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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864.

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Zahl der Bekehrten. Valignan und die Gesandten in Miako.
lasen, lehrten und predigten, konnte ihm nicht entgehen, wurde
aber ignorirt. Die Jesuiten tauften in den drei Jahren von Erlassung
1590.des Edictes bis 1590 im Geheimen über 30,000 Japaner. Eine Ver-
folgung fand nur in der Landschaft Bungo statt, wo der Sohn und
Nachfolger des verstorbenen Fürsten einer heidnischen Gemalin
zu Liebe das Christenthum eine Zeit lang verleugnete und unter-
drückte. In der öffentlichen Meinung auch der nichtchristlichen
Japaner soll das Religionsedict grosse Entrüstung hervorgerufen
haben, da bis dahin jegliches Bekenntniss in Japan vollkommen
freie Religionsübung genossen hatte.

Als die Gesandten der christlichen Fürsten aus Europa zurück-
kehrten, fragte der Ordens-Visitator Valignan, der jetzt als Bot-
schafter des Vicekönigs von Indien erschien, von Macao aus an,
ob bei den gänzlich umgewandelten Verhältnissen Taiko-sama ihn
empfangen würde. Die Antwort lautete günstig. Die japanischen
Gesandten landeten mit ihm in Nangasaki und begaben sich zunächst
nach Miako; ihre und Valignan's Auffahrt zur Audienz wird sehr
prächtig beschrieben, der Empfang war über alle Erwartung glänzend
und ehrenvoll73). Ein japanisch redender Missionar Rodriguez musste
bei des Gesandten Abreise auf Taiko-sama's Verlangen in Miako
zurückbleiben, um den künftigen Verkehr zu vermitteln. Der Kaiser
scheint aber doch einiges Misstrauen in die Aechtheit der Botschaft
gesetzt zu haben: ein dem Pater Valignan nach Nangasaki gesandtes
Antwortschreiben an den Vicekönig von Indien war in so weg-
werfendem Tone abgefasst, dass Jener es zurückweisen musste.
Taiko-sama entschloss sich später wirklich zur Abfassung eines
anderen, das, von kostbaren Geschenken begleitet, nach Goa abging.
In diesem Schreiben wurden die Portugiesen noch ausdrücklich auf-
gefordert, recht zahlreich nach Japan zu kommen und sich nieder-
zulassen wo es ihnen gefiele. -- Eine Milderung des Religionsedictes
konnte Valignan nicht erlangen; er begab sich nach dem Besuche
in Miako mit den Gesandten zu den christlichen Fürsten, welchen
die päpstlichen Breves und Reliquarien, die geweihten Hüte und
Degen unter grossen Feierlichkeiten überreicht wurden.

Valignan's feierlicher Empfang fällt in das Jahr 1590. Unter
demselben Jahre berichten die Jesuiten auch, dass Taiko-sama ein
Schreiben nach Manila gesandt und den spanischen Gouverneur der

73) Die Geschenke des Vice-Königs von Indien bestanden in arabischen Pferden
und kostbaren Waffen.

Zahl der Bekehrten. Valignan und die Gesandten in Miako.
lasen, lehrten und predigten, konnte ihm nicht entgehen, wurde
aber ignorirt. Die Jesuiten tauften in den drei Jahren von Erlassung
1590.des Edictes bis 1590 im Geheimen über 30,000 Japaner. Eine Ver-
folgung fand nur in der Landschaft Buṅgo statt, wo der Sohn und
Nachfolger des verstorbenen Fürsten einer heidnischen Gemalin
zu Liebe das Christenthum eine Zeit lang verleugnete und unter-
drückte. In der öffentlichen Meinung auch der nichtchristlichen
Japaner soll das Religionsedict grosse Entrüstung hervorgerufen
haben, da bis dahin jegliches Bekenntniss in Japan vollkommen
freie Religionsübung genossen hatte.

Als die Gesandten der christlichen Fürsten aus Europa zurück-
kehrten, fragte der Ordens-Visitator Valignan, der jetzt als Bot-
schafter des Vicekönigs von Indien erschien, von Macao aus an,
ob bei den gänzlich umgewandelten Verhältnissen Taïko-sama ihn
empfangen würde. Die Antwort lautete günstig. Die japanischen
Gesandten landeten mit ihm in Naṅgasaki und begaben sich zunächst
nach Miako; ihre und Valignan’s Auffahrt zur Audienz wird sehr
prächtig beschrieben, der Empfang war über alle Erwartung glänzend
und ehrenvoll73). Ein japanisch redender Missionar Rodriguez musste
bei des Gesandten Abreise auf Taïko-sama’s Verlangen in Miako
zurückbleiben, um den künftigen Verkehr zu vermitteln. Der Kaiser
scheint aber doch einiges Misstrauen in die Aechtheit der Botschaft
gesetzt zu haben: ein dem Pater Valignan nach Naṅgasaki gesandtes
Antwortschreiben an den Vicekönig von Indien war in so weg-
werfendem Tone abgefasst, dass Jener es zurückweisen musste.
Taïko-sama entschloss sich später wirklich zur Abfassung eines
anderen, das, von kostbaren Geschenken begleitet, nach Goa abging.
In diesem Schreiben wurden die Portugiesen noch ausdrücklich auf-
gefordert, recht zahlreich nach Japan zu kommen und sich nieder-
zulassen wo es ihnen gefiele. — Eine Milderung des Religionsedictes
konnte Valignan nicht erlangen; er begab sich nach dem Besuche
in Miako mit den Gesandten zu den christlichen Fürsten, welchen
die päpstlichen Breves und Reliquarien, die geweihten Hüte und
Degen unter grossen Feierlichkeiten überreicht wurden.

Valignan’s feierlicher Empfang fällt in das Jahr 1590. Unter
demselben Jahre berichten die Jesuiten auch, dass Taïko-sama ein
Schreiben nach Manila gesandt und den spanischen Gouverneur der

73) Die Geschenke des Vice-Königs von Indien bestanden in arabischen Pferden
und kostbaren Waffen.
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[66/0096] Zahl der Bekehrten. Valignan und die Gesandten in Miako. lasen, lehrten und predigten, konnte ihm nicht entgehen, wurde aber ignorirt. Die Jesuiten tauften in den drei Jahren von Erlassung des Edictes bis 1590 im Geheimen über 30,000 Japaner. Eine Ver- folgung fand nur in der Landschaft Buṅgo statt, wo der Sohn und Nachfolger des verstorbenen Fürsten einer heidnischen Gemalin zu Liebe das Christenthum eine Zeit lang verleugnete und unter- drückte. In der öffentlichen Meinung auch der nichtchristlichen Japaner soll das Religionsedict grosse Entrüstung hervorgerufen haben, da bis dahin jegliches Bekenntniss in Japan vollkommen freie Religionsübung genossen hatte. 1590. Als die Gesandten der christlichen Fürsten aus Europa zurück- kehrten, fragte der Ordens-Visitator Valignan, der jetzt als Bot- schafter des Vicekönigs von Indien erschien, von Macao aus an, ob bei den gänzlich umgewandelten Verhältnissen Taïko-sama ihn empfangen würde. Die Antwort lautete günstig. Die japanischen Gesandten landeten mit ihm in Naṅgasaki und begaben sich zunächst nach Miako; ihre und Valignan’s Auffahrt zur Audienz wird sehr prächtig beschrieben, der Empfang war über alle Erwartung glänzend und ehrenvoll 73). Ein japanisch redender Missionar Rodriguez musste bei des Gesandten Abreise auf Taïko-sama’s Verlangen in Miako zurückbleiben, um den künftigen Verkehr zu vermitteln. Der Kaiser scheint aber doch einiges Misstrauen in die Aechtheit der Botschaft gesetzt zu haben: ein dem Pater Valignan nach Naṅgasaki gesandtes Antwortschreiben an den Vicekönig von Indien war in so weg- werfendem Tone abgefasst, dass Jener es zurückweisen musste. Taïko-sama entschloss sich später wirklich zur Abfassung eines anderen, das, von kostbaren Geschenken begleitet, nach Goa abging. In diesem Schreiben wurden die Portugiesen noch ausdrücklich auf- gefordert, recht zahlreich nach Japan zu kommen und sich nieder- zulassen wo es ihnen gefiele. — Eine Milderung des Religionsedictes konnte Valignan nicht erlangen; er begab sich nach dem Besuche in Miako mit den Gesandten zu den christlichen Fürsten, welchen die päpstlichen Breves und Reliquarien, die geweihten Hüte und Degen unter grossen Feierlichkeiten überreicht wurden. Valignan’s feierlicher Empfang fällt in das Jahr 1590. Unter demselben Jahre berichten die Jesuiten auch, dass Taïko-sama ein Schreiben nach Manila gesandt und den spanischen Gouverneur der 73) Die Geschenke des Vice-Königs von Indien bestanden in arabischen Pferden und kostbaren Waffen.

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien01_1864/96>, abgerufen am 18.05.2024.