[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 2. Berlin, 1866.XI. Bai von Nangasaki. auf Terrassen bis zum Gipfel der Berge. Die Felder prangtenjetzt im schönsten Frühlingsgrün. Im Eingange der Bucht liegt Papeneiland, ein steiles oben mit Föhren bestandenes Inselchen, der Richtplatz vieler christlichen Märtyrer und der spanischen Ge- sandtschaft von 1640. Klippen und Untiefen umgeben die Einfahrt und durchsetzen deren breiteren zwischen Papenberg und dem nördlichen Vorgebirge sich öffnenden Arm, während der schmalere tiefes Fahrwasser bietet. Wir steuerten im Bogen um die Insel, zwischen Batterieen schweren Kalibers hindurch in das stille ge- schlossene Becken, in dessen fernstem Winkel die Stadt sichtbar wird. Unsere lange entwöhnten Blicke ergingen sich mit Entzücken in der lieblichen Uferlandschaft, an der die Schiffe vorbeiglitten, bis die Stadt selbst alle Aufmerksamkeit absorbirte. Vornan liegt Desima, vom Wasser aus nicht als Insel kenntlich; an der Südseite, nahe dabei, die neue Niederlassung der Fremden, gegenüber nördlich das russische Etablissement und die Dampfmaschinenfabrik des Fürsten von Fidsen. Ringsum bilden die Höhen ein herrliches Amphitheater, die Abhänge sind dicht bedeckt mit stattlichen Tempeln und terrassenförmig aufsteigenden Friedhöfen, beschattet von herrlichem Baumwuchs. Hunderte von Booten durchfurchen das spiegelnde Becken, überall herrscht Leben und Bewegung. Nah dem Ufer lag eine ganze Flotte japanischer Dschunken, weiter hinaus holländische und amerikanische Kauffahrer, der englische Kriegsdampfer Vulcan und ein russisches Kriegsgeschwader von vier Schiffen. Wir warfen gegen Mittag Anker unter dem Salut des russischen Der Landungsplatz der Fremden liegt an der schmalen Nord- XI. Bai von Naṅgasaki. auf Terrassen bis zum Gipfel der Berge. Die Felder prangtenjetzt im schönsten Frühlingsgrün. Im Eingange der Bucht liegt Papeneiland, ein steiles oben mit Föhren bestandenes Inselchen, der Richtplatz vieler christlichen Märtyrer und der spanischen Ge- sandtschaft von 1640. Klippen und Untiefen umgeben die Einfahrt und durchsetzen deren breiteren zwischen Papenberg und dem nördlichen Vorgebirge sich öffnenden Arm, während der schmalere tiefes Fahrwasser bietet. Wir steuerten im Bogen um die Insel, zwischen Batterieen schweren Kalibers hindurch in das stille ge- schlossene Becken, in dessen fernstem Winkel die Stadt sichtbar wird. Unsere lange entwöhnten Blicke ergingen sich mit Entzücken in der lieblichen Uferlandschaft, an der die Schiffe vorbeiglitten, bis die Stadt selbst alle Aufmerksamkeit absorbirte. Vornan liegt Desima, vom Wasser aus nicht als Insel kenntlich; an der Südseite, nahe dabei, die neue Niederlassung der Fremden, gegenüber nördlich das russische Etablissement und die Dampfmaschinenfabrik des Fürsten von Fidsen. Ringsum bilden die Höhen ein herrliches Amphitheater, die Abhänge sind dicht bedeckt mit stattlichen Tempeln und terrassenförmig aufsteigenden Friedhöfen, beschattet von herrlichem Baumwuchs. Hunderte von Booten durchfurchen das spiegelnde Becken, überall herrscht Leben und Bewegung. Nah dem Ufer lag eine ganze Flotte japanischer Dschunken, weiter hinaus holländische und amerikanische Kauffahrer, der englische Kriegsdampfer Vulcan und ein russisches Kriegsgeschwader von vier Schiffen. Wir warfen gegen Mittag Anker unter dem Salut des russischen Der Landungsplatz der Fremden liegt an der schmalen Nord- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0207" n="187"/><fw place="top" type="header">XI. <placeName>Bai von <hi rendition="#k">Naṅgasaki</hi></placeName>.</fw><lb/> auf Terrassen bis zum Gipfel der Berge. Die Felder prangten<lb/> jetzt im schönsten Frühlingsgrün. 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XI. Bai von Naṅgasaki.
auf Terrassen bis zum Gipfel der Berge. Die Felder prangten
jetzt im schönsten Frühlingsgrün. Im Eingange der Bucht liegt
Papeneiland, ein steiles oben mit Föhren bestandenes Inselchen,
der Richtplatz vieler christlichen Märtyrer und der spanischen Ge-
sandtschaft von 1640. Klippen und Untiefen umgeben die Einfahrt
und durchsetzen deren breiteren zwischen Papenberg und dem
nördlichen Vorgebirge sich öffnenden Arm, während der schmalere
tiefes Fahrwasser bietet. Wir steuerten im Bogen um die Insel,
zwischen Batterieen schweren Kalibers hindurch in das stille ge-
schlossene Becken, in dessen fernstem Winkel die Stadt sichtbar
wird. Unsere lange entwöhnten Blicke ergingen sich mit Entzücken
in der lieblichen Uferlandschaft, an der die Schiffe vorbeiglitten,
bis die Stadt selbst alle Aufmerksamkeit absorbirte. Vornan liegt
Desima, vom Wasser aus nicht als Insel kenntlich; an der Südseite,
nahe dabei, die neue Niederlassung der Fremden, gegenüber nördlich
das russische Etablissement und die Dampfmaschinenfabrik des
Fürsten von Fidsen. Ringsum bilden die Höhen ein herrliches
Amphitheater, die Abhänge sind dicht bedeckt mit stattlichen
Tempeln und terrassenförmig aufsteigenden Friedhöfen, beschattet
von herrlichem Baumwuchs. Hunderte von Booten durchfurchen
das spiegelnde Becken, überall herrscht Leben und Bewegung.
Nah dem Ufer lag eine ganze Flotte japanischer Dschunken, weiter
hinaus holländische und amerikanische Kauffahrer, der englische
Kriegsdampfer Vulcan und ein russisches Kriegsgeschwader von
vier Schiffen.
Wir warfen gegen Mittag Anker unter dem Salut des russischen
Flaggschiffes Svetlana, dessen Commandant, Capitän Boutakoff,
sogleich an Bord der Arkona kam. Graf Eulenburg freute sich in
ihm einen Reisegefährten wiederzusehen, mit dem er die Ueberfahrt
von Suez nach Ceylon gemacht hatte. Gleich darauf erschienen auch
der hölländische Consul Herr Metmann und der Regierungsrath
Wichura, der, schon seit mehreren Wochen in Naṅgasaki, jetzt
ein willkommener Führer wurde. — Wir betraten mit Wonne wieder
festen Boden.
Der Landungsplatz der Fremden liegt an der schmalen Nord-
seite von Desima, eine breite steinerne Treppe führt zum Ufer
hinan. Das Thor, welches hier früher die Insel nach der Seeseite
sperrte und nur während der Anwesenheit der holländischen Schiffe
unter strenger Controle geöffnet wurde, ist weggeräumt, ebenso
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