, von dessen
Grossthaten zu schweigen.
75) Taiko-sama soll in die Worte ausgebrochen sein, er sei König von Japan
durch sich selbst, und werde, wenn es darauf ankomme, die Ta-Ming zu seinen
Vasallen machen. -- Hier, wie in der ganzen Darstellung des koreanischen Krieges,
ist der Verfasser der aus japanischen und chinesischen Quellen geschöpften Dar-
stellung des Professor Hoffmann (Japans Bezüge zu Korai, Siebold Nippon Bd. VII.)
5*

Krieg gegen Korea.
Philippinen zur Unterwerfung aufgefordert habe74). Diese Nachricht
scheint mit Valignan’s günstigem Empfange und der ihm schliesslich
ertheilten Antwort nicht in Einklang zu stehen, wenn man nicht
annehmen soll, dass seine Gesandtschaft als eine portugiesische
angesehen, und die Vereinigung Portugals mit Spanien den Japanern
damals noch verheimlicht worden wäre. Der Kaiser that zu der-
selben Zeit die ersten Schritte zur Verwirklichung seines grossen
Planes, der Unterwerfung des chinesischen Reiches: er schickte eine
Gesandtschaft an den König von Tšaosien (Korea) und forderte ihn
zum Bündniss gegen das Reich der Mitte auf. Dieser schlug es aus
und nun wurde zunächst der Krieg gegen Korea beschlossen.

Taïko-sama zog im Jahre 1592 ein Heer von 156,900 Mann1592.
bei Naṅgoya, einem Küstenorte der Landschaft Fidsen zusammen,
von wo er die Expedition leitete. Das Heer setzte nach Tsus-sima
über, von da landeten zwei, vornehmlich aus Christen bestehende
Armeecorps auf Korea und eroberten in kurzer Zeit den grössten
Theil der Halbinsel. Chinesische Truppen, die den Koreanern zu Hülfe
zogen, erlitten im ersten Feldzuge eine Niederlage; sie drängten zwar
in einem zweiten die Japaner in ihre Verschanzungen zurück, konnten
aber weiter nichts ausrichten und suchten deshalb zu unterhandeln:
man schloss zunächst einen Waffenstillstand und bald darauf 1593
zu Naṅgoya den Frieden. Die japanischen Truppen räumten Korea
und die königliche Familie wurde in Freiheit gesetzt. Eine Gesandt-
schaft von Tšaosien, welche bald darauf nach Japan kam, wies
der Kaiser ab, weil er es unpassend fand, dass der Gesandte kein
Prinz aus dem Königshause war. Aus China erschienen erst 1596
Gesandte in Fusimi, die sehr glänzend empfangen, aber nach Ver-
lesung des kaiserlichen Schreibens, in welchem Taïko-sama chine-
sischer Lehnsmann und König von Japan hiess75), mit Schimpf und

74) Die Kaiserannalen sagen nichts davon; ihre Berichte über Taïko-sama und
seine Zeit sind überhaupt äusserst mager. Er erscheint zwar auch hier als mächtiger
Usurpator, der dem Reiche Frieden und Ruhe und nach aussen grosses Ansehn
giebt, doch mochte der Verfasser wohl Grund haben, gegenüber der Dynastie des
Minamoto-no-Jyeyas, welcher den Sohn des Taïko-sama stürzte, von dessen
Grossthaten zu schweigen.
75) Taïko-sama soll in die Worte ausgebrochen sein, er sei König von Japan
durch sich selbst, und werde, wenn es darauf ankomme, die Ta-Ming zu seinen
Vasallen machen. — Hier, wie in der ganzen Darstellung des koreanischen Krieges,
ist der Verfasser der aus japanischen und chinesischen Quellen geschöpften Dar-
stellung des Professor Hoffmann (Japans Bezüge zu Koraï, Siebold Nippon Bd. VII.)
5*
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[67/0097] Krieg gegen Korea. Philippinen zur Unterwerfung aufgefordert habe 74). Diese Nachricht scheint mit Valignan’s günstigem Empfange und der ihm schliesslich ertheilten Antwort nicht in Einklang zu stehen, wenn man nicht annehmen soll, dass seine Gesandtschaft als eine portugiesische angesehen, und die Vereinigung Portugals mit Spanien den Japanern damals noch verheimlicht worden wäre. Der Kaiser that zu der- selben Zeit die ersten Schritte zur Verwirklichung seines grossen Planes, der Unterwerfung des chinesischen Reiches: er schickte eine Gesandtschaft an den König von Tšaosien (Korea) und forderte ihn zum Bündniss gegen das Reich der Mitte auf. Dieser schlug es aus und nun wurde zunächst der Krieg gegen Korea beschlossen. Taïko-sama zog im Jahre 1592 ein Heer von 156,900 Mann bei Naṅgoya, einem Küstenorte der Landschaft Fidsen zusammen, von wo er die Expedition leitete. Das Heer setzte nach Tsus-sima über, von da landeten zwei, vornehmlich aus Christen bestehende Armeecorps auf Korea und eroberten in kurzer Zeit den grössten Theil der Halbinsel. Chinesische Truppen, die den Koreanern zu Hülfe zogen, erlitten im ersten Feldzuge eine Niederlage; sie drängten zwar in einem zweiten die Japaner in ihre Verschanzungen zurück, konnten aber weiter nichts ausrichten und suchten deshalb zu unterhandeln: man schloss zunächst einen Waffenstillstand und bald darauf 1593 zu Naṅgoya den Frieden. Die japanischen Truppen räumten Korea und die königliche Familie wurde in Freiheit gesetzt. Eine Gesandt- schaft von Tšaosien, welche bald darauf nach Japan kam, wies der Kaiser ab, weil er es unpassend fand, dass der Gesandte kein Prinz aus dem Königshause war. Aus China erschienen erst 1596 Gesandte in Fusimi, die sehr glänzend empfangen, aber nach Ver- lesung des kaiserlichen Schreibens, in welchem Taïko-sama chine- sischer Lehnsmann und König von Japan hiess 75), mit Schimpf und 1592. 74) Die Kaiserannalen sagen nichts davon; ihre Berichte über Taïko-sama und seine Zeit sind überhaupt äusserst mager. Er erscheint zwar auch hier als mächtiger Usurpator, der dem Reiche Frieden und Ruhe und nach aussen grosses Ansehn giebt, doch mochte der Verfasser wohl Grund haben, gegenüber der Dynastie des Minamoto-no-Jyeyas, welcher den Sohn des Taïko-sama stürzte, von dessen Grossthaten zu schweigen. 75) Taïko-sama soll in die Worte ausgebrochen sein, er sei König von Japan durch sich selbst, und werde, wenn es darauf ankomme, die Ta-Ming zu seinen Vasallen machen. — Hier, wie in der ganzen Darstellung des koreanischen Krieges, ist der Verfasser der aus japanischen und chinesischen Quellen geschöpften Dar- stellung des Professor Hoffmann (Japans Bezüge zu Koraï, Siebold Nippon Bd. VII.) 5*

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien01_1864/97>, abgerufen am 18.05.2024.