[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 2. Berlin, 1866.IX. Winterwetter. Ausflug. gehüllt, auf hohen Holzpantinen sehr unbeholfen durch den Schnee.Der Frost ist bei ihnen zu selten und dauert zu kurze Zeit, -- in Yeddo nur wenige Tage im December und Januar, -- als dass sie sich darauf einrichten und für Wintervergnügen recht empfänglich werden sollten. Wir erlebten dort einen aussergewöhnlich rauhen Winter. Es war so ächtes Weihnachtswetter wie man in Nord- deutschland nur finden kann, bald hell und kalt, bald schwere Schneeluft; dann wieder einige Stunden Thauwetter und unergründ- licher Schmutz. So währte es bis in das neue Jahr hinein; wir hatten noch öfter fünf Grad Kälte Morgens und häufig Schnee- gestöber. Es ist ein sonderbarer Anblick wenn der Schnee faust- hoch auf den breiten Blättern der Fächerpalme, auf Bambus und knospenstrotzenden Camelien liegt, bezaubernd wenn die Sonne die fetten glänzenden Laubmassen bescheint, und tausend Wassertropfen demantglitzernd durch den tiefen Sammetschatten der belasteten Zweige herabträufeln. Einer der köstlichsten Tage war der 15. December, an wel-15. Dec. 1) S. Ansichten aus Japan etc. II. 7.
IX. Winterwetter. Ausflug. gehüllt, auf hohen Holzpantinen sehr unbeholfen durch den Schnee.Der Frost ist bei ihnen zu selten und dauert zu kurze Zeit, — in Yeddo nur wenige Tage im December und Januar, — als dass sie sich darauf einrichten und für Wintervergnügen recht empfänglich werden sollten. Wir erlebten dort einen aussergewöhnlich rauhen Winter. Es war so ächtes Weihnachtswetter wie man in Nord- deutschland nur finden kann, bald hell und kalt, bald schwere Schneeluft; dann wieder einige Stunden Thauwetter und unergründ- licher Schmutz. So währte es bis in das neue Jahr hinein; wir hatten noch öfter fünf Grad Kälte Morgens und häufig Schnee- gestöber. Es ist ein sonderbarer Anblick wenn der Schnee faust- hoch auf den breiten Blättern der Fächerpalme, auf Bambus und knospenstrotzenden Camelien liegt, bezaubernd wenn die Sonne die fetten glänzenden Laubmassen bescheint, und tausend Wassertropfen demantglitzernd durch den tiefen Sammetschatten der belasteten Zweige herabträufeln. Einer der köstlichsten Tage war der 15. December, an wel-15. Dec. 1) S. Ansichten aus Japan etc. II. 7.
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IX. Winterwetter. Ausflug.
gehüllt, auf hohen Holzpantinen sehr unbeholfen durch den Schnee.
Der Frost ist bei ihnen zu selten und dauert zu kurze Zeit, — in
Yeddo nur wenige Tage im December und Januar, — als dass sie
sich darauf einrichten und für Wintervergnügen recht empfänglich
werden sollten. Wir erlebten dort einen aussergewöhnlich rauhen
Winter. Es war so ächtes Weihnachtswetter wie man in Nord-
deutschland nur finden kann, bald hell und kalt, bald schwere
Schneeluft; dann wieder einige Stunden Thauwetter und unergründ-
licher Schmutz. So währte es bis in das neue Jahr hinein; wir
hatten noch öfter fünf Grad Kälte Morgens und häufig Schnee-
gestöber. Es ist ein sonderbarer Anblick wenn der Schnee faust-
hoch auf den breiten Blättern der Fächerpalme, auf Bambus und
knospenstrotzenden Camelien liegt, bezaubernd wenn die Sonne die
fetten glänzenden Laubmassen bescheint, und tausend Wassertropfen
demantglitzernd durch den tiefen Sammetschatten der belasteten
Zweige herabträufeln.
Einer der köstlichsten Tage war der 15. December, an wel-
chem Graf Eulenburg Herrn Harris und dem amerikanischen Consul
in Kanagava Mr. Dorr, in Senzoko ein Frühstück gab. Capitän
Jachmann, Heusken und alle Bewohner von Akabane nahmen daran
Theil. — Die Zug- und Strichvögel aus dem Norden hatten sich
eingefunden: auf der Reisstoppel lagen grosse Heerden wilder Gänse,
Kraniche und Reiher schritten gravitätisch durch die Wasserlachen,
und der See wimmelte von wilden Enten. Wir machten einen
Spatziergang rings um das friedliche Becken und besuchten den
Sinto-Tempel drüben in seinem schattigen Hain 1); dann wurde auf
der kleinen Halbinsel vor dem Buddatempel das Frühstück wie
gewöhnlich vor einem grossen Publicum eingenommen. Wir tafelten
in der heitersten Laune, während die begleitenden Yakunine sich
an einigen Flaschen rheinischen Schaumweines, einer Gabe unseres
Wirthes letzten, welche ihren Lebensmuth zur höchsten Erregung
steigerte: sie schlugen auf dem Rückweg wild auf ihre Rosse los
und tummelten sie jauchzend wie toll gegeneinander. In einem engen
Hohlwege begegnete uns ein langer Zug Lastpferde mit Fässern
flüssigen Düngers: gegen ein solches prallte einer der übermüthigen
Reiter, in wilder Hast daherjagend, mit voller Gewalt an, ritt das
Lastpferd, dabei aber auch sich selbst und sein eigenes Thier über
den Haufen und wurde von den platzenden Fässern mit einer duftenden
15. Dec.
1) S. Ansichten aus Japan etc. II. 7.
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