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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 2. Berlin, 1866.

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Heuskens Begräbniss. X.
Landseite, mit dichten Hecken, stellenweise auch mit Häuserreihen
gesäumt; mehrere schmale Fusspfade münden hinein, zwischen Hecken
laufend, deren Dickicht zum Hinterhalt sehr geeignet schien. Hier
konnte leicht ein Angriff von entschlossenen Subjecten erfolgen, der
schwerlich ohne Verlust von Menschenleben abzuschlagen war. Die
Entfernung bis zum Friedhofe beträgt kaum zwanzig Minuten; auf
der linken, vom Flusse bespülten Seite war kein Angriff möglich;
die rechte konnte durch Aufstellung einer geringen Truppenzahl
auf den anstossenden Grundstücken vollständig gesichert werden.
Von einer solchen bemerkten wir aber nichts, und wenn trotzdem
keine Beunruhigung erfolgte, so hatte man das offenbar nicht den
Maassregeln der Regierung zu danken; denn sie beschränkten sich
auf Geleitung des Zuges durch eine Anzahl Yakunine, deren Ge-
genwart nach den eben gemachten Erfahrungen wenig Vertrauen
einflössen konnte. Der Angriff mag beabsichtigt gewesen und nur
wegen der drohenden Reihe unserer Bayonette unterblieben sein;
jedenfalls konnte die Regierung ihn von vorn herein unmöglich
machen, that aber keine Schritte dazu, sondern vergrösserte nur
die Schreckensgerüchte, um das feierliche Leichenbegängniss zu
hintertreiben. Solche Demonstration in der Hauptstadt des
Reiches war in der That demüthigend für die stolzen Japaner;
sie konnte die Regierung in den Augen des Volkes wohl herab-
setzen und ihren Gegnern neuen Anhang schaffen. Als wir neun
Monate später nach Abschluss des chinesischen Vertrages in
Peking waren, liessen die dortigen Behörden den Gesandten bitten,
die als Ordonnanzen mitgenommenen Seesoldaten nicht mit Helm und
Seitengewehr in den Strassen erscheinen zu lassen, -- und hier
marschirten über siebzig militärisch bewaffnete Seeleute, ihre Officiere
und die Diplomaten in geschlossenen Gliedern umgebend, in drohen-
der Haltung, den Warnungen der Obrigkeit wie dem Hohn der
Menge trotzend, durch die Hauptstadt des feudalen Adels. Es war
aber nothwendig das feierliche Leichenbegängniss durchzusetzen,
nicht bloss um dem Freunde die letzte Liebespflicht zu erweisen,
sondern auch um die Ehre der Flaggen zu wahren; man trat hier
nicht der Würde, sondern dem Dünkel der Japaner entgegen. --
Die Gegenwart der hohen Staatsbeamten bei dem Begräbniss war
eine starke Concession an die Fremden; sie musste dem Volke als
Billigung der Leichenfeier durch die Regierung gelten und war insofern
von ganz besonderem Werthe.

Heuskens Begräbniss. X.
Landseite, mit dichten Hecken, stellenweise auch mit Häuserreihen
gesäumt; mehrere schmale Fusspfade münden hinein, zwischen Hecken
laufend, deren Dickicht zum Hinterhalt sehr geeignet schien. Hier
konnte leicht ein Angriff von entschlossenen Subjecten erfolgen, der
schwerlich ohne Verlust von Menschenleben abzuschlagen war. Die
Entfernung bis zum Friedhofe beträgt kaum zwanzig Minuten; auf
der linken, vom Flusse bespülten Seite war kein Angriff möglich;
die rechte konnte durch Aufstellung einer geringen Truppenzahl
auf den anstossenden Grundstücken vollständig gesichert werden.
Von einer solchen bemerkten wir aber nichts, und wenn trotzdem
keine Beunruhigung erfolgte, so hatte man das offenbar nicht den
Maassregeln der Regierung zu danken; denn sie beschränkten sich
auf Geleitung des Zuges durch eine Anzahl Yakunine, deren Ge-
genwart nach den eben gemachten Erfahrungen wenig Vertrauen
einflössen konnte. Der Angriff mag beabsichtigt gewesen und nur
wegen der drohenden Reihe unserer Bayonette unterblieben sein;
jedenfalls konnte die Regierung ihn von vorn herein unmöglich
machen, that aber keine Schritte dazu, sondern vergrösserte nur
die Schreckensgerüchte, um das feierliche Leichenbegängniss zu
hintertreiben. Solche Demonstration in der Hauptstadt des
Reiches war in der That demüthigend für die stolzen Japaner;
sie konnte die Regierung in den Augen des Volkes wohl herab-
setzen und ihren Gegnern neuen Anhang schaffen. Als wir neun
Monate später nach Abschluss des chinesischen Vertrages in
Pekiṅg waren, liessen die dortigen Behörden den Gesandten bitten,
die als Ordonnanzen mitgenommenen Seesoldaten nicht mit Helm und
Seitengewehr in den Strassen erscheinen zu lassen, — und hier
marschirten über siebzig militärisch bewaffnete Seeleute, ihre Officiere
und die Diplomaten in geschlossenen Gliedern umgebend, in drohen-
der Haltung, den Warnungen der Obrigkeit wie dem Hohn der
Menge trotzend, durch die Hauptstadt des feudalen Adels. Es war
aber nothwendig das feierliche Leichenbegängniss durchzusetzen,
nicht bloss um dem Freunde die letzte Liebespflicht zu erweisen,
sondern auch um die Ehre der Flaggen zu wahren; man trat hier
nicht der Würde, sondern dem Dünkel der Japaner entgegen. —
Die Gegenwart der hohen Staatsbeamten bei dem Begräbniss war
eine starke Concession an die Fremden; sie musste dem Volke als
Billigung der Leichenfeier durch die Regierung gelten und war insofern
von ganz besonderem Werthe.

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[156/0176] Heuskens Begräbniss. X. Landseite, mit dichten Hecken, stellenweise auch mit Häuserreihen gesäumt; mehrere schmale Fusspfade münden hinein, zwischen Hecken laufend, deren Dickicht zum Hinterhalt sehr geeignet schien. Hier konnte leicht ein Angriff von entschlossenen Subjecten erfolgen, der schwerlich ohne Verlust von Menschenleben abzuschlagen war. Die Entfernung bis zum Friedhofe beträgt kaum zwanzig Minuten; auf der linken, vom Flusse bespülten Seite war kein Angriff möglich; die rechte konnte durch Aufstellung einer geringen Truppenzahl auf den anstossenden Grundstücken vollständig gesichert werden. Von einer solchen bemerkten wir aber nichts, und wenn trotzdem keine Beunruhigung erfolgte, so hatte man das offenbar nicht den Maassregeln der Regierung zu danken; denn sie beschränkten sich auf Geleitung des Zuges durch eine Anzahl Yakunine, deren Ge- genwart nach den eben gemachten Erfahrungen wenig Vertrauen einflössen konnte. Der Angriff mag beabsichtigt gewesen und nur wegen der drohenden Reihe unserer Bayonette unterblieben sein; jedenfalls konnte die Regierung ihn von vorn herein unmöglich machen, that aber keine Schritte dazu, sondern vergrösserte nur die Schreckensgerüchte, um das feierliche Leichenbegängniss zu hintertreiben. Solche Demonstration in der Hauptstadt des Reiches war in der That demüthigend für die stolzen Japaner; sie konnte die Regierung in den Augen des Volkes wohl herab- setzen und ihren Gegnern neuen Anhang schaffen. Als wir neun Monate später nach Abschluss des chinesischen Vertrages in Pekiṅg waren, liessen die dortigen Behörden den Gesandten bitten, die als Ordonnanzen mitgenommenen Seesoldaten nicht mit Helm und Seitengewehr in den Strassen erscheinen zu lassen, — und hier marschirten über siebzig militärisch bewaffnete Seeleute, ihre Officiere und die Diplomaten in geschlossenen Gliedern umgebend, in drohen- der Haltung, den Warnungen der Obrigkeit wie dem Hohn der Menge trotzend, durch die Hauptstadt des feudalen Adels. Es war aber nothwendig das feierliche Leichenbegängniss durchzusetzen, nicht bloss um dem Freunde die letzte Liebespflicht zu erweisen, sondern auch um die Ehre der Flaggen zu wahren; man trat hier nicht der Würde, sondern dem Dünkel der Japaner entgegen. — Die Gegenwart der hohen Staatsbeamten bei dem Begräbniss war eine starke Concession an die Fremden; sie musste dem Volke als Billigung der Leichenfeier durch die Regierung gelten und war insofern von ganz besonderem Werthe.

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 2. Berlin, 1866, S. 156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien02_1866/176>, abgerufen am 24.11.2024.